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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

großen Lagerraum untergebracht, und es währte nicht lange, so war der Raum
bis unter die Decke mit Fässern angefüllt. So wollte es Drillhose habe", und
davon ließ er nicht ab, obgleich man ihm vorhielt, das Geschäft sei noch zu jung,
als daß es sich in Spekulationen einlassen dürfe.

Wandrer hatte Proben seines Zements nach Charlottenburg zur Prüfung ein¬
gesandt und ein ausgezeichnetes Zeugnis erhalten. Er sorgte dafür, daß dieses
Zeugnis in den Fachblättern bekannt gemacht wurde, suchte Eisenbahnbauämter und
Bauunternehmer auf und erreichte, daß sein Geschäft, da sein Produkt vortrefflich
war, und er billiger als andre liefern konnte, schnell in Flor kam.

Währenddessen gestaltete Ellen ihr Laboratorium zum Kondor um. Die Flaschen
und die chemischen Geräte räumte sie nicht weg, sondern stellte sie wohlgeordnet im
Hintergrunde auf -- Klappern gehört zum Handwerk, sagte sie --, zog Schreib¬
ärmel an, besorgte die Korrespondenz und führte die Bücher, wozu ihr Wandrer
Allweisungen gab, die sehr ausführlich gewesen sein mußten, denn sie nahmen er¬
staunlich viel Zeit in Anspruch.

Im Gemüsegarten des Fronhofes standen ganze Türme von leeren Fässern,
die Klapphorn mit Hilfe einiger Gesellen gebaut hatte.

Wenn die gnädige Frau einmal die Rückseite ihres Besitztums einer Besichtigung
würdigte, so sah sie diese Gebäude aus Fcisseru mit staunender Bewundrung durch
ihre Lorgnette an. -- Aber mein Gott, sagte die gnädige Frau, zu was soll den"
diese Unmasse von Fässern?

Zu Zement, Mama, antwortete Ellen.

Zement? Was ist eigentlich Zement? fragte die gnädige Frau.

Zement, Mama, ist ein Steinleim, sagte Ellen mit wissenschaftlichem Ernste,
mit dem man alte, würdige, aber wacklig gewordne Häuser wieder zusammenpappt.
Zum Beispiel den Fronhof.

Mama war mit der Antwort nicht ganz zufrieden. Sie hatte die Empfindung,
daß sie Ellen nur halb verstanden habe.

Alles war im besten Gange, und alle waren Wohl zufrieden mit Ausnahme
von Wandrer, der seine unklare und unsichre Stellung zwischen Heinrichshall und
der Zemeutfabrik Peinlich empfand. Ja, wenn Wenzel noch dagewesen wäre! Aber
Wenzel war verschwunden, und das Werk wurde, soweit etwas zu dirigieren war,
von Berlin aus geleitet. Er selbst nahm die Stellung eines höhern Hausmanns
ein, um Auskunft zu erteilen und unbequeme Besucher abzuweisen. Doktor Olbrich,
Lehmbrand, Rummel, Hegelmeier, alle waren fortgezogen. Wie lange konnte es
dauern, dann kam auch er an die Reihe.

Es dauerte auch nicht lange, so erschien der alte abscheuliche Justizrat, wie
ihn Lydia genannt hatte. Es war ein seiner alter Herr, der freilich die nicht
berechtigte Liebhaberei hatte, junge Mädchen in die Backen zu kneifen. Der Herr
Justizrat war sehr freundlich Wandrer gegenüber und machte ein großes Aufheben
von den Verdiensten, die sich Wandrer um Heinrichshall erworben habe, und wie
man in der Zeit des Streiks gar keinen bessern Vertreter hätte haben können
als ihn. Was das Ende der Rede sein würde, erkannte Wandrer sogleich, ein
großes Bedauern und die Kündigung. Da er es nun dankbar anerkannte, daß
man ihn nicht mit kühlen Worten brieflich gehn geheißen habe, und da es dem
Herrn Justizrat sichtlich schwer wurde, auf das besagte Ende zu kommen, so kam
Wandrer ihm entgegen und bat den Herrn Justizrat, ihn zu entlassen; es sei jetzt
nichts mehr für ihn zu thun da. Der Herr Justizrat sprach sein allergrößtes
Bedauern aus, aber willigte ein und versprach zu vermitteln, wenn Wandrer eine
neue Stelle suche. Er möchte doch ins Ausland gehn, da sei noch etwas zu machen.
Wandrer dankte und erwiderte, es habe sich für ihn schon eine Beschäftigung ge¬
funden, das Zementwerk bei Holzweißig, und er fühle gar keine Lust, wieder ins
Ausland zu gehn.

Hören Sie, Herr Wandrer, entgegnete der Justizrat, das ist nichts für Sie.


Doktor Duttmüller und sein Freund

großen Lagerraum untergebracht, und es währte nicht lange, so war der Raum
bis unter die Decke mit Fässern angefüllt. So wollte es Drillhose habe», und
davon ließ er nicht ab, obgleich man ihm vorhielt, das Geschäft sei noch zu jung,
als daß es sich in Spekulationen einlassen dürfe.

Wandrer hatte Proben seines Zements nach Charlottenburg zur Prüfung ein¬
gesandt und ein ausgezeichnetes Zeugnis erhalten. Er sorgte dafür, daß dieses
Zeugnis in den Fachblättern bekannt gemacht wurde, suchte Eisenbahnbauämter und
Bauunternehmer auf und erreichte, daß sein Geschäft, da sein Produkt vortrefflich
war, und er billiger als andre liefern konnte, schnell in Flor kam.

Währenddessen gestaltete Ellen ihr Laboratorium zum Kondor um. Die Flaschen
und die chemischen Geräte räumte sie nicht weg, sondern stellte sie wohlgeordnet im
Hintergrunde auf — Klappern gehört zum Handwerk, sagte sie —, zog Schreib¬
ärmel an, besorgte die Korrespondenz und führte die Bücher, wozu ihr Wandrer
Allweisungen gab, die sehr ausführlich gewesen sein mußten, denn sie nahmen er¬
staunlich viel Zeit in Anspruch.

Im Gemüsegarten des Fronhofes standen ganze Türme von leeren Fässern,
die Klapphorn mit Hilfe einiger Gesellen gebaut hatte.

Wenn die gnädige Frau einmal die Rückseite ihres Besitztums einer Besichtigung
würdigte, so sah sie diese Gebäude aus Fcisseru mit staunender Bewundrung durch
ihre Lorgnette an. — Aber mein Gott, sagte die gnädige Frau, zu was soll den»
diese Unmasse von Fässern?

Zu Zement, Mama, antwortete Ellen.

Zement? Was ist eigentlich Zement? fragte die gnädige Frau.

Zement, Mama, ist ein Steinleim, sagte Ellen mit wissenschaftlichem Ernste,
mit dem man alte, würdige, aber wacklig gewordne Häuser wieder zusammenpappt.
Zum Beispiel den Fronhof.

Mama war mit der Antwort nicht ganz zufrieden. Sie hatte die Empfindung,
daß sie Ellen nur halb verstanden habe.

Alles war im besten Gange, und alle waren Wohl zufrieden mit Ausnahme
von Wandrer, der seine unklare und unsichre Stellung zwischen Heinrichshall und
der Zemeutfabrik Peinlich empfand. Ja, wenn Wenzel noch dagewesen wäre! Aber
Wenzel war verschwunden, und das Werk wurde, soweit etwas zu dirigieren war,
von Berlin aus geleitet. Er selbst nahm die Stellung eines höhern Hausmanns
ein, um Auskunft zu erteilen und unbequeme Besucher abzuweisen. Doktor Olbrich,
Lehmbrand, Rummel, Hegelmeier, alle waren fortgezogen. Wie lange konnte es
dauern, dann kam auch er an die Reihe.

Es dauerte auch nicht lange, so erschien der alte abscheuliche Justizrat, wie
ihn Lydia genannt hatte. Es war ein seiner alter Herr, der freilich die nicht
berechtigte Liebhaberei hatte, junge Mädchen in die Backen zu kneifen. Der Herr
Justizrat war sehr freundlich Wandrer gegenüber und machte ein großes Aufheben
von den Verdiensten, die sich Wandrer um Heinrichshall erworben habe, und wie
man in der Zeit des Streiks gar keinen bessern Vertreter hätte haben können
als ihn. Was das Ende der Rede sein würde, erkannte Wandrer sogleich, ein
großes Bedauern und die Kündigung. Da er es nun dankbar anerkannte, daß
man ihn nicht mit kühlen Worten brieflich gehn geheißen habe, und da es dem
Herrn Justizrat sichtlich schwer wurde, auf das besagte Ende zu kommen, so kam
Wandrer ihm entgegen und bat den Herrn Justizrat, ihn zu entlassen; es sei jetzt
nichts mehr für ihn zu thun da. Der Herr Justizrat sprach sein allergrößtes
Bedauern aus, aber willigte ein und versprach zu vermitteln, wenn Wandrer eine
neue Stelle suche. Er möchte doch ins Ausland gehn, da sei noch etwas zu machen.
Wandrer dankte und erwiderte, es habe sich für ihn schon eine Beschäftigung ge¬
funden, das Zementwerk bei Holzweißig, und er fühle gar keine Lust, wieder ins
Ausland zu gehn.

Hören Sie, Herr Wandrer, entgegnete der Justizrat, das ist nichts für Sie.


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[0734] Doktor Duttmüller und sein Freund großen Lagerraum untergebracht, und es währte nicht lange, so war der Raum bis unter die Decke mit Fässern angefüllt. So wollte es Drillhose habe», und davon ließ er nicht ab, obgleich man ihm vorhielt, das Geschäft sei noch zu jung, als daß es sich in Spekulationen einlassen dürfe. Wandrer hatte Proben seines Zements nach Charlottenburg zur Prüfung ein¬ gesandt und ein ausgezeichnetes Zeugnis erhalten. Er sorgte dafür, daß dieses Zeugnis in den Fachblättern bekannt gemacht wurde, suchte Eisenbahnbauämter und Bauunternehmer auf und erreichte, daß sein Geschäft, da sein Produkt vortrefflich war, und er billiger als andre liefern konnte, schnell in Flor kam. Währenddessen gestaltete Ellen ihr Laboratorium zum Kondor um. Die Flaschen und die chemischen Geräte räumte sie nicht weg, sondern stellte sie wohlgeordnet im Hintergrunde auf — Klappern gehört zum Handwerk, sagte sie —, zog Schreib¬ ärmel an, besorgte die Korrespondenz und führte die Bücher, wozu ihr Wandrer Allweisungen gab, die sehr ausführlich gewesen sein mußten, denn sie nahmen er¬ staunlich viel Zeit in Anspruch. Im Gemüsegarten des Fronhofes standen ganze Türme von leeren Fässern, die Klapphorn mit Hilfe einiger Gesellen gebaut hatte. Wenn die gnädige Frau einmal die Rückseite ihres Besitztums einer Besichtigung würdigte, so sah sie diese Gebäude aus Fcisseru mit staunender Bewundrung durch ihre Lorgnette an. — Aber mein Gott, sagte die gnädige Frau, zu was soll den» diese Unmasse von Fässern? Zu Zement, Mama, antwortete Ellen. Zement? Was ist eigentlich Zement? fragte die gnädige Frau. Zement, Mama, ist ein Steinleim, sagte Ellen mit wissenschaftlichem Ernste, mit dem man alte, würdige, aber wacklig gewordne Häuser wieder zusammenpappt. Zum Beispiel den Fronhof. Mama war mit der Antwort nicht ganz zufrieden. Sie hatte die Empfindung, daß sie Ellen nur halb verstanden habe. Alles war im besten Gange, und alle waren Wohl zufrieden mit Ausnahme von Wandrer, der seine unklare und unsichre Stellung zwischen Heinrichshall und der Zemeutfabrik Peinlich empfand. Ja, wenn Wenzel noch dagewesen wäre! Aber Wenzel war verschwunden, und das Werk wurde, soweit etwas zu dirigieren war, von Berlin aus geleitet. Er selbst nahm die Stellung eines höhern Hausmanns ein, um Auskunft zu erteilen und unbequeme Besucher abzuweisen. Doktor Olbrich, Lehmbrand, Rummel, Hegelmeier, alle waren fortgezogen. Wie lange konnte es dauern, dann kam auch er an die Reihe. Es dauerte auch nicht lange, so erschien der alte abscheuliche Justizrat, wie ihn Lydia genannt hatte. Es war ein seiner alter Herr, der freilich die nicht berechtigte Liebhaberei hatte, junge Mädchen in die Backen zu kneifen. Der Herr Justizrat war sehr freundlich Wandrer gegenüber und machte ein großes Aufheben von den Verdiensten, die sich Wandrer um Heinrichshall erworben habe, und wie man in der Zeit des Streiks gar keinen bessern Vertreter hätte haben können als ihn. Was das Ende der Rede sein würde, erkannte Wandrer sogleich, ein großes Bedauern und die Kündigung. Da er es nun dankbar anerkannte, daß man ihn nicht mit kühlen Worten brieflich gehn geheißen habe, und da es dem Herrn Justizrat sichtlich schwer wurde, auf das besagte Ende zu kommen, so kam Wandrer ihm entgegen und bat den Herrn Justizrat, ihn zu entlassen; es sei jetzt nichts mehr für ihn zu thun da. Der Herr Justizrat sprach sein allergrößtes Bedauern aus, aber willigte ein und versprach zu vermitteln, wenn Wandrer eine neue Stelle suche. Er möchte doch ins Ausland gehn, da sei noch etwas zu machen. Wandrer dankte und erwiderte, es habe sich für ihn schon eine Beschäftigung ge¬ funden, das Zementwerk bei Holzweißig, und er fühle gar keine Lust, wieder ins Ausland zu gehn. Hören Sie, Herr Wandrer, entgegnete der Justizrat, das ist nichts für Sie.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/734>, abgerufen am 26.06.2024.