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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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"Line Inselreift durch das griechische Meer

eInquisition und die Gründung der Gesellschaft Jesu. Mit diesen im Geist
des starrsten Gehorsams gehärtete" Werkzeugen, deren ich mich viel zu be¬
dienen gedenke, wird es mir möglich sein, um der Rettung der Kirche ohne
die Kirche fortzuarbeiten und die politische Ketzerei so vollständig zu vernichten
wie die religiöse."

Schemann, den die Grcnzbotenleser als Übersetzer des großen Nasseuwerkes
des französischen Gelehrten und Dichters kennen, hat den 1877 erschienenen drama¬
tischen Zyklus zuerst für die Bayreuther Gemeinde übersetzt (Richard Wagner war
Gvbineans gläubiger und begeisterter Jünger), dünn durch Neckars Nuivcrsnl-
bibliothek dem großen Publikum zugänglich gemacht und jetzt durch die der
Würde dieser Dichtung angemessene feine Ausstattung der vorliegende" Auf-
gabe den Wunsch vieler ihrer Freunde erfüllt. In einer schönen Einleitung
legt er die Tendenz der "Szenen" dar. Er findet sie in dem Gedanken, daß
Papst Julius und Michelangelo deu Keim der echten .Kunst gepflanzt hätten,
der dann später, besonders in Deutschland, aufgegangen sei, nachdem die Himmels¬
gabe zuerst von Lüstlingen mißbraucht und dann von Fanatikern verschüttet
worden war. Die Stellen, die wir zuletzt angeführt haben, drücken ohne Zweifel
diesen Gedanken aus, aber die übrigen, die wir auswählen, zeigen Wohl deutlich
genug, daß der Sinu der Dichtung damit nicht erschöpft ist, daß sie einen
weitem Gedankenkreis umfaßt und tiefer eindringt. Diesen weitern und tiefern
Sinn in Worte zu fassen, überlassen wir dem Leser.




Eine Inselreihe durch das griechische Meer
Friedrich Seiler Von
l. Attika, Euböa und der saronische Golf

>le "Kephallenia," ein kleiner griechischer Dampfer, der vom deutschen
archäologischen Institut zu Athen zum Preise von 900 Drachmen
(--- 470 Mark) täglich für die sogenannte "Inselreihe" gemietet
worden war und im Piräus zur Abfahrt bereit lag, füllte sich
!zur festgesetzten Stunde rasch mit Passagieren beiderlei Geschlechts,
bebrillten und unbebrillten. Zu deu eigentlichen archäologischen Teilnehmern
der Reise kam noch eine ganze Anzahl Herren und Damen, die mit der
griechischen Altertumskunde kaum etwas zu tun hatten und die bequeme, an¬
genehme Inselreihe zu andern Zwecken oder auch lediglich zum Vergnügen mit-
zunehmen gedachten, weshalb sie im Kreise der strengen Männer der Wissen¬
schaft bisweilen verstohlen als "Schlachtenbummler" bezeichnet wurden.

Auf dem Verdeck herrschte das bunte Gedränge, wie es sich in der
Regel an Bord eines Schiffes vor der Abfahrt zu entwickeln pflegt. Ich
machte dabei eine Probe auf die griechische Ehrlichkeit. Einem Händler,
der mir seine Waren anpries, knnfte ich eine ganze Menge Zigaretten und
Lukumia (dickgckochte, parfümierte Zuckerwürfel) ub, gab ihm außerdem noch


«Line Inselreift durch das griechische Meer

eInquisition und die Gründung der Gesellschaft Jesu. Mit diesen im Geist
des starrsten Gehorsams gehärtete» Werkzeugen, deren ich mich viel zu be¬
dienen gedenke, wird es mir möglich sein, um der Rettung der Kirche ohne
die Kirche fortzuarbeiten und die politische Ketzerei so vollständig zu vernichten
wie die religiöse."

Schemann, den die Grcnzbotenleser als Übersetzer des großen Nasseuwerkes
des französischen Gelehrten und Dichters kennen, hat den 1877 erschienenen drama¬
tischen Zyklus zuerst für die Bayreuther Gemeinde übersetzt (Richard Wagner war
Gvbineans gläubiger und begeisterter Jünger), dünn durch Neckars Nuivcrsnl-
bibliothek dem großen Publikum zugänglich gemacht und jetzt durch die der
Würde dieser Dichtung angemessene feine Ausstattung der vorliegende» Auf-
gabe den Wunsch vieler ihrer Freunde erfüllt. In einer schönen Einleitung
legt er die Tendenz der „Szenen" dar. Er findet sie in dem Gedanken, daß
Papst Julius und Michelangelo deu Keim der echten .Kunst gepflanzt hätten,
der dann später, besonders in Deutschland, aufgegangen sei, nachdem die Himmels¬
gabe zuerst von Lüstlingen mißbraucht und dann von Fanatikern verschüttet
worden war. Die Stellen, die wir zuletzt angeführt haben, drücken ohne Zweifel
diesen Gedanken aus, aber die übrigen, die wir auswählen, zeigen Wohl deutlich
genug, daß der Sinu der Dichtung damit nicht erschöpft ist, daß sie einen
weitem Gedankenkreis umfaßt und tiefer eindringt. Diesen weitern und tiefern
Sinn in Worte zu fassen, überlassen wir dem Leser.




Eine Inselreihe durch das griechische Meer
Friedrich Seiler Von
l. Attika, Euböa und der saronische Golf

>le „Kephallenia," ein kleiner griechischer Dampfer, der vom deutschen
archäologischen Institut zu Athen zum Preise von 900 Drachmen
(--- 470 Mark) täglich für die sogenannte „Inselreihe" gemietet
worden war und im Piräus zur Abfahrt bereit lag, füllte sich
!zur festgesetzten Stunde rasch mit Passagieren beiderlei Geschlechts,
bebrillten und unbebrillten. Zu deu eigentlichen archäologischen Teilnehmern
der Reise kam noch eine ganze Anzahl Herren und Damen, die mit der
griechischen Altertumskunde kaum etwas zu tun hatten und die bequeme, an¬
genehme Inselreihe zu andern Zwecken oder auch lediglich zum Vergnügen mit-
zunehmen gedachten, weshalb sie im Kreise der strengen Männer der Wissen¬
schaft bisweilen verstohlen als „Schlachtenbummler" bezeichnet wurden.

Auf dem Verdeck herrschte das bunte Gedränge, wie es sich in der
Regel an Bord eines Schiffes vor der Abfahrt zu entwickeln pflegt. Ich
machte dabei eine Probe auf die griechische Ehrlichkeit. Einem Händler,
der mir seine Waren anpries, knnfte ich eine ganze Menge Zigaretten und
Lukumia (dickgckochte, parfümierte Zuckerwürfel) ub, gab ihm außerdem noch


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[0044] «Line Inselreift durch das griechische Meer eInquisition und die Gründung der Gesellschaft Jesu. Mit diesen im Geist des starrsten Gehorsams gehärtete» Werkzeugen, deren ich mich viel zu be¬ dienen gedenke, wird es mir möglich sein, um der Rettung der Kirche ohne die Kirche fortzuarbeiten und die politische Ketzerei so vollständig zu vernichten wie die religiöse." Schemann, den die Grcnzbotenleser als Übersetzer des großen Nasseuwerkes des französischen Gelehrten und Dichters kennen, hat den 1877 erschienenen drama¬ tischen Zyklus zuerst für die Bayreuther Gemeinde übersetzt (Richard Wagner war Gvbineans gläubiger und begeisterter Jünger), dünn durch Neckars Nuivcrsnl- bibliothek dem großen Publikum zugänglich gemacht und jetzt durch die der Würde dieser Dichtung angemessene feine Ausstattung der vorliegende» Auf- gabe den Wunsch vieler ihrer Freunde erfüllt. In einer schönen Einleitung legt er die Tendenz der „Szenen" dar. Er findet sie in dem Gedanken, daß Papst Julius und Michelangelo deu Keim der echten .Kunst gepflanzt hätten, der dann später, besonders in Deutschland, aufgegangen sei, nachdem die Himmels¬ gabe zuerst von Lüstlingen mißbraucht und dann von Fanatikern verschüttet worden war. Die Stellen, die wir zuletzt angeführt haben, drücken ohne Zweifel diesen Gedanken aus, aber die übrigen, die wir auswählen, zeigen Wohl deutlich genug, daß der Sinu der Dichtung damit nicht erschöpft ist, daß sie einen weitem Gedankenkreis umfaßt und tiefer eindringt. Diesen weitern und tiefern Sinn in Worte zu fassen, überlassen wir dem Leser. Eine Inselreihe durch das griechische Meer Friedrich Seiler Von l. Attika, Euböa und der saronische Golf >le „Kephallenia," ein kleiner griechischer Dampfer, der vom deutschen archäologischen Institut zu Athen zum Preise von 900 Drachmen (--- 470 Mark) täglich für die sogenannte „Inselreihe" gemietet worden war und im Piräus zur Abfahrt bereit lag, füllte sich !zur festgesetzten Stunde rasch mit Passagieren beiderlei Geschlechts, bebrillten und unbebrillten. Zu deu eigentlichen archäologischen Teilnehmern der Reise kam noch eine ganze Anzahl Herren und Damen, die mit der griechischen Altertumskunde kaum etwas zu tun hatten und die bequeme, an¬ genehme Inselreihe zu andern Zwecken oder auch lediglich zum Vergnügen mit- zunehmen gedachten, weshalb sie im Kreise der strengen Männer der Wissen¬ schaft bisweilen verstohlen als „Schlachtenbummler" bezeichnet wurden. Auf dem Verdeck herrschte das bunte Gedränge, wie es sich in der Regel an Bord eines Schiffes vor der Abfahrt zu entwickeln pflegt. Ich machte dabei eine Probe auf die griechische Ehrlichkeit. Einem Händler, der mir seine Waren anpries, knnfte ich eine ganze Menge Zigaretten und Lukumia (dickgckochte, parfümierte Zuckerwürfel) ub, gab ihm außerdem noch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/44>, abgerufen am 24.11.2024.