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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Versuche der Negierung mißverstanden und erfolglos bleiben. Dennoch dürfen auch
solche Versuche heute nicht von der Hand gewiesen werden. Namentlich muß bei
der Entmündigung der Trunksüchtigen, wie Professor Cramer (Göttingen) und
Professor Endemnnn (Halle) ausführten, die Auffassung, daß es sich um eine
Krankheit handelt, festgehalten werden.

Wichtiger noch ist das Eingreifen des Staats auf wirtschaftlichem Gebiet. Es
kann nicht nachdrücklich genug betont werden, daß neben den Trinksitten die Trink¬
gelegenheiten die Hauptursachen des Alkoholismus sind. Beweis dessen ist die
große Zahl von Alkoholikern in den Brauereigewerben, beim Weinhandel usw.

Wenn nach Dr. Helenius (Helsingfors) das deutsche Volk im Jahre drei
Milliarden Mark, also drei- bis viermal soviel wie für Heer und Flotte zu¬
sammen, für alkoholische Getränke ausgibt, so ist die Frage am Platze, ob dieses
Geld nutzbringend und ökonomisch verwertet wird. Der Staat, der die Interessen
der Gesamtheit wahrt, hat nicht nur ein Interesse daran, daß ökonomisch mit dem
Geldkapital, sondern noch mehr, daß auch wirtschaftlich mit dem Menscheukapitnl,
dem kostbarsten Besitz, umgegangen wird. Was sollen wir aber sagen, wenn wir
die Nachweise über die physiologischen und rasseschädigenden Eigenschaften des
Alkohols hören? Wie die Wirtschaft die Qualität der Menschen beeinflußt, so ist
es auch umgekehrt der Fall. Im Interesse der Volksgesamtheit müssen wir wachsende
Nüchternheit fordern.

Die Zoll- und Steuerpolitik kann hier viel tun, dadurch, daß zum Beispiel
die Zollsätze auf Südfrüchte, die bis zu vierzig Prozent des Werth der Ware be¬
tragen, herabgesetzt werden, damit ein billiger Massenkonsum von Obst ermöglicht
wird. In ähnlicher Weise wäre Kakao, Schokolade, auch Kaffee und Tee zu be¬
günstigen. Die Herstellung von Fruchtsäften, Mineralwasser, der Milchhandel, die
Obstzucht, vor allem auch die technische und industrielle Verwertung des in der
Landwirtschaft erzeugten Spiritus und die Erzeugung alkoholfreier Traubensäfte
wäre zu unterstützen. Die Besteuerung der alkoholischen Getränke müßte aus volks¬
hygienischen, nicht aus staatsfinanziellen Gründen vorgenommen werden. Graf
Douglas betonte in zutreffender Weise, daß, wenn infolge verminderten Alkohol-
konsums auch die Steuerleistung auf der einen Seite herabgedrückt würde, dennoch
ein Ersatz in den Abgaben für Zoll, Post und Eisenbahnen, vor allem in der Ein¬
kommensteuer zu erwarten wäre. Jedenfalls ist die Gesundheit des Volks die Grund¬
lage für seine Leistungsfähigkeit.

In den skandinavischen Staaten hat man die Trinkgelegenheit durch Mono¬
polisierung des Handels mit Branntwein, wie Direktor Fitger (Gotenburg) und
Herr Imsen (Bergen) darlegten, mit gutem Erfolge zu vermindern gesucht. Über
ähnliche Versuche in England und die Bestrebungen des deutschen Vereins für
Gasthausreform berichtete Freiherr von Diergardt (Mojawola). Ob dieser bis
jetzt nur auf den Branntwein angewandte Versuch, wie man in Norwegen und
Schweden beabsichtigt, auch für Bier und Wein angewandt werden kann, werden
künftige Erfahrungen zeigen. Charakteristisch ist es jedenfalls, daß in den ger¬
manisch-protestantischen Ländern der Alkoholismus als Volksübel am tiefsten
empfunden, und daß mit großem Gemeingeist in den skandinavischen Ländern, in
England und in Amerika der Kampf gegen dieses Volksübel aufgenommen worden ist.
In Amerika namentlich bewährt sich die beim Unterricht in der Hygiene gegebne
Aufklärung über die Schädigungen durch den Alkohol, wie Mrs. Hunt (Boston)
erzählte, vortrefflich.

Wenn die Bestrebungen der Alkoholgegner auch nur zu einigen Erfolgen
führen sollen, so ist das nicht ohne gewisse wirtschaftliche Machtverschiebungeu
möglich. Gewisse Industrien und Handelszweige werden geschädigt, andre gefördert
werden. Zweifellos ist die Entalkoholisiernng der Volksmassen auch mit der Lösung
sozialpolitischer Probleme, Wohnungs-, Ernährungsfrage u. tgi. verknüpft. Mit der
wachsenden Einsicht in die Alkoholfrage und der steigenden Macht der alkohol-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Versuche der Negierung mißverstanden und erfolglos bleiben. Dennoch dürfen auch
solche Versuche heute nicht von der Hand gewiesen werden. Namentlich muß bei
der Entmündigung der Trunksüchtigen, wie Professor Cramer (Göttingen) und
Professor Endemnnn (Halle) ausführten, die Auffassung, daß es sich um eine
Krankheit handelt, festgehalten werden.

Wichtiger noch ist das Eingreifen des Staats auf wirtschaftlichem Gebiet. Es
kann nicht nachdrücklich genug betont werden, daß neben den Trinksitten die Trink¬
gelegenheiten die Hauptursachen des Alkoholismus sind. Beweis dessen ist die
große Zahl von Alkoholikern in den Brauereigewerben, beim Weinhandel usw.

Wenn nach Dr. Helenius (Helsingfors) das deutsche Volk im Jahre drei
Milliarden Mark, also drei- bis viermal soviel wie für Heer und Flotte zu¬
sammen, für alkoholische Getränke ausgibt, so ist die Frage am Platze, ob dieses
Geld nutzbringend und ökonomisch verwertet wird. Der Staat, der die Interessen
der Gesamtheit wahrt, hat nicht nur ein Interesse daran, daß ökonomisch mit dem
Geldkapital, sondern noch mehr, daß auch wirtschaftlich mit dem Menscheukapitnl,
dem kostbarsten Besitz, umgegangen wird. Was sollen wir aber sagen, wenn wir
die Nachweise über die physiologischen und rasseschädigenden Eigenschaften des
Alkohols hören? Wie die Wirtschaft die Qualität der Menschen beeinflußt, so ist
es auch umgekehrt der Fall. Im Interesse der Volksgesamtheit müssen wir wachsende
Nüchternheit fordern.

Die Zoll- und Steuerpolitik kann hier viel tun, dadurch, daß zum Beispiel
die Zollsätze auf Südfrüchte, die bis zu vierzig Prozent des Werth der Ware be¬
tragen, herabgesetzt werden, damit ein billiger Massenkonsum von Obst ermöglicht
wird. In ähnlicher Weise wäre Kakao, Schokolade, auch Kaffee und Tee zu be¬
günstigen. Die Herstellung von Fruchtsäften, Mineralwasser, der Milchhandel, die
Obstzucht, vor allem auch die technische und industrielle Verwertung des in der
Landwirtschaft erzeugten Spiritus und die Erzeugung alkoholfreier Traubensäfte
wäre zu unterstützen. Die Besteuerung der alkoholischen Getränke müßte aus volks¬
hygienischen, nicht aus staatsfinanziellen Gründen vorgenommen werden. Graf
Douglas betonte in zutreffender Weise, daß, wenn infolge verminderten Alkohol-
konsums auch die Steuerleistung auf der einen Seite herabgedrückt würde, dennoch
ein Ersatz in den Abgaben für Zoll, Post und Eisenbahnen, vor allem in der Ein¬
kommensteuer zu erwarten wäre. Jedenfalls ist die Gesundheit des Volks die Grund¬
lage für seine Leistungsfähigkeit.

In den skandinavischen Staaten hat man die Trinkgelegenheit durch Mono¬
polisierung des Handels mit Branntwein, wie Direktor Fitger (Gotenburg) und
Herr Imsen (Bergen) darlegten, mit gutem Erfolge zu vermindern gesucht. Über
ähnliche Versuche in England und die Bestrebungen des deutschen Vereins für
Gasthausreform berichtete Freiherr von Diergardt (Mojawola). Ob dieser bis
jetzt nur auf den Branntwein angewandte Versuch, wie man in Norwegen und
Schweden beabsichtigt, auch für Bier und Wein angewandt werden kann, werden
künftige Erfahrungen zeigen. Charakteristisch ist es jedenfalls, daß in den ger¬
manisch-protestantischen Ländern der Alkoholismus als Volksübel am tiefsten
empfunden, und daß mit großem Gemeingeist in den skandinavischen Ländern, in
England und in Amerika der Kampf gegen dieses Volksübel aufgenommen worden ist.
In Amerika namentlich bewährt sich die beim Unterricht in der Hygiene gegebne
Aufklärung über die Schädigungen durch den Alkohol, wie Mrs. Hunt (Boston)
erzählte, vortrefflich.

Wenn die Bestrebungen der Alkoholgegner auch nur zu einigen Erfolgen
führen sollen, so ist das nicht ohne gewisse wirtschaftliche Machtverschiebungeu
möglich. Gewisse Industrien und Handelszweige werden geschädigt, andre gefördert
werden. Zweifellos ist die Entalkoholisiernng der Volksmassen auch mit der Lösung
sozialpolitischer Probleme, Wohnungs-, Ernährungsfrage u. tgi. verknüpft. Mit der
wachsenden Einsicht in die Alkoholfrage und der steigenden Macht der alkohol-


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[0692] Maßgebliches und Unmaßgebliches Versuche der Negierung mißverstanden und erfolglos bleiben. Dennoch dürfen auch solche Versuche heute nicht von der Hand gewiesen werden. Namentlich muß bei der Entmündigung der Trunksüchtigen, wie Professor Cramer (Göttingen) und Professor Endemnnn (Halle) ausführten, die Auffassung, daß es sich um eine Krankheit handelt, festgehalten werden. Wichtiger noch ist das Eingreifen des Staats auf wirtschaftlichem Gebiet. Es kann nicht nachdrücklich genug betont werden, daß neben den Trinksitten die Trink¬ gelegenheiten die Hauptursachen des Alkoholismus sind. Beweis dessen ist die große Zahl von Alkoholikern in den Brauereigewerben, beim Weinhandel usw. Wenn nach Dr. Helenius (Helsingfors) das deutsche Volk im Jahre drei Milliarden Mark, also drei- bis viermal soviel wie für Heer und Flotte zu¬ sammen, für alkoholische Getränke ausgibt, so ist die Frage am Platze, ob dieses Geld nutzbringend und ökonomisch verwertet wird. Der Staat, der die Interessen der Gesamtheit wahrt, hat nicht nur ein Interesse daran, daß ökonomisch mit dem Geldkapital, sondern noch mehr, daß auch wirtschaftlich mit dem Menscheukapitnl, dem kostbarsten Besitz, umgegangen wird. Was sollen wir aber sagen, wenn wir die Nachweise über die physiologischen und rasseschädigenden Eigenschaften des Alkohols hören? Wie die Wirtschaft die Qualität der Menschen beeinflußt, so ist es auch umgekehrt der Fall. Im Interesse der Volksgesamtheit müssen wir wachsende Nüchternheit fordern. Die Zoll- und Steuerpolitik kann hier viel tun, dadurch, daß zum Beispiel die Zollsätze auf Südfrüchte, die bis zu vierzig Prozent des Werth der Ware be¬ tragen, herabgesetzt werden, damit ein billiger Massenkonsum von Obst ermöglicht wird. In ähnlicher Weise wäre Kakao, Schokolade, auch Kaffee und Tee zu be¬ günstigen. Die Herstellung von Fruchtsäften, Mineralwasser, der Milchhandel, die Obstzucht, vor allem auch die technische und industrielle Verwertung des in der Landwirtschaft erzeugten Spiritus und die Erzeugung alkoholfreier Traubensäfte wäre zu unterstützen. Die Besteuerung der alkoholischen Getränke müßte aus volks¬ hygienischen, nicht aus staatsfinanziellen Gründen vorgenommen werden. Graf Douglas betonte in zutreffender Weise, daß, wenn infolge verminderten Alkohol- konsums auch die Steuerleistung auf der einen Seite herabgedrückt würde, dennoch ein Ersatz in den Abgaben für Zoll, Post und Eisenbahnen, vor allem in der Ein¬ kommensteuer zu erwarten wäre. Jedenfalls ist die Gesundheit des Volks die Grund¬ lage für seine Leistungsfähigkeit. In den skandinavischen Staaten hat man die Trinkgelegenheit durch Mono¬ polisierung des Handels mit Branntwein, wie Direktor Fitger (Gotenburg) und Herr Imsen (Bergen) darlegten, mit gutem Erfolge zu vermindern gesucht. Über ähnliche Versuche in England und die Bestrebungen des deutschen Vereins für Gasthausreform berichtete Freiherr von Diergardt (Mojawola). Ob dieser bis jetzt nur auf den Branntwein angewandte Versuch, wie man in Norwegen und Schweden beabsichtigt, auch für Bier und Wein angewandt werden kann, werden künftige Erfahrungen zeigen. Charakteristisch ist es jedenfalls, daß in den ger¬ manisch-protestantischen Ländern der Alkoholismus als Volksübel am tiefsten empfunden, und daß mit großem Gemeingeist in den skandinavischen Ländern, in England und in Amerika der Kampf gegen dieses Volksübel aufgenommen worden ist. In Amerika namentlich bewährt sich die beim Unterricht in der Hygiene gegebne Aufklärung über die Schädigungen durch den Alkohol, wie Mrs. Hunt (Boston) erzählte, vortrefflich. Wenn die Bestrebungen der Alkoholgegner auch nur zu einigen Erfolgen führen sollen, so ist das nicht ohne gewisse wirtschaftliche Machtverschiebungeu möglich. Gewisse Industrien und Handelszweige werden geschädigt, andre gefördert werden. Zweifellos ist die Entalkoholisiernng der Volksmassen auch mit der Lösung sozialpolitischer Probleme, Wohnungs-, Ernährungsfrage u. tgi. verknüpft. Mit der wachsenden Einsicht in die Alkoholfrage und der steigenden Macht der alkohol-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/692>, abgerufen am 21.06.2024.