Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bodenbenutznng im Deutschen Reiche

gleich die Abnahme der landwirtschaftlich benutzten Fläche zuwege gebracht. Daß
aus dieser Erscheinung auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Boden¬
benutzung infolge der Agrarkrisis gefolgert werde" könnte, ist sonach ganz aus¬
geschlossen. Der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der ausgedehnten Moore
Nordwestdentschlcmds als Ackerland und als Wiese oder reiche Weide wird
bekanntlich vom Staat und von Privaten die größte Aufmerksamkeit geschenkt,
und die schon erzielten Erfolge berechtigen zu guten Hoffnungen. Wenn unter
dem Banne der lang dauernden Agrarkrisis das Tempo der Moorkulturarbeit
vielleicht langsamer ist, als man wünschen möchte, so ist das nur natürlich.
Die Statistik kann dafür schwer einen schlüssigen Beweis erbringen. Für die
dringend erwünschte Aufforstung möglichst weiter jetzt noch als Ödland oder
auch als Hutungen anzusehender Flächen kommen die Moore des besonders
waldarmen Nordwestens nach den bisherigen Erfahrungen weniger in Betracht
als die Heiden. Von den 1900 angemeldeten 2100000 Hektaren Ödland sind
bei der letzten Bodenbenutzungsaufnahme 351000 Hektar ausdrücklich als zur
Aufforstung geeignet bezeichnet worden. Es kommen davon 316000 auf das
Königreich Preußen, und zwar auf die Provinz Hannover 164000, und auf
das Herzogtum Oldenburg 23000 Hektar. Von den 1912000 Hektaren
Hutungen sind im ganzen 282000 als zur Aufforstung geeignet angemeldet
worden, wovon auf Preußen im ganzen 229000 kommen, und zwar auf
Hannover 47 000, auf Westfalen 36600, auf Rheinland 24000 und auf
Pommern 23000 Hektar.

Die forstwirtschaftlich benutzte Flüche -- um dieser gleich hier kurz
zu gedenken - betrug im Deutschen Reiche

1878 188" 189" 1"00
1000 Hektar..... 13873 13908 13957 13996
Prozent der Gesamtfläche , 25,7 25,7 25,8 25,9

Sie ist also -- trotz der landwirtschaftlichen Krisis - so gut wie unverändert
geblieben, obgleich sich die forstwirtschaftlichen Ertrüge im allgemeinen durchaus
nicht ungünstig entwickelt haben. Die Ergebnisse der besondern forstwirtschaft¬
lichen Erhebungen von 1900 sind noch nicht veröffentlicht worden. Von einem
nähern Eingehn auf die Bewaldungsverhültnisse wird deshalb hier abgesehen.

Um so mehr ist eine genauere Betrachtung der landwirtschaftlichen
Bodenbenutzung auf Grund der vier Aufnahmen von Interesse. War aus den
Veränderungen, die für die weder land- noch forstwirtschaftlich benutzte Fläche
in der Periode der Agrarkrisis von 1878 bis 1900 nachgewiesen worden sind,
auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung nicht zu folgern,
so ist aus der Entwicklung, die die Anbauverhältnisse der landwirtschaftlich
benutzten Fläche in derselben Periode genommen haben, sogar auf eine Aus¬
dehnung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung im eigentlichen Sinne zu
schließen. Wenn man, wie es durch das oben Gesagte gerechtfertigt wird, die
sogenannten "Hutungen" ganz beiseite läßt, so betrug die landwirtschaftlich
benutzte Fläche im Deutschen Reiche

1878 188" 18"" ISO"
1000 Hektar .... 32728 32828 33041 83143
Prozent der Gesamtfläche 60,61 60,77 61,13 61,30

Die Bodenbenutznng im Deutschen Reiche

gleich die Abnahme der landwirtschaftlich benutzten Fläche zuwege gebracht. Daß
aus dieser Erscheinung auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Boden¬
benutzung infolge der Agrarkrisis gefolgert werde» könnte, ist sonach ganz aus¬
geschlossen. Der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der ausgedehnten Moore
Nordwestdentschlcmds als Ackerland und als Wiese oder reiche Weide wird
bekanntlich vom Staat und von Privaten die größte Aufmerksamkeit geschenkt,
und die schon erzielten Erfolge berechtigen zu guten Hoffnungen. Wenn unter
dem Banne der lang dauernden Agrarkrisis das Tempo der Moorkulturarbeit
vielleicht langsamer ist, als man wünschen möchte, so ist das nur natürlich.
Die Statistik kann dafür schwer einen schlüssigen Beweis erbringen. Für die
dringend erwünschte Aufforstung möglichst weiter jetzt noch als Ödland oder
auch als Hutungen anzusehender Flächen kommen die Moore des besonders
waldarmen Nordwestens nach den bisherigen Erfahrungen weniger in Betracht
als die Heiden. Von den 1900 angemeldeten 2100000 Hektaren Ödland sind
bei der letzten Bodenbenutzungsaufnahme 351000 Hektar ausdrücklich als zur
Aufforstung geeignet bezeichnet worden. Es kommen davon 316000 auf das
Königreich Preußen, und zwar auf die Provinz Hannover 164000, und auf
das Herzogtum Oldenburg 23000 Hektar. Von den 1912000 Hektaren
Hutungen sind im ganzen 282000 als zur Aufforstung geeignet angemeldet
worden, wovon auf Preußen im ganzen 229000 kommen, und zwar auf
Hannover 47 000, auf Westfalen 36600, auf Rheinland 24000 und auf
Pommern 23000 Hektar.

Die forstwirtschaftlich benutzte Flüche — um dieser gleich hier kurz
zu gedenken - betrug im Deutschen Reiche

1878 188» 189» 1»00
1000 Hektar..... 13873 13908 13957 13996
Prozent der Gesamtfläche , 25,7 25,7 25,8 25,9

Sie ist also — trotz der landwirtschaftlichen Krisis - so gut wie unverändert
geblieben, obgleich sich die forstwirtschaftlichen Ertrüge im allgemeinen durchaus
nicht ungünstig entwickelt haben. Die Ergebnisse der besondern forstwirtschaft¬
lichen Erhebungen von 1900 sind noch nicht veröffentlicht worden. Von einem
nähern Eingehn auf die Bewaldungsverhültnisse wird deshalb hier abgesehen.

Um so mehr ist eine genauere Betrachtung der landwirtschaftlichen
Bodenbenutzung auf Grund der vier Aufnahmen von Interesse. War aus den
Veränderungen, die für die weder land- noch forstwirtschaftlich benutzte Fläche
in der Periode der Agrarkrisis von 1878 bis 1900 nachgewiesen worden sind,
auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung nicht zu folgern,
so ist aus der Entwicklung, die die Anbauverhältnisse der landwirtschaftlich
benutzten Fläche in derselben Periode genommen haben, sogar auf eine Aus¬
dehnung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung im eigentlichen Sinne zu
schließen. Wenn man, wie es durch das oben Gesagte gerechtfertigt wird, die
sogenannten „Hutungen" ganz beiseite läßt, so betrug die landwirtschaftlich
benutzte Fläche im Deutschen Reiche

1878 188» 18»» ISO»
1000 Hektar .... 32728 32828 33041 83143
Prozent der Gesamtfläche 60,61 60,77 61,13 61,30

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239026"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Bodenbenutznng im Deutschen Reiche</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1152" prev="#ID_1151"> gleich die Abnahme der landwirtschaftlich benutzten Fläche zuwege gebracht. Daß<lb/>
aus dieser Erscheinung auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Boden¬<lb/>
benutzung infolge der Agrarkrisis gefolgert werde» könnte, ist sonach ganz aus¬<lb/>
geschlossen. Der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der ausgedehnten Moore<lb/>
Nordwestdentschlcmds als Ackerland und als Wiese oder reiche Weide wird<lb/>
bekanntlich vom Staat und von Privaten die größte Aufmerksamkeit geschenkt,<lb/>
und die schon erzielten Erfolge berechtigen zu guten Hoffnungen. Wenn unter<lb/>
dem Banne der lang dauernden Agrarkrisis das Tempo der Moorkulturarbeit<lb/>
vielleicht langsamer ist, als man wünschen möchte, so ist das nur natürlich.<lb/>
Die Statistik kann dafür schwer einen schlüssigen Beweis erbringen. Für die<lb/>
dringend erwünschte Aufforstung möglichst weiter jetzt noch als Ödland oder<lb/>
auch als Hutungen anzusehender Flächen kommen die Moore des besonders<lb/>
waldarmen Nordwestens nach den bisherigen Erfahrungen weniger in Betracht<lb/>
als die Heiden. Von den 1900 angemeldeten 2100000 Hektaren Ödland sind<lb/>
bei der letzten Bodenbenutzungsaufnahme 351000 Hektar ausdrücklich als zur<lb/>
Aufforstung geeignet bezeichnet worden. Es kommen davon 316000 auf das<lb/>
Königreich Preußen, und zwar auf die Provinz Hannover 164000, und auf<lb/>
das Herzogtum Oldenburg 23000 Hektar. Von den 1912000 Hektaren<lb/>
Hutungen sind im ganzen 282000 als zur Aufforstung geeignet angemeldet<lb/>
worden, wovon auf Preußen im ganzen 229000 kommen, und zwar auf<lb/>
Hannover 47 000, auf Westfalen 36600, auf Rheinland 24000 und auf<lb/>
Pommern 23000 Hektar.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1153"> Die forstwirtschaftlich benutzte Flüche &#x2014; um dieser gleich hier kurz<lb/>
zu gedenken -  betrug im Deutschen Reiche</p><lb/>
          <list>
            <item> 1878 188» 189» 1»00</item>
            <item> 1000 Hektar..... 13873 13908 13957 13996</item>
            <item> Prozent der Gesamtfläche  ,    25,7 25,7 25,8 25,9</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1154"> Sie ist also &#x2014; trotz der landwirtschaftlichen Krisis - so gut wie unverändert<lb/>
geblieben, obgleich sich die forstwirtschaftlichen Ertrüge im allgemeinen durchaus<lb/>
nicht ungünstig entwickelt haben. Die Ergebnisse der besondern forstwirtschaft¬<lb/>
lichen Erhebungen von 1900 sind noch nicht veröffentlicht worden. Von einem<lb/>
nähern Eingehn auf die Bewaldungsverhültnisse wird deshalb hier abgesehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1155"> Um so mehr ist eine genauere Betrachtung der landwirtschaftlichen<lb/>
Bodenbenutzung auf Grund der vier Aufnahmen von Interesse. War aus den<lb/>
Veränderungen, die für die weder land- noch forstwirtschaftlich benutzte Fläche<lb/>
in der Periode der Agrarkrisis von 1878 bis 1900 nachgewiesen worden sind,<lb/>
auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung nicht zu folgern,<lb/>
so ist aus der Entwicklung, die die Anbauverhältnisse der landwirtschaftlich<lb/>
benutzten Fläche in derselben Periode genommen haben, sogar auf eine Aus¬<lb/>
dehnung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung im eigentlichen Sinne zu<lb/>
schließen. Wenn man, wie es durch das oben Gesagte gerechtfertigt wird, die<lb/>
sogenannten &#x201E;Hutungen" ganz beiseite läßt, so betrug die landwirtschaftlich<lb/>
benutzte Fläche im Deutschen Reiche</p><lb/>
          <list>
            <item> 1878 188» 18»» ISO»</item>
            <item> 1000 Hektar  ....  32728 32828 33041 83143</item>
            <item> Prozent der Gesamtfläche   60,61 60,77 61,13 61,30</item>
          </list><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0238] Die Bodenbenutznng im Deutschen Reiche gleich die Abnahme der landwirtschaftlich benutzten Fläche zuwege gebracht. Daß aus dieser Erscheinung auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Boden¬ benutzung infolge der Agrarkrisis gefolgert werde» könnte, ist sonach ganz aus¬ geschlossen. Der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der ausgedehnten Moore Nordwestdentschlcmds als Ackerland und als Wiese oder reiche Weide wird bekanntlich vom Staat und von Privaten die größte Aufmerksamkeit geschenkt, und die schon erzielten Erfolge berechtigen zu guten Hoffnungen. Wenn unter dem Banne der lang dauernden Agrarkrisis das Tempo der Moorkulturarbeit vielleicht langsamer ist, als man wünschen möchte, so ist das nur natürlich. Die Statistik kann dafür schwer einen schlüssigen Beweis erbringen. Für die dringend erwünschte Aufforstung möglichst weiter jetzt noch als Ödland oder auch als Hutungen anzusehender Flächen kommen die Moore des besonders waldarmen Nordwestens nach den bisherigen Erfahrungen weniger in Betracht als die Heiden. Von den 1900 angemeldeten 2100000 Hektaren Ödland sind bei der letzten Bodenbenutzungsaufnahme 351000 Hektar ausdrücklich als zur Aufforstung geeignet bezeichnet worden. Es kommen davon 316000 auf das Königreich Preußen, und zwar auf die Provinz Hannover 164000, und auf das Herzogtum Oldenburg 23000 Hektar. Von den 1912000 Hektaren Hutungen sind im ganzen 282000 als zur Aufforstung geeignet angemeldet worden, wovon auf Preußen im ganzen 229000 kommen, und zwar auf Hannover 47 000, auf Westfalen 36600, auf Rheinland 24000 und auf Pommern 23000 Hektar. Die forstwirtschaftlich benutzte Flüche — um dieser gleich hier kurz zu gedenken - betrug im Deutschen Reiche 1878 188» 189» 1»00 1000 Hektar..... 13873 13908 13957 13996 Prozent der Gesamtfläche , 25,7 25,7 25,8 25,9 Sie ist also — trotz der landwirtschaftlichen Krisis - so gut wie unverändert geblieben, obgleich sich die forstwirtschaftlichen Ertrüge im allgemeinen durchaus nicht ungünstig entwickelt haben. Die Ergebnisse der besondern forstwirtschaft¬ lichen Erhebungen von 1900 sind noch nicht veröffentlicht worden. Von einem nähern Eingehn auf die Bewaldungsverhültnisse wird deshalb hier abgesehen. Um so mehr ist eine genauere Betrachtung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung auf Grund der vier Aufnahmen von Interesse. War aus den Veränderungen, die für die weder land- noch forstwirtschaftlich benutzte Fläche in der Periode der Agrarkrisis von 1878 bis 1900 nachgewiesen worden sind, auf eine Einschränkung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung nicht zu folgern, so ist aus der Entwicklung, die die Anbauverhältnisse der landwirtschaftlich benutzten Fläche in derselben Periode genommen haben, sogar auf eine Aus¬ dehnung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung im eigentlichen Sinne zu schließen. Wenn man, wie es durch das oben Gesagte gerechtfertigt wird, die sogenannten „Hutungen" ganz beiseite läßt, so betrug die landwirtschaftlich benutzte Fläche im Deutschen Reiche 1878 188» 18»» ISO» 1000 Hektar .... 32728 32828 33041 83143 Prozent der Gesamtfläche 60,61 60,77 61,13 61,30

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/238
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/238>, abgerufen am 01.09.2024.