Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.Individualismus stuMs 6t borus. Von solcher Sorte Menschentum will er grundsätzlich nichts Wer den venerat 8oeig.l genauer liest, der wird sich nur schwer dazu Individualismus stuMs 6t borus. Von solcher Sorte Menschentum will er grundsätzlich nichts Wer den venerat 8oeig.l genauer liest, der wird sich nur schwer dazu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0653" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237939"/> <fw type="header" place="top"> Individualismus</fw><lb/> <p xml:id="ID_3272" prev="#ID_3271"> stuMs 6t borus. Von solcher Sorte Menschentum will er grundsätzlich nichts<lb/> wissen. Das Verfahren, sie mit ihrer selbstverständlichen insA-Ms MMque<lb/> «mers iss b.oinnrs8 zum maßgebenden Ausgangspunkt für irgendwelche Ein¬<lb/> richtungen in Staat und Gesellschaft zu machen, gilt ihm einfach als Ursache<lb/> aller schlimmen Erscheinungen im öffentlichen wie im privaten Leben. Er<lb/> rechnet auch nicht mit ihr. Er nimmt als Grundgröße seiner sozialpolitischen<lb/> Bildungen den aller Erdenschlncke baren, den abstrakten Menschen; er nennt<lb/> ihn Ztrs intelligent. Was etwa daran fehlen sollte, diesem fers iutslligsnt<lb/> auch das letzte, ihm möglicherweise doch noch anklebende Nestchen irdischer<lb/> Natürlichkeit abzustreifen, das besorgt Rousseau mit dem ocmtrg.t sovml, dessen<lb/> Sätzen als unbedingt zwingenden Regeln er seine gesamte Staatsgesellschaft<lb/> unterwirft. Er nötigt jedes Mitglied seines durch den vortrat 8ooial ge¬<lb/> schaffnen corps moral se «zollsotit, zu verzichten auf uns volcmts xg.rtioulisrs<lb/> Und soo intörst xartisnlisr; er spricht sogar ganz kühl aus, daß bei voll-<lb/> kommnem Walten der vom vortrat sooial getragnen öffentlichen Ordnung la<lb/> Volants partisulivi-s on iuäiviäuslls äoit Ztrs nulle. Für deutsches Empfinden<lb/> O das die verrückteste Umkehrung der Natur; ihm aber, dem Vollblutromanen,<lb/> ist es das einzig Wahre. Mit Wollust treibt er aus den Gliedern seiner<lb/> Sozialkommnne, seinen a88osiss, den natürlichen Adam aus, um sie unter¬<lb/> schiedslos zu Idealmenschen zu machen. An der Unterschiedslosigkeit nun, an<lb/> der Gleichheit der Menschen liegt ihm alles; denn sie grundsätzlich aufzurichten<lb/> ist ihm Kern und Stern seiner Ausführungen, und sie sozialpolitisch zu be¬<lb/> gründen ist Sinn und Zweck seines vortrat social. Als er das durch das<lb/> erste Buch seiner Schrift erreicht zu haben glaubt, schreibt er triumphierend:<lb/> ^6 tsrininsrai so slispitrs <ze os livrs xar uns rsumrauo Hui äoit ssrvir as<lb/> pass a tout is s^störinz sooial; o'sse ein'an usu as ä^truirs I'sAÄits Q5>.durst1s,<lb/> ^ pasts konclainsutal substitus s,n voutrairs uns sA^Ins morals se lsgitims<lb/> ^- es <^us 1», naturf avait xu insttrs ä'ius^lito' xb.78la.us outrs iss doininss,<lb/> 6t <zus, xouvMt fers iusganx su tores on su Zsnis, Ü8 äsvisunsut tous<lb/> VMnx xar oonvsution se as äroit. Da ists, was Breysig als Massen- oder<lb/> Sozialindividualismus ansieht. Da ist in geschlossenster, reinster Form die<lb/> Annahme eines menschlichen Durchschnittsmaßes zur sozialpolitischen Regel und<lb/> Richtschnur, das Streben zur Ausgleichung der Menschen, das Absehen auf<lb/> alle unter grundsätzlicher Niederhaltung jedes Persönlichkeitsdrangs. Es ist<lb/> ^doch zugleich Rousseaus Glaubensbekenntnis, Selbsterkenntnis des Urbilds<lb/> der romanischen Sonderart Mensch; es ist, weit entfernt von irgend welcher<lb/> Ableitung seiner Sätze aus allgemein menschlichem Grundempsinden, durchaus<lb/> und lediglich romanisches Wesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3273" next="#ID_3274"> Wer den venerat 8oeig.l genauer liest, der wird sich nur schwer dazu<lb/> berstehn, die Lebensführung und charakteristische Art der von ihm ergriffnen<lb/> Menschen mit dem Breysigschcn Worte Massen- oder Sozialindividualismus<lb/> SU bezeichnen. Er wird völlig davor stutzen, wenn er auf den Satz stößt,<lb/> daß der Staat (is scmvsrain) us äistingus auonn as osux oni is ooinxo8fut.<lb/> Logischerweise giebt es gar keine Möglichkeit mehr, bei diesen Staatsordnungen<lb/> uoch von eigner Art, Individualität, Individualismus zu reden, auch uicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0653]
Individualismus
stuMs 6t borus. Von solcher Sorte Menschentum will er grundsätzlich nichts
wissen. Das Verfahren, sie mit ihrer selbstverständlichen insA-Ms MMque
«mers iss b.oinnrs8 zum maßgebenden Ausgangspunkt für irgendwelche Ein¬
richtungen in Staat und Gesellschaft zu machen, gilt ihm einfach als Ursache
aller schlimmen Erscheinungen im öffentlichen wie im privaten Leben. Er
rechnet auch nicht mit ihr. Er nimmt als Grundgröße seiner sozialpolitischen
Bildungen den aller Erdenschlncke baren, den abstrakten Menschen; er nennt
ihn Ztrs intelligent. Was etwa daran fehlen sollte, diesem fers iutslligsnt
auch das letzte, ihm möglicherweise doch noch anklebende Nestchen irdischer
Natürlichkeit abzustreifen, das besorgt Rousseau mit dem ocmtrg.t sovml, dessen
Sätzen als unbedingt zwingenden Regeln er seine gesamte Staatsgesellschaft
unterwirft. Er nötigt jedes Mitglied seines durch den vortrat 8ooial ge¬
schaffnen corps moral se «zollsotit, zu verzichten auf uns volcmts xg.rtioulisrs
Und soo intörst xartisnlisr; er spricht sogar ganz kühl aus, daß bei voll-
kommnem Walten der vom vortrat sooial getragnen öffentlichen Ordnung la
Volants partisulivi-s on iuäiviäuslls äoit Ztrs nulle. Für deutsches Empfinden
O das die verrückteste Umkehrung der Natur; ihm aber, dem Vollblutromanen,
ist es das einzig Wahre. Mit Wollust treibt er aus den Gliedern seiner
Sozialkommnne, seinen a88osiss, den natürlichen Adam aus, um sie unter¬
schiedslos zu Idealmenschen zu machen. An der Unterschiedslosigkeit nun, an
der Gleichheit der Menschen liegt ihm alles; denn sie grundsätzlich aufzurichten
ist ihm Kern und Stern seiner Ausführungen, und sie sozialpolitisch zu be¬
gründen ist Sinn und Zweck seines vortrat social. Als er das durch das
erste Buch seiner Schrift erreicht zu haben glaubt, schreibt er triumphierend:
^6 tsrininsrai so slispitrs <ze os livrs xar uns rsumrauo Hui äoit ssrvir as
pass a tout is s^störinz sooial; o'sse ein'an usu as ä^truirs I'sAÄits Q5>.durst1s,
^ pasts konclainsutal substitus s,n voutrairs uns sA^Ins morals se lsgitims
^- es <^us 1», naturf avait xu insttrs ä'ius^lito' xb.78la.us outrs iss doininss,
6t <zus, xouvMt fers iusganx su tores on su Zsnis, Ü8 äsvisunsut tous
VMnx xar oonvsution se as äroit. Da ists, was Breysig als Massen- oder
Sozialindividualismus ansieht. Da ist in geschlossenster, reinster Form die
Annahme eines menschlichen Durchschnittsmaßes zur sozialpolitischen Regel und
Richtschnur, das Streben zur Ausgleichung der Menschen, das Absehen auf
alle unter grundsätzlicher Niederhaltung jedes Persönlichkeitsdrangs. Es ist
^doch zugleich Rousseaus Glaubensbekenntnis, Selbsterkenntnis des Urbilds
der romanischen Sonderart Mensch; es ist, weit entfernt von irgend welcher
Ableitung seiner Sätze aus allgemein menschlichem Grundempsinden, durchaus
und lediglich romanisches Wesen.
Wer den venerat 8oeig.l genauer liest, der wird sich nur schwer dazu
berstehn, die Lebensführung und charakteristische Art der von ihm ergriffnen
Menschen mit dem Breysigschcn Worte Massen- oder Sozialindividualismus
SU bezeichnen. Er wird völlig davor stutzen, wenn er auf den Satz stößt,
daß der Staat (is scmvsrain) us äistingus auonn as osux oni is ooinxo8fut.
Logischerweise giebt es gar keine Möglichkeit mehr, bei diesen Staatsordnungen
uoch von eigner Art, Individualität, Individualismus zu reden, auch uicht
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