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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen ans unserm heutigen Volksleben

Dies hatte sich Trudchen Leverkühu wieder einmal gesagt, und darauf hatte
sie sich resigniert ihren Studien zugewandt.

Vor ihr lag aufgeschlagen: F. W. Grcmduers Nationalökonomie auf rechnerischer
Grundlage. Man fragt: Was hat Triwcheu Leverkühu, die alle Monate ihre fünf-
undsiebzig Mark auf der Stadtkasse bar und richtig erhob und in der Zwischenzeit
ihre Mädchen im Lesen und Schreiben unterwies, mit Nationalökonomie zu thun?
Aber mau würde mit dieser Frage den wissenschaftlichen Bildungstrieb der Schüle-
rinnen des Reicheuauschcu Seminars unterschätzen. Der Direktor dieser Anstalt hatte
es verstanden, bei seinen Schülerinnen eine" wahren Bildungshunger zu erwecken.
Sie Ware" an der Hand des Meisters eingetreten durch das so vielen verschlossene
Thor der höhern Wissenschaft und hüllen Metaphysik und mathematische Psychologie
studiert. Trudchen Levertnhn fürchtete sich auch uicht vor einer Nationalökonomie
auf rechnerischer Grundlage. Und da die Nationalökonomie nun einmal zeitgemäß
war, so studierte sie sie mit Eifer.

Es ist wahr, das Buch war sehr gelehrt. Der Verfasser behandelte die wirt¬
schaftlichen Erscheinungen als Kräfte. Er brachte alle diese Kräfte auf Krafteinheiten
und rechnete mit ihnen unter Zugrundelegung des Gesetzes vom Parallelogramm
der Kräfte. Alle wirtschaftlichen Hemmungen und Störungen erklärte er aus der
Divergenz der wirtschaftlichen Kräfte, dagegen lehrte er den Parnllelismns der Ziele
und kam zu dem Resultate, daß das Heil der Welt in der Koalition liege. Bei
dieser Zusammenfassung der Kräfte ergab sich nun, wie rechuerisch nachgewiesen
wurde, ein Ersparnugskoeffizient von 0,8505. Wenn also der Jahresverbrauch einer
Person, so wurde gezeigt, durchschnittlich 302,17 Mark beträgt, so haben zwei Per¬
sonen, um zu derselben Kraftwirkung zu kommen, zwei Jahresbeträge, also 604,34 Mark
multipliziert mit dem Erspnruugskvefsizieuteu 0,8505, also nur 513,191170 Mark
zu verwenden, drei Personen 771,000955 Mark. Es würden demnach drei Personen
soviel wirtschaftliche Kraft entwickeln, als wenn sie statt 906,51 Mark 1065 Mark
hätten.

Großartig! Wirklich großartig! Was die Wissenschaft heutzutage vermag, ist
enorm! Zwar war uicht recht einzusehen, wie der Versasser zu seinen Nechuungs-
unterlagen gekommen war, aber ausgerechnet hatte er unzweifelhaft richtig, bis auf
die sechste Dezimalstelle.

Hierauf ging der Verfasser zu geschichtlichen Betrachtungen über, nämlich zu
einer Historie der Koalition, die er von dem wirtschaftlichen Betriebe der alt-
testamentlichen Patriarchen über die altgrichischen Syzygien, über das mittelalter¬
liche Mimchswesen bis zu den Volksküchen, zu den Kvusumvereinen, den Klubhäusern
old dem amerikanischen Hotellebeu der Gegeuwcirt verfolgte. Das Resultat war dies:
die natürlichste und erfolgreichste, weil auf strengem Parallelismus der Ziele ge¬
gründete Koalition sei die Ehe.

Hier schlug Trudchen Levertuhu unmutig das Buch zu, schlug auf den Tisch
und sagte: Zum Kuckuck, wenn ich hätte heiraten wollen, so hätte ich nicht nötig
gehabt, so viel zu studieren. Dann hätte ich die Ermittlung des Ersparuugskoeffi-
zienten meinem Manne überlassen und Suppen koche" können.

In diesem Augenblick wurde nach heftigen: Anklopfen die Stnbenthiir aufge¬
rissen, und eine junge Dame, groß, männlich und mit kurzgeschnittenem Haar trat
im Theaterschritte herein, während eine Welle Schustergeruch nachflntete.

^b! ?mMo! saug sie. Es waren die ersten Töne der großen Konzert- und
Schreiarie, mit der sie in der Philharmonie in Berlin Erfolg gehabt hatte. Darauf
ließ sie sich auf den nächsten Stuhl niederfallen, schlenderte ihren Hut in irgend
eine Ecke und rief: scheußlich!

Was ist denn scheußlich? fragte Trudchen.

Es ist einfach zum rasend werden. Man kann singen wie die Lilli Lehmann und
unterrichten wie die Marchesi, es hilft alles nichts. Meine vier Treppen steigen die
Göre" uicht hinauf. Also wieder nichts. Aber ich kann mir doch keine herrschaft-


Grenzbolen IV 1902 ^
Skizzen ans unserm heutigen Volksleben

Dies hatte sich Trudchen Leverkühu wieder einmal gesagt, und darauf hatte
sie sich resigniert ihren Studien zugewandt.

Vor ihr lag aufgeschlagen: F. W. Grcmduers Nationalökonomie auf rechnerischer
Grundlage. Man fragt: Was hat Triwcheu Leverkühu, die alle Monate ihre fünf-
undsiebzig Mark auf der Stadtkasse bar und richtig erhob und in der Zwischenzeit
ihre Mädchen im Lesen und Schreiben unterwies, mit Nationalökonomie zu thun?
Aber mau würde mit dieser Frage den wissenschaftlichen Bildungstrieb der Schüle-
rinnen des Reicheuauschcu Seminars unterschätzen. Der Direktor dieser Anstalt hatte
es verstanden, bei seinen Schülerinnen eine» wahren Bildungshunger zu erwecken.
Sie Ware» an der Hand des Meisters eingetreten durch das so vielen verschlossene
Thor der höhern Wissenschaft und hüllen Metaphysik und mathematische Psychologie
studiert. Trudchen Levertnhn fürchtete sich auch uicht vor einer Nationalökonomie
auf rechnerischer Grundlage. Und da die Nationalökonomie nun einmal zeitgemäß
war, so studierte sie sie mit Eifer.

Es ist wahr, das Buch war sehr gelehrt. Der Verfasser behandelte die wirt¬
schaftlichen Erscheinungen als Kräfte. Er brachte alle diese Kräfte auf Krafteinheiten
und rechnete mit ihnen unter Zugrundelegung des Gesetzes vom Parallelogramm
der Kräfte. Alle wirtschaftlichen Hemmungen und Störungen erklärte er aus der
Divergenz der wirtschaftlichen Kräfte, dagegen lehrte er den Parnllelismns der Ziele
und kam zu dem Resultate, daß das Heil der Welt in der Koalition liege. Bei
dieser Zusammenfassung der Kräfte ergab sich nun, wie rechuerisch nachgewiesen
wurde, ein Ersparnugskoeffizient von 0,8505. Wenn also der Jahresverbrauch einer
Person, so wurde gezeigt, durchschnittlich 302,17 Mark beträgt, so haben zwei Per¬
sonen, um zu derselben Kraftwirkung zu kommen, zwei Jahresbeträge, also 604,34 Mark
multipliziert mit dem Erspnruugskvefsizieuteu 0,8505, also nur 513,191170 Mark
zu verwenden, drei Personen 771,000955 Mark. Es würden demnach drei Personen
soviel wirtschaftliche Kraft entwickeln, als wenn sie statt 906,51 Mark 1065 Mark
hätten.

Großartig! Wirklich großartig! Was die Wissenschaft heutzutage vermag, ist
enorm! Zwar war uicht recht einzusehen, wie der Versasser zu seinen Nechuungs-
unterlagen gekommen war, aber ausgerechnet hatte er unzweifelhaft richtig, bis auf
die sechste Dezimalstelle.

Hierauf ging der Verfasser zu geschichtlichen Betrachtungen über, nämlich zu
einer Historie der Koalition, die er von dem wirtschaftlichen Betriebe der alt-
testamentlichen Patriarchen über die altgrichischen Syzygien, über das mittelalter¬
liche Mimchswesen bis zu den Volksküchen, zu den Kvusumvereinen, den Klubhäusern
old dem amerikanischen Hotellebeu der Gegeuwcirt verfolgte. Das Resultat war dies:
die natürlichste und erfolgreichste, weil auf strengem Parallelismus der Ziele ge¬
gründete Koalition sei die Ehe.

Hier schlug Trudchen Levertuhu unmutig das Buch zu, schlug auf den Tisch
und sagte: Zum Kuckuck, wenn ich hätte heiraten wollen, so hätte ich nicht nötig
gehabt, so viel zu studieren. Dann hätte ich die Ermittlung des Ersparuugskoeffi-
zienten meinem Manne überlassen und Suppen koche» können.

In diesem Augenblick wurde nach heftigen: Anklopfen die Stnbenthiir aufge¬
rissen, und eine junge Dame, groß, männlich und mit kurzgeschnittenem Haar trat
im Theaterschritte herein, während eine Welle Schustergeruch nachflntete.

^b! ?mMo! saug sie. Es waren die ersten Töne der großen Konzert- und
Schreiarie, mit der sie in der Philharmonie in Berlin Erfolg gehabt hatte. Darauf
ließ sie sich auf den nächsten Stuhl niederfallen, schlenderte ihren Hut in irgend
eine Ecke und rief: scheußlich!

Was ist denn scheußlich? fragte Trudchen.

Es ist einfach zum rasend werden. Man kann singen wie die Lilli Lehmann und
unterrichten wie die Marchesi, es hilft alles nichts. Meine vier Treppen steigen die
Göre» uicht hinauf. Also wieder nichts. Aber ich kann mir doch keine herrschaft-


Grenzbolen IV 1902 ^
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[0739] Skizzen ans unserm heutigen Volksleben Dies hatte sich Trudchen Leverkühu wieder einmal gesagt, und darauf hatte sie sich resigniert ihren Studien zugewandt. Vor ihr lag aufgeschlagen: F. W. Grcmduers Nationalökonomie auf rechnerischer Grundlage. Man fragt: Was hat Triwcheu Leverkühu, die alle Monate ihre fünf- undsiebzig Mark auf der Stadtkasse bar und richtig erhob und in der Zwischenzeit ihre Mädchen im Lesen und Schreiben unterwies, mit Nationalökonomie zu thun? Aber mau würde mit dieser Frage den wissenschaftlichen Bildungstrieb der Schüle- rinnen des Reicheuauschcu Seminars unterschätzen. Der Direktor dieser Anstalt hatte es verstanden, bei seinen Schülerinnen eine» wahren Bildungshunger zu erwecken. Sie Ware» an der Hand des Meisters eingetreten durch das so vielen verschlossene Thor der höhern Wissenschaft und hüllen Metaphysik und mathematische Psychologie studiert. Trudchen Levertnhn fürchtete sich auch uicht vor einer Nationalökonomie auf rechnerischer Grundlage. Und da die Nationalökonomie nun einmal zeitgemäß war, so studierte sie sie mit Eifer. Es ist wahr, das Buch war sehr gelehrt. Der Verfasser behandelte die wirt¬ schaftlichen Erscheinungen als Kräfte. Er brachte alle diese Kräfte auf Krafteinheiten und rechnete mit ihnen unter Zugrundelegung des Gesetzes vom Parallelogramm der Kräfte. Alle wirtschaftlichen Hemmungen und Störungen erklärte er aus der Divergenz der wirtschaftlichen Kräfte, dagegen lehrte er den Parnllelismns der Ziele und kam zu dem Resultate, daß das Heil der Welt in der Koalition liege. Bei dieser Zusammenfassung der Kräfte ergab sich nun, wie rechuerisch nachgewiesen wurde, ein Ersparnugskoeffizient von 0,8505. Wenn also der Jahresverbrauch einer Person, so wurde gezeigt, durchschnittlich 302,17 Mark beträgt, so haben zwei Per¬ sonen, um zu derselben Kraftwirkung zu kommen, zwei Jahresbeträge, also 604,34 Mark multipliziert mit dem Erspnruugskvefsizieuteu 0,8505, also nur 513,191170 Mark zu verwenden, drei Personen 771,000955 Mark. Es würden demnach drei Personen soviel wirtschaftliche Kraft entwickeln, als wenn sie statt 906,51 Mark 1065 Mark hätten. Großartig! Wirklich großartig! Was die Wissenschaft heutzutage vermag, ist enorm! Zwar war uicht recht einzusehen, wie der Versasser zu seinen Nechuungs- unterlagen gekommen war, aber ausgerechnet hatte er unzweifelhaft richtig, bis auf die sechste Dezimalstelle. Hierauf ging der Verfasser zu geschichtlichen Betrachtungen über, nämlich zu einer Historie der Koalition, die er von dem wirtschaftlichen Betriebe der alt- testamentlichen Patriarchen über die altgrichischen Syzygien, über das mittelalter¬ liche Mimchswesen bis zu den Volksküchen, zu den Kvusumvereinen, den Klubhäusern old dem amerikanischen Hotellebeu der Gegeuwcirt verfolgte. Das Resultat war dies: die natürlichste und erfolgreichste, weil auf strengem Parallelismus der Ziele ge¬ gründete Koalition sei die Ehe. Hier schlug Trudchen Levertuhu unmutig das Buch zu, schlug auf den Tisch und sagte: Zum Kuckuck, wenn ich hätte heiraten wollen, so hätte ich nicht nötig gehabt, so viel zu studieren. Dann hätte ich die Ermittlung des Ersparuugskoeffi- zienten meinem Manne überlassen und Suppen koche» können. In diesem Augenblick wurde nach heftigen: Anklopfen die Stnbenthiir aufge¬ rissen, und eine junge Dame, groß, männlich und mit kurzgeschnittenem Haar trat im Theaterschritte herein, während eine Welle Schustergeruch nachflntete. ^b! ?mMo! saug sie. Es waren die ersten Töne der großen Konzert- und Schreiarie, mit der sie in der Philharmonie in Berlin Erfolg gehabt hatte. Darauf ließ sie sich auf den nächsten Stuhl niederfallen, schlenderte ihren Hut in irgend eine Ecke und rief: scheußlich! Was ist denn scheußlich? fragte Trudchen. Es ist einfach zum rasend werden. Man kann singen wie die Lilli Lehmann und unterrichten wie die Marchesi, es hilft alles nichts. Meine vier Treppen steigen die Göre» uicht hinauf. Also wieder nichts. Aber ich kann mir doch keine herrschaft- Grenzbolen IV 1902 ^

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/739>, abgerufen am 01.09.2024.