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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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vult, ävoixi fände -- möge man es doch gewähren lassen! Wir vermögen weder
die Anschauungen des Blattes in betreff des Börsengesetzes noch seine Resignation
zu teilen, die übrigens eine gewisse Unterschätzung des eignen Einflusses zeigt.
Als anfangs der neunziger Jahre während der damals noch wenig befriedigenden
Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland von den Berliner Emissionsfirmen
der Versuch gemacht wurde, eine russische Anleihe in Berlin aufzulegen, erschien an
leitender Stelle der "Kreuzzeitung" ein Artikel nnter der Überschrift: "Kann es
wahr sein?", und gleich darauf folgte ein zweiter Artikel an derselben Stelle unter
der Überschrift: Mendelssohn, Warschauer 6- Co." Die Folge dieser Artikel war,
daß die Emission ins Wasser siel. Wenn sich das Blatt, anstatt die Börse summarisch
zu bekämpfen, die Erörterung der einzelnen finanziellen Vorgänge in sachlicher Weise
zum Prinzip machte, es würde dem Publikum ungleich mehr nützen, dem keine
für alle Zeiten festgelegte Schablone, sondern nur das von Fall zu Fall abgegebne
Urteil über die einzelnen finanziellen Erscheinungen etwas helfen kann. Es mag
sein, daß die erwähnte resignierte Stimmung des Blattes sein Stillschweigen anch
in dieser Angelegenheit erklärt; Thatsache ist jedenfalls, daß kritische Erörterungen
und gewisse Warnungsrufe gegenüber der letzten russischen Emission nur in liberalen
und demokratischen Blättern laut geworden sind. Und doch, so dünkt uns, wären
derartige Warnungen auch in andern Blättern am Platze gewesen. Denn es scheint,
um es zu wiederholen, weder die Aufgabe des deutschen Kapitals zu sein, die
Summen für die russischen Kriegskosten in China vorzustrecken, noch für die Inter¬
essen der Emissionsfirmen zu sorgen, während im übrigen das Geschrei über die
gegenwärtige "Geldflüssigkeit" die deutschen Kapitalisten niemals darüber zu beun¬
ruhigen braucht, daß sie beim Mangel einer russischen Anleihe in die schreckliche
Lage versetzt werden könnten, ihr Geld -- nicht mehr los zu werden.


Heimatfeste.

"Gemeinsame Feste sind des Volkes wertvollste Kleinodien,
und ihre Beförderung und Läuterung ist eine ernsthafte Aufgabe des Volkslehrers
und Staatsmanns, der Beruf jedes wahrhaften Menschenfreundes."

Mit diesen Worten des Montanus ist in einem höchst beachtenswerten Auf¬
sätze im 54. Jahrgange (1895) der Grenzboten der Niedergang unsrer Volksfeste
beklagt worden, und es sind dort auch zugleich Mittel und Wege angegeben worden,
die zur Wiederbelebung dieser "poetischen Blüte im Leben des Volkes" dienen
können. An erster Stelle fordert der Verfasser die Hebung und Veredlung des
Gemeinsinnes, der keine" Unterschied der Bildung, des Standes, des Berufs, der
Klaffen, des Ranges, des Reichtums und der Würden im Feste kennt, sondern wo
jeder sich frisch und frei als Mensch giebt, wo er es vor allem sein darf und sein
soll. Seit diesen Ausführungen ist eine neue Art von Volksfesten ins Leben ge¬
rufen worden, die erfreulicherweise immer weitere Ausdehnung zu finden scheinen
und sich zu einem großen Teile mit dem decken, was von unsern Volksfesten ver¬
langt werden muß. Es sind die Heimatfeste, die seit einigen Jahren in ver-
schiednen Städten der Provinz Sachsen gefeiert worden sind und eine kurze Be¬
sprechung verdienen.

Zuerst wurde im Jahre 1896 in der kleinen Stadt Duden a. d. Mulde das
fünfzigjährige Bestehn des dortigen Stadtparks gefeiert, der 1846 auf eiuer öde" Sand-
Wüste von zwei rührigen Naturfreunden -- einem Forstinspektor und einem Gerichts¬
assessor -- angelegt worden war und sich seitdem in eine herrliche Anlage ver¬
wandelt hatte. Zu diesem Feste stiftete der landsmännische Verein alter Dübener
in Berlin für die Anlagen ein Standbild der Germania; die Feier wurde mit
einem Festgottesdtenst eingeleitet, worin die Bedeutung des Tages für die Stadt
gebührend hervorgehoben wurde; bei der darauf erfolgenden Enthüllung des Stand¬
bildes hielten mehrere alte auswärtige Dübener Ansprachen, in denen sie der Treue
und Liebe zur alten Heimat gedachten, und so wurde aus dem Parkfest ein echtes
Heimatfest; alle Stände, so heißt es in den Festberichten, jung und alt nahmen
"n dem Heimatfeste, das jetzt alljährlich gefeiert wird, regen Anteil; die nnswär-


Gvenzboten IV 1902 28

vult, ävoixi fände — möge man es doch gewähren lassen! Wir vermögen weder
die Anschauungen des Blattes in betreff des Börsengesetzes noch seine Resignation
zu teilen, die übrigens eine gewisse Unterschätzung des eignen Einflusses zeigt.
Als anfangs der neunziger Jahre während der damals noch wenig befriedigenden
Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland von den Berliner Emissionsfirmen
der Versuch gemacht wurde, eine russische Anleihe in Berlin aufzulegen, erschien an
leitender Stelle der „Kreuzzeitung" ein Artikel nnter der Überschrift: „Kann es
wahr sein?", und gleich darauf folgte ein zweiter Artikel an derselben Stelle unter
der Überschrift: Mendelssohn, Warschauer 6- Co." Die Folge dieser Artikel war,
daß die Emission ins Wasser siel. Wenn sich das Blatt, anstatt die Börse summarisch
zu bekämpfen, die Erörterung der einzelnen finanziellen Vorgänge in sachlicher Weise
zum Prinzip machte, es würde dem Publikum ungleich mehr nützen, dem keine
für alle Zeiten festgelegte Schablone, sondern nur das von Fall zu Fall abgegebne
Urteil über die einzelnen finanziellen Erscheinungen etwas helfen kann. Es mag
sein, daß die erwähnte resignierte Stimmung des Blattes sein Stillschweigen anch
in dieser Angelegenheit erklärt; Thatsache ist jedenfalls, daß kritische Erörterungen
und gewisse Warnungsrufe gegenüber der letzten russischen Emission nur in liberalen
und demokratischen Blättern laut geworden sind. Und doch, so dünkt uns, wären
derartige Warnungen auch in andern Blättern am Platze gewesen. Denn es scheint,
um es zu wiederholen, weder die Aufgabe des deutschen Kapitals zu sein, die
Summen für die russischen Kriegskosten in China vorzustrecken, noch für die Inter¬
essen der Emissionsfirmen zu sorgen, während im übrigen das Geschrei über die
gegenwärtige „Geldflüssigkeit" die deutschen Kapitalisten niemals darüber zu beun¬
ruhigen braucht, daß sie beim Mangel einer russischen Anleihe in die schreckliche
Lage versetzt werden könnten, ihr Geld — nicht mehr los zu werden.


Heimatfeste.

„Gemeinsame Feste sind des Volkes wertvollste Kleinodien,
und ihre Beförderung und Läuterung ist eine ernsthafte Aufgabe des Volkslehrers
und Staatsmanns, der Beruf jedes wahrhaften Menschenfreundes."

Mit diesen Worten des Montanus ist in einem höchst beachtenswerten Auf¬
sätze im 54. Jahrgange (1895) der Grenzboten der Niedergang unsrer Volksfeste
beklagt worden, und es sind dort auch zugleich Mittel und Wege angegeben worden,
die zur Wiederbelebung dieser „poetischen Blüte im Leben des Volkes" dienen
können. An erster Stelle fordert der Verfasser die Hebung und Veredlung des
Gemeinsinnes, der keine» Unterschied der Bildung, des Standes, des Berufs, der
Klaffen, des Ranges, des Reichtums und der Würden im Feste kennt, sondern wo
jeder sich frisch und frei als Mensch giebt, wo er es vor allem sein darf und sein
soll. Seit diesen Ausführungen ist eine neue Art von Volksfesten ins Leben ge¬
rufen worden, die erfreulicherweise immer weitere Ausdehnung zu finden scheinen
und sich zu einem großen Teile mit dem decken, was von unsern Volksfesten ver¬
langt werden muß. Es sind die Heimatfeste, die seit einigen Jahren in ver-
schiednen Städten der Provinz Sachsen gefeiert worden sind und eine kurze Be¬
sprechung verdienen.

Zuerst wurde im Jahre 1896 in der kleinen Stadt Duden a. d. Mulde das
fünfzigjährige Bestehn des dortigen Stadtparks gefeiert, der 1846 auf eiuer öde» Sand-
Wüste von zwei rührigen Naturfreunden — einem Forstinspektor und einem Gerichts¬
assessor — angelegt worden war und sich seitdem in eine herrliche Anlage ver¬
wandelt hatte. Zu diesem Feste stiftete der landsmännische Verein alter Dübener
in Berlin für die Anlagen ein Standbild der Germania; die Feier wurde mit
einem Festgottesdtenst eingeleitet, worin die Bedeutung des Tages für die Stadt
gebührend hervorgehoben wurde; bei der darauf erfolgenden Enthüllung des Stand¬
bildes hielten mehrere alte auswärtige Dübener Ansprachen, in denen sie der Treue
und Liebe zur alten Heimat gedachten, und so wurde aus dem Parkfest ein echtes
Heimatfest; alle Stände, so heißt es in den Festberichten, jung und alt nahmen
"n dem Heimatfeste, das jetzt alljährlich gefeiert wird, regen Anteil; die nnswär-


Gvenzboten IV 1902 28
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[0227] vult, ävoixi fände — möge man es doch gewähren lassen! Wir vermögen weder die Anschauungen des Blattes in betreff des Börsengesetzes noch seine Resignation zu teilen, die übrigens eine gewisse Unterschätzung des eignen Einflusses zeigt. Als anfangs der neunziger Jahre während der damals noch wenig befriedigenden Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland von den Berliner Emissionsfirmen der Versuch gemacht wurde, eine russische Anleihe in Berlin aufzulegen, erschien an leitender Stelle der „Kreuzzeitung" ein Artikel nnter der Überschrift: „Kann es wahr sein?", und gleich darauf folgte ein zweiter Artikel an derselben Stelle unter der Überschrift: Mendelssohn, Warschauer 6- Co." Die Folge dieser Artikel war, daß die Emission ins Wasser siel. Wenn sich das Blatt, anstatt die Börse summarisch zu bekämpfen, die Erörterung der einzelnen finanziellen Vorgänge in sachlicher Weise zum Prinzip machte, es würde dem Publikum ungleich mehr nützen, dem keine für alle Zeiten festgelegte Schablone, sondern nur das von Fall zu Fall abgegebne Urteil über die einzelnen finanziellen Erscheinungen etwas helfen kann. Es mag sein, daß die erwähnte resignierte Stimmung des Blattes sein Stillschweigen anch in dieser Angelegenheit erklärt; Thatsache ist jedenfalls, daß kritische Erörterungen und gewisse Warnungsrufe gegenüber der letzten russischen Emission nur in liberalen und demokratischen Blättern laut geworden sind. Und doch, so dünkt uns, wären derartige Warnungen auch in andern Blättern am Platze gewesen. Denn es scheint, um es zu wiederholen, weder die Aufgabe des deutschen Kapitals zu sein, die Summen für die russischen Kriegskosten in China vorzustrecken, noch für die Inter¬ essen der Emissionsfirmen zu sorgen, während im übrigen das Geschrei über die gegenwärtige „Geldflüssigkeit" die deutschen Kapitalisten niemals darüber zu beun¬ ruhigen braucht, daß sie beim Mangel einer russischen Anleihe in die schreckliche Lage versetzt werden könnten, ihr Geld — nicht mehr los zu werden. Heimatfeste. „Gemeinsame Feste sind des Volkes wertvollste Kleinodien, und ihre Beförderung und Läuterung ist eine ernsthafte Aufgabe des Volkslehrers und Staatsmanns, der Beruf jedes wahrhaften Menschenfreundes." Mit diesen Worten des Montanus ist in einem höchst beachtenswerten Auf¬ sätze im 54. Jahrgange (1895) der Grenzboten der Niedergang unsrer Volksfeste beklagt worden, und es sind dort auch zugleich Mittel und Wege angegeben worden, die zur Wiederbelebung dieser „poetischen Blüte im Leben des Volkes" dienen können. An erster Stelle fordert der Verfasser die Hebung und Veredlung des Gemeinsinnes, der keine» Unterschied der Bildung, des Standes, des Berufs, der Klaffen, des Ranges, des Reichtums und der Würden im Feste kennt, sondern wo jeder sich frisch und frei als Mensch giebt, wo er es vor allem sein darf und sein soll. Seit diesen Ausführungen ist eine neue Art von Volksfesten ins Leben ge¬ rufen worden, die erfreulicherweise immer weitere Ausdehnung zu finden scheinen und sich zu einem großen Teile mit dem decken, was von unsern Volksfesten ver¬ langt werden muß. Es sind die Heimatfeste, die seit einigen Jahren in ver- schiednen Städten der Provinz Sachsen gefeiert worden sind und eine kurze Be¬ sprechung verdienen. Zuerst wurde im Jahre 1896 in der kleinen Stadt Duden a. d. Mulde das fünfzigjährige Bestehn des dortigen Stadtparks gefeiert, der 1846 auf eiuer öde» Sand- Wüste von zwei rührigen Naturfreunden — einem Forstinspektor und einem Gerichts¬ assessor — angelegt worden war und sich seitdem in eine herrliche Anlage ver¬ wandelt hatte. Zu diesem Feste stiftete der landsmännische Verein alter Dübener in Berlin für die Anlagen ein Standbild der Germania; die Feier wurde mit einem Festgottesdtenst eingeleitet, worin die Bedeutung des Tages für die Stadt gebührend hervorgehoben wurde; bei der darauf erfolgenden Enthüllung des Stand¬ bildes hielten mehrere alte auswärtige Dübener Ansprachen, in denen sie der Treue und Liebe zur alten Heimat gedachten, und so wurde aus dem Parkfest ein echtes Heimatfest; alle Stände, so heißt es in den Festberichten, jung und alt nahmen "n dem Heimatfeste, das jetzt alljährlich gefeiert wird, regen Anteil; die nnswär- Gvenzboten IV 1902 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/227>, abgerufen am 01.09.2024.