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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

so auch für das englische Volk nicht genügend sichtbar. Da bedürfte es noch eines
andern Mittels, dem englischen Volke zu zeigen, daß nach dem opferwillig ertragnen
Ausnahmezustände des Kriegs seinem Körper wie nach einer überstandnen Krankheit
wieder neue Säfte und Kräfte zuströmen.

Dieses Mittel hat die englische Regierung in dem neuen Budget für 1903/4
gefunden, das zugleich als ihr "Wahlbudget" bezeichnet werden muß. Der Kornzoll
wird danach wieder aufgehoben, die Einkummensteuer um vier Pence für das Pfund
Sterling herabgesetzt. Die Erhöhung der Steuer, die teilweise zur Deckung der
Kriegskosten geschehen war, ist somit wieder vollständig beseitigt und außerdem noch
gegen früher um einen Penny für das Pfund ermäßigt wurden. Da der Finnnz-
minister Ritchie für das laufende Jahr einen Überschuß von 10816000 Pfund
herausgerechnet hat, diese Steuererleichterungen aber nur 10500 000 Pfund aus¬
machen, so stehn ihrer Durchführung keine Schwierigkeiten entgegen. Herr Ritchie
selbst hat sich durch diese Maßnahmen als nnsgczeichneter Politiker und Diplomat
eingeführt. Jedoch hat er richtig gefühlt, daß, wenn sein Budget für längere
Jahre Beständigkeit haben full, noch einige Voraussetzungen notwendig sind. Wir
wollen hier auf das Anwachse" der englischen Staatsschuld und deren vorgesehene
Tilgungs- und Ziusenraten nicht näher eingehn; aber abgesehen davon rechnet Herr
Ritchie auf eine starke Verminderung der Ausgaben für das Heer -- in
ein bis zwei Jahren --, und waS die Flotte betrifft, so hilft er sich mit noch
weitergehenden Utopien.

Das englische Marinebudget hat in den letzten fünf Jahren eine jährliche
Durchschuittssteigeruug von 42,5 Millionen Mark erfahren, und auch Herr Ritchie
sieht eine starke Flotte als Lebensbedingung für England an. Er glaubt also nicht,
daß in diesen Ausgaben bei dem harten wirtschaftlichen Wettstreit aller Nationen, der
seit einer Reihe von Jahren herrscht, ein Stillstand eintreten wird. Seinem Budget
aber zuliebe äußerte, er, er freue sich zu bemerken, daß es nicht an Anzeichen für
die Absicht einzelner Nachbarstaaten fehle, den Ausgaben für ihre Flotten ein "Halt!"
zuzurufen, und er fügte hinzu, daß, wenn sie (die Nachbarstaaten) eine solche
Politik annähmen, England bereitwillig und lohal ihrem Vorgehn folgen werde.

Was hat diese Äußerung beabsichtigt? Und was hat sie erreicht? Von einem
unmittelbaren, praktischen Resultate kann natürlich keine Rede sein, was auch schon
daraus hervorgeht, daß der Premierminister Balfour auf eine Anfrage im Unter¬
hause erwiderte, es sei nicht für notwendig erachtet worden, den europäischen
Mächten über die Ansichten der Regierung eine formelle Mitteilung zu machen, da
sie im Parlament öffentlich ausgesprochen worden seien. Soweit die Regierung
Kur Zeit unterrichtet sei, glaube sie uicht, daß durch eine solche Mitteilung irgend
etwas gewonnen werden würde. Uns aber will die Äußerung des Finanzministers
in doppelter Hinsicht erfolgversprechend erscheine". Einmal ist sie dazu angetan,
die englische Regierung von dem Odium zu befreien, daß das Drängen nach immer
größern Flottenrüstungen von ihr ausgehe, wodurch sie ihr bei spätern Budget¬
bewilligungen über Schwierigkeiten hinweghelfen kann; sudann kaun namentlich die
hinzugefügte Bemerkung in andern Staaten den Flvtteugegnern Anlaß und Vor¬
hand dazu geben, solche Bewilligungen zu verweigern. Die ganze Äußerung
Ritchies ist also nach dem Grundsatze augelegt: "Doppelt genäht hält besser."

Und in der Tat ist es anch bei der Besprechung des neuen englischen Budgets
schon versucht worden, die Sache so darzustellen, als ob nicht die wirtschaftliche
Entwicklung im Verein mit der allgemeinen Weltlage zu den sich stetig steigernden
maritimen Rüstungen den Anlaß gegeben hätte, sondern das Flolteuprogramm einer
einzelnen Macht. Hierbei ist unter besonderen Hinweis auf England das deutsche
Notteugcsetz erwähnt worden.

Wie falsch eine solche Auffassung nud ein solcher Hinweis sind, geht schon
daraus hervor, daß die englische Marincpolitik seit nunmehr vierzehn Jahren um
dem tvvo xovor stanclarä, d. h. in seinen Seerüstungen mindestens zwei andern


Maßgebliches und Unmaßgebliches

so auch für das englische Volk nicht genügend sichtbar. Da bedürfte es noch eines
andern Mittels, dem englischen Volke zu zeigen, daß nach dem opferwillig ertragnen
Ausnahmezustände des Kriegs seinem Körper wie nach einer überstandnen Krankheit
wieder neue Säfte und Kräfte zuströmen.

Dieses Mittel hat die englische Regierung in dem neuen Budget für 1903/4
gefunden, das zugleich als ihr „Wahlbudget" bezeichnet werden muß. Der Kornzoll
wird danach wieder aufgehoben, die Einkummensteuer um vier Pence für das Pfund
Sterling herabgesetzt. Die Erhöhung der Steuer, die teilweise zur Deckung der
Kriegskosten geschehen war, ist somit wieder vollständig beseitigt und außerdem noch
gegen früher um einen Penny für das Pfund ermäßigt wurden. Da der Finnnz-
minister Ritchie für das laufende Jahr einen Überschuß von 10816000 Pfund
herausgerechnet hat, diese Steuererleichterungen aber nur 10500 000 Pfund aus¬
machen, so stehn ihrer Durchführung keine Schwierigkeiten entgegen. Herr Ritchie
selbst hat sich durch diese Maßnahmen als nnsgczeichneter Politiker und Diplomat
eingeführt. Jedoch hat er richtig gefühlt, daß, wenn sein Budget für längere
Jahre Beständigkeit haben full, noch einige Voraussetzungen notwendig sind. Wir
wollen hier auf das Anwachse» der englischen Staatsschuld und deren vorgesehene
Tilgungs- und Ziusenraten nicht näher eingehn; aber abgesehen davon rechnet Herr
Ritchie auf eine starke Verminderung der Ausgaben für das Heer — in
ein bis zwei Jahren —, und waS die Flotte betrifft, so hilft er sich mit noch
weitergehenden Utopien.

Das englische Marinebudget hat in den letzten fünf Jahren eine jährliche
Durchschuittssteigeruug von 42,5 Millionen Mark erfahren, und auch Herr Ritchie
sieht eine starke Flotte als Lebensbedingung für England an. Er glaubt also nicht,
daß in diesen Ausgaben bei dem harten wirtschaftlichen Wettstreit aller Nationen, der
seit einer Reihe von Jahren herrscht, ein Stillstand eintreten wird. Seinem Budget
aber zuliebe äußerte, er, er freue sich zu bemerken, daß es nicht an Anzeichen für
die Absicht einzelner Nachbarstaaten fehle, den Ausgaben für ihre Flotten ein „Halt!"
zuzurufen, und er fügte hinzu, daß, wenn sie (die Nachbarstaaten) eine solche
Politik annähmen, England bereitwillig und lohal ihrem Vorgehn folgen werde.

Was hat diese Äußerung beabsichtigt? Und was hat sie erreicht? Von einem
unmittelbaren, praktischen Resultate kann natürlich keine Rede sein, was auch schon
daraus hervorgeht, daß der Premierminister Balfour auf eine Anfrage im Unter¬
hause erwiderte, es sei nicht für notwendig erachtet worden, den europäischen
Mächten über die Ansichten der Regierung eine formelle Mitteilung zu machen, da
sie im Parlament öffentlich ausgesprochen worden seien. Soweit die Regierung
Kur Zeit unterrichtet sei, glaube sie uicht, daß durch eine solche Mitteilung irgend
etwas gewonnen werden würde. Uns aber will die Äußerung des Finanzministers
in doppelter Hinsicht erfolgversprechend erscheine». Einmal ist sie dazu angetan,
die englische Regierung von dem Odium zu befreien, daß das Drängen nach immer
größern Flottenrüstungen von ihr ausgehe, wodurch sie ihr bei spätern Budget¬
bewilligungen über Schwierigkeiten hinweghelfen kann; sudann kaun namentlich die
hinzugefügte Bemerkung in andern Staaten den Flvtteugegnern Anlaß und Vor¬
hand dazu geben, solche Bewilligungen zu verweigern. Die ganze Äußerung
Ritchies ist also nach dem Grundsatze augelegt: „Doppelt genäht hält besser."

Und in der Tat ist es anch bei der Besprechung des neuen englischen Budgets
schon versucht worden, die Sache so darzustellen, als ob nicht die wirtschaftliche
Entwicklung im Verein mit der allgemeinen Weltlage zu den sich stetig steigernden
maritimen Rüstungen den Anlaß gegeben hätte, sondern das Flolteuprogramm einer
einzelnen Macht. Hierbei ist unter besonderen Hinweis auf England das deutsche
Notteugcsetz erwähnt worden.

Wie falsch eine solche Auffassung nud ein solcher Hinweis sind, geht schon
daraus hervor, daß die englische Marincpolitik seit nunmehr vierzehn Jahren um
dem tvvo xovor stanclarä, d. h. in seinen Seerüstungen mindestens zwei andern


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[0367] Maßgebliches und Unmaßgebliches so auch für das englische Volk nicht genügend sichtbar. Da bedürfte es noch eines andern Mittels, dem englischen Volke zu zeigen, daß nach dem opferwillig ertragnen Ausnahmezustände des Kriegs seinem Körper wie nach einer überstandnen Krankheit wieder neue Säfte und Kräfte zuströmen. Dieses Mittel hat die englische Regierung in dem neuen Budget für 1903/4 gefunden, das zugleich als ihr „Wahlbudget" bezeichnet werden muß. Der Kornzoll wird danach wieder aufgehoben, die Einkummensteuer um vier Pence für das Pfund Sterling herabgesetzt. Die Erhöhung der Steuer, die teilweise zur Deckung der Kriegskosten geschehen war, ist somit wieder vollständig beseitigt und außerdem noch gegen früher um einen Penny für das Pfund ermäßigt wurden. Da der Finnnz- minister Ritchie für das laufende Jahr einen Überschuß von 10816000 Pfund herausgerechnet hat, diese Steuererleichterungen aber nur 10500 000 Pfund aus¬ machen, so stehn ihrer Durchführung keine Schwierigkeiten entgegen. Herr Ritchie selbst hat sich durch diese Maßnahmen als nnsgczeichneter Politiker und Diplomat eingeführt. Jedoch hat er richtig gefühlt, daß, wenn sein Budget für längere Jahre Beständigkeit haben full, noch einige Voraussetzungen notwendig sind. Wir wollen hier auf das Anwachse» der englischen Staatsschuld und deren vorgesehene Tilgungs- und Ziusenraten nicht näher eingehn; aber abgesehen davon rechnet Herr Ritchie auf eine starke Verminderung der Ausgaben für das Heer — in ein bis zwei Jahren —, und waS die Flotte betrifft, so hilft er sich mit noch weitergehenden Utopien. Das englische Marinebudget hat in den letzten fünf Jahren eine jährliche Durchschuittssteigeruug von 42,5 Millionen Mark erfahren, und auch Herr Ritchie sieht eine starke Flotte als Lebensbedingung für England an. Er glaubt also nicht, daß in diesen Ausgaben bei dem harten wirtschaftlichen Wettstreit aller Nationen, der seit einer Reihe von Jahren herrscht, ein Stillstand eintreten wird. Seinem Budget aber zuliebe äußerte, er, er freue sich zu bemerken, daß es nicht an Anzeichen für die Absicht einzelner Nachbarstaaten fehle, den Ausgaben für ihre Flotten ein „Halt!" zuzurufen, und er fügte hinzu, daß, wenn sie (die Nachbarstaaten) eine solche Politik annähmen, England bereitwillig und lohal ihrem Vorgehn folgen werde. Was hat diese Äußerung beabsichtigt? Und was hat sie erreicht? Von einem unmittelbaren, praktischen Resultate kann natürlich keine Rede sein, was auch schon daraus hervorgeht, daß der Premierminister Balfour auf eine Anfrage im Unter¬ hause erwiderte, es sei nicht für notwendig erachtet worden, den europäischen Mächten über die Ansichten der Regierung eine formelle Mitteilung zu machen, da sie im Parlament öffentlich ausgesprochen worden seien. Soweit die Regierung Kur Zeit unterrichtet sei, glaube sie uicht, daß durch eine solche Mitteilung irgend etwas gewonnen werden würde. Uns aber will die Äußerung des Finanzministers in doppelter Hinsicht erfolgversprechend erscheine». Einmal ist sie dazu angetan, die englische Regierung von dem Odium zu befreien, daß das Drängen nach immer größern Flottenrüstungen von ihr ausgehe, wodurch sie ihr bei spätern Budget¬ bewilligungen über Schwierigkeiten hinweghelfen kann; sudann kaun namentlich die hinzugefügte Bemerkung in andern Staaten den Flvtteugegnern Anlaß und Vor¬ hand dazu geben, solche Bewilligungen zu verweigern. Die ganze Äußerung Ritchies ist also nach dem Grundsatze augelegt: „Doppelt genäht hält besser." Und in der Tat ist es anch bei der Besprechung des neuen englischen Budgets schon versucht worden, die Sache so darzustellen, als ob nicht die wirtschaftliche Entwicklung im Verein mit der allgemeinen Weltlage zu den sich stetig steigernden maritimen Rüstungen den Anlaß gegeben hätte, sondern das Flolteuprogramm einer einzelnen Macht. Hierbei ist unter besonderen Hinweis auf England das deutsche Notteugcsetz erwähnt worden. Wie falsch eine solche Auffassung nud ein solcher Hinweis sind, geht schon daraus hervor, daß die englische Marincpolitik seit nunmehr vierzehn Jahren um dem tvvo xovor stanclarä, d. h. in seinen Seerüstungen mindestens zwei andern

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/367>, abgerufen am 22.07.2024.