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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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dieser Utvpismus nichts. Dagegen wird der Nutzen, den das Buch in Belgien
ohne Zweifel stiften wird (in Deutschland ist es überflüssig, da wir gute Schriften
dieser Art in Masse haben), dnrch zwei Irrtümer, die der Verfasser mit allen seinen
Parteigenossen teilt, einigermaßen beeinträchtigt werden. Der eine besteht in der
Ansicht, daß die demokratische Republik dem sozialistischen Ideal näher stehe als
der monarchische "Klnssenstaat," weil die Verwaltung in jener zum Besten des ganzen
Volkes, in diesem im Interesse der herrschenden Klasse geführt werde. Eine Ver-
gleichung der französischen mit den deutschen Zustanden, der französischen Eisenbahn¬
politik mit der deutschen, der französischen Präfektenwirtschaft mit der deutschen,
namentlich der preußischen Selbstverwaltung der Provinzen, Kreise und Gemeinden,
der französischen Arbeitergesetzgebung mit der deutschen, deren Überlegenheit von
den französischen Autoritäten nuerkmmt wird, der nach Parteirücksichten und in der
Form von Beutejägerei betriebueu parlamentarischen Ämterbesetzung (daß in Frank¬
reich nicht Fachmänner, sondern Parteigrößen Minister werden, gesteht Vandervelde
selbst) mit der im ganzen zweckmäßigen und gewissenhaften Auswahl der Beamten
in Deutschland, eine solche Vergleichung müßte die "Genossen" schon längst eines
bessern belehrt haben. Die Demokratie ist die beste Staatsform für ein Gemein¬
wesen, das so klein ist, daß es von jedem Mitgliede übersehen werden kann, und
für ein zur Selbstverwaltung so befähigtes Volk wie die Deutsch-Schweizer sind.
Aber in einem großen Volke, das noch dazu so wenig Anlage zur Selbstregierung
hat wie die Kelten, sind Demokratie und Parlament weiter nichts als bequeme
Werkzeuge für herrschsüchtige und beutebegierige Cliquen. Der Staat wird dann
erst recht Klassenstaat, während eine kräftige monarchische Regierung imstande ist,
den Beherrschten Erleichterung zu verschaffen, wenn der Druck, den die herrschenden
Klassen ausüben, das erträgliche und mit dem Gemeinwohl noch vereinbare Maß
überschreitet. Der andre Schaden, den die einseitige sozialistische Auffassung an¬
richtet, besteht darin, daß sie dein Blick die Naturbedingungen des Volkswohls
entschwinden läßt. Vandervelde schildert das Elend flämischer Zwergbaueru, die,
da sie ihr Ackerfleck nicht ernährt, in einem zwei Eisenbahnstundeu entfernten Berg¬
werk arbeiten müssen, und die also höchstens zehn Stunden täglich daheim sind-
Wie töricht, sich einzubilden, einer solchen Bevölkerung könne durch Abänderung
der Staats- und Gesellschaftsordnung geholfen werden! Für sie gibt es nur zwei
Heilmittel: Bodenzuwachs, und wenn dieser nicht möglich ist, Auswanderung,


Die Trusts und die Zukunft der Kulturmenschheit.

Theodor Duimchen
hat im vierten Bande des Jahrgangs 1895 der Grenzboten erzählt, wie Rockefeller
sein Petrolenmmonopol ergattert hat, und hat das Bild des rücksichtslosesten aller
jetzt lebenden Geschäftsleute in schöne historische, politische und nationalökonomische Be¬
trachtungen eingerahmt. Den sechs Grenzbvtennufsätzen hat er nun noch vier hinzu¬
gefügt (Die versäumte Gelegenheit; Die Gefahr, die uns droht; Rettung? Der höhere
Standpunkt) und das Ganze nnter dem angegebnen Titel als sechsten Band von
Leo Bergs Kulturproblemen der Gegenwart (Berlin, Johannes Rabe, 1903) heraus¬
gegeben. Duimchen trägt in der Schilderung der Gefahr, die uns, dem Vater¬
lands, der Monarchie, der deutschen Kultur von deu amerikanischen Milliardären
drohe, sehr stark auf: Cäsars Weltherrschaft, die blutigrote religiös-militärische
Diktatur Spaniens, die Despotie der Attila, der Dschingiskhans sei Kinderspiel
"gegen die grane Öde, das bare Elend und die völlige Entmenschung des Menschen¬
geschlechts, die der Krämer aus Cleveland heraufzuführen begonnen hat." Jedoch
Großes geschieht wirklich, Größeres bereitet sich vor jenseits des Ozeans, und da
kann es nicht schaden, wenn der bequeme Philister mit kräftigen Rippenstößen auf¬
gerüttelt und genötigt wird, sich das drohende Unheil genau anzusehen. Schade,
daß das stilistisch, gut gearbeitete Buch nicht auch sorgfältig korrigiert worden ist;
um nur zweierlei zu erwähnen: Seite 186 und 187 steht viermal Konferenzlinien
für Konknrrenzlinie", und Seite 195 Quadrat für Rechteck.




dieser Utvpismus nichts. Dagegen wird der Nutzen, den das Buch in Belgien
ohne Zweifel stiften wird (in Deutschland ist es überflüssig, da wir gute Schriften
dieser Art in Masse haben), dnrch zwei Irrtümer, die der Verfasser mit allen seinen
Parteigenossen teilt, einigermaßen beeinträchtigt werden. Der eine besteht in der
Ansicht, daß die demokratische Republik dem sozialistischen Ideal näher stehe als
der monarchische „Klnssenstaat," weil die Verwaltung in jener zum Besten des ganzen
Volkes, in diesem im Interesse der herrschenden Klasse geführt werde. Eine Ver-
gleichung der französischen mit den deutschen Zustanden, der französischen Eisenbahn¬
politik mit der deutschen, der französischen Präfektenwirtschaft mit der deutschen,
namentlich der preußischen Selbstverwaltung der Provinzen, Kreise und Gemeinden,
der französischen Arbeitergesetzgebung mit der deutschen, deren Überlegenheit von
den französischen Autoritäten nuerkmmt wird, der nach Parteirücksichten und in der
Form von Beutejägerei betriebueu parlamentarischen Ämterbesetzung (daß in Frank¬
reich nicht Fachmänner, sondern Parteigrößen Minister werden, gesteht Vandervelde
selbst) mit der im ganzen zweckmäßigen und gewissenhaften Auswahl der Beamten
in Deutschland, eine solche Vergleichung müßte die „Genossen" schon längst eines
bessern belehrt haben. Die Demokratie ist die beste Staatsform für ein Gemein¬
wesen, das so klein ist, daß es von jedem Mitgliede übersehen werden kann, und
für ein zur Selbstverwaltung so befähigtes Volk wie die Deutsch-Schweizer sind.
Aber in einem großen Volke, das noch dazu so wenig Anlage zur Selbstregierung
hat wie die Kelten, sind Demokratie und Parlament weiter nichts als bequeme
Werkzeuge für herrschsüchtige und beutebegierige Cliquen. Der Staat wird dann
erst recht Klassenstaat, während eine kräftige monarchische Regierung imstande ist,
den Beherrschten Erleichterung zu verschaffen, wenn der Druck, den die herrschenden
Klassen ausüben, das erträgliche und mit dem Gemeinwohl noch vereinbare Maß
überschreitet. Der andre Schaden, den die einseitige sozialistische Auffassung an¬
richtet, besteht darin, daß sie dein Blick die Naturbedingungen des Volkswohls
entschwinden läßt. Vandervelde schildert das Elend flämischer Zwergbaueru, die,
da sie ihr Ackerfleck nicht ernährt, in einem zwei Eisenbahnstundeu entfernten Berg¬
werk arbeiten müssen, und die also höchstens zehn Stunden täglich daheim sind-
Wie töricht, sich einzubilden, einer solchen Bevölkerung könne durch Abänderung
der Staats- und Gesellschaftsordnung geholfen werden! Für sie gibt es nur zwei
Heilmittel: Bodenzuwachs, und wenn dieser nicht möglich ist, Auswanderung,


Die Trusts und die Zukunft der Kulturmenschheit.

Theodor Duimchen
hat im vierten Bande des Jahrgangs 1895 der Grenzboten erzählt, wie Rockefeller
sein Petrolenmmonopol ergattert hat, und hat das Bild des rücksichtslosesten aller
jetzt lebenden Geschäftsleute in schöne historische, politische und nationalökonomische Be¬
trachtungen eingerahmt. Den sechs Grenzbvtennufsätzen hat er nun noch vier hinzu¬
gefügt (Die versäumte Gelegenheit; Die Gefahr, die uns droht; Rettung? Der höhere
Standpunkt) und das Ganze nnter dem angegebnen Titel als sechsten Band von
Leo Bergs Kulturproblemen der Gegenwart (Berlin, Johannes Rabe, 1903) heraus¬
gegeben. Duimchen trägt in der Schilderung der Gefahr, die uns, dem Vater¬
lands, der Monarchie, der deutschen Kultur von deu amerikanischen Milliardären
drohe, sehr stark auf: Cäsars Weltherrschaft, die blutigrote religiös-militärische
Diktatur Spaniens, die Despotie der Attila, der Dschingiskhans sei Kinderspiel
„gegen die grane Öde, das bare Elend und die völlige Entmenschung des Menschen¬
geschlechts, die der Krämer aus Cleveland heraufzuführen begonnen hat." Jedoch
Großes geschieht wirklich, Größeres bereitet sich vor jenseits des Ozeans, und da
kann es nicht schaden, wenn der bequeme Philister mit kräftigen Rippenstößen auf¬
gerüttelt und genötigt wird, sich das drohende Unheil genau anzusehen. Schade,
daß das stilistisch, gut gearbeitete Buch nicht auch sorgfältig korrigiert worden ist;
um nur zweierlei zu erwähnen: Seite 186 und 187 steht viermal Konferenzlinien
für Konknrrenzlinie», und Seite 195 Quadrat für Rechteck.




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[0436] dieser Utvpismus nichts. Dagegen wird der Nutzen, den das Buch in Belgien ohne Zweifel stiften wird (in Deutschland ist es überflüssig, da wir gute Schriften dieser Art in Masse haben), dnrch zwei Irrtümer, die der Verfasser mit allen seinen Parteigenossen teilt, einigermaßen beeinträchtigt werden. Der eine besteht in der Ansicht, daß die demokratische Republik dem sozialistischen Ideal näher stehe als der monarchische „Klnssenstaat," weil die Verwaltung in jener zum Besten des ganzen Volkes, in diesem im Interesse der herrschenden Klasse geführt werde. Eine Ver- gleichung der französischen mit den deutschen Zustanden, der französischen Eisenbahn¬ politik mit der deutschen, der französischen Präfektenwirtschaft mit der deutschen, namentlich der preußischen Selbstverwaltung der Provinzen, Kreise und Gemeinden, der französischen Arbeitergesetzgebung mit der deutschen, deren Überlegenheit von den französischen Autoritäten nuerkmmt wird, der nach Parteirücksichten und in der Form von Beutejägerei betriebueu parlamentarischen Ämterbesetzung (daß in Frank¬ reich nicht Fachmänner, sondern Parteigrößen Minister werden, gesteht Vandervelde selbst) mit der im ganzen zweckmäßigen und gewissenhaften Auswahl der Beamten in Deutschland, eine solche Vergleichung müßte die „Genossen" schon längst eines bessern belehrt haben. Die Demokratie ist die beste Staatsform für ein Gemein¬ wesen, das so klein ist, daß es von jedem Mitgliede übersehen werden kann, und für ein zur Selbstverwaltung so befähigtes Volk wie die Deutsch-Schweizer sind. Aber in einem großen Volke, das noch dazu so wenig Anlage zur Selbstregierung hat wie die Kelten, sind Demokratie und Parlament weiter nichts als bequeme Werkzeuge für herrschsüchtige und beutebegierige Cliquen. Der Staat wird dann erst recht Klassenstaat, während eine kräftige monarchische Regierung imstande ist, den Beherrschten Erleichterung zu verschaffen, wenn der Druck, den die herrschenden Klassen ausüben, das erträgliche und mit dem Gemeinwohl noch vereinbare Maß überschreitet. Der andre Schaden, den die einseitige sozialistische Auffassung an¬ richtet, besteht darin, daß sie dein Blick die Naturbedingungen des Volkswohls entschwinden läßt. Vandervelde schildert das Elend flämischer Zwergbaueru, die, da sie ihr Ackerfleck nicht ernährt, in einem zwei Eisenbahnstundeu entfernten Berg¬ werk arbeiten müssen, und die also höchstens zehn Stunden täglich daheim sind- Wie töricht, sich einzubilden, einer solchen Bevölkerung könne durch Abänderung der Staats- und Gesellschaftsordnung geholfen werden! Für sie gibt es nur zwei Heilmittel: Bodenzuwachs, und wenn dieser nicht möglich ist, Auswanderung, Die Trusts und die Zukunft der Kulturmenschheit. Theodor Duimchen hat im vierten Bande des Jahrgangs 1895 der Grenzboten erzählt, wie Rockefeller sein Petrolenmmonopol ergattert hat, und hat das Bild des rücksichtslosesten aller jetzt lebenden Geschäftsleute in schöne historische, politische und nationalökonomische Be¬ trachtungen eingerahmt. Den sechs Grenzbvtennufsätzen hat er nun noch vier hinzu¬ gefügt (Die versäumte Gelegenheit; Die Gefahr, die uns droht; Rettung? Der höhere Standpunkt) und das Ganze nnter dem angegebnen Titel als sechsten Band von Leo Bergs Kulturproblemen der Gegenwart (Berlin, Johannes Rabe, 1903) heraus¬ gegeben. Duimchen trägt in der Schilderung der Gefahr, die uns, dem Vater¬ lands, der Monarchie, der deutschen Kultur von deu amerikanischen Milliardären drohe, sehr stark auf: Cäsars Weltherrschaft, die blutigrote religiös-militärische Diktatur Spaniens, die Despotie der Attila, der Dschingiskhans sei Kinderspiel „gegen die grane Öde, das bare Elend und die völlige Entmenschung des Menschen¬ geschlechts, die der Krämer aus Cleveland heraufzuführen begonnen hat." Jedoch Großes geschieht wirklich, Größeres bereitet sich vor jenseits des Ozeans, und da kann es nicht schaden, wenn der bequeme Philister mit kräftigen Rippenstößen auf¬ gerüttelt und genötigt wird, sich das drohende Unheil genau anzusehen. Schade, daß das stilistisch, gut gearbeitete Buch nicht auch sorgfältig korrigiert worden ist; um nur zweierlei zu erwähnen: Seite 186 und 187 steht viermal Konferenzlinien für Konknrrenzlinie», und Seite 195 Quadrat für Rechteck.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/436>, abgerufen am 24.07.2024.