Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.Bilder von der Roter und der Pulsnitz der Ehe sich immer gleich bleibende Liebe und Zärtlichkeit: wenn sie ihm Auch Maria Antonia hat sich an der sanften Schönheit von Zabeltitz Bilder von der Roter und der Pulsnitz der Ehe sich immer gleich bleibende Liebe und Zärtlichkeit: wenn sie ihm Auch Maria Antonia hat sich an der sanften Schönheit von Zabeltitz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0730" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241112"/> <fw type="header" place="top"> Bilder von der Roter und der Pulsnitz</fw><lb/> <p xml:id="ID_3386" prev="#ID_3385"> der Ehe sich immer gleich bleibende Liebe und Zärtlichkeit: wenn sie ihm<lb/> während des Brcintstandes an manchem Tage drei Briefe schrieb, so brachte<lb/> er es bis auf zehn. Maria Antonia hatte noch vor ihrer Verlobung in<lb/> München einen Freundschaftsorden as la eoinx-z-gris clos In<zg,8 on as l'orclro<lb/> as gestiftet, zu dem außer ihr selbst ihre Geschwister Maximilian<lb/> Joseph, Maria Anna, ferner ihr Vetter, der Herzog de Paula und Fürst<lb/> Joseph Ernst von Fürstenberg gehörten. Der erste Paragraph der noch er-<lb/> haltnen Statuten verkündet als Zweck des Ordens die Pflege „der zärtlichsten<lb/> Freundschaft, aber nichts darüber hinaus"; die Stifterin selbst führte den be¬<lb/> zeichnenden Namen: sans ama-rtior. Dieses harmlose Spiel wurde in Dresden<lb/> fortgesetzt, indem nun auch der Kurprinz aufgenommen wurde; als Vizekanzler<lb/> erscheint l'inoorruvtidlo Freiherr von Merkelin, Wohl ein Pseudonym für den<lb/> unbestechlichen Sittenrichter des Dresdner Kreises, den Oberhofmeister Grafen<lb/> Wackerbarth-Salmour. Junige Liebe zu dem Gatten, Wahrheit der Empfin¬<lb/> dung und Natürlichkeit sprechen auch aus den kleinen Briefen, mit denen sich<lb/> Maria Antonia über manche kurze Abwesenheit des Geliebten tröstete; sie<lb/> unterschreibt sich: Votro tillolls domino se tonciro LioeMno N. ^. fini« HNArtior<lb/> xour tont g-nero <zuo xour Vous, und ein andermal: g-aufn, ^'o suis ^usciu'ÄU<lb/> toindao. Votro diciotto ot trof eontonto ksnro und ungezogner Fraz N. sans<lb/> (jus-rtior xour tont 1o inonclo als vor meinem HoollMi stari (polnisch: „mein<lb/> liebes Alterchen") nicht. Mit Kopfschütteln werden der Jesuitenpater Guarini,<lb/> der Beichtvater der Königin Maria Josepha, und Brühl von dieser zwischen<lb/> einem fürstlichen Ehepaare ganz ungewohnten Tonart des Verkehrs gehört<lb/> haben; aber auch den Geschwistern des Kurprinzen erschien die neue Weise<lb/> seltsam, und sie betrachteten die neue Schwägerin mit Mißtrauen. Nur der<lb/> weitschauende und ganz unbefangne Prinz Albert von Sachsen-Taschen wird<lb/> ihr in seinen Memoiren gerecht; er sagt von seinem ältern Bruder Friedrich<lb/> Christian: „Er hatte eine Zärtlichkeit und Achtung für seine Frau, die bis zur<lb/> Anbetung ging, und die ihn für ihre Schwächen fast gänzlich blind machte.<lb/> Doch muß ich ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie, solange ihr<lb/> Gatte lebte, trotz ihrer Schwächen das standesgemäße Betragen und das<lb/> passende Maß zu beobachten verstand, und daß sie es ihm gegenüber nie an<lb/> Liebenswürdigkeiten und Aufmerksamkeiten fehlen ließ, die ihm seiue außer¬<lb/> gewöhnliche Zuneigung vergalten." Maria Antonias Hellem Verstände und<lb/> ebenso ihrem von dem Protestanten Gertner vortrefflich erzognen Gatten konnten<lb/> die tiefen Schäden des Brühlschen Regiments nicht verborgen bleiben, zumal<lb/> unter dem aufklärenden Nnisounement Wackerbarths, aber zunächst gebot es die<lb/> Klugheit, sich mit dem allmächtigen Premierminister gut zu stellen; und so<lb/> zeigen denn nicht nur die Briefe der Kurprinzessin, sondern auch die ihres Ober-<lb/> Hofmeisters an Brühl in den ersten Jahren der jungen Ehe einen fast ver¬<lb/> traulichen Ton, der aber sicherlich nicht ganz echt war. Die so massenhaft<lb/> gewechselten Briefe der Vornehmen dieser Zeit machen überhaupt den Ein¬<lb/> druck, als seien sie vorzugsweise dazu bestimmt gewesen, die wahren Gedanken<lb/> der Briefschreiber zu verhüllen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3387" next="#ID_3388"> Auch Maria Antonia hat sich an der sanften Schönheit von Zabeltitz<lb/> erquickt; es gemahnte sie wohl an das heimatliche Nymphenburg. Besonders<lb/> im August 1750, als sie ihrer ersten Niederkunft entgegensah, hat sie dort<lb/> mehrere Wochen die Gastfreundschaft des Grafen Wackerbarth genossen. Sie<lb/> schreibt am 21. August 1750 an Brühl: Uous s-vous los xrinoossos lo^ eini<lb/> «out ollarmo alö vronciro un pou 1'g.ir. ^so suis onollanto alö lours clormor vo<lb/> xstit äivortisLLincmt. I,o LZonllo alö ^AvKorb^re nous cionno los plus solios<lb/> eg-nos skotss^ ein nronclo. Xous avons on llior naolltsvllüsson > ton ä'artiüvo<lb/> et ooinoäis illoinancls aber nichts ungezognes, und am 28. August fügt sie<lb/> hinzu: ^'o ins vorto Zraos Z. cliou g, inorvoillo ot 1o inouvoinont neu Mrosso</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0730]
Bilder von der Roter und der Pulsnitz
der Ehe sich immer gleich bleibende Liebe und Zärtlichkeit: wenn sie ihm
während des Brcintstandes an manchem Tage drei Briefe schrieb, so brachte
er es bis auf zehn. Maria Antonia hatte noch vor ihrer Verlobung in
München einen Freundschaftsorden as la eoinx-z-gris clos In<zg,8 on as l'orclro
as gestiftet, zu dem außer ihr selbst ihre Geschwister Maximilian
Joseph, Maria Anna, ferner ihr Vetter, der Herzog de Paula und Fürst
Joseph Ernst von Fürstenberg gehörten. Der erste Paragraph der noch er-
haltnen Statuten verkündet als Zweck des Ordens die Pflege „der zärtlichsten
Freundschaft, aber nichts darüber hinaus"; die Stifterin selbst führte den be¬
zeichnenden Namen: sans ama-rtior. Dieses harmlose Spiel wurde in Dresden
fortgesetzt, indem nun auch der Kurprinz aufgenommen wurde; als Vizekanzler
erscheint l'inoorruvtidlo Freiherr von Merkelin, Wohl ein Pseudonym für den
unbestechlichen Sittenrichter des Dresdner Kreises, den Oberhofmeister Grafen
Wackerbarth-Salmour. Junige Liebe zu dem Gatten, Wahrheit der Empfin¬
dung und Natürlichkeit sprechen auch aus den kleinen Briefen, mit denen sich
Maria Antonia über manche kurze Abwesenheit des Geliebten tröstete; sie
unterschreibt sich: Votro tillolls domino se tonciro LioeMno N. ^. fini« HNArtior
xour tont g-nero <zuo xour Vous, und ein andermal: g-aufn, ^'o suis ^usciu'ÄU
toindao. Votro diciotto ot trof eontonto ksnro und ungezogner Fraz N. sans
(jus-rtior xour tont 1o inonclo als vor meinem HoollMi stari (polnisch: „mein
liebes Alterchen") nicht. Mit Kopfschütteln werden der Jesuitenpater Guarini,
der Beichtvater der Königin Maria Josepha, und Brühl von dieser zwischen
einem fürstlichen Ehepaare ganz ungewohnten Tonart des Verkehrs gehört
haben; aber auch den Geschwistern des Kurprinzen erschien die neue Weise
seltsam, und sie betrachteten die neue Schwägerin mit Mißtrauen. Nur der
weitschauende und ganz unbefangne Prinz Albert von Sachsen-Taschen wird
ihr in seinen Memoiren gerecht; er sagt von seinem ältern Bruder Friedrich
Christian: „Er hatte eine Zärtlichkeit und Achtung für seine Frau, die bis zur
Anbetung ging, und die ihn für ihre Schwächen fast gänzlich blind machte.
Doch muß ich ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie, solange ihr
Gatte lebte, trotz ihrer Schwächen das standesgemäße Betragen und das
passende Maß zu beobachten verstand, und daß sie es ihm gegenüber nie an
Liebenswürdigkeiten und Aufmerksamkeiten fehlen ließ, die ihm seiue außer¬
gewöhnliche Zuneigung vergalten." Maria Antonias Hellem Verstände und
ebenso ihrem von dem Protestanten Gertner vortrefflich erzognen Gatten konnten
die tiefen Schäden des Brühlschen Regiments nicht verborgen bleiben, zumal
unter dem aufklärenden Nnisounement Wackerbarths, aber zunächst gebot es die
Klugheit, sich mit dem allmächtigen Premierminister gut zu stellen; und so
zeigen denn nicht nur die Briefe der Kurprinzessin, sondern auch die ihres Ober-
Hofmeisters an Brühl in den ersten Jahren der jungen Ehe einen fast ver¬
traulichen Ton, der aber sicherlich nicht ganz echt war. Die so massenhaft
gewechselten Briefe der Vornehmen dieser Zeit machen überhaupt den Ein¬
druck, als seien sie vorzugsweise dazu bestimmt gewesen, die wahren Gedanken
der Briefschreiber zu verhüllen.
Auch Maria Antonia hat sich an der sanften Schönheit von Zabeltitz
erquickt; es gemahnte sie wohl an das heimatliche Nymphenburg. Besonders
im August 1750, als sie ihrer ersten Niederkunft entgegensah, hat sie dort
mehrere Wochen die Gastfreundschaft des Grafen Wackerbarth genossen. Sie
schreibt am 21. August 1750 an Brühl: Uous s-vous los xrinoossos lo^ eini
«out ollarmo alö vronciro un pou 1'g.ir. ^so suis onollanto alö lours clormor vo
xstit äivortisLLincmt. I,o LZonllo alö ^AvKorb^re nous cionno los plus solios
eg-nos skotss^ ein nronclo. Xous avons on llior naolltsvllüsson > ton ä'artiüvo
et ooinoäis illoinancls aber nichts ungezognes, und am 28. August fügt sie
hinzu: ^'o ins vorto Zraos Z. cliou g, inorvoillo ot 1o inouvoinont neu Mrosso
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