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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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von einer Weltreise

in Deutschland auf diesem Gebiete den: Ausland gegenüber nicht ähnlich gehn
wie im Schulgesang, Chorschulcn und Privatkurse nötig und müßten ihre
Dirigenten so stellen, daß sie ihnen die volle Kraft widmen könnten. Von
diesem Ziele trennen uns noch außerordentliche Schwierigkeiten; aber es ist für
die Klärung der Sachlage förderlich, es aufzustellen. Dazu, daß es allmählich
erreicht wird, können die Musikzeitungen, unter denen es Spezialorgaue des
Chorgesangs giebt, viel beitragen.

Auf dem Wege, die Einkommensfrage günstig zu lösen, sind die Musik¬
lehrer und die Orchestermusiker, die einzigen Gruppen des Standes, die gemein¬
same Interessen geschlossen zu vertreten begönne:, haben, vielleicht, weil in
beiden die Not am drückendsten war. Auch bellte leiden beide noch an der
Überfüllung des Berufs, die Orchestermusiker so sehr, daß ein Anfänger froh
ist, wenn er nach langer, mit einem dreijährigen Konservatoriumskursus be¬
endeter Lehrzeit einen Jahresgehalt von tausend Mark erreicht. Die Mit¬
glieder angesehener Kapellen stehn in ihrem Fixum ungefähr den Volksschnl-
lehrern gleich, die Konzertmeister den Schuldirektoren, in der Mitte die Vertreter
wichtiger Soloinstrumcnte; bei der allsreibenden, zu frühem Alter führenden
Natur ihrer Arbeit eine immerhin bescheidne Lage. Die Musiklehrcrvereine
haben ihr Hauptaugenmerk zunächst auf die Verbesserung der Leistungen
gerichtet; auf dem materiellen Gebiete werden sie das Teil von Ungleichheit
und Zufall, das in der Natur der freien Gewerbe liegt, immer ertragen und
es dulden müssen, daß persönliche Verbindungen und Geschäftstalent die Be¬
gabung und die Tüchtigkeit überfliegen. Für alles aber, was am Los des
Musikers mangelhaft ist, läßt sich Besserung nur unter zwei Bedingungen
ermöglichen: das sind nüchterner Blick und Zusammengehn!




Von einer Weltreise
2. Ursprung der Überlegenheit der Weißen über die andern Rassen

!le Europäer, die die Gesellschaft in den Tropen oder in Nord¬
amerika zusammensetzen, stammen bekanntlich keineswegs aus
besonders ahnenstolzen oder vornehmen Kreisen, im Gegenteil,
zumal die Deutschen. Hierin liegt der Grund, warum die
I Deutschen draußen so leicht zu Engländern werden. Sie stammen
aus zu einfache,: Kreisen. Zu Hause haben sie keine gute deutsche Gesell¬
schaft zu sehen bekommen. Werden sie nun draußen reich, so wollen sie
auch vornehm werden, und wissen doch nicht, wie sie sich benehmen sollen.
Sie haben nur das englische Vorbild, und diesen: müssen sie folgen. Das
Vornehmwerden geht in den Tropenkolonicn sehr schnell. Jeder junge Kauf¬
mann, der hier in Deutschland für Gleichheit schwärmt, weil er ohne Ver¬
mögen fürchten muß, sein Leben in Dunkelheit zu verbringen, wird draußen


von einer Weltreise

in Deutschland auf diesem Gebiete den: Ausland gegenüber nicht ähnlich gehn
wie im Schulgesang, Chorschulcn und Privatkurse nötig und müßten ihre
Dirigenten so stellen, daß sie ihnen die volle Kraft widmen könnten. Von
diesem Ziele trennen uns noch außerordentliche Schwierigkeiten; aber es ist für
die Klärung der Sachlage förderlich, es aufzustellen. Dazu, daß es allmählich
erreicht wird, können die Musikzeitungen, unter denen es Spezialorgaue des
Chorgesangs giebt, viel beitragen.

Auf dem Wege, die Einkommensfrage günstig zu lösen, sind die Musik¬
lehrer und die Orchestermusiker, die einzigen Gruppen des Standes, die gemein¬
same Interessen geschlossen zu vertreten begönne:, haben, vielleicht, weil in
beiden die Not am drückendsten war. Auch bellte leiden beide noch an der
Überfüllung des Berufs, die Orchestermusiker so sehr, daß ein Anfänger froh
ist, wenn er nach langer, mit einem dreijährigen Konservatoriumskursus be¬
endeter Lehrzeit einen Jahresgehalt von tausend Mark erreicht. Die Mit¬
glieder angesehener Kapellen stehn in ihrem Fixum ungefähr den Volksschnl-
lehrern gleich, die Konzertmeister den Schuldirektoren, in der Mitte die Vertreter
wichtiger Soloinstrumcnte; bei der allsreibenden, zu frühem Alter führenden
Natur ihrer Arbeit eine immerhin bescheidne Lage. Die Musiklehrcrvereine
haben ihr Hauptaugenmerk zunächst auf die Verbesserung der Leistungen
gerichtet; auf dem materiellen Gebiete werden sie das Teil von Ungleichheit
und Zufall, das in der Natur der freien Gewerbe liegt, immer ertragen und
es dulden müssen, daß persönliche Verbindungen und Geschäftstalent die Be¬
gabung und die Tüchtigkeit überfliegen. Für alles aber, was am Los des
Musikers mangelhaft ist, läßt sich Besserung nur unter zwei Bedingungen
ermöglichen: das sind nüchterner Blick und Zusammengehn!




Von einer Weltreise
2. Ursprung der Überlegenheit der Weißen über die andern Rassen

!le Europäer, die die Gesellschaft in den Tropen oder in Nord¬
amerika zusammensetzen, stammen bekanntlich keineswegs aus
besonders ahnenstolzen oder vornehmen Kreisen, im Gegenteil,
zumal die Deutschen. Hierin liegt der Grund, warum die
I Deutschen draußen so leicht zu Engländern werden. Sie stammen
aus zu einfache,: Kreisen. Zu Hause haben sie keine gute deutsche Gesell¬
schaft zu sehen bekommen. Werden sie nun draußen reich, so wollen sie
auch vornehm werden, und wissen doch nicht, wie sie sich benehmen sollen.
Sie haben nur das englische Vorbild, und diesen: müssen sie folgen. Das
Vornehmwerden geht in den Tropenkolonicn sehr schnell. Jeder junge Kauf¬
mann, der hier in Deutschland für Gleichheit schwärmt, weil er ohne Ver¬
mögen fürchten muß, sein Leben in Dunkelheit zu verbringen, wird draußen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/94>, abgerufen am 01.09.2024.