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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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lich eine Scheu vor dem Zusammenspiel gehabt, aber dann Geschmack an der Sache
gefunden hatte, hatte errötend gelacht, und dann war das übrige schnell hinterher
gekommen. Und um Eude der Stunde stellten sie sich der erschrocknen Mutter als
Brautleute vor.

Fran Geheimrat war wirklich erschrocken. Sie war sich dessen ein wenig be¬
wußt gewesen, daß sie mit dem Feuer spiele, aber sie hatte uicht erwartet, daß die
Flamme so schnell zur Dache hinnnsschlngeu werde. Doch konnte sie ihrem Crottörfchen
nicht ernstlich zürnen, und so folgte denn dem Brantkusse der schwiegermütterliche
bald nach. In sie führte das Brautpaar bei ihrem Karl selbst ein und fungierte
als Fürsprecher". Was gar nicht nötig gewesen wäre. Der Herr Geheimrat
lächelte ein wenig spöttisch seiner lieben Fran zu, hatte aber im übrigen nichts ein¬
zuwenden. Denn als Menschenkenner hatte er es schon lange gewußt, daß es doch
kein andrer als einer vom bunten Tuch sein werde, den sich Eva holen werde, und
da war ihm einer von der Infanterie, der wenig Ansprüche machte und wenig
Schulden hatte, lieber als eiuer von der .Kavallerie, der viel Ansprüche machte und
viele Schulden hatte.

Nachdem nnn Frau Geheimrat ihren Crottorf erd- und eigentümlich gewonnen
hatte, fing sie an, ihn ohne Rücksicht und Schonung zu verziehen. Er mußte, wenn
es der Dienst zuließ, alle Abende da sein. Man legte ihm die besten Bissen vor,
man war äußerst besorgt um seine Gesundheit, man besorgte Konzert- und Theatcr-
billetts, man überreichte zu gegebner und uicht gegebner Zeit soviel Geschenke und
bewies soviel Aufmerksamkeiten, daß Crottorf bald bankrott gewesen wäre, wenn er
gleiches mit gleichem hätte vergelten wollen, und daß er Mamachen dringend bitten
wußte, Einhalt zu tu". Doch der Erfolg dieser Bitte war nur unvollkommen.
Als aber die Freundinnen Eva mit dieser Zärtlichkeit der Mama gegen Crottorf
Zu necken ansingen, erwiderte diese sorglos: Laßt nnr, wenn wir erst verheiratet
sind, dann sciense ich mir das alles wieder ein.




Es ist selbstverständlich, daß sich Mamachen mit der Einrichtung des neuen
Hausstandes aufs eingehendste beschäftigte. Dabei bewies sie die ihr eigeutumluhe
praktische Tugend "ud Umsicht. Was sie anordnete und besorgte, war tadellos
und gediegen vom Küchenhandtnche bis zur Einrichtung des Musiksaales, vom
Taschentuch bis zum Brautkleide. Die Hochzeit kam und ging vorüber. Das Braut¬
paar machte so hatte es Mamachen angeordnet, eine musikalische Hochzeitsreise über
Bayreuth, Wien und Salzburg nach Italien und besuchte die Geburtsstätten und die
Gräber der großen Komponisten, Crottorf mit wehmütigen Hochgefühl Eva mit
lachendem Leichtsinn Als sie wieder zu Hause waren, veranstaltete die Frau Ge¬
heimrat ein glänzendes Musikfest und sonnte sich im Glück ihrer Kinder.

War Crottorf nun glücklich? Er hätte es sein müssen. Seine kühnsten
Träume waren in Erfüllung gegangen. Er hatte eine zärtliche kleine Fran, er war
aus allen Sorgen er konnte komponieren soviel, als er nur wollte. Aber nun druckte
ihn der Dienst. Wenn ein Wandrer mit schweren Neisestiefeln seinen Weg gegangen
ist und wird von einem Menschenfreunde in dessen Wagen mitgenommen, so kann
es vorkommen, daß nun erst die Stiefel zu drücke" anfange". Auch Crottorf
empfand jetzt einen Druck, den er früher nicht gefühlt hatte; doch waren es nicht
die Stiefel, sondern der .Helm. Der Dienst, der schreckliche, den ganzen Tag
dauernde Dienst nahm ihm'ja fast alle Zeit weg. Und was übrig blieb, geHorte
der Frau und der lieben Schwiegermutter, und zum Komponieren kam es nicht.

So nehmen Sie doch Ihren Abschied, sagte Mamachen. Crottorf erschrak
über den Gedanken. Aber schnell befreundete er sich mit ihm und nannte ihn zu¬
letzt eine erlösende Idee. Und Eva schmollte. -- Wenn du deine Uniform nicht
"nhnst. Otto, sagte sie, so gefällst du mir 'licht halb so gut. -- Mau hielt ihr
ernstlich vor, daß der Wert eines Mensche" "icht im Rocke stecke, und daß sie, wenn


Grenzboten Q 1903 '
Skizze» aus unserm heutigen Ovid'fiel'en

lich eine Scheu vor dem Zusammenspiel gehabt, aber dann Geschmack an der Sache
gefunden hatte, hatte errötend gelacht, und dann war das übrige schnell hinterher
gekommen. Und um Eude der Stunde stellten sie sich der erschrocknen Mutter als
Brautleute vor.

Fran Geheimrat war wirklich erschrocken. Sie war sich dessen ein wenig be¬
wußt gewesen, daß sie mit dem Feuer spiele, aber sie hatte uicht erwartet, daß die
Flamme so schnell zur Dache hinnnsschlngeu werde. Doch konnte sie ihrem Crottörfchen
nicht ernstlich zürnen, und so folgte denn dem Brantkusse der schwiegermütterliche
bald nach. In sie führte das Brautpaar bei ihrem Karl selbst ein und fungierte
als Fürsprecher«. Was gar nicht nötig gewesen wäre. Der Herr Geheimrat
lächelte ein wenig spöttisch seiner lieben Fran zu, hatte aber im übrigen nichts ein¬
zuwenden. Denn als Menschenkenner hatte er es schon lange gewußt, daß es doch
kein andrer als einer vom bunten Tuch sein werde, den sich Eva holen werde, und
da war ihm einer von der Infanterie, der wenig Ansprüche machte und wenig
Schulden hatte, lieber als eiuer von der .Kavallerie, der viel Ansprüche machte und
viele Schulden hatte.

Nachdem nnn Frau Geheimrat ihren Crottorf erd- und eigentümlich gewonnen
hatte, fing sie an, ihn ohne Rücksicht und Schonung zu verziehen. Er mußte, wenn
es der Dienst zuließ, alle Abende da sein. Man legte ihm die besten Bissen vor,
man war äußerst besorgt um seine Gesundheit, man besorgte Konzert- und Theatcr-
billetts, man überreichte zu gegebner und uicht gegebner Zeit soviel Geschenke und
bewies soviel Aufmerksamkeiten, daß Crottorf bald bankrott gewesen wäre, wenn er
gleiches mit gleichem hätte vergelten wollen, und daß er Mamachen dringend bitten
wußte, Einhalt zu tu». Doch der Erfolg dieser Bitte war nur unvollkommen.
Als aber die Freundinnen Eva mit dieser Zärtlichkeit der Mama gegen Crottorf
Zu necken ansingen, erwiderte diese sorglos: Laßt nnr, wenn wir erst verheiratet
sind, dann sciense ich mir das alles wieder ein.




Es ist selbstverständlich, daß sich Mamachen mit der Einrichtung des neuen
Hausstandes aufs eingehendste beschäftigte. Dabei bewies sie die ihr eigeutumluhe
praktische Tugend «ud Umsicht. Was sie anordnete und besorgte, war tadellos
und gediegen vom Küchenhandtnche bis zur Einrichtung des Musiksaales, vom
Taschentuch bis zum Brautkleide. Die Hochzeit kam und ging vorüber. Das Braut¬
paar machte so hatte es Mamachen angeordnet, eine musikalische Hochzeitsreise über
Bayreuth, Wien und Salzburg nach Italien und besuchte die Geburtsstätten und die
Gräber der großen Komponisten, Crottorf mit wehmütigen Hochgefühl Eva mit
lachendem Leichtsinn Als sie wieder zu Hause waren, veranstaltete die Frau Ge¬
heimrat ein glänzendes Musikfest und sonnte sich im Glück ihrer Kinder.

War Crottorf nun glücklich? Er hätte es sein müssen. Seine kühnsten
Träume waren in Erfüllung gegangen. Er hatte eine zärtliche kleine Fran, er war
aus allen Sorgen er konnte komponieren soviel, als er nur wollte. Aber nun druckte
ihn der Dienst. Wenn ein Wandrer mit schweren Neisestiefeln seinen Weg gegangen
ist und wird von einem Menschenfreunde in dessen Wagen mitgenommen, so kann
es vorkommen, daß nun erst die Stiefel zu drücke» anfange». Auch Crottorf
empfand jetzt einen Druck, den er früher nicht gefühlt hatte; doch waren es nicht
die Stiefel, sondern der .Helm. Der Dienst, der schreckliche, den ganzen Tag
dauernde Dienst nahm ihm'ja fast alle Zeit weg. Und was übrig blieb, geHorte
der Frau und der lieben Schwiegermutter, und zum Komponieren kam es nicht.

So nehmen Sie doch Ihren Abschied, sagte Mamachen. Crottorf erschrak
über den Gedanken. Aber schnell befreundete er sich mit ihm und nannte ihn zu¬
letzt eine erlösende Idee. Und Eva schmollte. — Wenn du deine Uniform nicht
"nhnst. Otto, sagte sie, so gefällst du mir 'licht halb so gut. — Mau hielt ihr
ernstlich vor, daß der Wert eines Mensche» »icht im Rocke stecke, und daß sie, wenn


Grenzboten Q 1903 '
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[0429] Skizze» aus unserm heutigen Ovid'fiel'en lich eine Scheu vor dem Zusammenspiel gehabt, aber dann Geschmack an der Sache gefunden hatte, hatte errötend gelacht, und dann war das übrige schnell hinterher gekommen. Und um Eude der Stunde stellten sie sich der erschrocknen Mutter als Brautleute vor. Fran Geheimrat war wirklich erschrocken. Sie war sich dessen ein wenig be¬ wußt gewesen, daß sie mit dem Feuer spiele, aber sie hatte uicht erwartet, daß die Flamme so schnell zur Dache hinnnsschlngeu werde. Doch konnte sie ihrem Crottörfchen nicht ernstlich zürnen, und so folgte denn dem Brantkusse der schwiegermütterliche bald nach. In sie führte das Brautpaar bei ihrem Karl selbst ein und fungierte als Fürsprecher«. Was gar nicht nötig gewesen wäre. Der Herr Geheimrat lächelte ein wenig spöttisch seiner lieben Fran zu, hatte aber im übrigen nichts ein¬ zuwenden. Denn als Menschenkenner hatte er es schon lange gewußt, daß es doch kein andrer als einer vom bunten Tuch sein werde, den sich Eva holen werde, und da war ihm einer von der Infanterie, der wenig Ansprüche machte und wenig Schulden hatte, lieber als eiuer von der .Kavallerie, der viel Ansprüche machte und viele Schulden hatte. Nachdem nnn Frau Geheimrat ihren Crottorf erd- und eigentümlich gewonnen hatte, fing sie an, ihn ohne Rücksicht und Schonung zu verziehen. Er mußte, wenn es der Dienst zuließ, alle Abende da sein. Man legte ihm die besten Bissen vor, man war äußerst besorgt um seine Gesundheit, man besorgte Konzert- und Theatcr- billetts, man überreichte zu gegebner und uicht gegebner Zeit soviel Geschenke und bewies soviel Aufmerksamkeiten, daß Crottorf bald bankrott gewesen wäre, wenn er gleiches mit gleichem hätte vergelten wollen, und daß er Mamachen dringend bitten wußte, Einhalt zu tu». Doch der Erfolg dieser Bitte war nur unvollkommen. Als aber die Freundinnen Eva mit dieser Zärtlichkeit der Mama gegen Crottorf Zu necken ansingen, erwiderte diese sorglos: Laßt nnr, wenn wir erst verheiratet sind, dann sciense ich mir das alles wieder ein. Es ist selbstverständlich, daß sich Mamachen mit der Einrichtung des neuen Hausstandes aufs eingehendste beschäftigte. Dabei bewies sie die ihr eigeutumluhe praktische Tugend «ud Umsicht. Was sie anordnete und besorgte, war tadellos und gediegen vom Küchenhandtnche bis zur Einrichtung des Musiksaales, vom Taschentuch bis zum Brautkleide. Die Hochzeit kam und ging vorüber. Das Braut¬ paar machte so hatte es Mamachen angeordnet, eine musikalische Hochzeitsreise über Bayreuth, Wien und Salzburg nach Italien und besuchte die Geburtsstätten und die Gräber der großen Komponisten, Crottorf mit wehmütigen Hochgefühl Eva mit lachendem Leichtsinn Als sie wieder zu Hause waren, veranstaltete die Frau Ge¬ heimrat ein glänzendes Musikfest und sonnte sich im Glück ihrer Kinder. War Crottorf nun glücklich? Er hätte es sein müssen. Seine kühnsten Träume waren in Erfüllung gegangen. Er hatte eine zärtliche kleine Fran, er war aus allen Sorgen er konnte komponieren soviel, als er nur wollte. Aber nun druckte ihn der Dienst. Wenn ein Wandrer mit schweren Neisestiefeln seinen Weg gegangen ist und wird von einem Menschenfreunde in dessen Wagen mitgenommen, so kann es vorkommen, daß nun erst die Stiefel zu drücke» anfange». Auch Crottorf empfand jetzt einen Druck, den er früher nicht gefühlt hatte; doch waren es nicht die Stiefel, sondern der .Helm. Der Dienst, der schreckliche, den ganzen Tag dauernde Dienst nahm ihm'ja fast alle Zeit weg. Und was übrig blieb, geHorte der Frau und der lieben Schwiegermutter, und zum Komponieren kam es nicht. So nehmen Sie doch Ihren Abschied, sagte Mamachen. Crottorf erschrak über den Gedanken. Aber schnell befreundete er sich mit ihm und nannte ihn zu¬ letzt eine erlösende Idee. Und Eva schmollte. — Wenn du deine Uniform nicht "nhnst. Otto, sagte sie, so gefällst du mir 'licht halb so gut. — Mau hielt ihr ernstlich vor, daß der Wert eines Mensche» »icht im Rocke stecke, und daß sie, wenn Grenzboten Q 1903 '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/429>, abgerufen am 24.07.2024.