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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Die Nonnmsnti,, Llsi'in^ullo bistori"", ihre bisherige Leitung und Leistung

Von Anfang an sind zwei Arten der Entlohnung für wissenschaftliche Arbeit
bei den Monumenten üblich gewesen: Bogenhonorar für Gelehrte, die Abteilungs¬
leiter und der Vorsitzende eingeschlossen, die bestimmte Einzelausgaben lieferten, und
Jahresremuneration für die ständigen Mitarbeiter, die ihre gesamte Arbeitskraft
einer Abteilung zu widmen hatten. So wertvoll die Einzelarbeiten sind, nament¬
lich wenn sie sich mit den Spezialstudieu ihrer Urheber berühren, so haben sie,
da sie neben den eigentlichen Berufsgeschäften erledigt und durch diese zurückgedrängt
werden, doch schon wiederholt die Geduld der Oberleitung auf eine harte Probe
gestellt; schnellere Förderung dagegen finden die Arbeiten unter den Händen der
ständigen Mitarbeiter, weil diese durch ihre feste Remuneration so gestellt sein
sollen, daß sie sich ungestört den Nonumonw-Editionen hingeben können. Freilich
wurde und wird ihnen dabei eine weitgehende Entsagung zugemutet. Waitz Pflegte
darauf hinzuweisen, daß er selbst als ständiger Mitarbeiter nie mehr als 400 Taler
bezogen, und daß weder er noch ein andrer seiner Kollegen um eine Erhöhung
dieses Jahrgehalts jemals nachgesucht hätte; und wenn sich auch Waitz später noch
selbst zu Zulagen verstand, nicht ohne bei Steigerungen über 1800 Mark sorg¬
fältig nachzuforschen, ob denn das mangelhafte Vermögen des Mitarbeiters eine
solche Erhöhung auch wirklich nötig mache, so ist doch die kürgliche Besoldung der
ständigen Mitarbeiter auch unter seinem Nachfolger die Regel geblieben. So wenig
das in jüngster Zeit noch befugt genannt werden kann, so ist doch das Verhalten
Waitzens nicht ohne einige Berechtigung gewesen. In seiner Zeit war die Be¬
schäftigung eines ständigen Mitarbeiters nur eine Vorbereitung auf das akademische
Lehramt: das Kollegium seiner Mitarbeiter war die Pflanzstätte für die Professoren
der deutschen mittelalterlichen Geschichte; denn die mehrjährige Mitarbeiterschaft war
eine so wirksame Empfehlung, daß sich das Einrücken in eine Professur ohne
Schwierigkeit vollzog: mithin konnte diese mit Sicherheit zu erwartende Beförderung
als ein Teil des Lohnes für die den Monumenten gewidmete Arbeit in Anschlag ge¬
bracht werden. Das wurde aber nach Waitzens Tode ganz anders. Die Über¬
fülle der auf den Universitäten ausgebildeten Kandidaten des höhern Schulamts,
die immer größere Not hatten, zur Anstellung zu gelangen, führte allmählich zu
einer Verödung der Hörsäle unsrer Universitäten, sodaß zeitweise für die mittel¬
alterlich-deutsche Geschichte mehr akademische Lehrer und qualifizierte Bewerber um
das akademische Lehramt vorhanden waren als Studenten; dazu kam, daß, als sich
die Zahl der Geschichte Studierenden wieder etwas hob, infolge eines immer reger
werdenden, gar nicht beklagenswerten realistischen Sinnes die wenigsten das Studium
des deutscheu Mittelalters zu einem Hauptfach machten, sich die meisten vielmehr
der neuern politischen und Wirtschaftsgeschichte zukehrten. So ist es dahin gelangt,
daß die ständigen Mitarbeiter der Nounmonta nicht mehr darauf rechnen können,
durch ein akademisches Lehramt versorgt zu werden, da inzwischen anch die Zahl
der ordentlichen Lehrstühle vermindert worden ist, die wenigen außerordentlichen
Professuren an kleinern Universitäten nur ein kümmerliches Auskommen gewähren,
und sogar -- wenigstens in dem sparsamen Preußen -- der ewige Privatdozent
gezeitigt worden ist, der vom Staate keinen Pfennig Besoldung erhält, vielmehr
bei einem Jubiläum seiner Lehrtätigkeit, wenn er sich sonst nicht mißliebig gemacht
hat, nur mit dem Professortitel abgefunden wird.

Ungeachtet dieses völligen Umschwungs ist nun auch ein so übermäßiger Ver¬
brauch ständiger Mitarbeiter in der Lorixiorss- und Lxistolao-Abteilung unter
Dümmler und Holder-Egger geschehn, daß in etwa derselben Zeit wie früher
unter Waitz und Wattenbach die doppelte Anzahl eingetreten und wieder aus¬
geschieden ist; und zwar begann die neue Ära damit, daß ein im ganzen sieben
Jahre tätiger Mitarbeiter, ohne einen Grund in seiner Person dazu zu geben, von
Dümmler in einer Anwandlung herrischer Laune -- so stellt es sich äußerlich dar --
verabschiedet wurde; sie schloß damit, daß ein kaum zwei Jahre beschäftigter Mit¬
arbeiter seine angefangnen Arbeiten unvollendet im Stiche ließ; und sie erhielt zum
allgemeinen Wahrzeichen, daß die meisten Mitarbeiter den Monumenten verloren


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Die Nonnmsnti,, Llsi'in^ullo bistori«», ihre bisherige Leitung und Leistung

Von Anfang an sind zwei Arten der Entlohnung für wissenschaftliche Arbeit
bei den Monumenten üblich gewesen: Bogenhonorar für Gelehrte, die Abteilungs¬
leiter und der Vorsitzende eingeschlossen, die bestimmte Einzelausgaben lieferten, und
Jahresremuneration für die ständigen Mitarbeiter, die ihre gesamte Arbeitskraft
einer Abteilung zu widmen hatten. So wertvoll die Einzelarbeiten sind, nament¬
lich wenn sie sich mit den Spezialstudieu ihrer Urheber berühren, so haben sie,
da sie neben den eigentlichen Berufsgeschäften erledigt und durch diese zurückgedrängt
werden, doch schon wiederholt die Geduld der Oberleitung auf eine harte Probe
gestellt; schnellere Förderung dagegen finden die Arbeiten unter den Händen der
ständigen Mitarbeiter, weil diese durch ihre feste Remuneration so gestellt sein
sollen, daß sie sich ungestört den Nonumonw-Editionen hingeben können. Freilich
wurde und wird ihnen dabei eine weitgehende Entsagung zugemutet. Waitz Pflegte
darauf hinzuweisen, daß er selbst als ständiger Mitarbeiter nie mehr als 400 Taler
bezogen, und daß weder er noch ein andrer seiner Kollegen um eine Erhöhung
dieses Jahrgehalts jemals nachgesucht hätte; und wenn sich auch Waitz später noch
selbst zu Zulagen verstand, nicht ohne bei Steigerungen über 1800 Mark sorg¬
fältig nachzuforschen, ob denn das mangelhafte Vermögen des Mitarbeiters eine
solche Erhöhung auch wirklich nötig mache, so ist doch die kürgliche Besoldung der
ständigen Mitarbeiter auch unter seinem Nachfolger die Regel geblieben. So wenig
das in jüngster Zeit noch befugt genannt werden kann, so ist doch das Verhalten
Waitzens nicht ohne einige Berechtigung gewesen. In seiner Zeit war die Be¬
schäftigung eines ständigen Mitarbeiters nur eine Vorbereitung auf das akademische
Lehramt: das Kollegium seiner Mitarbeiter war die Pflanzstätte für die Professoren
der deutschen mittelalterlichen Geschichte; denn die mehrjährige Mitarbeiterschaft war
eine so wirksame Empfehlung, daß sich das Einrücken in eine Professur ohne
Schwierigkeit vollzog: mithin konnte diese mit Sicherheit zu erwartende Beförderung
als ein Teil des Lohnes für die den Monumenten gewidmete Arbeit in Anschlag ge¬
bracht werden. Das wurde aber nach Waitzens Tode ganz anders. Die Über¬
fülle der auf den Universitäten ausgebildeten Kandidaten des höhern Schulamts,
die immer größere Not hatten, zur Anstellung zu gelangen, führte allmählich zu
einer Verödung der Hörsäle unsrer Universitäten, sodaß zeitweise für die mittel¬
alterlich-deutsche Geschichte mehr akademische Lehrer und qualifizierte Bewerber um
das akademische Lehramt vorhanden waren als Studenten; dazu kam, daß, als sich
die Zahl der Geschichte Studierenden wieder etwas hob, infolge eines immer reger
werdenden, gar nicht beklagenswerten realistischen Sinnes die wenigsten das Studium
des deutscheu Mittelalters zu einem Hauptfach machten, sich die meisten vielmehr
der neuern politischen und Wirtschaftsgeschichte zukehrten. So ist es dahin gelangt,
daß die ständigen Mitarbeiter der Nounmonta nicht mehr darauf rechnen können,
durch ein akademisches Lehramt versorgt zu werden, da inzwischen anch die Zahl
der ordentlichen Lehrstühle vermindert worden ist, die wenigen außerordentlichen
Professuren an kleinern Universitäten nur ein kümmerliches Auskommen gewähren,
und sogar — wenigstens in dem sparsamen Preußen — der ewige Privatdozent
gezeitigt worden ist, der vom Staate keinen Pfennig Besoldung erhält, vielmehr
bei einem Jubiläum seiner Lehrtätigkeit, wenn er sich sonst nicht mißliebig gemacht
hat, nur mit dem Professortitel abgefunden wird.

Ungeachtet dieses völligen Umschwungs ist nun auch ein so übermäßiger Ver¬
brauch ständiger Mitarbeiter in der Lorixiorss- und Lxistolao-Abteilung unter
Dümmler und Holder-Egger geschehn, daß in etwa derselben Zeit wie früher
unter Waitz und Wattenbach die doppelte Anzahl eingetreten und wieder aus¬
geschieden ist; und zwar begann die neue Ära damit, daß ein im ganzen sieben
Jahre tätiger Mitarbeiter, ohne einen Grund in seiner Person dazu zu geben, von
Dümmler in einer Anwandlung herrischer Laune — so stellt es sich äußerlich dar —
verabschiedet wurde; sie schloß damit, daß ein kaum zwei Jahre beschäftigter Mit¬
arbeiter seine angefangnen Arbeiten unvollendet im Stiche ließ; und sie erhielt zum
allgemeinen Wahrzeichen, daß die meisten Mitarbeiter den Monumenten verloren


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[0546] Die Nonnmsnti,, Llsi'in^ullo bistori«», ihre bisherige Leitung und Leistung Von Anfang an sind zwei Arten der Entlohnung für wissenschaftliche Arbeit bei den Monumenten üblich gewesen: Bogenhonorar für Gelehrte, die Abteilungs¬ leiter und der Vorsitzende eingeschlossen, die bestimmte Einzelausgaben lieferten, und Jahresremuneration für die ständigen Mitarbeiter, die ihre gesamte Arbeitskraft einer Abteilung zu widmen hatten. So wertvoll die Einzelarbeiten sind, nament¬ lich wenn sie sich mit den Spezialstudieu ihrer Urheber berühren, so haben sie, da sie neben den eigentlichen Berufsgeschäften erledigt und durch diese zurückgedrängt werden, doch schon wiederholt die Geduld der Oberleitung auf eine harte Probe gestellt; schnellere Förderung dagegen finden die Arbeiten unter den Händen der ständigen Mitarbeiter, weil diese durch ihre feste Remuneration so gestellt sein sollen, daß sie sich ungestört den Nonumonw-Editionen hingeben können. Freilich wurde und wird ihnen dabei eine weitgehende Entsagung zugemutet. Waitz Pflegte darauf hinzuweisen, daß er selbst als ständiger Mitarbeiter nie mehr als 400 Taler bezogen, und daß weder er noch ein andrer seiner Kollegen um eine Erhöhung dieses Jahrgehalts jemals nachgesucht hätte; und wenn sich auch Waitz später noch selbst zu Zulagen verstand, nicht ohne bei Steigerungen über 1800 Mark sorg¬ fältig nachzuforschen, ob denn das mangelhafte Vermögen des Mitarbeiters eine solche Erhöhung auch wirklich nötig mache, so ist doch die kürgliche Besoldung der ständigen Mitarbeiter auch unter seinem Nachfolger die Regel geblieben. So wenig das in jüngster Zeit noch befugt genannt werden kann, so ist doch das Verhalten Waitzens nicht ohne einige Berechtigung gewesen. In seiner Zeit war die Be¬ schäftigung eines ständigen Mitarbeiters nur eine Vorbereitung auf das akademische Lehramt: das Kollegium seiner Mitarbeiter war die Pflanzstätte für die Professoren der deutschen mittelalterlichen Geschichte; denn die mehrjährige Mitarbeiterschaft war eine so wirksame Empfehlung, daß sich das Einrücken in eine Professur ohne Schwierigkeit vollzog: mithin konnte diese mit Sicherheit zu erwartende Beförderung als ein Teil des Lohnes für die den Monumenten gewidmete Arbeit in Anschlag ge¬ bracht werden. Das wurde aber nach Waitzens Tode ganz anders. Die Über¬ fülle der auf den Universitäten ausgebildeten Kandidaten des höhern Schulamts, die immer größere Not hatten, zur Anstellung zu gelangen, führte allmählich zu einer Verödung der Hörsäle unsrer Universitäten, sodaß zeitweise für die mittel¬ alterlich-deutsche Geschichte mehr akademische Lehrer und qualifizierte Bewerber um das akademische Lehramt vorhanden waren als Studenten; dazu kam, daß, als sich die Zahl der Geschichte Studierenden wieder etwas hob, infolge eines immer reger werdenden, gar nicht beklagenswerten realistischen Sinnes die wenigsten das Studium des deutscheu Mittelalters zu einem Hauptfach machten, sich die meisten vielmehr der neuern politischen und Wirtschaftsgeschichte zukehrten. So ist es dahin gelangt, daß die ständigen Mitarbeiter der Nounmonta nicht mehr darauf rechnen können, durch ein akademisches Lehramt versorgt zu werden, da inzwischen anch die Zahl der ordentlichen Lehrstühle vermindert worden ist, die wenigen außerordentlichen Professuren an kleinern Universitäten nur ein kümmerliches Auskommen gewähren, und sogar — wenigstens in dem sparsamen Preußen — der ewige Privatdozent gezeitigt worden ist, der vom Staate keinen Pfennig Besoldung erhält, vielmehr bei einem Jubiläum seiner Lehrtätigkeit, wenn er sich sonst nicht mißliebig gemacht hat, nur mit dem Professortitel abgefunden wird. Ungeachtet dieses völligen Umschwungs ist nun auch ein so übermäßiger Ver¬ brauch ständiger Mitarbeiter in der Lorixiorss- und Lxistolao-Abteilung unter Dümmler und Holder-Egger geschehn, daß in etwa derselben Zeit wie früher unter Waitz und Wattenbach die doppelte Anzahl eingetreten und wieder aus¬ geschieden ist; und zwar begann die neue Ära damit, daß ein im ganzen sieben Jahre tätiger Mitarbeiter, ohne einen Grund in seiner Person dazu zu geben, von Dümmler in einer Anwandlung herrischer Laune — so stellt es sich äußerlich dar — verabschiedet wurde; sie schloß damit, daß ein kaum zwei Jahre beschäftigter Mit¬ arbeiter seine angefangnen Arbeiten unvollendet im Stiche ließ; und sie erhielt zum allgemeinen Wahrzeichen, daß die meisten Mitarbeiter den Monumenten verloren 5Ig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/546>, abgerufen am 28.07.2024.