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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

gegeben. Vudde charakterisiert diese neue Ausgabe mit der Bemerkung, der Titel
würde richtiger lauten: Der Keilinschriftler und das Alte Testament. "Ein schranken¬
loser Pcmbabylonismus läßt Winkler alle andern Völkerpersönlichkeiten im alten
Vorderasien vernichten und verneinen." Butte erzählt folgendes Geschichtchen, das
eigentlich aus zweien besteht, und das, wenn die Gelehrten für Belehrung empfänglich
wären, der Ableitungsmanie ein Ende machen würde. Ein hervorragender Ge¬
lehrter hat ihm ein als Manuskript gedrucktes Werk übersandt, worin init großem
Scharfsinn nachgewiesen wird, daß der ganze Stoff der ersten sechs oder sieben
Bücher der Bibel bis in die kleinsten Einzelheiten hinein der ägyptischen Mytho¬
logie entnommen sei. Der Verfasser hat auf Buttes Rat von der Veröffentlichung
Abstand genommen, wozu wohl nicht wenig die Mitteilung des Genannten bei¬
getragen haben mag, in einem andern ihm übersandten Manuskript werde "der
zwingende Nachweis geführt, daß der ganze Bestand der alttestamentlichen Sagen
aus der altirischen Götterlehre herstamme, wie denn überhaupt die Wanderung
der Menschheit und die Besiedlung der Länder nicht von Südosten nach Nord¬
westen, sondern vou Nordwesten nach Südosten vor sich gegangen sei." Winkler
hat auch die Entdeckung Stnckens ausgesponnen, daß die alttestamentlichen Patriarchen
und Könige babylonische Sonnen-, Mond- und Sternengötter, und ihre Geschichten
mythologische Darstellungen der Bewegungen und Phasen der Gestirne seien; in das
Prokrustesbett der Sommer- und Winterstellung von Sonne, Mond und Morgen¬
stern hat er die ganze alttestamentliche Geschichte eingespannt. Butte führt diese
verrückte Idee act kbsnränm und mißbilligt es, daß solche Phantastereien, die man
allenfalls verzeihen könnte, wenn die Bibelkritik eine ganz junge Wissenschaft wäre,
in einem Werke niedergelegt werden, das auf die Autorität des ursprünglichen Ver¬
fassers hin der Student und der Pfarrer als Handbuch anschaffen in der Meinung,
es enthalte die gesicherten Ergebnisse der Denkmälerforschung.

Jeremias weist zunächst nach, daß einige Kritiker von Delitzsch, unter
andern mich der seinerzeit vou uns belobte Eduard König, mehrfach daneben ge¬
schossen haben, und beleuchtet eine Anzahl neuerer Bibelhypothesen in der Ab<
sieht, eine Verständigung anzubahnen. Die minäischen (arabischen) Inschriften,
deren Inhalt bis jetzt leider nur zum kleinste" Teile bekannt geworden ist, er¬
wähnt auch er und bemerkt, wenn die Prüfung ergeben sollte, daß Arabien wirk¬
lich damals ein Kulturland gewesen sei, so werde damit einer der Hauptvvraus-
setzuugeu der evolutionistischeu Auffassung der Geschichte Israels der Boden ent¬
zogen. Jeremias findet es betrübend, daß die ruhige Entfaltung der Assyriologie,
einer so schönen Wissenschaft, durch das plumpe Eingreifen entgegengesetzter Ten¬
denzen gestört werde; anfangs seien alle Funde in marktschreierischer Weise als
Bestätigungen biblischer Angaben ausgenutzt worden, dann habe man sie in den
Dienst einer destruktiven Kritik zu stellen versucht. Die Bedenklichen unter den
positiven Theologen bittet er, folgendes zu erwägen. "Sofern das Alte Testament
Anspruch auf eine nach clivimc hat als Urkunde der göttlichen Erziehung des Menschen¬
geschlechts, bedarf es keiner Stütze durch Hilfswissenschaften. Hier kann Babel das
Verständnis nicht fördern, aber anch die Bibel nicht gefährden trotz alles wissen¬
schaftlichen Sprachengewirrs. Zehn fettgedruckte Stellen in der Lutherbibel genügen,
um zu zeigen, wie erhaben der Geist des Alten Testaments über Babylon steht.
Aber das Alte Testament hat auch eine menschliche Seite -- so großartig und
interessant, daß keine Literatur der Antike mit ihr in einem Atem genannt werden
darf. Vieles blieb dunkel, so lange der weltgeschichtliche und kulturgeschichtliche
Nahmen verdeckt war, in dem sich die Geschichte Israels abgespielt hat. Jetzt
lichtet sich die Welt rings uni Kanaan her. Hier kann die Keilschriftforschung wichtige
Hilssdienste tun für das Verständnis der Bibel. Das unvergängliche Kleinod, das
Israel besitzt, wird in solcher Umgebung nur um so Heller leuchten, und auch die
LÄss IminÄug,, auf die das einzigartige Literaturbuch Anspruch hat, wird die Feuer¬
probe bestehn."

Daran zweifeln anch wir nicht. Aber wie unsre Zeitungs- und Zeitschriften-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

gegeben. Vudde charakterisiert diese neue Ausgabe mit der Bemerkung, der Titel
würde richtiger lauten: Der Keilinschriftler und das Alte Testament. „Ein schranken¬
loser Pcmbabylonismus läßt Winkler alle andern Völkerpersönlichkeiten im alten
Vorderasien vernichten und verneinen." Butte erzählt folgendes Geschichtchen, das
eigentlich aus zweien besteht, und das, wenn die Gelehrten für Belehrung empfänglich
wären, der Ableitungsmanie ein Ende machen würde. Ein hervorragender Ge¬
lehrter hat ihm ein als Manuskript gedrucktes Werk übersandt, worin init großem
Scharfsinn nachgewiesen wird, daß der ganze Stoff der ersten sechs oder sieben
Bücher der Bibel bis in die kleinsten Einzelheiten hinein der ägyptischen Mytho¬
logie entnommen sei. Der Verfasser hat auf Buttes Rat von der Veröffentlichung
Abstand genommen, wozu wohl nicht wenig die Mitteilung des Genannten bei¬
getragen haben mag, in einem andern ihm übersandten Manuskript werde „der
zwingende Nachweis geführt, daß der ganze Bestand der alttestamentlichen Sagen
aus der altirischen Götterlehre herstamme, wie denn überhaupt die Wanderung
der Menschheit und die Besiedlung der Länder nicht von Südosten nach Nord¬
westen, sondern vou Nordwesten nach Südosten vor sich gegangen sei." Winkler
hat auch die Entdeckung Stnckens ausgesponnen, daß die alttestamentlichen Patriarchen
und Könige babylonische Sonnen-, Mond- und Sternengötter, und ihre Geschichten
mythologische Darstellungen der Bewegungen und Phasen der Gestirne seien; in das
Prokrustesbett der Sommer- und Winterstellung von Sonne, Mond und Morgen¬
stern hat er die ganze alttestamentliche Geschichte eingespannt. Butte führt diese
verrückte Idee act kbsnränm und mißbilligt es, daß solche Phantastereien, die man
allenfalls verzeihen könnte, wenn die Bibelkritik eine ganz junge Wissenschaft wäre,
in einem Werke niedergelegt werden, das auf die Autorität des ursprünglichen Ver¬
fassers hin der Student und der Pfarrer als Handbuch anschaffen in der Meinung,
es enthalte die gesicherten Ergebnisse der Denkmälerforschung.

Jeremias weist zunächst nach, daß einige Kritiker von Delitzsch, unter
andern mich der seinerzeit vou uns belobte Eduard König, mehrfach daneben ge¬
schossen haben, und beleuchtet eine Anzahl neuerer Bibelhypothesen in der Ab<
sieht, eine Verständigung anzubahnen. Die minäischen (arabischen) Inschriften,
deren Inhalt bis jetzt leider nur zum kleinste« Teile bekannt geworden ist, er¬
wähnt auch er und bemerkt, wenn die Prüfung ergeben sollte, daß Arabien wirk¬
lich damals ein Kulturland gewesen sei, so werde damit einer der Hauptvvraus-
setzuugeu der evolutionistischeu Auffassung der Geschichte Israels der Boden ent¬
zogen. Jeremias findet es betrübend, daß die ruhige Entfaltung der Assyriologie,
einer so schönen Wissenschaft, durch das plumpe Eingreifen entgegengesetzter Ten¬
denzen gestört werde; anfangs seien alle Funde in marktschreierischer Weise als
Bestätigungen biblischer Angaben ausgenutzt worden, dann habe man sie in den
Dienst einer destruktiven Kritik zu stellen versucht. Die Bedenklichen unter den
positiven Theologen bittet er, folgendes zu erwägen. „Sofern das Alte Testament
Anspruch auf eine nach clivimc hat als Urkunde der göttlichen Erziehung des Menschen¬
geschlechts, bedarf es keiner Stütze durch Hilfswissenschaften. Hier kann Babel das
Verständnis nicht fördern, aber anch die Bibel nicht gefährden trotz alles wissen¬
schaftlichen Sprachengewirrs. Zehn fettgedruckte Stellen in der Lutherbibel genügen,
um zu zeigen, wie erhaben der Geist des Alten Testaments über Babylon steht.
Aber das Alte Testament hat auch eine menschliche Seite — so großartig und
interessant, daß keine Literatur der Antike mit ihr in einem Atem genannt werden
darf. Vieles blieb dunkel, so lange der weltgeschichtliche und kulturgeschichtliche
Nahmen verdeckt war, in dem sich die Geschichte Israels abgespielt hat. Jetzt
lichtet sich die Welt rings uni Kanaan her. Hier kann die Keilschriftforschung wichtige
Hilssdienste tun für das Verständnis der Bibel. Das unvergängliche Kleinod, das
Israel besitzt, wird in solcher Umgebung nur um so Heller leuchten, und auch die
LÄss IminÄug,, auf die das einzigartige Literaturbuch Anspruch hat, wird die Feuer¬
probe bestehn."

Daran zweifeln anch wir nicht. Aber wie unsre Zeitungs- und Zeitschriften-


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[0180] Maßgebliches und Unmaßgebliches gegeben. Vudde charakterisiert diese neue Ausgabe mit der Bemerkung, der Titel würde richtiger lauten: Der Keilinschriftler und das Alte Testament. „Ein schranken¬ loser Pcmbabylonismus läßt Winkler alle andern Völkerpersönlichkeiten im alten Vorderasien vernichten und verneinen." Butte erzählt folgendes Geschichtchen, das eigentlich aus zweien besteht, und das, wenn die Gelehrten für Belehrung empfänglich wären, der Ableitungsmanie ein Ende machen würde. Ein hervorragender Ge¬ lehrter hat ihm ein als Manuskript gedrucktes Werk übersandt, worin init großem Scharfsinn nachgewiesen wird, daß der ganze Stoff der ersten sechs oder sieben Bücher der Bibel bis in die kleinsten Einzelheiten hinein der ägyptischen Mytho¬ logie entnommen sei. Der Verfasser hat auf Buttes Rat von der Veröffentlichung Abstand genommen, wozu wohl nicht wenig die Mitteilung des Genannten bei¬ getragen haben mag, in einem andern ihm übersandten Manuskript werde „der zwingende Nachweis geführt, daß der ganze Bestand der alttestamentlichen Sagen aus der altirischen Götterlehre herstamme, wie denn überhaupt die Wanderung der Menschheit und die Besiedlung der Länder nicht von Südosten nach Nord¬ westen, sondern vou Nordwesten nach Südosten vor sich gegangen sei." Winkler hat auch die Entdeckung Stnckens ausgesponnen, daß die alttestamentlichen Patriarchen und Könige babylonische Sonnen-, Mond- und Sternengötter, und ihre Geschichten mythologische Darstellungen der Bewegungen und Phasen der Gestirne seien; in das Prokrustesbett der Sommer- und Winterstellung von Sonne, Mond und Morgen¬ stern hat er die ganze alttestamentliche Geschichte eingespannt. Butte führt diese verrückte Idee act kbsnränm und mißbilligt es, daß solche Phantastereien, die man allenfalls verzeihen könnte, wenn die Bibelkritik eine ganz junge Wissenschaft wäre, in einem Werke niedergelegt werden, das auf die Autorität des ursprünglichen Ver¬ fassers hin der Student und der Pfarrer als Handbuch anschaffen in der Meinung, es enthalte die gesicherten Ergebnisse der Denkmälerforschung. Jeremias weist zunächst nach, daß einige Kritiker von Delitzsch, unter andern mich der seinerzeit vou uns belobte Eduard König, mehrfach daneben ge¬ schossen haben, und beleuchtet eine Anzahl neuerer Bibelhypothesen in der Ab< sieht, eine Verständigung anzubahnen. Die minäischen (arabischen) Inschriften, deren Inhalt bis jetzt leider nur zum kleinste« Teile bekannt geworden ist, er¬ wähnt auch er und bemerkt, wenn die Prüfung ergeben sollte, daß Arabien wirk¬ lich damals ein Kulturland gewesen sei, so werde damit einer der Hauptvvraus- setzuugeu der evolutionistischeu Auffassung der Geschichte Israels der Boden ent¬ zogen. Jeremias findet es betrübend, daß die ruhige Entfaltung der Assyriologie, einer so schönen Wissenschaft, durch das plumpe Eingreifen entgegengesetzter Ten¬ denzen gestört werde; anfangs seien alle Funde in marktschreierischer Weise als Bestätigungen biblischer Angaben ausgenutzt worden, dann habe man sie in den Dienst einer destruktiven Kritik zu stellen versucht. Die Bedenklichen unter den positiven Theologen bittet er, folgendes zu erwägen. „Sofern das Alte Testament Anspruch auf eine nach clivimc hat als Urkunde der göttlichen Erziehung des Menschen¬ geschlechts, bedarf es keiner Stütze durch Hilfswissenschaften. Hier kann Babel das Verständnis nicht fördern, aber anch die Bibel nicht gefährden trotz alles wissen¬ schaftlichen Sprachengewirrs. Zehn fettgedruckte Stellen in der Lutherbibel genügen, um zu zeigen, wie erhaben der Geist des Alten Testaments über Babylon steht. Aber das Alte Testament hat auch eine menschliche Seite — so großartig und interessant, daß keine Literatur der Antike mit ihr in einem Atem genannt werden darf. Vieles blieb dunkel, so lange der weltgeschichtliche und kulturgeschichtliche Nahmen verdeckt war, in dem sich die Geschichte Israels abgespielt hat. Jetzt lichtet sich die Welt rings uni Kanaan her. Hier kann die Keilschriftforschung wichtige Hilssdienste tun für das Verständnis der Bibel. Das unvergängliche Kleinod, das Israel besitzt, wird in solcher Umgebung nur um so Heller leuchten, und auch die LÄss IminÄug,, auf die das einzigartige Literaturbuch Anspruch hat, wird die Feuer¬ probe bestehn." Daran zweifeln anch wir nicht. Aber wie unsre Zeitungs- und Zeitschriften-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/180>, abgerufen am 22.07.2024.