Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.Feuer I Marja Jwanowna, darf ich eine Frage an Sie richten? Wegen der Freundin? Seien Sie so freundlich, fragen Sie, fragen Sie. Zu Marja Jwanowna, sagen Sie aufrichtig, wären Sie wirklich imstande, in ein Sie näherte sich und bemühte sich, recht zutraulich und hingebend auszusehen. Alexander Andrejewitsch, wir sind doch gute Freunde. Wozu die Umstände Marja Jwanowna, ich frage in allem Ernste. Wenn ich vielleicht einen Punkt Ich erkläre Ihnen ja, daß ich Ihnen alle Hilfe, die ... Marja Jwanowna! Hu, sind Sie heute aber eigensinnig! Weder rechts noch links! Nicht vom Sie warf die Lippen schmollend auf. Ich bitte Sie in aller Demut, Marja Jwanowna. Ich frage gewiß nicht Sie zog die Brauen etwas zusammen und sah mich finster an. Dabei erhielt Alexander Andrejewitsch! rief sie, ich ahne Schreckliches. Haben Sie den Marja Jwanowna! rief ich vorwurfsvoll. Sagen Sie es, ich bitte, sagen Sie es, rief sie dringend, indem sie das Ich beschwöre Sie bei unsrer Freundschaft, bei der geheilten Wunde an diesem Sie spielte die Szene so gut, so wahr, daß sie mich irre gemacht hätte, wenn Sie ließ mit einem Ruck meinen Arm los, raffte das Staubtuch von der Diele Ich schüttelte unwillig den Kopf. War ich ein Kind, war ich ein Narr, daß Marja Jwanowna, sagte ich so ruhig und so kalt wie möglich, ich möchte Sie Wonach, Alexander Andrejewitsch? antwortete sie in freundlichem Gesellschafts¬ Wie denken Sie, wären Sie wohl jemals imstande, in ein Kloster zu gehn? Feuer I Marja Jwanowna, darf ich eine Frage an Sie richten? Wegen der Freundin? Seien Sie so freundlich, fragen Sie, fragen Sie. Zu Marja Jwanowna, sagen Sie aufrichtig, wären Sie wirklich imstande, in ein Sie näherte sich und bemühte sich, recht zutraulich und hingebend auszusehen. Alexander Andrejewitsch, wir sind doch gute Freunde. Wozu die Umstände Marja Jwanowna, ich frage in allem Ernste. Wenn ich vielleicht einen Punkt Ich erkläre Ihnen ja, daß ich Ihnen alle Hilfe, die ... Marja Jwanowna! Hu, sind Sie heute aber eigensinnig! Weder rechts noch links! Nicht vom Sie warf die Lippen schmollend auf. Ich bitte Sie in aller Demut, Marja Jwanowna. Ich frage gewiß nicht Sie zog die Brauen etwas zusammen und sah mich finster an. Dabei erhielt Alexander Andrejewitsch! rief sie, ich ahne Schreckliches. Haben Sie den Marja Jwanowna! rief ich vorwurfsvoll. Sagen Sie es, ich bitte, sagen Sie es, rief sie dringend, indem sie das Ich beschwöre Sie bei unsrer Freundschaft, bei der geheilten Wunde an diesem Sie spielte die Szene so gut, so wahr, daß sie mich irre gemacht hätte, wenn Sie ließ mit einem Ruck meinen Arm los, raffte das Staubtuch von der Diele Ich schüttelte unwillig den Kopf. War ich ein Kind, war ich ein Narr, daß Marja Jwanowna, sagte ich so ruhig und so kalt wie möglich, ich möchte Sie Wonach, Alexander Andrejewitsch? antwortete sie in freundlichem Gesellschafts¬ Wie denken Sie, wären Sie wohl jemals imstande, in ein Kloster zu gehn? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240432"/> <fw type="header" place="top"> Feuer I</fw><lb/> <p xml:id="ID_240"> Marja Jwanowna, darf ich eine Frage an Sie richten?</p><lb/> <p xml:id="ID_241"> Wegen der Freundin? Seien Sie so freundlich, fragen Sie, fragen Sie. 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Feuer I
Marja Jwanowna, darf ich eine Frage an Sie richten?
Wegen der Freundin? Seien Sie so freundlich, fragen Sie, fragen Sie. Zu
zweien ersinnen wir vielleicht schneller ein Mittel, Sie zusammenzubringen.
Marja Jwanowna, sagen Sie aufrichtig, wären Sie wirklich imstande, in ein
Kloster zu gehn?
Sie näherte sich und bemühte sich, recht zutraulich und hingebend auszusehen.
Alexander Andrejewitsch, wir sind doch gute Freunde. Wozu die Umstände
und krummen Wege! Sie wollen meine Freundin sehen. Warum sprechen Sie
es nicht offen aus? Ich bin ja mit Leib und Seele dabei und bereit, Ihnen zu
helfen. Warten Sie, lassen Sie mich ausreden! Ich werde ihr sagen lassen, sie
solle zu mir kommen, und so wie sie hier ist, schicke ich gleich nach Ihnen. Ja,
aber wen schicken? Darin liegt. . .
Marja Jwanowna, ich frage in allem Ernste. Wenn ich vielleicht einen Punkt
berühre, über den Sie nicht sprechen wollen, so entschuldigen Sie mich, aber ich
bitte, scherzen Sie nicht.
Ich erkläre Ihnen ja, daß ich Ihnen alle Hilfe, die ...
Marja Jwanowna!
Hu, sind Sie heute aber eigensinnig! Weder rechts noch links! Nicht vom
Fleck! Wissen Sie, daß das recht langweilig ist, Alexander Andrejewitsch!
Sie warf die Lippen schmollend auf.
Ich bitte Sie in aller Demut, Marja Jwanowna. Ich frage gewiß nicht
aus unnützer Neu gier.
Sie zog die Brauen etwas zusammen und sah mich finster an. Dabei erhielt
ihr Gesicht einen ganz neuen, zum Tollwerdeu schönen Ausdruck. Dann öffnete sie
die Augen weit und immer weiter, sah erschrocken aus und wich langsam zurück.
Alexander Andrejewitsch! rief sie, ich ahne Schreckliches. Haben Sie den
Auftrag, mich polizeilich auszuforschen? Soll das ein Verhör sein, was Sie mit
mir beginnen?
Marja Jwanowna! rief ich vorwurfsvoll.
Sagen Sie es, ich bitte, sagen Sie es, rief sie dringend, indem sie das
Staubtuch fallen ließ. Sie eilte zu mir und faßte mit beiden Händen krampfhaft
meinen Arm.
Ich beschwöre Sie bei unsrer Freundschaft, bei der geheilten Wunde an diesem
Arm, den ich halte, fuhr sie fort und sah scheu um sich, als ob sie sich fürchte,
sagen Sie mir, bin ich verdächtigt worden, angeklagt? sollen Sie mich verhören,
verhaften?
Sie spielte die Szene so gut, so wahr, daß sie mich irre gemacht hätte, wenn
ich uicht schon mit ihrem Talent zu necken und zu spotten bekannt gewesen wäre,
und wenn in den Augenwinkeln nicht der Schelm gesessen hätte. Sie war mit
ihren, Gesicht dem meinen ziemlich nahegekommen. Ich fühlte ihren Atem. Es
war mir, als ob ich das Schlagen ihres Herzens vernähme, obgleich ich Besinnung
genug behielt zu wissen, daß es mein eignes war, das so pochte.
Sie ließ mit einem Ruck meinen Arm los, raffte das Staubtuch von der Diele
auf und wischte abgewandt an einem Bilde herum.
Ich schüttelte unwillig den Kopf. War ich ein Kind, war ich ein Narr, daß
ich mich immer und immer wieder aus der Fassung bringen ließ? Ich gehörte
ihr an, das wußte ich, und darein hatte ich mich schon ergeben, aber deshalb brauchte
ich doch nicht bei jeder Gelegenheit von ihrer Berührung zu schmelzen wie Wachs
am Licht oder Butter in der Sonne.
Marja Jwanowna, sagte ich so ruhig und so kalt wie möglich, ich möchte Sie
gern uach etwas fragen.
Wonach, Alexander Andrejewitsch? antwortete sie in freundlichem Gesellschafts¬
ton und näherte sich mir zuvorkommend.
Wie denken Sie, wären Sie wohl jemals imstande, in ein Kloster zu gehn?
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