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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Leipziger Dramaturgie

Seidenstoffe und abgepaßten "Roben" für elegante Braut-, Straßen- und Gefell-
schaftstoiletten empfehlen. Die Braut läßt mich ebenso kalt wie die Anpreisungen
der übrigen Seiten. Ich will, solange ich im Theater sitze, von kostspieligen Ein¬
kaufen nichts wissen. Wenn ich die Zwischenakte dazu hätte benutzen wollen, mich
über die Leipziger Handlungshäuser zu belehren, so würde ich den Hund angespannt
haben und mir das handliche Adreßbuch ins Theater haben nachfahren lassen.
Die der Reklame des Seidenhauses folgende Anpreisung einer "erstklassiger" Küche
um Georgiring und der dort fließenden Weine der Großhandlung Strahl U Komp.
in Dresden könnte noch durchgehen, weil man doch, wenn der Lord glücklich
zu Schiff nach Frankreich ist, nicht immer wieder zu Kitzing und Helbig zu
gehn, sondern der Abwechslung wegen auch einmal ein andres Lokal aufzusuchen
wünscht, aber alles übrige ist entschieden vom Übel. Meine Leber ist gesund, ich
habe mich bisher weder über die Hoflieferanten Ihrer Majestät der Königin
Mutter der Niederlande noch über das Telephon des durch eine erstklassige Küche
ausgezeichneten Weinrestaurants krank geärgert: ich löse die Zettelseite, die sich
meineni erfahrnen Auge durch ein verkümmertes ross lÄno kenntlich macht, mit¬
samt dem Seidenhaus und der einen Hälfte des Weinrestaurants jedesmal säuber¬
lich aus dem Heft und lasse, wenn ich auf der ersten Parkettbank sitze, den Rest
des Heftes unabsichtlich in das wie der Tartarus unerleuchtete und nur von einigen
jugendlichen Hilfskräften wie von abgeschiednen Geistern bewohnte Orchester gleiten.
Aber wäre es nicht einfacher, wenn man mir die rosa Großoktavseite für den
herkömmlichen Nickelzehner ohne Tara lieferte? Was verschafft der Theaterdirektion
das Recht, mich wider meinen Willen mit so und soviel unnützen Seiten zu be¬
packen und zu pisnckeu? Ist es eine Servitut, auf die sich die Hochmögendeu
beziehn, oder eine oKIiMtio quasi ox clelioto? Konnte, wenn sich alle Geschäfts¬
häuser Leipzigs einigten, und wenn die Theaterdirektion gleichfalls einwilligte,
der Zettel zwischen Seite 2327 und 2328 des Adreßbuchs eingeklebt und mit
diesem dem wehrlosen Schaugast mittelst eines Kraus zugehoben werden? Wäre
zwischen den mit so schwerem Kaliber bewaffneten Inhabern der Parkettsitze nicht
ein zweiter vombat ein Imtriu zu befürchten, und wäre, wenn in der Meßzeit
Spanier im Theater sind, die die liberale Gewohnheit haben, den Torecidors zu¬
zuwerfen, was ihnen gerade unter die Hände kommt, Fächer, seidne Tücher, Bon¬
bonnieren und dergleichen, nicht eine lebensgefährliche Beschießung der vor dem
Vorhang erscheinenden, eben erst durch ein Wunder Kopf an Rumpf wieder zu¬
sammengeleimten Schotteukönigin denkbar? Und wenn der für eine würdige und
zweckentsprechende Herstellung der Zettel Verantwortliche kein leeres Papier sehen
kann, warum gibt er uus nicht statt der Königlich Niederländischen "Roben" einen
kurzen Überblick über Maria Stuarts und Elisabeths Verwandtschaft, unter Bei¬
fügung eines übersichtlichen Stammbaums, aus dem jeder deutlich erkennen könnte,
warum Maria Elisabeths Schwester und warum der Kardinal von Lothringen
ihr Ohm war? So gar einfach und glatt waren die mit dem oftbeweibten Heinrich
dem Achten zusammenhängenden Verwandtschaften und Verschwägerungen doch nicht,
daß man annehmen könnte, jeder, der einen Zettel kaufe, habe die Genealogie der
Häuser Tndor, Valois und Guise ohnehin um den Fingerspitzen.

Was macht Ihr, Sir? Welch neue Dreistigkeit! Hanna Kennedy und das
Wohnzimmer der Königin Maria in Fotheringhaycastle machen einen durchaus
guten Eindruck. Für Maria Stuarts Amme und für die Witwe des zu Padua
verschiednen Herrn Schwerdtlein haben die meisten deutschen Bühnen überraschend
gute Darstellerinnen, und das mittelalterlich gewölbte Gemach mit vergitterten
Fenster und einem "massiv staffierten" Kamine entspricht zwar dem


Wer sieht es diesen kahlen Wänden an,
Daß eine Königin hier wohnt?

gewährt aber trotzdem einen die Einbildungskraft angenehm anregenden malerischen
Anblick. Zu dem gewaltigen Tore des Prospekts, dessen bis um die Wölbung hinauf-


Leipziger Dramaturgie

Seidenstoffe und abgepaßten „Roben" für elegante Braut-, Straßen- und Gefell-
schaftstoiletten empfehlen. Die Braut läßt mich ebenso kalt wie die Anpreisungen
der übrigen Seiten. Ich will, solange ich im Theater sitze, von kostspieligen Ein¬
kaufen nichts wissen. Wenn ich die Zwischenakte dazu hätte benutzen wollen, mich
über die Leipziger Handlungshäuser zu belehren, so würde ich den Hund angespannt
haben und mir das handliche Adreßbuch ins Theater haben nachfahren lassen.
Die der Reklame des Seidenhauses folgende Anpreisung einer „erstklassiger" Küche
um Georgiring und der dort fließenden Weine der Großhandlung Strahl U Komp.
in Dresden könnte noch durchgehen, weil man doch, wenn der Lord glücklich
zu Schiff nach Frankreich ist, nicht immer wieder zu Kitzing und Helbig zu
gehn, sondern der Abwechslung wegen auch einmal ein andres Lokal aufzusuchen
wünscht, aber alles übrige ist entschieden vom Übel. Meine Leber ist gesund, ich
habe mich bisher weder über die Hoflieferanten Ihrer Majestät der Königin
Mutter der Niederlande noch über das Telephon des durch eine erstklassige Küche
ausgezeichneten Weinrestaurants krank geärgert: ich löse die Zettelseite, die sich
meineni erfahrnen Auge durch ein verkümmertes ross lÄno kenntlich macht, mit¬
samt dem Seidenhaus und der einen Hälfte des Weinrestaurants jedesmal säuber¬
lich aus dem Heft und lasse, wenn ich auf der ersten Parkettbank sitze, den Rest
des Heftes unabsichtlich in das wie der Tartarus unerleuchtete und nur von einigen
jugendlichen Hilfskräften wie von abgeschiednen Geistern bewohnte Orchester gleiten.
Aber wäre es nicht einfacher, wenn man mir die rosa Großoktavseite für den
herkömmlichen Nickelzehner ohne Tara lieferte? Was verschafft der Theaterdirektion
das Recht, mich wider meinen Willen mit so und soviel unnützen Seiten zu be¬
packen und zu pisnckeu? Ist es eine Servitut, auf die sich die Hochmögendeu
beziehn, oder eine oKIiMtio quasi ox clelioto? Konnte, wenn sich alle Geschäfts¬
häuser Leipzigs einigten, und wenn die Theaterdirektion gleichfalls einwilligte,
der Zettel zwischen Seite 2327 und 2328 des Adreßbuchs eingeklebt und mit
diesem dem wehrlosen Schaugast mittelst eines Kraus zugehoben werden? Wäre
zwischen den mit so schwerem Kaliber bewaffneten Inhabern der Parkettsitze nicht
ein zweiter vombat ein Imtriu zu befürchten, und wäre, wenn in der Meßzeit
Spanier im Theater sind, die die liberale Gewohnheit haben, den Torecidors zu¬
zuwerfen, was ihnen gerade unter die Hände kommt, Fächer, seidne Tücher, Bon¬
bonnieren und dergleichen, nicht eine lebensgefährliche Beschießung der vor dem
Vorhang erscheinenden, eben erst durch ein Wunder Kopf an Rumpf wieder zu¬
sammengeleimten Schotteukönigin denkbar? Und wenn der für eine würdige und
zweckentsprechende Herstellung der Zettel Verantwortliche kein leeres Papier sehen
kann, warum gibt er uus nicht statt der Königlich Niederländischen „Roben" einen
kurzen Überblick über Maria Stuarts und Elisabeths Verwandtschaft, unter Bei¬
fügung eines übersichtlichen Stammbaums, aus dem jeder deutlich erkennen könnte,
warum Maria Elisabeths Schwester und warum der Kardinal von Lothringen
ihr Ohm war? So gar einfach und glatt waren die mit dem oftbeweibten Heinrich
dem Achten zusammenhängenden Verwandtschaften und Verschwägerungen doch nicht,
daß man annehmen könnte, jeder, der einen Zettel kaufe, habe die Genealogie der
Häuser Tndor, Valois und Guise ohnehin um den Fingerspitzen.

Was macht Ihr, Sir? Welch neue Dreistigkeit! Hanna Kennedy und das
Wohnzimmer der Königin Maria in Fotheringhaycastle machen einen durchaus
guten Eindruck. Für Maria Stuarts Amme und für die Witwe des zu Padua
verschiednen Herrn Schwerdtlein haben die meisten deutschen Bühnen überraschend
gute Darstellerinnen, und das mittelalterlich gewölbte Gemach mit vergitterten
Fenster und einem „massiv staffierten" Kamine entspricht zwar dem


Wer sieht es diesen kahlen Wänden an,
Daß eine Königin hier wohnt?

gewährt aber trotzdem einen die Einbildungskraft angenehm anregenden malerischen
Anblick. Zu dem gewaltigen Tore des Prospekts, dessen bis um die Wölbung hinauf-


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[0476] Leipziger Dramaturgie Seidenstoffe und abgepaßten „Roben" für elegante Braut-, Straßen- und Gefell- schaftstoiletten empfehlen. Die Braut läßt mich ebenso kalt wie die Anpreisungen der übrigen Seiten. Ich will, solange ich im Theater sitze, von kostspieligen Ein¬ kaufen nichts wissen. Wenn ich die Zwischenakte dazu hätte benutzen wollen, mich über die Leipziger Handlungshäuser zu belehren, so würde ich den Hund angespannt haben und mir das handliche Adreßbuch ins Theater haben nachfahren lassen. Die der Reklame des Seidenhauses folgende Anpreisung einer „erstklassiger" Küche um Georgiring und der dort fließenden Weine der Großhandlung Strahl U Komp. in Dresden könnte noch durchgehen, weil man doch, wenn der Lord glücklich zu Schiff nach Frankreich ist, nicht immer wieder zu Kitzing und Helbig zu gehn, sondern der Abwechslung wegen auch einmal ein andres Lokal aufzusuchen wünscht, aber alles übrige ist entschieden vom Übel. Meine Leber ist gesund, ich habe mich bisher weder über die Hoflieferanten Ihrer Majestät der Königin Mutter der Niederlande noch über das Telephon des durch eine erstklassige Küche ausgezeichneten Weinrestaurants krank geärgert: ich löse die Zettelseite, die sich meineni erfahrnen Auge durch ein verkümmertes ross lÄno kenntlich macht, mit¬ samt dem Seidenhaus und der einen Hälfte des Weinrestaurants jedesmal säuber¬ lich aus dem Heft und lasse, wenn ich auf der ersten Parkettbank sitze, den Rest des Heftes unabsichtlich in das wie der Tartarus unerleuchtete und nur von einigen jugendlichen Hilfskräften wie von abgeschiednen Geistern bewohnte Orchester gleiten. Aber wäre es nicht einfacher, wenn man mir die rosa Großoktavseite für den herkömmlichen Nickelzehner ohne Tara lieferte? Was verschafft der Theaterdirektion das Recht, mich wider meinen Willen mit so und soviel unnützen Seiten zu be¬ packen und zu pisnckeu? Ist es eine Servitut, auf die sich die Hochmögendeu beziehn, oder eine oKIiMtio quasi ox clelioto? Konnte, wenn sich alle Geschäfts¬ häuser Leipzigs einigten, und wenn die Theaterdirektion gleichfalls einwilligte, der Zettel zwischen Seite 2327 und 2328 des Adreßbuchs eingeklebt und mit diesem dem wehrlosen Schaugast mittelst eines Kraus zugehoben werden? Wäre zwischen den mit so schwerem Kaliber bewaffneten Inhabern der Parkettsitze nicht ein zweiter vombat ein Imtriu zu befürchten, und wäre, wenn in der Meßzeit Spanier im Theater sind, die die liberale Gewohnheit haben, den Torecidors zu¬ zuwerfen, was ihnen gerade unter die Hände kommt, Fächer, seidne Tücher, Bon¬ bonnieren und dergleichen, nicht eine lebensgefährliche Beschießung der vor dem Vorhang erscheinenden, eben erst durch ein Wunder Kopf an Rumpf wieder zu¬ sammengeleimten Schotteukönigin denkbar? Und wenn der für eine würdige und zweckentsprechende Herstellung der Zettel Verantwortliche kein leeres Papier sehen kann, warum gibt er uus nicht statt der Königlich Niederländischen „Roben" einen kurzen Überblick über Maria Stuarts und Elisabeths Verwandtschaft, unter Bei¬ fügung eines übersichtlichen Stammbaums, aus dem jeder deutlich erkennen könnte, warum Maria Elisabeths Schwester und warum der Kardinal von Lothringen ihr Ohm war? So gar einfach und glatt waren die mit dem oftbeweibten Heinrich dem Achten zusammenhängenden Verwandtschaften und Verschwägerungen doch nicht, daß man annehmen könnte, jeder, der einen Zettel kaufe, habe die Genealogie der Häuser Tndor, Valois und Guise ohnehin um den Fingerspitzen. Was macht Ihr, Sir? Welch neue Dreistigkeit! Hanna Kennedy und das Wohnzimmer der Königin Maria in Fotheringhaycastle machen einen durchaus guten Eindruck. Für Maria Stuarts Amme und für die Witwe des zu Padua verschiednen Herrn Schwerdtlein haben die meisten deutschen Bühnen überraschend gute Darstellerinnen, und das mittelalterlich gewölbte Gemach mit vergitterten Fenster und einem „massiv staffierten" Kamine entspricht zwar dem Wer sieht es diesen kahlen Wänden an, Daß eine Königin hier wohnt? gewährt aber trotzdem einen die Einbildungskraft angenehm anregenden malerischen Anblick. Zu dem gewaltigen Tore des Prospekts, dessen bis um die Wölbung hinauf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/476>, abgerufen am 23.07.2024.