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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

nicht unwesentlich erhöhe; deshalb bevorzugte mau eben den Kienspan und über¬
haupt das Kienholz, das heißt das Kiefernholz, das stark mit Harz durchtränkt ist.
Noch heute dient der Kicnspan gelegentlich in Kieferngegenden als Licht.

Der erste Schritt, den man über das Natürliche hinaustat, war dann der,
daß man das Harz der Nadelhölzer, die alle mehr oder weniger kienig find, künst¬
lich darstellte und sich sonnt einen besondern Leuchtstoff verschaffte, mit dem man
das Holz bestreichen konnte, damit es Heller brennte. So entstand die Pechfackel,
denn das Pech ist sozusagen die Quintessenz des Kiens und wird besonders ans
Fichtenharz und aus Kiefernharz gewonnen. Aber auch die Pechfackel war immer noch
eine Holzfackel, wenn auch eine verbesserte, gleichsam ein recht fetter Kienspan, der
höher flackerte als ein gewöhnlicher Feuerbrand. Nun aber kamen die Menschen
auf eine neue Verbesserung, die allmählich zu einer vollständig verschiednen Be¬
leuchtungsmethode führte: sie lernten den Zunder kennen. Das mag nngeftthr so
zugegangen sein. Zum Feueraumachen hatten sie längst Zunder gebraucht; schon
lange hatten sie Werg, Binsenmark, Flachs- und Papyrusfaseru, leinene Lappen auf
die glimmenden Kohlen geworfen, um sie zu neuem Leben zu erwecken, wie wir
jetzt Papier. Das brachte sie nun auf den Gedanken, auch den Stock von Fichten¬
holz, der in das geschmolzne Pech eingetaucht werden sollte, zunächst mit Werg zu
umwickeln, weil er alsdann leichter anbrannte und besser Feuer fing. Am Ende
ließen sie auch das Fichtenholz ganz weg und drehten ans den Flachsfasern einen
Strick, den sie in das Pech eintauchten und solange damit tränkten, bis er so stark
und so dick wie ein Stock wurde. Auf die Art war der Zunder zu einem soge¬
nannten Docht geworden; jetzt wird er gewöhnlich ans Baumwolle hergestellt, aber
in alter Zeit nahm man hauptsächlich Werg, die groben Fasern des Flachses und
des Hanfes, ein Gebrauch, an den noch die Sitte erinnert, bei der Krönung des
Papstes eine Flocke Werg anzuzünden (swpam incMgers).

Aber auch die Dochtfackel war uoch kein Licht in unserm Sinne. Wenn man
sie an einem Ende anzündete, so brannte sie von oben nach unten ganz herunter,
das heißt das Pech brannte mit dem Dochte mit, weil das leicht entzündliche Harz
sofort mit in Flammen aufging; die Fackel brannte genau so wie ein Kienspan.
Nun hatte man aber inzwischen einen andern Stoff entdeckt, der dem Harze nahe
stand und angezündet ebenfalls mit Heller Flamme brannte, bei geringerer Temperatur
jedoch nur schmolz, das Wachs; mit diesem Stoff pflegte man die Pechfackeln zu
überziehn, um sie gleichmäßig z" runden. Wenn man nun einmal das Pech ganz
wegließ und den Docht selbst mit flüssigem Wachs begoß, so zeigte sich eine ganz
neue Erscheinung: der Zunder brannte allein, das umgebende Wachs, dnrch die
strahlende Wärme der Flamme aufgelöst, schmolz nur, stieg aber dann durch Ka¬
pillarität in den feinen Kanälen des Dochtes auf und verbrannte erst innerhalb
des Zunders langsam mit ihm. Das war die älteste Kerze, die in den Häusern
und zur Zeit der Christenverfolgungen in den Katakomben angezündet wurde, eine
Wachskerze oder ein Wachsstock. Das Wort Kerze bedeutet eigentlich Werg und
also den aus Werg gesponnenen Docht, geuau entsprechend dem italienischen
Ltopxino, was gegenwärtig soviel wie Wachsstock, aber von Hans ans ebenfalls mir
soviel wie Werg ist (Swxpg, lateinisch Ltupxa, Werg, wie das althochdeutsche Kar/.,
woraus Kerze entstanden ist).

An die Stelle des Wachses setzte man endlich die Fette, die dem Wachs ver¬
wandt sind, und die ebenfalls mit leuchtender Flamme brennen, sich aber nur bei
sehr starker Erhitzung entzünden; und zwar zunächst ein festes Fett, den Talg.
Schon zu Ende des zweiten Jahrhunderts u. Chr. hat man Wachskerzen und Talg-
lerzeu (0-z,ncieIao sLo-iLoav) unterschieden; man tauchte den Docht in geschmolznen
Talg, wie früher in geschnwlznes Pech, und ließ ihn dann erkalten. Für die einen
wie für die andern brauchte man, um sie hinsetzen zu können, ein Gestell mit einem
Hals, in den man sie steckte, das heißt einen Leuchter oder einen Kandelaber; da
die Flasche einen Hals hat, benutzen sie arme Leute wohl als eanciviÄbrum. Oder


Maßgebliches und Unmaßgebliches

nicht unwesentlich erhöhe; deshalb bevorzugte mau eben den Kienspan und über¬
haupt das Kienholz, das heißt das Kiefernholz, das stark mit Harz durchtränkt ist.
Noch heute dient der Kicnspan gelegentlich in Kieferngegenden als Licht.

Der erste Schritt, den man über das Natürliche hinaustat, war dann der,
daß man das Harz der Nadelhölzer, die alle mehr oder weniger kienig find, künst¬
lich darstellte und sich sonnt einen besondern Leuchtstoff verschaffte, mit dem man
das Holz bestreichen konnte, damit es Heller brennte. So entstand die Pechfackel,
denn das Pech ist sozusagen die Quintessenz des Kiens und wird besonders ans
Fichtenharz und aus Kiefernharz gewonnen. Aber auch die Pechfackel war immer noch
eine Holzfackel, wenn auch eine verbesserte, gleichsam ein recht fetter Kienspan, der
höher flackerte als ein gewöhnlicher Feuerbrand. Nun aber kamen die Menschen
auf eine neue Verbesserung, die allmählich zu einer vollständig verschiednen Be¬
leuchtungsmethode führte: sie lernten den Zunder kennen. Das mag nngeftthr so
zugegangen sein. Zum Feueraumachen hatten sie längst Zunder gebraucht; schon
lange hatten sie Werg, Binsenmark, Flachs- und Papyrusfaseru, leinene Lappen auf
die glimmenden Kohlen geworfen, um sie zu neuem Leben zu erwecken, wie wir
jetzt Papier. Das brachte sie nun auf den Gedanken, auch den Stock von Fichten¬
holz, der in das geschmolzne Pech eingetaucht werden sollte, zunächst mit Werg zu
umwickeln, weil er alsdann leichter anbrannte und besser Feuer fing. Am Ende
ließen sie auch das Fichtenholz ganz weg und drehten ans den Flachsfasern einen
Strick, den sie in das Pech eintauchten und solange damit tränkten, bis er so stark
und so dick wie ein Stock wurde. Auf die Art war der Zunder zu einem soge¬
nannten Docht geworden; jetzt wird er gewöhnlich ans Baumwolle hergestellt, aber
in alter Zeit nahm man hauptsächlich Werg, die groben Fasern des Flachses und
des Hanfes, ein Gebrauch, an den noch die Sitte erinnert, bei der Krönung des
Papstes eine Flocke Werg anzuzünden (swpam incMgers).

Aber auch die Dochtfackel war uoch kein Licht in unserm Sinne. Wenn man
sie an einem Ende anzündete, so brannte sie von oben nach unten ganz herunter,
das heißt das Pech brannte mit dem Dochte mit, weil das leicht entzündliche Harz
sofort mit in Flammen aufging; die Fackel brannte genau so wie ein Kienspan.
Nun hatte man aber inzwischen einen andern Stoff entdeckt, der dem Harze nahe
stand und angezündet ebenfalls mit Heller Flamme brannte, bei geringerer Temperatur
jedoch nur schmolz, das Wachs; mit diesem Stoff pflegte man die Pechfackeln zu
überziehn, um sie gleichmäßig z» runden. Wenn man nun einmal das Pech ganz
wegließ und den Docht selbst mit flüssigem Wachs begoß, so zeigte sich eine ganz
neue Erscheinung: der Zunder brannte allein, das umgebende Wachs, dnrch die
strahlende Wärme der Flamme aufgelöst, schmolz nur, stieg aber dann durch Ka¬
pillarität in den feinen Kanälen des Dochtes auf und verbrannte erst innerhalb
des Zunders langsam mit ihm. Das war die älteste Kerze, die in den Häusern
und zur Zeit der Christenverfolgungen in den Katakomben angezündet wurde, eine
Wachskerze oder ein Wachsstock. Das Wort Kerze bedeutet eigentlich Werg und
also den aus Werg gesponnenen Docht, geuau entsprechend dem italienischen
Ltopxino, was gegenwärtig soviel wie Wachsstock, aber von Hans ans ebenfalls mir
soviel wie Werg ist (Swxpg, lateinisch Ltupxa, Werg, wie das althochdeutsche Kar/.,
woraus Kerze entstanden ist).

An die Stelle des Wachses setzte man endlich die Fette, die dem Wachs ver¬
wandt sind, und die ebenfalls mit leuchtender Flamme brennen, sich aber nur bei
sehr starker Erhitzung entzünden; und zwar zunächst ein festes Fett, den Talg.
Schon zu Ende des zweiten Jahrhunderts u. Chr. hat man Wachskerzen und Talg-
lerzeu (0-z,ncieIao sLo-iLoav) unterschieden; man tauchte den Docht in geschmolznen
Talg, wie früher in geschnwlznes Pech, und ließ ihn dann erkalten. Für die einen
wie für die andern brauchte man, um sie hinsetzen zu können, ein Gestell mit einem
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die Flasche einen Hals hat, benutzen sie arme Leute wohl als eanciviÄbrum. Oder


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[0242] Maßgebliches und Unmaßgebliches nicht unwesentlich erhöhe; deshalb bevorzugte mau eben den Kienspan und über¬ haupt das Kienholz, das heißt das Kiefernholz, das stark mit Harz durchtränkt ist. Noch heute dient der Kicnspan gelegentlich in Kieferngegenden als Licht. Der erste Schritt, den man über das Natürliche hinaustat, war dann der, daß man das Harz der Nadelhölzer, die alle mehr oder weniger kienig find, künst¬ lich darstellte und sich sonnt einen besondern Leuchtstoff verschaffte, mit dem man das Holz bestreichen konnte, damit es Heller brennte. So entstand die Pechfackel, denn das Pech ist sozusagen die Quintessenz des Kiens und wird besonders ans Fichtenharz und aus Kiefernharz gewonnen. Aber auch die Pechfackel war immer noch eine Holzfackel, wenn auch eine verbesserte, gleichsam ein recht fetter Kienspan, der höher flackerte als ein gewöhnlicher Feuerbrand. Nun aber kamen die Menschen auf eine neue Verbesserung, die allmählich zu einer vollständig verschiednen Be¬ leuchtungsmethode führte: sie lernten den Zunder kennen. Das mag nngeftthr so zugegangen sein. Zum Feueraumachen hatten sie längst Zunder gebraucht; schon lange hatten sie Werg, Binsenmark, Flachs- und Papyrusfaseru, leinene Lappen auf die glimmenden Kohlen geworfen, um sie zu neuem Leben zu erwecken, wie wir jetzt Papier. Das brachte sie nun auf den Gedanken, auch den Stock von Fichten¬ holz, der in das geschmolzne Pech eingetaucht werden sollte, zunächst mit Werg zu umwickeln, weil er alsdann leichter anbrannte und besser Feuer fing. Am Ende ließen sie auch das Fichtenholz ganz weg und drehten ans den Flachsfasern einen Strick, den sie in das Pech eintauchten und solange damit tränkten, bis er so stark und so dick wie ein Stock wurde. Auf die Art war der Zunder zu einem soge¬ nannten Docht geworden; jetzt wird er gewöhnlich ans Baumwolle hergestellt, aber in alter Zeit nahm man hauptsächlich Werg, die groben Fasern des Flachses und des Hanfes, ein Gebrauch, an den noch die Sitte erinnert, bei der Krönung des Papstes eine Flocke Werg anzuzünden (swpam incMgers). Aber auch die Dochtfackel war uoch kein Licht in unserm Sinne. Wenn man sie an einem Ende anzündete, so brannte sie von oben nach unten ganz herunter, das heißt das Pech brannte mit dem Dochte mit, weil das leicht entzündliche Harz sofort mit in Flammen aufging; die Fackel brannte genau so wie ein Kienspan. Nun hatte man aber inzwischen einen andern Stoff entdeckt, der dem Harze nahe stand und angezündet ebenfalls mit Heller Flamme brannte, bei geringerer Temperatur jedoch nur schmolz, das Wachs; mit diesem Stoff pflegte man die Pechfackeln zu überziehn, um sie gleichmäßig z» runden. Wenn man nun einmal das Pech ganz wegließ und den Docht selbst mit flüssigem Wachs begoß, so zeigte sich eine ganz neue Erscheinung: der Zunder brannte allein, das umgebende Wachs, dnrch die strahlende Wärme der Flamme aufgelöst, schmolz nur, stieg aber dann durch Ka¬ pillarität in den feinen Kanälen des Dochtes auf und verbrannte erst innerhalb des Zunders langsam mit ihm. Das war die älteste Kerze, die in den Häusern und zur Zeit der Christenverfolgungen in den Katakomben angezündet wurde, eine Wachskerze oder ein Wachsstock. Das Wort Kerze bedeutet eigentlich Werg und also den aus Werg gesponnenen Docht, geuau entsprechend dem italienischen Ltopxino, was gegenwärtig soviel wie Wachsstock, aber von Hans ans ebenfalls mir soviel wie Werg ist (Swxpg, lateinisch Ltupxa, Werg, wie das althochdeutsche Kar/., woraus Kerze entstanden ist). An die Stelle des Wachses setzte man endlich die Fette, die dem Wachs ver¬ wandt sind, und die ebenfalls mit leuchtender Flamme brennen, sich aber nur bei sehr starker Erhitzung entzünden; und zwar zunächst ein festes Fett, den Talg. Schon zu Ende des zweiten Jahrhunderts u. Chr. hat man Wachskerzen und Talg- lerzeu (0-z,ncieIao sLo-iLoav) unterschieden; man tauchte den Docht in geschmolznen Talg, wie früher in geschnwlznes Pech, und ließ ihn dann erkalten. Für die einen wie für die andern brauchte man, um sie hinsetzen zu können, ein Gestell mit einem Hals, in den man sie steckte, das heißt einen Leuchter oder einen Kandelaber; da die Flasche einen Hals hat, benutzen sie arme Leute wohl als eanciviÄbrum. Oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/242>, abgerufen am 24.08.2024.