Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Feuer I Herren und Damen, die offenbar zum Teil den bessern Ständen angehörten. Dort Aha, dachte ich, er ist auch gekommen, um die Brandstiftungssache anzuhören. Der Diebstahl war erledigt. Die Leute, die vor dem Richter gestanden hatten, Ein junger Mann mit einem dicken, roten Schnurrbart war mir dadurch Es ist unmöglich, daß ich irre, sagte er leise. Alexander, ich glaube, Andre¬ Ich verneinte. Die Art des Sprechens wie der Blick der Augen kamen mir Sehen Sie mich nur genau an. Erkennen Sie mich gar nicht? Ich bin ja Der rote Waska? Nun, jawohl. Sehen Sie, ich habe doch ein besseres Gedächtnis! Dabei fiel er mir um den Hals und küßte mich von rechts, von links und Es war ein Schulkamerad von mir. Wir hatten damals als etwa zehnjährige Er lachte, als ich ihm meine Bewundrung aussprach. Darum ist mau mich Künstler, sagte er selbstzufrieden. Er war fein und dabei zwanglos gekleidet. Der breite Hemdkragen und das Er forderte mich auf, ihn zu besuchen; am besten sofort nach der Gerichts¬ Ob er etwa der sei, den man der Brandstiftung anklage, fragte ich. Er lachte. Nein, diesesmal nicht, meinte er. Nur als Zeuge sei er vorgeladen, obgleich Als er erfuhr, daß ich ganz in der Stadt bleiben würde und in diesem Stadt¬ Hurra, wir haben gewonnen! Herr Burin, ließ sich die Baßstimme des Richters vernehmen, ich bitte Sie, Sie haben, fuhr der Richter fort, als sich Burin wie ein ertappter Schul¬ Nein. Herr Richter, sagte Burin verlegen lächelnd und / p s Also ein Schulkamerad! , r s-c^r c ^ Der Richter warf einen prüfenden Blick ans mich und fuhr dann geschäftlich ort: Da der Künstler Wassili Burin erklärt, daß er die Ruhe nicht habe stören Feuer I Herren und Damen, die offenbar zum Teil den bessern Ständen angehörten. Dort Aha, dachte ich, er ist auch gekommen, um die Brandstiftungssache anzuhören. Der Diebstahl war erledigt. Die Leute, die vor dem Richter gestanden hatten, Ein junger Mann mit einem dicken, roten Schnurrbart war mir dadurch Es ist unmöglich, daß ich irre, sagte er leise. Alexander, ich glaube, Andre¬ Ich verneinte. Die Art des Sprechens wie der Blick der Augen kamen mir Sehen Sie mich nur genau an. Erkennen Sie mich gar nicht? Ich bin ja Der rote Waska? Nun, jawohl. Sehen Sie, ich habe doch ein besseres Gedächtnis! Dabei fiel er mir um den Hals und küßte mich von rechts, von links und Es war ein Schulkamerad von mir. Wir hatten damals als etwa zehnjährige Er lachte, als ich ihm meine Bewundrung aussprach. Darum ist mau mich Künstler, sagte er selbstzufrieden. Er war fein und dabei zwanglos gekleidet. Der breite Hemdkragen und das Er forderte mich auf, ihn zu besuchen; am besten sofort nach der Gerichts¬ Ob er etwa der sei, den man der Brandstiftung anklage, fragte ich. Er lachte. Nein, diesesmal nicht, meinte er. Nur als Zeuge sei er vorgeladen, obgleich Als er erfuhr, daß ich ganz in der Stadt bleiben würde und in diesem Stadt¬ Hurra, wir haben gewonnen! Herr Burin, ließ sich die Baßstimme des Richters vernehmen, ich bitte Sie, Sie haben, fuhr der Richter fort, als sich Burin wie ein ertappter Schul¬ Nein. Herr Richter, sagte Burin verlegen lächelnd und / p s Also ein Schulkamerad! , r s-c^r c ^ Der Richter warf einen prüfenden Blick ans mich und fuhr dann geschäftlich ort: Da der Künstler Wassili Burin erklärt, daß er die Ruhe nicht habe stören <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239669"/> <fw type="header" place="top"> Feuer I</fw><lb/> <p xml:id="ID_515" prev="#ID_514"> Herren und Damen, die offenbar zum Teil den bessern Ständen angehörten. Dort<lb/> war auch Jemeljcm Afanasjewitsch, der mir freundlich zunickte.</p><lb/> <p xml:id="ID_516"> Aha, dachte ich, er ist auch gekommen, um die Brandstiftungssache anzuhören.</p><lb/> <p xml:id="ID_517"> Der Diebstahl war erledigt. Die Leute, die vor dem Richter gestanden hatten,<lb/> verließen den Raum.</p><lb/> <p xml:id="ID_518"> Ein junger Mann mit einem dicken, roten Schnurrbart war mir dadurch<lb/> aufgefallen, daß er mich die ganze Zeit starr augesehen hatte. Jetzt stand er auf<lb/> und kam auf mich zu.</p><lb/> <p xml:id="ID_519"> Es ist unmöglich, daß ich irre, sagte er leise. Alexander, ich glaube, Andre¬<lb/> witsch, erkennen Sie mich nicht?</p><lb/> <p xml:id="ID_520"> Ich verneinte. Die Art des Sprechens wie der Blick der Augen kamen mir<lb/> bekannt vor, aber ich konnte mich der Persönlichkeit nicht erinnern.</p><lb/> <p xml:id="ID_521"> Sehen Sie mich nur genau an. Erkennen Sie mich gar nicht? Ich bin ja<lb/> Burin, Wassili Burin.</p><lb/> <p xml:id="ID_522"> Der rote Waska?</p><lb/> <p xml:id="ID_523"> Nun, jawohl. Sehen Sie, ich habe doch ein besseres Gedächtnis!</p><lb/> <p xml:id="ID_524"> Dabei fiel er mir um den Hals und küßte mich von rechts, von links und<lb/> wieder von rechts.</p><lb/> <p xml:id="ID_525"> Es war ein Schulkamerad von mir. Wir hatten damals als etwa zehnjährige<lb/> Knaben nebeneinander gesessen. Wir wußten seit fast achtzehn Jahren nichts mehr<lb/> voneinander, und doch hatte meine Erscheinung seine Erinnerung wachgerufen.<lb/> Mußte der Talent für das Behalten vou Gesichtern und Leuten haben!</p><lb/> <p xml:id="ID_526"> Er lachte, als ich ihm meine Bewundrung aussprach.</p><lb/> <p xml:id="ID_527"> Darum ist mau mich Künstler, sagte er selbstzufrieden.</p><lb/> <p xml:id="ID_528"> Er war fein und dabei zwanglos gekleidet. Der breite Hemdkragen und das<lb/> leicht um den Hals geschlungne Seidentuch gaben ihm allerdings einen Maler¬<lb/> oder überhaupt Künstleranstrich.</p><lb/> <p xml:id="ID_529"> Er forderte mich auf, ihn zu besuchen; am besten sofort nach der Gerichts¬<lb/> verhandlung. Er wohne hier gleich schräg gegenüber.</p><lb/> <p xml:id="ID_530"> Ob er etwa der sei, den man der Brandstiftung anklage, fragte ich.</p><lb/> <p xml:id="ID_531"> Er lachte.</p><lb/> <p xml:id="ID_532"> Nein, diesesmal nicht, meinte er. Nur als Zeuge sei er vorgeladen, obgleich<lb/> er gnr nicht wisse, um was es sich handle.</p><lb/> <p xml:id="ID_533"> Als er erfuhr, daß ich ganz in der Stadt bleiben würde und in diesem Stadt¬<lb/> teile angestellt sei, fiel er mir vor Frende wieder um den Hals, vergaß, wo wir<lb/> waren, und rief laut:</p><lb/> <p xml:id="ID_534"> Hurra, wir haben gewonnen!</p><lb/> <p xml:id="ID_535"> Herr Burin, ließ sich die Baßstimme des Richters vernehmen, ich bitte Sie,<lb/> hierher zu treten.</p><lb/> <p xml:id="ID_536"> Sie haben, fuhr der Richter fort, als sich Burin wie ein ertappter Schul¬<lb/> junge dem Tische näherte, ich sage, Sie haben beliebt die Stille in dem Lokal des<lb/> Gerichts während der Sitzung und während ich die Kette trage, die die Ausübung<lb/> meines Amts anzeigt, durch den Ruf Hurra zu stören, und kraft der n«r zu¬<lb/> stehenden Befugnis verurteile ich Sie, ich sage, ich verurteile Sie, den KunMr<lb/> Wassili Burin, wohnhaft hier am Orte in der Steinstraße, zu — er nannte eure<lb/> winzig kleine Geldsumme — zum Besten der Gerichtsinstitutionen. Hnven nie<lb/> etwas gegen das Urteil einzuwenden? .enZ.oe</p><lb/> <p xml:id="ID_537"> Nein. Herr Richter, sagte Burin verlegen lächelnd und / p s<lb/> Mischen die Schulter., aber ich bitte, nur zu glauben, böß ich gewiß kei e S o ng<lb/> beabsichtigt habe. Es war nnr die Freude, einen Schulkameraden nach einer ganzen<lb/> Ewigkeit wiederzusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_538"> Also ein Schulkamerad! , r s-c^r c ^</p><lb/> <p xml:id="ID_539"> Der Richter warf einen prüfenden Blick ans mich und fuhr dann geschäftlich ort:</p><lb/> <p xml:id="ID_540" next="#ID_541"> Da der Künstler Wassili Burin erklärt, daß er die Ruhe nicht habe stören</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
Feuer I
Herren und Damen, die offenbar zum Teil den bessern Ständen angehörten. Dort
war auch Jemeljcm Afanasjewitsch, der mir freundlich zunickte.
Aha, dachte ich, er ist auch gekommen, um die Brandstiftungssache anzuhören.
Der Diebstahl war erledigt. Die Leute, die vor dem Richter gestanden hatten,
verließen den Raum.
Ein junger Mann mit einem dicken, roten Schnurrbart war mir dadurch
aufgefallen, daß er mich die ganze Zeit starr augesehen hatte. Jetzt stand er auf
und kam auf mich zu.
Es ist unmöglich, daß ich irre, sagte er leise. Alexander, ich glaube, Andre¬
witsch, erkennen Sie mich nicht?
Ich verneinte. Die Art des Sprechens wie der Blick der Augen kamen mir
bekannt vor, aber ich konnte mich der Persönlichkeit nicht erinnern.
Sehen Sie mich nur genau an. Erkennen Sie mich gar nicht? Ich bin ja
Burin, Wassili Burin.
Der rote Waska?
Nun, jawohl. Sehen Sie, ich habe doch ein besseres Gedächtnis!
Dabei fiel er mir um den Hals und küßte mich von rechts, von links und
wieder von rechts.
Es war ein Schulkamerad von mir. Wir hatten damals als etwa zehnjährige
Knaben nebeneinander gesessen. Wir wußten seit fast achtzehn Jahren nichts mehr
voneinander, und doch hatte meine Erscheinung seine Erinnerung wachgerufen.
Mußte der Talent für das Behalten vou Gesichtern und Leuten haben!
Er lachte, als ich ihm meine Bewundrung aussprach.
Darum ist mau mich Künstler, sagte er selbstzufrieden.
Er war fein und dabei zwanglos gekleidet. Der breite Hemdkragen und das
leicht um den Hals geschlungne Seidentuch gaben ihm allerdings einen Maler¬
oder überhaupt Künstleranstrich.
Er forderte mich auf, ihn zu besuchen; am besten sofort nach der Gerichts¬
verhandlung. Er wohne hier gleich schräg gegenüber.
Ob er etwa der sei, den man der Brandstiftung anklage, fragte ich.
Er lachte.
Nein, diesesmal nicht, meinte er. Nur als Zeuge sei er vorgeladen, obgleich
er gnr nicht wisse, um was es sich handle.
Als er erfuhr, daß ich ganz in der Stadt bleiben würde und in diesem Stadt¬
teile angestellt sei, fiel er mir vor Frende wieder um den Hals, vergaß, wo wir
waren, und rief laut:
Hurra, wir haben gewonnen!
Herr Burin, ließ sich die Baßstimme des Richters vernehmen, ich bitte Sie,
hierher zu treten.
Sie haben, fuhr der Richter fort, als sich Burin wie ein ertappter Schul¬
junge dem Tische näherte, ich sage, Sie haben beliebt die Stille in dem Lokal des
Gerichts während der Sitzung und während ich die Kette trage, die die Ausübung
meines Amts anzeigt, durch den Ruf Hurra zu stören, und kraft der n«r zu¬
stehenden Befugnis verurteile ich Sie, ich sage, ich verurteile Sie, den KunMr
Wassili Burin, wohnhaft hier am Orte in der Steinstraße, zu — er nannte eure
winzig kleine Geldsumme — zum Besten der Gerichtsinstitutionen. Hnven nie
etwas gegen das Urteil einzuwenden? .enZ.oe
Nein. Herr Richter, sagte Burin verlegen lächelnd und / p s
Mischen die Schulter., aber ich bitte, nur zu glauben, böß ich gewiß kei e S o ng
beabsichtigt habe. Es war nnr die Freude, einen Schulkameraden nach einer ganzen
Ewigkeit wiederzusehen.
Also ein Schulkamerad! , r s-c^r c ^
Der Richter warf einen prüfenden Blick ans mich und fuhr dann geschäftlich ort:
Da der Künstler Wassili Burin erklärt, daß er die Ruhe nicht habe stören
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |