Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.Zur Reform des philosophischen Doktorats Abteilungen genießen, gleich den Fakultäten der Universität, die Befruchtung Die Gegenüberstellung universeller und fachwissenschaftlicher Hochschulen Überall auf dem Gebiete des höhern Unterrichts zeigt sich bellte der An¬ Zur Reform des philosophischen Doktorats Abteilungen genießen, gleich den Fakultäten der Universität, die Befruchtung Die Gegenüberstellung universeller und fachwissenschaftlicher Hochschulen Überall auf dem Gebiete des höhern Unterrichts zeigt sich bellte der An¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0419" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240801"/> <fw type="header" place="top"> Zur Reform des philosophischen Doktorats</fw><lb/> <p xml:id="ID_2059" prev="#ID_2058"> Abteilungen genießen, gleich den Fakultäten der Universität, die Befruchtung<lb/> und die Kontrolle des Zusammenschlusses in einer einheitlichen Organisation,<lb/> und die allgemeine Abteilung jeder Hochschule ergänzt den Lehrplan, wenn¬<lb/> schon nicht mit dem Ziele selbständiger Ausbildung, auch durch humanistische<lb/> Fächer. Im Unterschiede hierzu tragen alle übrigen Hochschule« in Deutsch-<lb/> land den ausgesprochnen Charakter von Fachschulen, die auf eine oder einige<lb/> verwandte Berufsnrten vorbereiten, und deren Lehrgegenstände nur einen be¬<lb/> scheidnen Ausschnitt aus dem Lehrbereich der Universität oder der Technischen<lb/> Hochschule darstellen und speziell gegenüber der philosophischen Fatnltüt, dieser<lb/> „Universität in der Universität," verschwinden. Als die vierte Fakultät das<lb/> Promotionsrecht erhielt, konnte sie, nach ihrer zu Anfang des neunzehnten<lb/> Jahrhunderts erlnugteu Stellung, dieselben verfassungsmäßigen Garantien für<lb/> den Doktortitel bieten wie die juristische oder die medizinische. Schon deshalb<lb/> läßt sich der damals nusgefochtne Kampf mit den heutigen Wünschen von<lb/> Fachhochschulen nicht vergleichen. Für die Technischen Hochschulen war die<lb/> Verleihung eines Promvtionsrechts die verdiente Frucht der bisherigen Ent¬<lb/> wicklung und die Bedingung günstiger Fortentwicklung. Aber wir leugnen<lb/> nicht, auch uns hätte besser gefallen, wenn hierbei keine Anleihe am Erbgut<lb/> der Universitäten Hütte gemacht werden müssen. Der Versuch, einen selbstän¬<lb/> digen, der Eigentümlichkeit der technischen Fächer entsprechenden Titel aus<lb/> eigner Kraft zu wissenschaftlichem Ansehen zu bringe»?, konnte gewagt werden.<lb/> Aber im wisseuschnftlicheu Ansehen erschöpft sich, wie Nur sahen, der Reiz des<lb/> Doktors nicht. Jahrzehnte wären nötig gewesen, bis der neue Titel allen<lb/> Kreisen der Bevölkerung auch nur dem Klänge nach bekannt geworden, ge¬<lb/> schweige deun bis sich ein fester, die Persönlichkeit bezeichnender Wertbegriff<lb/> im bürgerlichen Leben mit ihm verbunden hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2060"> Die Gegenüberstellung universeller und fachwissenschaftlicher Hochschulen<lb/> läßt selbstverständlich das wissenschaftliche Gewicht der Disziplinen, die an<lb/> den letzten getrieben werden, ganz ans dem Spiel. Namen ersten Ranges<lb/> erscheinen unter ihren Dozenten, mich in der Vorbildung der Studenten, der<lb/> Länge des Kurses, der Schwierigkeit der Schlußprüfuug stehn sie zuweilen der<lb/> Universität oder der Technischen Hochschule nicht nach. Aber das gibt nicht<lb/> den Ausschlag. Zuletzt entscheidet weder der Wert der wissenschaftlichen Arbeit,<lb/> noch gar das gesellschaftliche Ausehen der Berufsstände, auf die vorbereitet<lb/> wird, sondern Aufgabe und Organisation der Hochschule selbst. Bietet sie<lb/> hierin uicht dieselbe Gewähr für die Handhabung des Prvmotionsrechts wie<lb/> dessen bisherige Träger, so ist jedes Zugeständnis ein Rückschritt, der geeignet<lb/> ist, alle bisherige» Erfolge in der Reform des Doktorats aufzuheben. Wird<lb/> übrigens die Universalität der Hochschule als Voraussetzung des Promotions¬<lb/> rechts aufgegeben, so findet sich keine grundsätzliche Schranke mehr uns der<lb/> weiter» Bahn seiner Ausdehnung, die ihr — bisher uugcwolltes — Endziel<lb/> im Dr. oommsro. der Handelshochschule oder im Dr. oervvis. der Brauer¬<lb/> akademie findet.</p><lb/> <p xml:id="ID_2061" next="#ID_2062"> Überall auf dem Gebiete des höhern Unterrichts zeigt sich bellte der An¬<lb/> drang der Massen des mittlern und des untern Bürgertums nach den Gütern,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0419]
Zur Reform des philosophischen Doktorats
Abteilungen genießen, gleich den Fakultäten der Universität, die Befruchtung
und die Kontrolle des Zusammenschlusses in einer einheitlichen Organisation,
und die allgemeine Abteilung jeder Hochschule ergänzt den Lehrplan, wenn¬
schon nicht mit dem Ziele selbständiger Ausbildung, auch durch humanistische
Fächer. Im Unterschiede hierzu tragen alle übrigen Hochschule« in Deutsch-
land den ausgesprochnen Charakter von Fachschulen, die auf eine oder einige
verwandte Berufsnrten vorbereiten, und deren Lehrgegenstände nur einen be¬
scheidnen Ausschnitt aus dem Lehrbereich der Universität oder der Technischen
Hochschule darstellen und speziell gegenüber der philosophischen Fatnltüt, dieser
„Universität in der Universität," verschwinden. Als die vierte Fakultät das
Promotionsrecht erhielt, konnte sie, nach ihrer zu Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts erlnugteu Stellung, dieselben verfassungsmäßigen Garantien für
den Doktortitel bieten wie die juristische oder die medizinische. Schon deshalb
läßt sich der damals nusgefochtne Kampf mit den heutigen Wünschen von
Fachhochschulen nicht vergleichen. Für die Technischen Hochschulen war die
Verleihung eines Promvtionsrechts die verdiente Frucht der bisherigen Ent¬
wicklung und die Bedingung günstiger Fortentwicklung. Aber wir leugnen
nicht, auch uns hätte besser gefallen, wenn hierbei keine Anleihe am Erbgut
der Universitäten Hütte gemacht werden müssen. Der Versuch, einen selbstän¬
digen, der Eigentümlichkeit der technischen Fächer entsprechenden Titel aus
eigner Kraft zu wissenschaftlichem Ansehen zu bringe»?, konnte gewagt werden.
Aber im wisseuschnftlicheu Ansehen erschöpft sich, wie Nur sahen, der Reiz des
Doktors nicht. Jahrzehnte wären nötig gewesen, bis der neue Titel allen
Kreisen der Bevölkerung auch nur dem Klänge nach bekannt geworden, ge¬
schweige deun bis sich ein fester, die Persönlichkeit bezeichnender Wertbegriff
im bürgerlichen Leben mit ihm verbunden hätte.
Die Gegenüberstellung universeller und fachwissenschaftlicher Hochschulen
läßt selbstverständlich das wissenschaftliche Gewicht der Disziplinen, die an
den letzten getrieben werden, ganz ans dem Spiel. Namen ersten Ranges
erscheinen unter ihren Dozenten, mich in der Vorbildung der Studenten, der
Länge des Kurses, der Schwierigkeit der Schlußprüfuug stehn sie zuweilen der
Universität oder der Technischen Hochschule nicht nach. Aber das gibt nicht
den Ausschlag. Zuletzt entscheidet weder der Wert der wissenschaftlichen Arbeit,
noch gar das gesellschaftliche Ausehen der Berufsstände, auf die vorbereitet
wird, sondern Aufgabe und Organisation der Hochschule selbst. Bietet sie
hierin uicht dieselbe Gewähr für die Handhabung des Prvmotionsrechts wie
dessen bisherige Träger, so ist jedes Zugeständnis ein Rückschritt, der geeignet
ist, alle bisherige» Erfolge in der Reform des Doktorats aufzuheben. Wird
übrigens die Universalität der Hochschule als Voraussetzung des Promotions¬
rechts aufgegeben, so findet sich keine grundsätzliche Schranke mehr uns der
weiter» Bahn seiner Ausdehnung, die ihr — bisher uugcwolltes — Endziel
im Dr. oommsro. der Handelshochschule oder im Dr. oervvis. der Brauer¬
akademie findet.
Überall auf dem Gebiete des höhern Unterrichts zeigt sich bellte der An¬
drang der Massen des mittlern und des untern Bürgertums nach den Gütern,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |