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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Die UaiinmsvtÄ OsrrnÄiuag iiistorie^, ihre bisherige Leitung und Leistung

format und in lateinischer Sprache erschien. Da die NonumoutÄ bald nach dem
achtzehnten Jahrhundert entstanden sind, so haben sie beide Gelehrsamkeitsembleme
der Zopfzeit angenommen und trotz vielfacher Anfechtungen den einen Zopf, das
Folioformat, erst am Ende des neunzehnten Jahrhunderts abgelegt, den andern, die
lateinische Sprache für Einleitung und Erläuterung der herausgegebnen Geschichts¬
werke, unbeirrt in das zwanzigste Jahrhundert hinübergenommen. Der schon seit
geraumer Zeit sogar von Philologen beobachteten Gepflogenheit gegenüber, ihre
Ausgaben römischer und griechischer Autoren mit deutsch verfaßten Kommentaren
auszustatten, ist diese Hartnäckigkeit für unser nationales Geschichtswerk so eigen¬
tümlich, daß sie noch etwas schärfer beleuchtet werden muß.

Man versucht wohl, die absonderliche Einrichtung damit zu verteidigen, daß
man um der lateinisch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen willen dem
Werte eine größere Eingangsfähigkeit bei andern Völkern zuspricht; wäre das aber
auch der Fall gewesen -- was bezweifelt werden kann, da die genauere Beschäfti¬
gung mit deutscher Geschichte doch die Kenntnis der deutscheu Sprache unumgänglich
nötig macht --, so trifft es heutzutage, wo der Ruhm der Aonnwönts. fest ge¬
gründet ist, sicher nicht mehr zu: jeder Verteidigungsversuch wird übrigens unfehlbar
zu nichte daran, daß die zu der LerixkorsL-Abteilung gehörenden deutschen Chroniken
auch mit deutsch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen herausgegeben werden,
und daß sich die Diplome-Abteilung seit fünfundzwanzig Jahren, nach der ver¬
ständigen Weigerung ihres Leiters, der alten Tradition zu fügen, ihre latei¬
nischen Urknndentexte mit dentschen Einleitungen und Erläuterungen erscheinen läßt,
ohne daß darum ihre Bände an Absatzfähigkeit bei fremden Völkern eingebüßt
hätten. Die internationale Gelehrtensprache, das Phantom, woran man noch immer
in der Zentraldirektion der Nonuinoutg. festhält, ist längst dahin und zu keinem
neuen Leben mehr zu erwecken, ihre Verabschiedung in den Nonnraontg. auch schon
darum angebracht, weil auf unser" Gymnasien die geisttötende Plage des latei-
nischen Aufsatzes abgeschafft und damit die Heranbildung brauchbarer Adepten für
die NouuMöutg, gehindert ist. Und zu welcher unleidlichen Eitelkeit hat der Zwang,
lateinisch auszudrücken, was von Anfang an deutsch hätte abgefaßt werden sollen,
nicht schon Mitarbeiter der NonnMönts. geführt! Als Waitz 1836 in den Dienst
der UollumsniÄ eintrat, verlangte Pertz von ihm neben einer allgemeinen philo¬
logischen Ausbildung "namentlich auch die Übung im Lateinschreiben," das Will
sagen: wenn auch nicht einen so schönen lateinischen Stil, wie Pertz selber schrieb,
so doch einen erträglichen -- Waitz mußte sich wirklich, ehe er aufgenommen wurde,
erst darüber ausweisen, daß er diese Erwartung auch zu erfüllen imstande sei --,
und nun stellt sich heraus, daß sich Holder-Egger, ein Schüler Waitzens und sein
Nachfolger in der Leitung der SerixtorsL-Abteilung, des von Pertz geschriebnen
Lateins schämt; er bemerkt nämlich, nachdem er eine lateinische Äußerung von Pertz
angeführt hat: "Ich bitte wegen dieses gar zu barbarischen Lateins um Entschul¬
digung, das ich ja freilich uicht verbrochen habe!" Dieses Schauspiel kleinlicher,
wegen Nichtigkeiten gegeneinander geübter Herabsetzungen ist dem Ansehen unsers
großen Geschichtswerks gewiß uicht förderlich; gleichwohl hat Dümmler, obschon
wiederholt auf diesen Mißstand aufmerksam gemacht, hierin nicht Wandel geschafft,
was doch wohl seine Pflicht gewesen wäre, much wenn ihm nicht öffentlich nach¬
gewiesen worden wäre, daß er sich selber als Gegner der lateinischen Sprache be¬
kannt hat; ehe er nämlich in die Zentraldirektion eintrat, hat er sich sowohl gegen
das Folioformat wie gegen die lateinische Sprache in einer Vorrede folgender¬
maßen ausgesprochen: "Wer möchte nicht unsre Quellen lieber in handlicher Form
mit anspruchslosen deutschen Erläuterungen benutzen als in der schwerfällig prun-
kenden Form der Uonunnzrckg, mit ihren lateinischen Noten?""

Daß die Nonumsutg. "in krankem Neulatein geschriebn? Einleitungen
haben, wie der verdiente Geschichtsforscher Johann Friedrich Böhmer schon 1853
tadelnd bemerkt, hat es nun aber hauptsächlich auch verschuldet, daß sie dem großen
Kreise der Gebildeten so gut wie unbekannt geblieben sind. Allerdings ist die


Die UaiinmsvtÄ OsrrnÄiuag iiistorie^, ihre bisherige Leitung und Leistung

format und in lateinischer Sprache erschien. Da die NonumoutÄ bald nach dem
achtzehnten Jahrhundert entstanden sind, so haben sie beide Gelehrsamkeitsembleme
der Zopfzeit angenommen und trotz vielfacher Anfechtungen den einen Zopf, das
Folioformat, erst am Ende des neunzehnten Jahrhunderts abgelegt, den andern, die
lateinische Sprache für Einleitung und Erläuterung der herausgegebnen Geschichts¬
werke, unbeirrt in das zwanzigste Jahrhundert hinübergenommen. Der schon seit
geraumer Zeit sogar von Philologen beobachteten Gepflogenheit gegenüber, ihre
Ausgaben römischer und griechischer Autoren mit deutsch verfaßten Kommentaren
auszustatten, ist diese Hartnäckigkeit für unser nationales Geschichtswerk so eigen¬
tümlich, daß sie noch etwas schärfer beleuchtet werden muß.

Man versucht wohl, die absonderliche Einrichtung damit zu verteidigen, daß
man um der lateinisch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen willen dem
Werte eine größere Eingangsfähigkeit bei andern Völkern zuspricht; wäre das aber
auch der Fall gewesen — was bezweifelt werden kann, da die genauere Beschäfti¬
gung mit deutscher Geschichte doch die Kenntnis der deutscheu Sprache unumgänglich
nötig macht —, so trifft es heutzutage, wo der Ruhm der Aonnwönts. fest ge¬
gründet ist, sicher nicht mehr zu: jeder Verteidigungsversuch wird übrigens unfehlbar
zu nichte daran, daß die zu der LerixkorsL-Abteilung gehörenden deutschen Chroniken
auch mit deutsch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen herausgegeben werden,
und daß sich die Diplome-Abteilung seit fünfundzwanzig Jahren, nach der ver¬
ständigen Weigerung ihres Leiters, der alten Tradition zu fügen, ihre latei¬
nischen Urknndentexte mit dentschen Einleitungen und Erläuterungen erscheinen läßt,
ohne daß darum ihre Bände an Absatzfähigkeit bei fremden Völkern eingebüßt
hätten. Die internationale Gelehrtensprache, das Phantom, woran man noch immer
in der Zentraldirektion der Nonuinoutg. festhält, ist längst dahin und zu keinem
neuen Leben mehr zu erwecken, ihre Verabschiedung in den Nonnraontg. auch schon
darum angebracht, weil auf unser» Gymnasien die geisttötende Plage des latei-
nischen Aufsatzes abgeschafft und damit die Heranbildung brauchbarer Adepten für
die NouuMöutg, gehindert ist. Und zu welcher unleidlichen Eitelkeit hat der Zwang,
lateinisch auszudrücken, was von Anfang an deutsch hätte abgefaßt werden sollen,
nicht schon Mitarbeiter der NonnMönts. geführt! Als Waitz 1836 in den Dienst
der UollumsniÄ eintrat, verlangte Pertz von ihm neben einer allgemeinen philo¬
logischen Ausbildung „namentlich auch die Übung im Lateinschreiben," das Will
sagen: wenn auch nicht einen so schönen lateinischen Stil, wie Pertz selber schrieb,
so doch einen erträglichen — Waitz mußte sich wirklich, ehe er aufgenommen wurde,
erst darüber ausweisen, daß er diese Erwartung auch zu erfüllen imstande sei —,
und nun stellt sich heraus, daß sich Holder-Egger, ein Schüler Waitzens und sein
Nachfolger in der Leitung der SerixtorsL-Abteilung, des von Pertz geschriebnen
Lateins schämt; er bemerkt nämlich, nachdem er eine lateinische Äußerung von Pertz
angeführt hat: „Ich bitte wegen dieses gar zu barbarischen Lateins um Entschul¬
digung, das ich ja freilich uicht verbrochen habe!" Dieses Schauspiel kleinlicher,
wegen Nichtigkeiten gegeneinander geübter Herabsetzungen ist dem Ansehen unsers
großen Geschichtswerks gewiß uicht förderlich; gleichwohl hat Dümmler, obschon
wiederholt auf diesen Mißstand aufmerksam gemacht, hierin nicht Wandel geschafft,
was doch wohl seine Pflicht gewesen wäre, much wenn ihm nicht öffentlich nach¬
gewiesen worden wäre, daß er sich selber als Gegner der lateinischen Sprache be¬
kannt hat; ehe er nämlich in die Zentraldirektion eintrat, hat er sich sowohl gegen
das Folioformat wie gegen die lateinische Sprache in einer Vorrede folgender¬
maßen ausgesprochen: „Wer möchte nicht unsre Quellen lieber in handlicher Form
mit anspruchslosen deutschen Erläuterungen benutzen als in der schwerfällig prun-
kenden Form der Uonunnzrckg, mit ihren lateinischen Noten?""

Daß die Nonumsutg. „in krankem Neulatein geschriebn? Einleitungen
haben, wie der verdiente Geschichtsforscher Johann Friedrich Böhmer schon 1853
tadelnd bemerkt, hat es nun aber hauptsächlich auch verschuldet, daß sie dem großen
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[0548] Die UaiinmsvtÄ OsrrnÄiuag iiistorie^, ihre bisherige Leitung und Leistung format und in lateinischer Sprache erschien. Da die NonumoutÄ bald nach dem achtzehnten Jahrhundert entstanden sind, so haben sie beide Gelehrsamkeitsembleme der Zopfzeit angenommen und trotz vielfacher Anfechtungen den einen Zopf, das Folioformat, erst am Ende des neunzehnten Jahrhunderts abgelegt, den andern, die lateinische Sprache für Einleitung und Erläuterung der herausgegebnen Geschichts¬ werke, unbeirrt in das zwanzigste Jahrhundert hinübergenommen. Der schon seit geraumer Zeit sogar von Philologen beobachteten Gepflogenheit gegenüber, ihre Ausgaben römischer und griechischer Autoren mit deutsch verfaßten Kommentaren auszustatten, ist diese Hartnäckigkeit für unser nationales Geschichtswerk so eigen¬ tümlich, daß sie noch etwas schärfer beleuchtet werden muß. Man versucht wohl, die absonderliche Einrichtung damit zu verteidigen, daß man um der lateinisch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen willen dem Werte eine größere Eingangsfähigkeit bei andern Völkern zuspricht; wäre das aber auch der Fall gewesen — was bezweifelt werden kann, da die genauere Beschäfti¬ gung mit deutscher Geschichte doch die Kenntnis der deutscheu Sprache unumgänglich nötig macht —, so trifft es heutzutage, wo der Ruhm der Aonnwönts. fest ge¬ gründet ist, sicher nicht mehr zu: jeder Verteidigungsversuch wird übrigens unfehlbar zu nichte daran, daß die zu der LerixkorsL-Abteilung gehörenden deutschen Chroniken auch mit deutsch geschriebnen Einleitungen und Erläuterungen herausgegeben werden, und daß sich die Diplome-Abteilung seit fünfundzwanzig Jahren, nach der ver¬ ständigen Weigerung ihres Leiters, der alten Tradition zu fügen, ihre latei¬ nischen Urknndentexte mit dentschen Einleitungen und Erläuterungen erscheinen läßt, ohne daß darum ihre Bände an Absatzfähigkeit bei fremden Völkern eingebüßt hätten. Die internationale Gelehrtensprache, das Phantom, woran man noch immer in der Zentraldirektion der Nonuinoutg. festhält, ist längst dahin und zu keinem neuen Leben mehr zu erwecken, ihre Verabschiedung in den Nonnraontg. auch schon darum angebracht, weil auf unser» Gymnasien die geisttötende Plage des latei- nischen Aufsatzes abgeschafft und damit die Heranbildung brauchbarer Adepten für die NouuMöutg, gehindert ist. Und zu welcher unleidlichen Eitelkeit hat der Zwang, lateinisch auszudrücken, was von Anfang an deutsch hätte abgefaßt werden sollen, nicht schon Mitarbeiter der NonnMönts. geführt! Als Waitz 1836 in den Dienst der UollumsniÄ eintrat, verlangte Pertz von ihm neben einer allgemeinen philo¬ logischen Ausbildung „namentlich auch die Übung im Lateinschreiben," das Will sagen: wenn auch nicht einen so schönen lateinischen Stil, wie Pertz selber schrieb, so doch einen erträglichen — Waitz mußte sich wirklich, ehe er aufgenommen wurde, erst darüber ausweisen, daß er diese Erwartung auch zu erfüllen imstande sei —, und nun stellt sich heraus, daß sich Holder-Egger, ein Schüler Waitzens und sein Nachfolger in der Leitung der SerixtorsL-Abteilung, des von Pertz geschriebnen Lateins schämt; er bemerkt nämlich, nachdem er eine lateinische Äußerung von Pertz angeführt hat: „Ich bitte wegen dieses gar zu barbarischen Lateins um Entschul¬ digung, das ich ja freilich uicht verbrochen habe!" Dieses Schauspiel kleinlicher, wegen Nichtigkeiten gegeneinander geübter Herabsetzungen ist dem Ansehen unsers großen Geschichtswerks gewiß uicht förderlich; gleichwohl hat Dümmler, obschon wiederholt auf diesen Mißstand aufmerksam gemacht, hierin nicht Wandel geschafft, was doch wohl seine Pflicht gewesen wäre, much wenn ihm nicht öffentlich nach¬ gewiesen worden wäre, daß er sich selber als Gegner der lateinischen Sprache be¬ kannt hat; ehe er nämlich in die Zentraldirektion eintrat, hat er sich sowohl gegen das Folioformat wie gegen die lateinische Sprache in einer Vorrede folgender¬ maßen ausgesprochen: „Wer möchte nicht unsre Quellen lieber in handlicher Form mit anspruchslosen deutschen Erläuterungen benutzen als in der schwerfällig prun- kenden Form der Uonunnzrckg, mit ihren lateinischen Noten?"" Daß die Nonumsutg. „in krankem Neulatein geschriebn? Einleitungen haben, wie der verdiente Geschichtsforscher Johann Friedrich Böhmer schon 1853 tadelnd bemerkt, hat es nun aber hauptsächlich auch verschuldet, daß sie dem großen Kreise der Gebildeten so gut wie unbekannt geblieben sind. Allerdings ist die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/548>, abgerufen am 24.11.2024.