Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Asien behauptet und dabei etwa Thrakien mit Kvnstcintinvpel und die Herrschaft
über die Meerengen, also die für die Weltpolitik entscheidenden Stellungen festhält.
Auch das byzantinische Reich, dessen Erbschaft die Türken angetreten haben, hat
nach dem Verluste Syriens, Ägyptens und Nordafrikas an die Araber noch acht
Jahrhunderte bestanden und Zeiten energischer Kraftentfaltung erlebt, weil diese
Provinzen der herrschenden griechischen Nationalität innerlich ebenso fremdartig
gegenüberstanden, wie den Türken die überwiegend christlichen Provinzen in Europa.
Was hier ihre Stellung noch unhaltbarer macht, als die der alten Byzantiner im
entlegnen Osten und Süden, das sind nicht ihre Untugenden, in denen sie von den
Byzantinern wahrscheinlich übertroffen wurden, sondern die Unmöglichkeit für sie,
nach dein Koran, der ja für die Mohammedaner auch das weltliche Recht enthält,
den Ungläubigen die Gleichberechtigung mit den herrschenden Anhängern des Islams
zu geben, und die Unmöglichkeit für die christlichen Mächte Europas, eiuen solchen
rechtlosen, unsrer Gesittung schroff widersprechenden Zustand weiter zu dulden.
Die Byzantiner vertraten allen Völkern des Reichs gegenüber die höhere Zivili¬
sation und entwickelten eine ungeheure Assimilationskraft, die wie ein Schmelztiegel
wirkte; die Türken sind trotz alles äußern Schliffs ihrer leitenden Kreise Barbaren
geblieben und sind auch niemals darauf ausgegangen, die Rnjahvölker zum Islam
hiuüberzuziehn und sich zu assimilieren. Darin liegt ihr Verhängnis und vielleicht
auch das Verhängnis der Balknnhalbiusel. Denn die sechs Nationalitäten sind hier
so durcheinander geschoben, daß dieser in vieler Beziehung so bevorzugte Erdraum
entweder in kleine machtlose Staaten zerfallen oder von einer herrschenden Rasse
regiert werden muß, zu der nun wieder kein andres Volk außer den Türken das
Zeug hat, und die haben es heute auch nicht mehr.

In Makedonien liegen nun die Verhältnisse schwieriger als irgendwo sonst.
Es ist kein Außenland der europäischen Türkei, wie Serbien, Bulgarien, Bosnien
oder Griechenland es waren, sondern sozusagen ihr Herzland. Verliert sie Make¬
donien, dann kann sie auch Albanien, ihre militärisch wertvollste europäische Provinz,
nicht mehr halten, dann ist sie auf Thrakien und Konstantinopel beschränkt. In
dieser Erkenntnis erzwangen ja eben die europäischen Großmächte eine Abänderung
des Friedens von San Stefano (3. März 1878), der das östliche Makedonien
dem neuen Fürstentum Bulgarien zuwies und es dadurch bis aus Ägäische Meer
vorschob. Aber auch die Möglichkeit, aus Makedonien einen neuen christlichen
Vasallenstaat zu machen, liegt kaum vor. Alle die modernen christlichen Staaten¬
bildungen der Balkanhalbinsel beruhen aus einer geschlossenen Nationalität und um¬
fasse" nur wenige fremde Bestandteile; in Makedonien stehn alle sechs Nationali¬
täten nebeneinander, von denen keine an Zahl und Kultur so überlegen ist, daß
sie die andern beherrschen könnte, und zu den christlich-orthodoxen Griechen, Rumänen
und Slawen kommen mohammedanische Türken und Albanesen wie eine zahlreiche,
einflußreiche, geldmächtige Judenschaft, namentlich in Saloniki, also auch die stärksten
religiösen Gegensätze. Den anspruchsvollen Bulgaren würden sich die rührigen
Griechen des Küstenlandes gutwillig niemals unterwerfen, und hinter ihnen steht
die ganze hellenische Nasse, die viel mehr bedeutet als das kleine Königreich Hellas
und sehr wohl weiß, daß an Makedonien die Zukunft des Hellenismus hängt. In
der entschiednen Annäherung Griechenlands an die Türkei, wie sie sich jüngst voll¬
zogen hat, kommt dieses Bewußtsein deutlich zum Ausdruck.

Auch insofern ist die Lösung der makedonischer Frage schwierig, als die Zahl
der an ihr interessierten Großmächte gegen früher gewachsen, und die Wichtigkeit
des Landes für Europa gestiegen ist. Seitdem eine große Bahnlinie Saloniki mit
den Donauländern verbindet, wächst es zu einem Umschlagplatze empor, der für
Mitteleuropa und seinen Verkehr mit der Levante, namentlich mit Ägypten und
dem Suezkanal viel günstiger liegt als Brindtsi und dieses bald überflügeln wird.
Zu den Großmächten aber, die seit alter Zeit an der Balknnhalbinsel interessiert
sind, Österreich, Rußland und England, ist als vierte jetzt Italien getreten, und


Asien behauptet und dabei etwa Thrakien mit Kvnstcintinvpel und die Herrschaft
über die Meerengen, also die für die Weltpolitik entscheidenden Stellungen festhält.
Auch das byzantinische Reich, dessen Erbschaft die Türken angetreten haben, hat
nach dem Verluste Syriens, Ägyptens und Nordafrikas an die Araber noch acht
Jahrhunderte bestanden und Zeiten energischer Kraftentfaltung erlebt, weil diese
Provinzen der herrschenden griechischen Nationalität innerlich ebenso fremdartig
gegenüberstanden, wie den Türken die überwiegend christlichen Provinzen in Europa.
Was hier ihre Stellung noch unhaltbarer macht, als die der alten Byzantiner im
entlegnen Osten und Süden, das sind nicht ihre Untugenden, in denen sie von den
Byzantinern wahrscheinlich übertroffen wurden, sondern die Unmöglichkeit für sie,
nach dein Koran, der ja für die Mohammedaner auch das weltliche Recht enthält,
den Ungläubigen die Gleichberechtigung mit den herrschenden Anhängern des Islams
zu geben, und die Unmöglichkeit für die christlichen Mächte Europas, eiuen solchen
rechtlosen, unsrer Gesittung schroff widersprechenden Zustand weiter zu dulden.
Die Byzantiner vertraten allen Völkern des Reichs gegenüber die höhere Zivili¬
sation und entwickelten eine ungeheure Assimilationskraft, die wie ein Schmelztiegel
wirkte; die Türken sind trotz alles äußern Schliffs ihrer leitenden Kreise Barbaren
geblieben und sind auch niemals darauf ausgegangen, die Rnjahvölker zum Islam
hiuüberzuziehn und sich zu assimilieren. Darin liegt ihr Verhängnis und vielleicht
auch das Verhängnis der Balknnhalbiusel. Denn die sechs Nationalitäten sind hier
so durcheinander geschoben, daß dieser in vieler Beziehung so bevorzugte Erdraum
entweder in kleine machtlose Staaten zerfallen oder von einer herrschenden Rasse
regiert werden muß, zu der nun wieder kein andres Volk außer den Türken das
Zeug hat, und die haben es heute auch nicht mehr.

In Makedonien liegen nun die Verhältnisse schwieriger als irgendwo sonst.
Es ist kein Außenland der europäischen Türkei, wie Serbien, Bulgarien, Bosnien
oder Griechenland es waren, sondern sozusagen ihr Herzland. Verliert sie Make¬
donien, dann kann sie auch Albanien, ihre militärisch wertvollste europäische Provinz,
nicht mehr halten, dann ist sie auf Thrakien und Konstantinopel beschränkt. In
dieser Erkenntnis erzwangen ja eben die europäischen Großmächte eine Abänderung
des Friedens von San Stefano (3. März 1878), der das östliche Makedonien
dem neuen Fürstentum Bulgarien zuwies und es dadurch bis aus Ägäische Meer
vorschob. Aber auch die Möglichkeit, aus Makedonien einen neuen christlichen
Vasallenstaat zu machen, liegt kaum vor. Alle die modernen christlichen Staaten¬
bildungen der Balkanhalbinsel beruhen aus einer geschlossenen Nationalität und um¬
fasse» nur wenige fremde Bestandteile; in Makedonien stehn alle sechs Nationali¬
täten nebeneinander, von denen keine an Zahl und Kultur so überlegen ist, daß
sie die andern beherrschen könnte, und zu den christlich-orthodoxen Griechen, Rumänen
und Slawen kommen mohammedanische Türken und Albanesen wie eine zahlreiche,
einflußreiche, geldmächtige Judenschaft, namentlich in Saloniki, also auch die stärksten
religiösen Gegensätze. Den anspruchsvollen Bulgaren würden sich die rührigen
Griechen des Küstenlandes gutwillig niemals unterwerfen, und hinter ihnen steht
die ganze hellenische Nasse, die viel mehr bedeutet als das kleine Königreich Hellas
und sehr wohl weiß, daß an Makedonien die Zukunft des Hellenismus hängt. In
der entschiednen Annäherung Griechenlands an die Türkei, wie sie sich jüngst voll¬
zogen hat, kommt dieses Bewußtsein deutlich zum Ausdruck.

Auch insofern ist die Lösung der makedonischer Frage schwierig, als die Zahl
der an ihr interessierten Großmächte gegen früher gewachsen, und die Wichtigkeit
des Landes für Europa gestiegen ist. Seitdem eine große Bahnlinie Saloniki mit
den Donauländern verbindet, wächst es zu einem Umschlagplatze empor, der für
Mitteleuropa und seinen Verkehr mit der Levante, namentlich mit Ägypten und
dem Suezkanal viel günstiger liegt als Brindtsi und dieses bald überflügeln wird.
Zu den Großmächten aber, die seit alter Zeit an der Balknnhalbinsel interessiert
sind, Österreich, Rußland und England, ist als vierte jetzt Italien getreten, und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0686" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241068"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_3250" prev="#ID_3249"> Asien behauptet und dabei etwa Thrakien mit Kvnstcintinvpel und die Herrschaft<lb/>
über die Meerengen, also die für die Weltpolitik entscheidenden Stellungen festhält.<lb/>
Auch das byzantinische Reich, dessen Erbschaft die Türken angetreten haben, hat<lb/>
nach dem Verluste Syriens, Ägyptens und Nordafrikas an die Araber noch acht<lb/>
Jahrhunderte bestanden und Zeiten energischer Kraftentfaltung erlebt, weil diese<lb/>
Provinzen der herrschenden griechischen Nationalität innerlich ebenso fremdartig<lb/>
gegenüberstanden, wie den Türken die überwiegend christlichen Provinzen in Europa.<lb/>
Was hier ihre Stellung noch unhaltbarer macht, als die der alten Byzantiner im<lb/>
entlegnen Osten und Süden, das sind nicht ihre Untugenden, in denen sie von den<lb/>
Byzantinern wahrscheinlich übertroffen wurden, sondern die Unmöglichkeit für sie,<lb/>
nach dein Koran, der ja für die Mohammedaner auch das weltliche Recht enthält,<lb/>
den Ungläubigen die Gleichberechtigung mit den herrschenden Anhängern des Islams<lb/>
zu geben, und die Unmöglichkeit für die christlichen Mächte Europas, eiuen solchen<lb/>
rechtlosen, unsrer Gesittung schroff widersprechenden Zustand weiter zu dulden.<lb/>
Die Byzantiner vertraten allen Völkern des Reichs gegenüber die höhere Zivili¬<lb/>
sation und entwickelten eine ungeheure Assimilationskraft, die wie ein Schmelztiegel<lb/>
wirkte; die Türken sind trotz alles äußern Schliffs ihrer leitenden Kreise Barbaren<lb/>
geblieben und sind auch niemals darauf ausgegangen, die Rnjahvölker zum Islam<lb/>
hiuüberzuziehn und sich zu assimilieren. Darin liegt ihr Verhängnis und vielleicht<lb/>
auch das Verhängnis der Balknnhalbiusel. Denn die sechs Nationalitäten sind hier<lb/>
so durcheinander geschoben, daß dieser in vieler Beziehung so bevorzugte Erdraum<lb/>
entweder in kleine machtlose Staaten zerfallen oder von einer herrschenden Rasse<lb/>
regiert werden muß, zu der nun wieder kein andres Volk außer den Türken das<lb/>
Zeug hat, und die haben es heute auch nicht mehr.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3251"> In Makedonien liegen nun die Verhältnisse schwieriger als irgendwo sonst.<lb/>
Es ist kein Außenland der europäischen Türkei, wie Serbien, Bulgarien, Bosnien<lb/>
oder Griechenland es waren, sondern sozusagen ihr Herzland. Verliert sie Make¬<lb/>
donien, dann kann sie auch Albanien, ihre militärisch wertvollste europäische Provinz,<lb/>
nicht mehr halten, dann ist sie auf Thrakien und Konstantinopel beschränkt. In<lb/>
dieser Erkenntnis erzwangen ja eben die europäischen Großmächte eine Abänderung<lb/>
des Friedens von San Stefano (3. März 1878), der das östliche Makedonien<lb/>
dem neuen Fürstentum Bulgarien zuwies und es dadurch bis aus Ägäische Meer<lb/>
vorschob. Aber auch die Möglichkeit, aus Makedonien einen neuen christlichen<lb/>
Vasallenstaat zu machen, liegt kaum vor. Alle die modernen christlichen Staaten¬<lb/>
bildungen der Balkanhalbinsel beruhen aus einer geschlossenen Nationalität und um¬<lb/>
fasse» nur wenige fremde Bestandteile; in Makedonien stehn alle sechs Nationali¬<lb/>
täten nebeneinander, von denen keine an Zahl und Kultur so überlegen ist, daß<lb/>
sie die andern beherrschen könnte, und zu den christlich-orthodoxen Griechen, Rumänen<lb/>
und Slawen kommen mohammedanische Türken und Albanesen wie eine zahlreiche,<lb/>
einflußreiche, geldmächtige Judenschaft, namentlich in Saloniki, also auch die stärksten<lb/>
religiösen Gegensätze. Den anspruchsvollen Bulgaren würden sich die rührigen<lb/>
Griechen des Küstenlandes gutwillig niemals unterwerfen, und hinter ihnen steht<lb/>
die ganze hellenische Nasse, die viel mehr bedeutet als das kleine Königreich Hellas<lb/>
und sehr wohl weiß, daß an Makedonien die Zukunft des Hellenismus hängt. In<lb/>
der entschiednen Annäherung Griechenlands an die Türkei, wie sie sich jüngst voll¬<lb/>
zogen hat, kommt dieses Bewußtsein deutlich zum Ausdruck.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3252" next="#ID_3253"> Auch insofern ist die Lösung der makedonischer Frage schwierig, als die Zahl<lb/>
der an ihr interessierten Großmächte gegen früher gewachsen, und die Wichtigkeit<lb/>
des Landes für Europa gestiegen ist. Seitdem eine große Bahnlinie Saloniki mit<lb/>
den Donauländern verbindet, wächst es zu einem Umschlagplatze empor, der für<lb/>
Mitteleuropa und seinen Verkehr mit der Levante, namentlich mit Ägypten und<lb/>
dem Suezkanal viel günstiger liegt als Brindtsi und dieses bald überflügeln wird.<lb/>
Zu den Großmächten aber, die seit alter Zeit an der Balknnhalbinsel interessiert<lb/>
sind, Österreich, Rußland und England, ist als vierte jetzt Italien getreten, und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0686] Asien behauptet und dabei etwa Thrakien mit Kvnstcintinvpel und die Herrschaft über die Meerengen, also die für die Weltpolitik entscheidenden Stellungen festhält. Auch das byzantinische Reich, dessen Erbschaft die Türken angetreten haben, hat nach dem Verluste Syriens, Ägyptens und Nordafrikas an die Araber noch acht Jahrhunderte bestanden und Zeiten energischer Kraftentfaltung erlebt, weil diese Provinzen der herrschenden griechischen Nationalität innerlich ebenso fremdartig gegenüberstanden, wie den Türken die überwiegend christlichen Provinzen in Europa. Was hier ihre Stellung noch unhaltbarer macht, als die der alten Byzantiner im entlegnen Osten und Süden, das sind nicht ihre Untugenden, in denen sie von den Byzantinern wahrscheinlich übertroffen wurden, sondern die Unmöglichkeit für sie, nach dein Koran, der ja für die Mohammedaner auch das weltliche Recht enthält, den Ungläubigen die Gleichberechtigung mit den herrschenden Anhängern des Islams zu geben, und die Unmöglichkeit für die christlichen Mächte Europas, eiuen solchen rechtlosen, unsrer Gesittung schroff widersprechenden Zustand weiter zu dulden. Die Byzantiner vertraten allen Völkern des Reichs gegenüber die höhere Zivili¬ sation und entwickelten eine ungeheure Assimilationskraft, die wie ein Schmelztiegel wirkte; die Türken sind trotz alles äußern Schliffs ihrer leitenden Kreise Barbaren geblieben und sind auch niemals darauf ausgegangen, die Rnjahvölker zum Islam hiuüberzuziehn und sich zu assimilieren. Darin liegt ihr Verhängnis und vielleicht auch das Verhängnis der Balknnhalbiusel. Denn die sechs Nationalitäten sind hier so durcheinander geschoben, daß dieser in vieler Beziehung so bevorzugte Erdraum entweder in kleine machtlose Staaten zerfallen oder von einer herrschenden Rasse regiert werden muß, zu der nun wieder kein andres Volk außer den Türken das Zeug hat, und die haben es heute auch nicht mehr. In Makedonien liegen nun die Verhältnisse schwieriger als irgendwo sonst. Es ist kein Außenland der europäischen Türkei, wie Serbien, Bulgarien, Bosnien oder Griechenland es waren, sondern sozusagen ihr Herzland. Verliert sie Make¬ donien, dann kann sie auch Albanien, ihre militärisch wertvollste europäische Provinz, nicht mehr halten, dann ist sie auf Thrakien und Konstantinopel beschränkt. In dieser Erkenntnis erzwangen ja eben die europäischen Großmächte eine Abänderung des Friedens von San Stefano (3. März 1878), der das östliche Makedonien dem neuen Fürstentum Bulgarien zuwies und es dadurch bis aus Ägäische Meer vorschob. Aber auch die Möglichkeit, aus Makedonien einen neuen christlichen Vasallenstaat zu machen, liegt kaum vor. Alle die modernen christlichen Staaten¬ bildungen der Balkanhalbinsel beruhen aus einer geschlossenen Nationalität und um¬ fasse» nur wenige fremde Bestandteile; in Makedonien stehn alle sechs Nationali¬ täten nebeneinander, von denen keine an Zahl und Kultur so überlegen ist, daß sie die andern beherrschen könnte, und zu den christlich-orthodoxen Griechen, Rumänen und Slawen kommen mohammedanische Türken und Albanesen wie eine zahlreiche, einflußreiche, geldmächtige Judenschaft, namentlich in Saloniki, also auch die stärksten religiösen Gegensätze. Den anspruchsvollen Bulgaren würden sich die rührigen Griechen des Küstenlandes gutwillig niemals unterwerfen, und hinter ihnen steht die ganze hellenische Nasse, die viel mehr bedeutet als das kleine Königreich Hellas und sehr wohl weiß, daß an Makedonien die Zukunft des Hellenismus hängt. In der entschiednen Annäherung Griechenlands an die Türkei, wie sie sich jüngst voll¬ zogen hat, kommt dieses Bewußtsein deutlich zum Ausdruck. Auch insofern ist die Lösung der makedonischer Frage schwierig, als die Zahl der an ihr interessierten Großmächte gegen früher gewachsen, und die Wichtigkeit des Landes für Europa gestiegen ist. Seitdem eine große Bahnlinie Saloniki mit den Donauländern verbindet, wächst es zu einem Umschlagplatze empor, der für Mitteleuropa und seinen Verkehr mit der Levante, namentlich mit Ägypten und dem Suezkanal viel günstiger liegt als Brindtsi und dieses bald überflügeln wird. Zu den Großmächten aber, die seit alter Zeit an der Balknnhalbinsel interessiert sind, Österreich, Rußland und England, ist als vierte jetzt Italien getreten, und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/686
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/686>, abgerufen am 05.07.2024.