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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

heitsgelder eingeführt werden sollen oder nicht, kommt dabei gar nicht in Betracht,
Die ohne Aussicht auf Diäten gewählten Volksvertreter haben keine zu verlangen,
und uns will scheinen, daß für sie eine nachträgliche Bezahlung -- weil sie sonst
ihre übernommne Pflicht nicht erfüllen -- etwas beschämendes haben müßte. Über
die Bezahlung neu zu wählender Neichstngsabgeordneter behalten wir uus das Urteil
vor. Es liegt auf der Hand, daß diese Pflichtversäumnis der Mehrheilsabgevrdneten
der Obstruktion hauptsächlich ihre gefährliche Kraft verleiht. Die Mehrhcitsparteien
haben dadurch schon vielfach den Schein erregt, daß ihnen die Vollendung des Tarifs
gar nicht ernst sei. Sie provozieren dadurch geradezu die Anzweiflung der Beschlu߬
fähigkeit. Und dann soll die Regierung ihnen helfen!

Die Regierung würde das Verkehrteste thun, was sie thun kann, wenn sie sich
u> diesen häuslichen Streit im Pnrlamentarismns mischen wollte. Sie hat nieder
das Recht noch die Macht dazu. Sie kann nnr mit außerordentlicher Geduld immer
wieder sachlich ihre Vorschläge vertreten lassen und abwarte", was der Reichstag in
drei Lesungen fertig bringt. Weder das Zurückziehn der Vorlage noch die Auf¬
lösung des Reichstags scheint uns, nachdem die Dinge soweit gediehen sind, uni Platze,
^etzt der Obstruktion den Willen zu thun, wäre fast noch übler, als jetzt den extremen
Agrariern den Appell an ihre Wähler zum Geschenk zu machen. Alles muß den
verbündeten Regierungen daran liegen, daß der Reichstag selbst mit der Obstruktion
fertig wird, und daß die MchrheitSpartcien mit ihren Extreme" fertig werden. Wir
sind überzeugt, daß beides erreicht werden kann, we >? die Regierung nicht selbst
nervös wird, sondern zäh aushält. Auch für das endliche Zustandekommen des Tarifs
^ das das Klügste, was sie machen kann. Auch daraus hoffen wir noch, wobei
>vir freilich den Begriff "rechtzeitig" s^r weit fassen. Aber die Gesundung unsers
Parlamentarismus und unsrer ParteiPolitU von innen heraus, wie ihn der Verlauf
der vorliegenden Krisis vielleicht bringen kann, ist uus das allerwichtigste. Nur die
unerschütterliche, unbeugsame, ruhige Stellung der Regierung über den Parteien,
wie sie j^^t vorhanden ist, wird zu diesem Erfolg führen.

Den unangenehmsten Eindruck -- und auch darin scheinen wir mit dem Ab¬
geordneten Richter übereinzustimmen -- macht die Teilnahme der freisinnigen Ver-
^nignng um der Obstruktion. Die Herren Wndenstrnmpflcr scheinen jn nicht gerade
^" den boshaften Schikaneuren und Rabulisten zu gehören, aber als Schikaneure und
'>ahnt!sten betragen sie sich jedenfalls. Sie sind ein wahres Kreuz, die reinen Gist-
wischer für den bürgerlichen Liberalismus geworden. Die Suzialdemokraten können
"Wh damit zufrieden sein, denn der bürgerliche Liberalismus ist ihr bestgehaßter
^wgner. Es ist in den Grenzboten schon wiederholt ans den Unfug, den diese
"Bereinigung" -- gerade vom liberalen Standpunkt aus geurteilt -- treibt, auf-
wrrksain gemacht worden, vor allein ans die ungeheure Thorheit ihres aufdringliche"
nhlens ni" die Bundesgenosseuschnft der Sozialdemokratin,. Es ist sehr verlockend,
Uf diese rcitsel- und widerspruchsvolle Erscheinung -- sie scheint uns eine aus-
^ wrvchue berlinische zu sein -- anch heute näher einzugehn und nach Erklärungen
Doch das würde in Details führen, für die hier nicht Platz ist. Lassen
die Herren sich in ihrer Schikanenr- und Nabnlistenrollc weiter blamieren. Sie
fallen sich selbst zu gut darin, als daß sie zu retten wären.

Schon ernster ist es zu nehmen, daß fast die gesamte liberale Presse nicht den
^"et findet, den vereinigten Obstrnktionisten mit der Offenheit Richters zuleide zu
ver!"c KchlM^ge ^ dem Wirtschaftspolitischeu Liberalismus allein ersprießliche
ähnliche Stellung zu der Regierungsvorlage zu suchen. Es ist unumwunden
zuerkennen, daß die Berliner 'liberale Presse -- natürlich rin Ausnahmen
der L^""n,er Zeit einen gemäßigter", verständigem Ton in Bezug auf die Politik
r Regierung angeschlagen hat, der entschiede" klärend und versöhnend wirkt. Das
'ausgesetzte, bissige, hämische Nörgeln und Hetzen hat nachgelassen. Es wird auch
"sur> Partei genommen. Wenn es dabei manchmal am erwünschten Takt fehlt,
^ "og die Neuheit der Melodie mit Schuld sein. Wir wollen uns des Fort-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

heitsgelder eingeführt werden sollen oder nicht, kommt dabei gar nicht in Betracht,
Die ohne Aussicht auf Diäten gewählten Volksvertreter haben keine zu verlangen,
und uns will scheinen, daß für sie eine nachträgliche Bezahlung — weil sie sonst
ihre übernommne Pflicht nicht erfüllen — etwas beschämendes haben müßte. Über
die Bezahlung neu zu wählender Neichstngsabgeordneter behalten wir uus das Urteil
vor. Es liegt auf der Hand, daß diese Pflichtversäumnis der Mehrheilsabgevrdneten
der Obstruktion hauptsächlich ihre gefährliche Kraft verleiht. Die Mehrhcitsparteien
haben dadurch schon vielfach den Schein erregt, daß ihnen die Vollendung des Tarifs
gar nicht ernst sei. Sie provozieren dadurch geradezu die Anzweiflung der Beschlu߬
fähigkeit. Und dann soll die Regierung ihnen helfen!

Die Regierung würde das Verkehrteste thun, was sie thun kann, wenn sie sich
u> diesen häuslichen Streit im Pnrlamentarismns mischen wollte. Sie hat nieder
das Recht noch die Macht dazu. Sie kann nnr mit außerordentlicher Geduld immer
wieder sachlich ihre Vorschläge vertreten lassen und abwarte», was der Reichstag in
drei Lesungen fertig bringt. Weder das Zurückziehn der Vorlage noch die Auf¬
lösung des Reichstags scheint uns, nachdem die Dinge soweit gediehen sind, uni Platze,
^etzt der Obstruktion den Willen zu thun, wäre fast noch übler, als jetzt den extremen
Agrariern den Appell an ihre Wähler zum Geschenk zu machen. Alles muß den
verbündeten Regierungen daran liegen, daß der Reichstag selbst mit der Obstruktion
fertig wird, und daß die MchrheitSpartcien mit ihren Extreme» fertig werden. Wir
sind überzeugt, daß beides erreicht werden kann, we >? die Regierung nicht selbst
nervös wird, sondern zäh aushält. Auch für das endliche Zustandekommen des Tarifs
^ das das Klügste, was sie machen kann. Auch daraus hoffen wir noch, wobei
>vir freilich den Begriff „rechtzeitig" s^r weit fassen. Aber die Gesundung unsers
Parlamentarismus und unsrer ParteiPolitU von innen heraus, wie ihn der Verlauf
der vorliegenden Krisis vielleicht bringen kann, ist uus das allerwichtigste. Nur die
unerschütterliche, unbeugsame, ruhige Stellung der Regierung über den Parteien,
wie sie j^^t vorhanden ist, wird zu diesem Erfolg führen.

Den unangenehmsten Eindruck — und auch darin scheinen wir mit dem Ab¬
geordneten Richter übereinzustimmen — macht die Teilnahme der freisinnigen Ver-
^nignng um der Obstruktion. Die Herren Wndenstrnmpflcr scheinen jn nicht gerade
^" den boshaften Schikaneuren und Rabulisten zu gehören, aber als Schikaneure und
'>ahnt!sten betragen sie sich jedenfalls. Sie sind ein wahres Kreuz, die reinen Gist-
wischer für den bürgerlichen Liberalismus geworden. Die Suzialdemokraten können
"Wh damit zufrieden sein, denn der bürgerliche Liberalismus ist ihr bestgehaßter
^wgner. Es ist in den Grenzboten schon wiederholt ans den Unfug, den diese
»Bereinigung" — gerade vom liberalen Standpunkt aus geurteilt — treibt, auf-
wrrksain gemacht worden, vor allein ans die ungeheure Thorheit ihres aufdringliche»
nhlens ni» die Bundesgenosseuschnft der Sozialdemokratin,. Es ist sehr verlockend,
Uf diese rcitsel- und widerspruchsvolle Erscheinung — sie scheint uns eine aus-
^ wrvchue berlinische zu sein — anch heute näher einzugehn und nach Erklärungen
Doch das würde in Details führen, für die hier nicht Platz ist. Lassen
die Herren sich in ihrer Schikanenr- und Nabnlistenrollc weiter blamieren. Sie
fallen sich selbst zu gut darin, als daß sie zu retten wären.

Schon ernster ist es zu nehmen, daß fast die gesamte liberale Presse nicht den
^"et findet, den vereinigten Obstrnktionisten mit der Offenheit Richters zuleide zu
ver!"c KchlM^ge ^ dem Wirtschaftspolitischeu Liberalismus allein ersprießliche
ähnliche Stellung zu der Regierungsvorlage zu suchen. Es ist unumwunden
zuerkennen, daß die Berliner 'liberale Presse — natürlich rin Ausnahmen
der L^""n,er Zeit einen gemäßigter», verständigem Ton in Bezug auf die Politik
r Regierung angeschlagen hat, der entschiede» klärend und versöhnend wirkt. Das
'ausgesetzte, bissige, hämische Nörgeln und Hetzen hat nachgelassen. Es wird auch
"sur> Partei genommen. Wenn es dabei manchmal am erwünschten Takt fehlt,
^ "og die Neuheit der Melodie mit Schuld sein. Wir wollen uns des Fort-


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[0453] Maßgebliches und Unmaßgebliches heitsgelder eingeführt werden sollen oder nicht, kommt dabei gar nicht in Betracht, Die ohne Aussicht auf Diäten gewählten Volksvertreter haben keine zu verlangen, und uns will scheinen, daß für sie eine nachträgliche Bezahlung — weil sie sonst ihre übernommne Pflicht nicht erfüllen — etwas beschämendes haben müßte. Über die Bezahlung neu zu wählender Neichstngsabgeordneter behalten wir uus das Urteil vor. Es liegt auf der Hand, daß diese Pflichtversäumnis der Mehrheilsabgevrdneten der Obstruktion hauptsächlich ihre gefährliche Kraft verleiht. Die Mehrhcitsparteien haben dadurch schon vielfach den Schein erregt, daß ihnen die Vollendung des Tarifs gar nicht ernst sei. Sie provozieren dadurch geradezu die Anzweiflung der Beschlu߬ fähigkeit. Und dann soll die Regierung ihnen helfen! Die Regierung würde das Verkehrteste thun, was sie thun kann, wenn sie sich u> diesen häuslichen Streit im Pnrlamentarismns mischen wollte. Sie hat nieder das Recht noch die Macht dazu. Sie kann nnr mit außerordentlicher Geduld immer wieder sachlich ihre Vorschläge vertreten lassen und abwarte», was der Reichstag in drei Lesungen fertig bringt. Weder das Zurückziehn der Vorlage noch die Auf¬ lösung des Reichstags scheint uns, nachdem die Dinge soweit gediehen sind, uni Platze, ^etzt der Obstruktion den Willen zu thun, wäre fast noch übler, als jetzt den extremen Agrariern den Appell an ihre Wähler zum Geschenk zu machen. Alles muß den verbündeten Regierungen daran liegen, daß der Reichstag selbst mit der Obstruktion fertig wird, und daß die MchrheitSpartcien mit ihren Extreme» fertig werden. Wir sind überzeugt, daß beides erreicht werden kann, we >? die Regierung nicht selbst nervös wird, sondern zäh aushält. Auch für das endliche Zustandekommen des Tarifs ^ das das Klügste, was sie machen kann. Auch daraus hoffen wir noch, wobei >vir freilich den Begriff „rechtzeitig" s^r weit fassen. Aber die Gesundung unsers Parlamentarismus und unsrer ParteiPolitU von innen heraus, wie ihn der Verlauf der vorliegenden Krisis vielleicht bringen kann, ist uus das allerwichtigste. Nur die unerschütterliche, unbeugsame, ruhige Stellung der Regierung über den Parteien, wie sie j^^t vorhanden ist, wird zu diesem Erfolg führen. Den unangenehmsten Eindruck — und auch darin scheinen wir mit dem Ab¬ geordneten Richter übereinzustimmen — macht die Teilnahme der freisinnigen Ver- ^nignng um der Obstruktion. Die Herren Wndenstrnmpflcr scheinen jn nicht gerade ^" den boshaften Schikaneuren und Rabulisten zu gehören, aber als Schikaneure und '>ahnt!sten betragen sie sich jedenfalls. Sie sind ein wahres Kreuz, die reinen Gist- wischer für den bürgerlichen Liberalismus geworden. Die Suzialdemokraten können "Wh damit zufrieden sein, denn der bürgerliche Liberalismus ist ihr bestgehaßter ^wgner. Es ist in den Grenzboten schon wiederholt ans den Unfug, den diese »Bereinigung" — gerade vom liberalen Standpunkt aus geurteilt — treibt, auf- wrrksain gemacht worden, vor allein ans die ungeheure Thorheit ihres aufdringliche» nhlens ni» die Bundesgenosseuschnft der Sozialdemokratin,. Es ist sehr verlockend, Uf diese rcitsel- und widerspruchsvolle Erscheinung — sie scheint uns eine aus- ^ wrvchue berlinische zu sein — anch heute näher einzugehn und nach Erklärungen Doch das würde in Details führen, für die hier nicht Platz ist. Lassen die Herren sich in ihrer Schikanenr- und Nabnlistenrollc weiter blamieren. Sie fallen sich selbst zu gut darin, als daß sie zu retten wären. Schon ernster ist es zu nehmen, daß fast die gesamte liberale Presse nicht den ^"et findet, den vereinigten Obstrnktionisten mit der Offenheit Richters zuleide zu ver!"c KchlM^ge ^ dem Wirtschaftspolitischeu Liberalismus allein ersprießliche ähnliche Stellung zu der Regierungsvorlage zu suchen. Es ist unumwunden zuerkennen, daß die Berliner 'liberale Presse — natürlich rin Ausnahmen der L^""n,er Zeit einen gemäßigter», verständigem Ton in Bezug auf die Politik r Regierung angeschlagen hat, der entschiede» klärend und versöhnend wirkt. Das 'ausgesetzte, bissige, hämische Nörgeln und Hetzen hat nachgelassen. Es wird auch "sur> Partei genommen. Wenn es dabei manchmal am erwünschten Takt fehlt, ^ "og die Neuheit der Melodie mit Schuld sein. Wir wollen uns des Fort-

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/453>, abgerufen am 01.09.2024.