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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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werfen. Er gehörte vielmehr der geschlossenen Phalanx feudaler Grundbesitzer
Böhmens an, die es mit den Tschechen und der römisch-katholischen Geistlichkeit
hielten, um auf diese Weise den fortschrittlichen und nivellierenden Tendenzen eines
Teils des Deutschtums erfolgreich entgegentreten zu können, aber als einen Slawen¬
freund, wie er sein sollte, konnte man ihn doch nicht ansehen. Das Schlimmste
war, daß die Unfähigkeit, sich als Tscheche zu fühlen, nicht bloß in den Traditionen
seiner Partei, sondern auch in dem ererbten halb romanischen, halb germanischen
Blut ihren Grund hatte.

Zu den Italienern gehörten die Monteneros schon seit zwei und einem halben
Jahrhundert nicht mehr. Sie waren inzwischen Österreicher und damit etwas ge¬
worden, was in vielfacher Beziehung dem Deutschtum näher verwandt war als
slawischer Sitte und Lebensanschauung. Über die Anfänge des Landbesitzes so vieler
in Böhmen ursprünglich nicht heimisch gewesener Familien nach der Schlacht am
Weißen Berge kann man ja verschieden urteilen, und die Ansicht, daß das Ganze
eine gransame und blutige, von den Jesuiten geleitete Kolonisation war, durch
die die böhmischen Lande in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückgebracht
werde" sollten und in der That auch zurückgebracht worden sind, kann leider nicht
bestritten werden. Aber im Laufe der Jahre hatte sich das Gewaltsame und
Tyrannische der ersten Besitzergreifung verwischt, und es war an dessen Stelle ein
Patrinrchalisch-feudnles Verhältnis getreten, dessen etwas naive Ausbeutnugsgrund-
sätze sich auf der Seite des grundbesitzenden Adels unter den wohlwollendsten und
familiärsten Formen verbargen.

Ans menschenfreundliche Herablassung jederzeit und auf werkthätige Beihilfe
in außergewöhnlichen Notfällen hatte ja der Böhme nach den Anschauungen dieser
Kavalierfamilien ein billiges Anrecht, aber unter ihnen stand er doch, nicht bloß
als Gntsunterthan und Fronnrbeiter, sondern auch als Angehöriger eines Volks¬
stammes, den sie ungeachtet alles Kokettierens mit ihm nicht als voll ansahen.
Das sagte man nicht, und das hatte man nirgends Wort, aber das empfand man,
und durch dieses Gefühl ließ mau sich leiten.

Man begreift, daß sich Pater Aloysius, dem der Vorteil der Kirche über alles
ging, und dem am Erfolge des tschechischen Angriffs ebensoviel gelegen war als
an der Bewältigung des deutschen Widerstands, von den dnrch weltliche nud keines¬
wegs slnwenfrenndliche Sonderrücksichten bestimmten Anschauungen des Fürsten nur
wenig versprach. Der Fürst war nicht fügsam, nicht leichtgläubig, nicht erregbar
genug; er war nirgends zu fassen; weder kirchlicher noch nationaler Fanatismus
konnte sich seiner bemächtigen, um aus ihm einen Führer oder ein Werkzeug zu
machen, wie man es so gern gethan hätte. Trotz der Bande, die ihn seit frühester
Jugend an die römisch-katholische Kirche knüpften, und trotz der politischen Be¬
rechnungen, vermöge deren er in jedem für sein Land nach Autonomie strebenden
Tschechen einen Bundesgenossen gegen fortschrittliche Tendenzen des Deutschtums
sah, war er zu weiterfahren und kannte die eignen Ziele zu gut, als daß die
Gesellschaft Jesu eine Marionette aus ihm hätte machen können.

Der Fürst liebte es, wenn sich der junge Pater, mit dem man ohnehin früh
nach der Messe und beim Mittagsmahl verkehrte, im Laufe des Nachmittags im
Gartensaale oder, seitdem man wieder zu Kaminfeuern seiue Zuflucht genommen
hatte, im Salon zeigte. Es gab da auch immer Anfragen, die die Gräfin an ihn
Ku richten, allerlei mit der Armen- und Krankenpflege zusammenhängende Aufträge,
die sie ihm zu geben hatte. Sie war keine gewöhnliche und vor allen Dingen keine
unthätige Frau. Die Hände legte sie nie in den Schoß, und wenn es möglich wäre,
daß sich dereinst an einem feierlichen, mit Posaunen eingeblasenen Tage alle wollnen
Strümpfe und gestrickten Unterröcke, mit denen sie die Notleidenden in Vhsvenn
und Prag vor Blöße und Frost geschützt hatte, versammeln und in die Kredit¬
wagschale steigen könnten, so würde das einen gewaltigen Berg geben, unter dessen
Gewicht das Zünglein der Wage ganz gewiß auf die richtige Seite hinübergedrängt


werfen. Er gehörte vielmehr der geschlossenen Phalanx feudaler Grundbesitzer
Böhmens an, die es mit den Tschechen und der römisch-katholischen Geistlichkeit
hielten, um auf diese Weise den fortschrittlichen und nivellierenden Tendenzen eines
Teils des Deutschtums erfolgreich entgegentreten zu können, aber als einen Slawen¬
freund, wie er sein sollte, konnte man ihn doch nicht ansehen. Das Schlimmste
war, daß die Unfähigkeit, sich als Tscheche zu fühlen, nicht bloß in den Traditionen
seiner Partei, sondern auch in dem ererbten halb romanischen, halb germanischen
Blut ihren Grund hatte.

Zu den Italienern gehörten die Monteneros schon seit zwei und einem halben
Jahrhundert nicht mehr. Sie waren inzwischen Österreicher und damit etwas ge¬
worden, was in vielfacher Beziehung dem Deutschtum näher verwandt war als
slawischer Sitte und Lebensanschauung. Über die Anfänge des Landbesitzes so vieler
in Böhmen ursprünglich nicht heimisch gewesener Familien nach der Schlacht am
Weißen Berge kann man ja verschieden urteilen, und die Ansicht, daß das Ganze
eine gransame und blutige, von den Jesuiten geleitete Kolonisation war, durch
die die böhmischen Lande in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückgebracht
werde« sollten und in der That auch zurückgebracht worden sind, kann leider nicht
bestritten werden. Aber im Laufe der Jahre hatte sich das Gewaltsame und
Tyrannische der ersten Besitzergreifung verwischt, und es war an dessen Stelle ein
Patrinrchalisch-feudnles Verhältnis getreten, dessen etwas naive Ausbeutnugsgrund-
sätze sich auf der Seite des grundbesitzenden Adels unter den wohlwollendsten und
familiärsten Formen verbargen.

Ans menschenfreundliche Herablassung jederzeit und auf werkthätige Beihilfe
in außergewöhnlichen Notfällen hatte ja der Böhme nach den Anschauungen dieser
Kavalierfamilien ein billiges Anrecht, aber unter ihnen stand er doch, nicht bloß
als Gntsunterthan und Fronnrbeiter, sondern auch als Angehöriger eines Volks¬
stammes, den sie ungeachtet alles Kokettierens mit ihm nicht als voll ansahen.
Das sagte man nicht, und das hatte man nirgends Wort, aber das empfand man,
und durch dieses Gefühl ließ mau sich leiten.

Man begreift, daß sich Pater Aloysius, dem der Vorteil der Kirche über alles
ging, und dem am Erfolge des tschechischen Angriffs ebensoviel gelegen war als
an der Bewältigung des deutschen Widerstands, von den dnrch weltliche nud keines¬
wegs slnwenfrenndliche Sonderrücksichten bestimmten Anschauungen des Fürsten nur
wenig versprach. Der Fürst war nicht fügsam, nicht leichtgläubig, nicht erregbar
genug; er war nirgends zu fassen; weder kirchlicher noch nationaler Fanatismus
konnte sich seiner bemächtigen, um aus ihm einen Führer oder ein Werkzeug zu
machen, wie man es so gern gethan hätte. Trotz der Bande, die ihn seit frühester
Jugend an die römisch-katholische Kirche knüpften, und trotz der politischen Be¬
rechnungen, vermöge deren er in jedem für sein Land nach Autonomie strebenden
Tschechen einen Bundesgenossen gegen fortschrittliche Tendenzen des Deutschtums
sah, war er zu weiterfahren und kannte die eignen Ziele zu gut, als daß die
Gesellschaft Jesu eine Marionette aus ihm hätte machen können.

Der Fürst liebte es, wenn sich der junge Pater, mit dem man ohnehin früh
nach der Messe und beim Mittagsmahl verkehrte, im Laufe des Nachmittags im
Gartensaale oder, seitdem man wieder zu Kaminfeuern seiue Zuflucht genommen
hatte, im Salon zeigte. Es gab da auch immer Anfragen, die die Gräfin an ihn
Ku richten, allerlei mit der Armen- und Krankenpflege zusammenhängende Aufträge,
die sie ihm zu geben hatte. Sie war keine gewöhnliche und vor allen Dingen keine
unthätige Frau. Die Hände legte sie nie in den Schoß, und wenn es möglich wäre,
daß sich dereinst an einem feierlichen, mit Posaunen eingeblasenen Tage alle wollnen
Strümpfe und gestrickten Unterröcke, mit denen sie die Notleidenden in Vhsvenn
und Prag vor Blöße und Frost geschützt hatte, versammeln und in die Kredit¬
wagschale steigen könnten, so würde das einen gewaltigen Berg geben, unter dessen
Gewicht das Zünglein der Wage ganz gewiß auf die richtige Seite hinübergedrängt


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[0503] werfen. Er gehörte vielmehr der geschlossenen Phalanx feudaler Grundbesitzer Böhmens an, die es mit den Tschechen und der römisch-katholischen Geistlichkeit hielten, um auf diese Weise den fortschrittlichen und nivellierenden Tendenzen eines Teils des Deutschtums erfolgreich entgegentreten zu können, aber als einen Slawen¬ freund, wie er sein sollte, konnte man ihn doch nicht ansehen. Das Schlimmste war, daß die Unfähigkeit, sich als Tscheche zu fühlen, nicht bloß in den Traditionen seiner Partei, sondern auch in dem ererbten halb romanischen, halb germanischen Blut ihren Grund hatte. Zu den Italienern gehörten die Monteneros schon seit zwei und einem halben Jahrhundert nicht mehr. Sie waren inzwischen Österreicher und damit etwas ge¬ worden, was in vielfacher Beziehung dem Deutschtum näher verwandt war als slawischer Sitte und Lebensanschauung. Über die Anfänge des Landbesitzes so vieler in Böhmen ursprünglich nicht heimisch gewesener Familien nach der Schlacht am Weißen Berge kann man ja verschieden urteilen, und die Ansicht, daß das Ganze eine gransame und blutige, von den Jesuiten geleitete Kolonisation war, durch die die böhmischen Lande in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückgebracht werde« sollten und in der That auch zurückgebracht worden sind, kann leider nicht bestritten werden. Aber im Laufe der Jahre hatte sich das Gewaltsame und Tyrannische der ersten Besitzergreifung verwischt, und es war an dessen Stelle ein Patrinrchalisch-feudnles Verhältnis getreten, dessen etwas naive Ausbeutnugsgrund- sätze sich auf der Seite des grundbesitzenden Adels unter den wohlwollendsten und familiärsten Formen verbargen. Ans menschenfreundliche Herablassung jederzeit und auf werkthätige Beihilfe in außergewöhnlichen Notfällen hatte ja der Böhme nach den Anschauungen dieser Kavalierfamilien ein billiges Anrecht, aber unter ihnen stand er doch, nicht bloß als Gntsunterthan und Fronnrbeiter, sondern auch als Angehöriger eines Volks¬ stammes, den sie ungeachtet alles Kokettierens mit ihm nicht als voll ansahen. Das sagte man nicht, und das hatte man nirgends Wort, aber das empfand man, und durch dieses Gefühl ließ mau sich leiten. Man begreift, daß sich Pater Aloysius, dem der Vorteil der Kirche über alles ging, und dem am Erfolge des tschechischen Angriffs ebensoviel gelegen war als an der Bewältigung des deutschen Widerstands, von den dnrch weltliche nud keines¬ wegs slnwenfrenndliche Sonderrücksichten bestimmten Anschauungen des Fürsten nur wenig versprach. Der Fürst war nicht fügsam, nicht leichtgläubig, nicht erregbar genug; er war nirgends zu fassen; weder kirchlicher noch nationaler Fanatismus konnte sich seiner bemächtigen, um aus ihm einen Führer oder ein Werkzeug zu machen, wie man es so gern gethan hätte. Trotz der Bande, die ihn seit frühester Jugend an die römisch-katholische Kirche knüpften, und trotz der politischen Be¬ rechnungen, vermöge deren er in jedem für sein Land nach Autonomie strebenden Tschechen einen Bundesgenossen gegen fortschrittliche Tendenzen des Deutschtums sah, war er zu weiterfahren und kannte die eignen Ziele zu gut, als daß die Gesellschaft Jesu eine Marionette aus ihm hätte machen können. Der Fürst liebte es, wenn sich der junge Pater, mit dem man ohnehin früh nach der Messe und beim Mittagsmahl verkehrte, im Laufe des Nachmittags im Gartensaale oder, seitdem man wieder zu Kaminfeuern seiue Zuflucht genommen hatte, im Salon zeigte. Es gab da auch immer Anfragen, die die Gräfin an ihn Ku richten, allerlei mit der Armen- und Krankenpflege zusammenhängende Aufträge, die sie ihm zu geben hatte. Sie war keine gewöhnliche und vor allen Dingen keine unthätige Frau. Die Hände legte sie nie in den Schoß, und wenn es möglich wäre, daß sich dereinst an einem feierlichen, mit Posaunen eingeblasenen Tage alle wollnen Strümpfe und gestrickten Unterröcke, mit denen sie die Notleidenden in Vhsvenn und Prag vor Blöße und Frost geschützt hatte, versammeln und in die Kredit¬ wagschale steigen könnten, so würde das einen gewaltigen Berg geben, unter dessen Gewicht das Zünglein der Wage ganz gewiß auf die richtige Seite hinübergedrängt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/503>, abgerufen am 01.09.2024.