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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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darauf: der Fürsterzbischof wird den Kardinal und mit ihm den hochwürdigen Prior
vom Berge nach allen Seiten hin decken.




Als der Pater Aloysius, einer Aufforderung des Priors folgend, am nächsten
Morgen den vielgewnndnen, sich bald unter hohem Laubholz, bald zwischen dichtem
Gebüsch hinschlängelnden, hier längs der Böschung eben hinlaufenden, da ihr auf
steilen Stufen zu Leibe gehenden Parkpfad eingeschlagen hatte, der zu dem zwar
etwas verworrenen, aber in gewaltigen Massen weithin über das Land leuchtenden
Komplex der Stiftsgebäude hinaufführte, hatte ihn das, was ihm von der Gräfin
über ihre gestrige Unterredung mit dem Grafen Viktor mitgeteilt worden war, und
dessen Teilnahme an dem heutigen Meßgottesdienste gutes Mutes gemacht. Er
war in gehobner, hoffnungsvoller Stimmung. Es konnte ja nun noch alles gut
werden. Auch wenn Graf Viktor Komtesse Paula heiratete und von dem Fürsten
testamentarisch zum alleinigen Erben seiner Allodialgüter gemacht wurde, brauchte
d>e Kirche von dem nun glücklich bekehrten nichts zu fürchten. Daß der Fürst seinen
^esitz, insoweit ihm darüber freie Verfügung zustand, nicht zu teilen wünschte, wußte
der Pater. Dieser Umstand war es ja gerade gewesen, weshalb man sich so eifrig
bemüht hatte, den Anfall dieser wahrhaft fürstlichen Lttndereien und Einkünfte dem
trafen Egon auf die eine oder die andre Weise zu sichern. Denn auf seine Bot¬
mäßigkeit konnte sich die Kirche freilich noch unbedingter verlassen als ans die des
Grafen Viktor, er war ein durchaus gefügiges Werkzeug in ihren Händen. Aber
da nun auch bei dem Grafen Viktor Aussicht auf Besserung war, so stand die
^ache noch immer nicht ganz schlimm. Jedenfalls war die Sinnesänderung des
Grafen dem gewaltigen und bisher überall siegreich gebliebner Zureden des Priors zu
verdanken. Diesem ersten Erfolg würden sich weitere anschließen, und wenn man sich
^und mit dem Grafen nie eines Kadavergehorsams werde erfreuen können, so werde
°°es alles so weitergehn, wie es sich jetzt unter dem Fürsten anlasse, der ja anch
er Kirche die wahre und wünschenswerte völlige Unterwerfung nicht bezeige. Pater
Ulohsins war jung, und die Jngend neigt, auch wenn ihr die Flügel im Konvent
'°rschriftsmäßig gestutzt sind, immer ein wenig zum Optimismus.

Wie enttäuscht war der arme Pater, als er die Nachricht, daß Graf Viktor
Morgen die Messe besucht habe und für Mittag vom Fürsterzbischof zur Tafel
geladen sei, dem sehr ernst dreinschauenden Prior gebracht und auch vou der Freude
ud Genugthuung des Fürsten und der Gräfin über diese unerwarteten und jeden¬
falls uur ihm, dem Prior zu dankenden Ereignisse berichtet hatte!

Sie sind im Irrtum, bester Pater, sagte der Prior, der sich keine falschen
Hoffnungen machte und recht wohl wußte, daß der Graf nur in Formsachen nach¬
gegeben habe und im wesentlichen noch genau so deute wie früher. Und dieser
Irrtum ist gefährlich, denn er hindert Sie, die Sachlage so zu sehen, wie sie
Milch ist. Der Gras ist uns in jeder Beziehung im Wege, und die etwas mildern
aUen, die er seit gestern aufgezogen hat, ändern daran nichts. Es handelt sich
^/Jeder ihm und uns nicht um Herstellung eines erträglichen inoclus vivvncli, wie
glauben scheinen, Sündern um eine ganz andre, ungleich wichtigere Frage,
^otter und dürfen wir es zulassen, daß ein Mann mit ketzerischen Anschauungen,
w er sie lM, in eine Stellung kommt, in der er vermöge eines fürstlichen Besitzes
"d eines weitreichenden Einflusses der Kirche unabsehbaren Schaden zufügen kann?
dem wünschenswerten Zuwachs an Mitteln und nu Macht, der der Kirche
urch seine Dazwischenruft entgeht, will ich gar nicht einmal reden. Ob er Messe
^U. ob er mit seinein Vetter, dem Kardinal, geselligen Verkehr Pflegt, ist für uns
cevensache. Was die Kirche mit Recht erwartet und verlangt, ist, daß er ihr mit
unten Gehorsam diene, und -- glauben Sie meiner langjährigen Erfahrung, bester
Pater -- dazu wird dieser Mann nie zu bringen sein.

Und was denken Sie zu thun, hochwürdiger Prälat, um unter solchen Umständen


Grenzboten IV 1902 70
Am Lnße des Z^radschins

darauf: der Fürsterzbischof wird den Kardinal und mit ihm den hochwürdigen Prior
vom Berge nach allen Seiten hin decken.




Als der Pater Aloysius, einer Aufforderung des Priors folgend, am nächsten
Morgen den vielgewnndnen, sich bald unter hohem Laubholz, bald zwischen dichtem
Gebüsch hinschlängelnden, hier längs der Böschung eben hinlaufenden, da ihr auf
steilen Stufen zu Leibe gehenden Parkpfad eingeschlagen hatte, der zu dem zwar
etwas verworrenen, aber in gewaltigen Massen weithin über das Land leuchtenden
Komplex der Stiftsgebäude hinaufführte, hatte ihn das, was ihm von der Gräfin
über ihre gestrige Unterredung mit dem Grafen Viktor mitgeteilt worden war, und
dessen Teilnahme an dem heutigen Meßgottesdienste gutes Mutes gemacht. Er
war in gehobner, hoffnungsvoller Stimmung. Es konnte ja nun noch alles gut
werden. Auch wenn Graf Viktor Komtesse Paula heiratete und von dem Fürsten
testamentarisch zum alleinigen Erben seiner Allodialgüter gemacht wurde, brauchte
d>e Kirche von dem nun glücklich bekehrten nichts zu fürchten. Daß der Fürst seinen
^esitz, insoweit ihm darüber freie Verfügung zustand, nicht zu teilen wünschte, wußte
der Pater. Dieser Umstand war es ja gerade gewesen, weshalb man sich so eifrig
bemüht hatte, den Anfall dieser wahrhaft fürstlichen Lttndereien und Einkünfte dem
trafen Egon auf die eine oder die andre Weise zu sichern. Denn auf seine Bot¬
mäßigkeit konnte sich die Kirche freilich noch unbedingter verlassen als ans die des
Grafen Viktor, er war ein durchaus gefügiges Werkzeug in ihren Händen. Aber
da nun auch bei dem Grafen Viktor Aussicht auf Besserung war, so stand die
^ache noch immer nicht ganz schlimm. Jedenfalls war die Sinnesänderung des
Grafen dem gewaltigen und bisher überall siegreich gebliebner Zureden des Priors zu
verdanken. Diesem ersten Erfolg würden sich weitere anschließen, und wenn man sich
^und mit dem Grafen nie eines Kadavergehorsams werde erfreuen können, so werde
°°es alles so weitergehn, wie es sich jetzt unter dem Fürsten anlasse, der ja anch
er Kirche die wahre und wünschenswerte völlige Unterwerfung nicht bezeige. Pater
Ulohsins war jung, und die Jngend neigt, auch wenn ihr die Flügel im Konvent
'°rschriftsmäßig gestutzt sind, immer ein wenig zum Optimismus.

Wie enttäuscht war der arme Pater, als er die Nachricht, daß Graf Viktor
Morgen die Messe besucht habe und für Mittag vom Fürsterzbischof zur Tafel
geladen sei, dem sehr ernst dreinschauenden Prior gebracht und auch vou der Freude
ud Genugthuung des Fürsten und der Gräfin über diese unerwarteten und jeden¬
falls uur ihm, dem Prior zu dankenden Ereignisse berichtet hatte!

Sie sind im Irrtum, bester Pater, sagte der Prior, der sich keine falschen
Hoffnungen machte und recht wohl wußte, daß der Graf nur in Formsachen nach¬
gegeben habe und im wesentlichen noch genau so deute wie früher. Und dieser
Irrtum ist gefährlich, denn er hindert Sie, die Sachlage so zu sehen, wie sie
Milch ist. Der Gras ist uns in jeder Beziehung im Wege, und die etwas mildern
aUen, die er seit gestern aufgezogen hat, ändern daran nichts. Es handelt sich
^/Jeder ihm und uns nicht um Herstellung eines erträglichen inoclus vivvncli, wie
glauben scheinen, Sündern um eine ganz andre, ungleich wichtigere Frage,
^otter und dürfen wir es zulassen, daß ein Mann mit ketzerischen Anschauungen,
w er sie lM, in eine Stellung kommt, in der er vermöge eines fürstlichen Besitzes
"d eines weitreichenden Einflusses der Kirche unabsehbaren Schaden zufügen kann?
dem wünschenswerten Zuwachs an Mitteln und nu Macht, der der Kirche
urch seine Dazwischenruft entgeht, will ich gar nicht einmal reden. Ob er Messe
^U. ob er mit seinein Vetter, dem Kardinal, geselligen Verkehr Pflegt, ist für uns
cevensache. Was die Kirche mit Recht erwartet und verlangt, ist, daß er ihr mit
unten Gehorsam diene, und — glauben Sie meiner langjährigen Erfahrung, bester
Pater — dazu wird dieser Mann nie zu bringen sein.

Und was denken Sie zu thun, hochwürdiger Prälat, um unter solchen Umständen


Grenzboten IV 1902 70
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[0563] Am Lnße des Z^radschins darauf: der Fürsterzbischof wird den Kardinal und mit ihm den hochwürdigen Prior vom Berge nach allen Seiten hin decken. Als der Pater Aloysius, einer Aufforderung des Priors folgend, am nächsten Morgen den vielgewnndnen, sich bald unter hohem Laubholz, bald zwischen dichtem Gebüsch hinschlängelnden, hier längs der Böschung eben hinlaufenden, da ihr auf steilen Stufen zu Leibe gehenden Parkpfad eingeschlagen hatte, der zu dem zwar etwas verworrenen, aber in gewaltigen Massen weithin über das Land leuchtenden Komplex der Stiftsgebäude hinaufführte, hatte ihn das, was ihm von der Gräfin über ihre gestrige Unterredung mit dem Grafen Viktor mitgeteilt worden war, und dessen Teilnahme an dem heutigen Meßgottesdienste gutes Mutes gemacht. Er war in gehobner, hoffnungsvoller Stimmung. Es konnte ja nun noch alles gut werden. Auch wenn Graf Viktor Komtesse Paula heiratete und von dem Fürsten testamentarisch zum alleinigen Erben seiner Allodialgüter gemacht wurde, brauchte d>e Kirche von dem nun glücklich bekehrten nichts zu fürchten. Daß der Fürst seinen ^esitz, insoweit ihm darüber freie Verfügung zustand, nicht zu teilen wünschte, wußte der Pater. Dieser Umstand war es ja gerade gewesen, weshalb man sich so eifrig bemüht hatte, den Anfall dieser wahrhaft fürstlichen Lttndereien und Einkünfte dem trafen Egon auf die eine oder die andre Weise zu sichern. Denn auf seine Bot¬ mäßigkeit konnte sich die Kirche freilich noch unbedingter verlassen als ans die des Grafen Viktor, er war ein durchaus gefügiges Werkzeug in ihren Händen. Aber da nun auch bei dem Grafen Viktor Aussicht auf Besserung war, so stand die ^ache noch immer nicht ganz schlimm. Jedenfalls war die Sinnesänderung des Grafen dem gewaltigen und bisher überall siegreich gebliebner Zureden des Priors zu verdanken. Diesem ersten Erfolg würden sich weitere anschließen, und wenn man sich ^und mit dem Grafen nie eines Kadavergehorsams werde erfreuen können, so werde °°es alles so weitergehn, wie es sich jetzt unter dem Fürsten anlasse, der ja anch er Kirche die wahre und wünschenswerte völlige Unterwerfung nicht bezeige. Pater Ulohsins war jung, und die Jngend neigt, auch wenn ihr die Flügel im Konvent '°rschriftsmäßig gestutzt sind, immer ein wenig zum Optimismus. Wie enttäuscht war der arme Pater, als er die Nachricht, daß Graf Viktor Morgen die Messe besucht habe und für Mittag vom Fürsterzbischof zur Tafel geladen sei, dem sehr ernst dreinschauenden Prior gebracht und auch vou der Freude ud Genugthuung des Fürsten und der Gräfin über diese unerwarteten und jeden¬ falls uur ihm, dem Prior zu dankenden Ereignisse berichtet hatte! Sie sind im Irrtum, bester Pater, sagte der Prior, der sich keine falschen Hoffnungen machte und recht wohl wußte, daß der Graf nur in Formsachen nach¬ gegeben habe und im wesentlichen noch genau so deute wie früher. Und dieser Irrtum ist gefährlich, denn er hindert Sie, die Sachlage so zu sehen, wie sie Milch ist. Der Gras ist uns in jeder Beziehung im Wege, und die etwas mildern aUen, die er seit gestern aufgezogen hat, ändern daran nichts. Es handelt sich ^/Jeder ihm und uns nicht um Herstellung eines erträglichen inoclus vivvncli, wie glauben scheinen, Sündern um eine ganz andre, ungleich wichtigere Frage, ^otter und dürfen wir es zulassen, daß ein Mann mit ketzerischen Anschauungen, w er sie lM, in eine Stellung kommt, in der er vermöge eines fürstlichen Besitzes "d eines weitreichenden Einflusses der Kirche unabsehbaren Schaden zufügen kann? dem wünschenswerten Zuwachs an Mitteln und nu Macht, der der Kirche urch seine Dazwischenruft entgeht, will ich gar nicht einmal reden. Ob er Messe ^U. ob er mit seinein Vetter, dem Kardinal, geselligen Verkehr Pflegt, ist für uns cevensache. Was die Kirche mit Recht erwartet und verlangt, ist, daß er ihr mit unten Gehorsam diene, und — glauben Sie meiner langjährigen Erfahrung, bester Pater — dazu wird dieser Mann nie zu bringen sein. Und was denken Sie zu thun, hochwürdiger Prälat, um unter solchen Umständen Grenzboten IV 1902 70

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/563>, abgerufen am 01.09.2024.