Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.Doktor Duttmnllcr und sein Freund entzündung, und muß sterben, der muß es dermaleinst vor Gottes Thron verant¬ Herr Wandrer, sagte Rummel etwas kleinlaut, es ist eine gute Frau, aber ein Haben Sie einen Augenblick Zeit? fragte Wandrer- Soviel Sie wollen. Ich möchte einfahren und mich von dem Stande der Arbeiten überzeugen. Rummel erschrak. -- Aber Karoline, Herr Wandrer ist ja jetzt Direktor. Frau Ich kanns nicht leugnen, Frau Rummel, erwiderte Wandrer. Und wenn Sie Mich kommandieren? Ich will Ihnen einmal was sagen, mich kommandieren Wandrer lachte, aber Nnnunel schüttelte bekümmert das Haupt und sagte: Eine Wandrer und Rummel begaben sich ins Knappschaftshans, legten Bergmanns- Hier würde nnn die Stelle sein, eine farbige Beschreibung des Salzbergwerks Als Wandrer unter die Bergleute trat, die am "Bremsberge" beschäftigt Ist Siebitsch hier? fragte Wandrer. Doktor Duttmnllcr und sein Freund entzündung, und muß sterben, der muß es dermaleinst vor Gottes Thron verant¬ Herr Wandrer, sagte Rummel etwas kleinlaut, es ist eine gute Frau, aber ein Haben Sie einen Augenblick Zeit? fragte Wandrer- Soviel Sie wollen. Ich möchte einfahren und mich von dem Stande der Arbeiten überzeugen. Rummel erschrak. — Aber Karoline, Herr Wandrer ist ja jetzt Direktor. Frau Ich kanns nicht leugnen, Frau Rummel, erwiderte Wandrer. Und wenn Sie Mich kommandieren? Ich will Ihnen einmal was sagen, mich kommandieren Wandrer lachte, aber Nnnunel schüttelte bekümmert das Haupt und sagte: Eine Wandrer und Rummel begaben sich ins Knappschaftshans, legten Bergmanns- Hier würde nnn die Stelle sein, eine farbige Beschreibung des Salzbergwerks Als Wandrer unter die Bergleute trat, die am „Bremsberge" beschäftigt Ist Siebitsch hier? fragte Wandrer. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237342"/> <fw type="header" place="top"> Doktor Duttmnllcr und sein Freund</fw><lb/> <p xml:id="ID_262" prev="#ID_261"> entzündung, und muß sterben, der muß es dermaleinst vor Gottes Thron verant¬<lb/> worten. Damit ließ sie ihre beschwörend erhobne Hand sinken und zog ab in die<lb/> Küche zu ihrem Wcischfnsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_263"> Herr Wandrer, sagte Rummel etwas kleinlaut, es ist eine gute Frau, aber ein<lb/> bischen schwer zu ertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_264"> Haben Sie einen Augenblick Zeit? fragte Wandrer-</p><lb/> <p xml:id="ID_265"> Soviel Sie wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_266"> Ich möchte einfahren und mich von dem Stande der Arbeiten überzeugen.<lb/> Rummel sub sich scheu um, nickte und griff nach seiner Mütze. Aber die liebe Frau<lb/> hatte die Frage doch gehört nud kam mit den beiden unglücklichen Kindern an der<lb/> Schürze angesegelt, während ihr der Seifenschaum bis an die Ellenbogen ging. —<lb/> Herr Wandrer, sagte sie in strengem Tone, ich will Ihnen einmal was sagen,<lb/> wenn seine Schicht ist, und er hinunter muß, dann muß er hinunter, aber wenn<lb/> es uicht nötig ist, dann ist es eine Sünde. Und Sie thäten auch besser, sich um<lb/> das zu bekümmern, was Sie angeht, und nicht um das, was Sie nichts angeht.</p><lb/> <p xml:id="ID_267"> Rummel erschrak. — Aber Karoline, Herr Wandrer ist ja jetzt Direktor. Frau<lb/> Rummel sah ihn von oben bis unter an und sagte: Sie?</p><lb/> <p xml:id="ID_268"> Ich kanns nicht leugnen, Frau Rummel, erwiderte Wandrer. Und wenn Sie<lb/> Ihren Mann allein nicht einfahren lassen wollen, so wird nichts andres übrig<lb/> bleiben, als Sie zu kommandieren und mit hinunter zu nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_269"> Mich kommandieren? Ich will Ihnen einmal was sagen, mich kommandieren<lb/> Sie nicht. Mich nicht! Sie nicht! — Damit zog sie sich mit ihren zwei un¬<lb/> glücklichen Kindern wieder zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_270"> Wandrer lachte, aber Nnnunel schüttelte bekümmert das Haupt und sagte: Eine<lb/> gute Frau, Herr Wandrer, aber ein bischen schwer zu ertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_271"> Wandrer und Rummel begaben sich ins Knappschaftshans, legten Bergmanns-<lb/> kleider an, traten auf die Förderschale und fuhren in die Tiefe. Es ist eine merk¬<lb/> würdige Empfindung, so in die Tiefe befördert zu werden. Man verliert die Vor¬<lb/> stellung von Raum und Zeit. Man hat keine Vorstellung davon, wie schnell die<lb/> Fahrt geht, und wie lange sie danert. Man kommt sich vor wie losgelöst von der<lb/> Welt. Bisweilen fliegt von unten nach oben ein Licht an uns vorüber. Jetzt<lb/> verlangsamt sich die Fahrt, Lichter tauchen auf, und die Förderschale hält nach einigem<lb/> Probieren still. Wir steigen aus. — Glück auf. — Noch haben wir unsre Augen<lb/> nicht an das trübe Licht gewohnt, so hören wir von fern ein dumpfes Rollen. —<lb/> Zur Seite treten! — Ein Schachtwagen donnert die abschüssige Bahn herab, wird<lb/> auf die Bühne der Förderschale geschoben und geht hinauf.</p><lb/> <p xml:id="ID_272"> Hier würde nnn die Stelle sein, eine farbige Beschreibung des Salzbergwerks<lb/> zu geben, die kristallnen Dome und sonstige Sehenswürdigkeiten zu schildern. Aber<lb/> dies alles gab es in Heinrichshall nicht. Die großen Hohlrttnme, womöglich mit<lb/> unterirdischen Seen, finden sich in alten Bergwerken. In Heinrichshall war noch<lb/> nicht viel gefördert worden, und es gab nur Stollen, die durchs Gestein in die<lb/> Salzlager hineinführten.</p><lb/> <p xml:id="ID_273"> Als Wandrer unter die Bergleute trat, die am „Bremsberge" beschäftigt<lb/> waren, wurde er mit neugierigen Blicken betrachtet. Man stieß sich mit den Ellen¬<lb/> bogen an, und einer sagte zum rudern: Das ist der neue Direktor. Worauf einer<lb/> von ihnen, Göhring mit Namen, eine noch finstrere Miene mochte, als er an sich<lb/> schon hatte, sich herumdrehte und ausspuckte. Göhring war nämlich einer der Ziel¬<lb/> bewußten und kannte das ganze Vokabularium vom Schlotbaron bis zum Sklaven¬<lb/> halter und Menschenschinder auswendig. Zu erfahren, daß dieser junge Mann<lb/> im Dienste des Kapitals stehe, genügte ihm, ihn als Todfeind, ja als Verbrecher<lb/> anzusehen. Die andern waren harmloser und hofften von dem neuen Regiment<lb/> einen bessern Verdienst. Und August Flauschrock, der unter seinen Kameraden als<lb/> ausgezeichneter Witzbold geschätzt wurde, fing schon an, Witze zu reißen.</p><lb/> <p xml:id="ID_274"> Ist Siebitsch hier? fragte Wandrer.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
Doktor Duttmnllcr und sein Freund
entzündung, und muß sterben, der muß es dermaleinst vor Gottes Thron verant¬
worten. Damit ließ sie ihre beschwörend erhobne Hand sinken und zog ab in die
Küche zu ihrem Wcischfnsse.
Herr Wandrer, sagte Rummel etwas kleinlaut, es ist eine gute Frau, aber ein
bischen schwer zu ertragen.
Haben Sie einen Augenblick Zeit? fragte Wandrer-
Soviel Sie wollen.
Ich möchte einfahren und mich von dem Stande der Arbeiten überzeugen.
Rummel sub sich scheu um, nickte und griff nach seiner Mütze. Aber die liebe Frau
hatte die Frage doch gehört nud kam mit den beiden unglücklichen Kindern an der
Schürze angesegelt, während ihr der Seifenschaum bis an die Ellenbogen ging. —
Herr Wandrer, sagte sie in strengem Tone, ich will Ihnen einmal was sagen,
wenn seine Schicht ist, und er hinunter muß, dann muß er hinunter, aber wenn
es uicht nötig ist, dann ist es eine Sünde. Und Sie thäten auch besser, sich um
das zu bekümmern, was Sie angeht, und nicht um das, was Sie nichts angeht.
Rummel erschrak. — Aber Karoline, Herr Wandrer ist ja jetzt Direktor. Frau
Rummel sah ihn von oben bis unter an und sagte: Sie?
Ich kanns nicht leugnen, Frau Rummel, erwiderte Wandrer. Und wenn Sie
Ihren Mann allein nicht einfahren lassen wollen, so wird nichts andres übrig
bleiben, als Sie zu kommandieren und mit hinunter zu nehmen.
Mich kommandieren? Ich will Ihnen einmal was sagen, mich kommandieren
Sie nicht. Mich nicht! Sie nicht! — Damit zog sie sich mit ihren zwei un¬
glücklichen Kindern wieder zurück.
Wandrer lachte, aber Nnnunel schüttelte bekümmert das Haupt und sagte: Eine
gute Frau, Herr Wandrer, aber ein bischen schwer zu ertragen.
Wandrer und Rummel begaben sich ins Knappschaftshans, legten Bergmanns-
kleider an, traten auf die Förderschale und fuhren in die Tiefe. Es ist eine merk¬
würdige Empfindung, so in die Tiefe befördert zu werden. Man verliert die Vor¬
stellung von Raum und Zeit. Man hat keine Vorstellung davon, wie schnell die
Fahrt geht, und wie lange sie danert. Man kommt sich vor wie losgelöst von der
Welt. Bisweilen fliegt von unten nach oben ein Licht an uns vorüber. Jetzt
verlangsamt sich die Fahrt, Lichter tauchen auf, und die Förderschale hält nach einigem
Probieren still. Wir steigen aus. — Glück auf. — Noch haben wir unsre Augen
nicht an das trübe Licht gewohnt, so hören wir von fern ein dumpfes Rollen. —
Zur Seite treten! — Ein Schachtwagen donnert die abschüssige Bahn herab, wird
auf die Bühne der Förderschale geschoben und geht hinauf.
Hier würde nnn die Stelle sein, eine farbige Beschreibung des Salzbergwerks
zu geben, die kristallnen Dome und sonstige Sehenswürdigkeiten zu schildern. Aber
dies alles gab es in Heinrichshall nicht. Die großen Hohlrttnme, womöglich mit
unterirdischen Seen, finden sich in alten Bergwerken. In Heinrichshall war noch
nicht viel gefördert worden, und es gab nur Stollen, die durchs Gestein in die
Salzlager hineinführten.
Als Wandrer unter die Bergleute trat, die am „Bremsberge" beschäftigt
waren, wurde er mit neugierigen Blicken betrachtet. Man stieß sich mit den Ellen¬
bogen an, und einer sagte zum rudern: Das ist der neue Direktor. Worauf einer
von ihnen, Göhring mit Namen, eine noch finstrere Miene mochte, als er an sich
schon hatte, sich herumdrehte und ausspuckte. Göhring war nämlich einer der Ziel¬
bewußten und kannte das ganze Vokabularium vom Schlotbaron bis zum Sklaven¬
halter und Menschenschinder auswendig. Zu erfahren, daß dieser junge Mann
im Dienste des Kapitals stehe, genügte ihm, ihn als Todfeind, ja als Verbrecher
anzusehen. Die andern waren harmloser und hofften von dem neuen Regiment
einen bessern Verdienst. Und August Flauschrock, der unter seinen Kameraden als
ausgezeichneter Witzbold geschätzt wurde, fing schon an, Witze zu reißen.
Ist Siebitsch hier? fragte Wandrer.
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