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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Uursächsische Streifzüge

gekehrtes Verhältnis denkbar, dnß einer sich gegen Gott mit den bösen Geistern
Verbündete. Das that der geheimnisvolle Doktor Faust, von dem die 1587 in
Frankfurt gedruckte "Historia von v. Johann Fausten dem weitbeschreyten Zauberer
unnd Schwartzkünstler" berichtet. Dieses Buch, dessen Erzählungen sich größten¬
teils in und um Wittenberg abspielen, eröffnet uns einen interessanten Einblick in
die Entartung des Wittenberger Geistes, wie sie nach Luthers und nach Melcmch-
thons Tode zur Erscheinung kam. Gleich der erste Satz führt uns nach Wittenberg:
"Doktor Faustus ist eines Bauwern Sohn gewest, zu Rod (d. i. Roda) bey
Weinmar bürtig, der zu Wittenberg ein große Freundschafft gehabt, desgleichen
seine Eltern Gottselige uund Christliche Leut, ja sein Vetter, der zu Wittenberg
seßhasft, ein Bürger und wol Vermögens gewest, welcher v. Fausten aufferzogen
und gehalten wie sein Kind . . ließ ihn auch in die Schul gehen, Theologiam
zu studieren, Er aber ist von diesem Gottseligen Fürnemmen abgetretten und
Gottes Wort mißbraucht." Und wenn wir im zweiten Kapitel des Faustbuchs
(S. 185) lesen, wie Faust den Teufel beschwört in "einem dicken Waldt, wie
etliche auch sonst melden, der bey Wittenberg gelegen ist, der Spesser Waldt
genandt," so erkennen wir in dem entstellten Namen doch noch die oben (Ur. 22,
S. 490) geumiute "Specke," in der die unfleißigem und weltlich gesinnten Stu¬
denten ihr Wesen trieben. In Wittenberg zitiert Faust die Helena vor einer
großen Anzahl ihm anhängender Studenten, in Wittenberg führt er mit ihr sein
Sündenleben, und in einem Dorfe bei Wittenberg hat ihn schließlich der Teufel
umgebracht. Der Wittenberger Faust stellt den durch Legende und Phantasterei
vergrößerten schlimmsten Typus des Abfalls vom Geiste der Reformation dar.
Nur wenige werden ihm in feinen zum Antichrist führenden Spekulationen
gefolgt sein; doch wucherte der Aberglaube statt des Glaubens, die Dämonen¬
furcht statt der Gottesfurcht schon gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts
allenthalben in den deutschen evangelischen Landen. Die fürchterlichen Hexen-
Prozesse waren die Folge davon; unschuldige alte Weiber wurden verdächtigt, sie
hätten mit dem Teufel Umgang gepflogen, und sie wurden so lange den Qualen
der gräßlichsten Marterwerkzeuge ausgesetzt, bis sie endlich gestanden. Der
Tod'in den Flammen des Scheiterhaufens unter den Augen einer schreienden
und johlenden Volksmenge erschien den armen Opfern als Erlösung. Die
Gefängnisse, Folterkammern und Nichtstädter dieser Zeit waren die Orte, wo
die unmenschliche Grausamkeit gelehrt wurde, die dann während des Dreißig¬
jährigen Kriegs Soldaten und Bauern wechselseitig aneinander übten.

Wir verweilen nicht bei diesen entsetzlichen Bildern, sondern fragen, wann
und von welcher Seite die Umkehr zum echten Wittenberger Geiste erfolgte. Da
wollen wir auf dein Gebiete der Religion vor allem die Pietisten und die Herrn-
huter nennen, auf dem Gebiete des Schönen Klopstock und nach ihm Goethe.
Obwohl Goethe nie in Wittenberg gewesen ist, so ist er doch ohne Zweifel
der größte Wittenberger Student. Denn keiner der großen deutschen Dichter
ist so bei Luther in die Schule gegangen wie er. An Luthers deutscher Bibel
und an Luthers Katechismus hat er seine Sprache gebildet; der Geist der
Wittenberger Nevolutiousjahre hat ans dem jungen Goethe den Götz von Ber-
lichingen hervorgelockt, aus dem alten den Faust. Die ganze Szenerie des ersten
Teils, Fausts Studierzimmer, der Spaziergang vor dem Thore, die Gretchen-
szcnen atmen Wittenberger Luft. Wichtiger als diese äußere Verknüpfung ist
die innere: als Faust am Abende des Ostertages im Studierzimmer fühlt, wie
die Nacht ^ ^^"aAiollem, h^lgem Grauen
In uns die bessre Seele weckt,

dn bricht er in die schönen, an Luthers Werk anknüpfenden Verse aus:


Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends würd'ger und schöner brennt
Als in dem Neuen Testament.

Uursächsische Streifzüge

gekehrtes Verhältnis denkbar, dnß einer sich gegen Gott mit den bösen Geistern
Verbündete. Das that der geheimnisvolle Doktor Faust, von dem die 1587 in
Frankfurt gedruckte „Historia von v. Johann Fausten dem weitbeschreyten Zauberer
unnd Schwartzkünstler" berichtet. Dieses Buch, dessen Erzählungen sich größten¬
teils in und um Wittenberg abspielen, eröffnet uns einen interessanten Einblick in
die Entartung des Wittenberger Geistes, wie sie nach Luthers und nach Melcmch-
thons Tode zur Erscheinung kam. Gleich der erste Satz führt uns nach Wittenberg:
„Doktor Faustus ist eines Bauwern Sohn gewest, zu Rod (d. i. Roda) bey
Weinmar bürtig, der zu Wittenberg ein große Freundschafft gehabt, desgleichen
seine Eltern Gottselige uund Christliche Leut, ja sein Vetter, der zu Wittenberg
seßhasft, ein Bürger und wol Vermögens gewest, welcher v. Fausten aufferzogen
und gehalten wie sein Kind . . ließ ihn auch in die Schul gehen, Theologiam
zu studieren, Er aber ist von diesem Gottseligen Fürnemmen abgetretten und
Gottes Wort mißbraucht." Und wenn wir im zweiten Kapitel des Faustbuchs
(S. 185) lesen, wie Faust den Teufel beschwört in „einem dicken Waldt, wie
etliche auch sonst melden, der bey Wittenberg gelegen ist, der Spesser Waldt
genandt," so erkennen wir in dem entstellten Namen doch noch die oben (Ur. 22,
S. 490) geumiute „Specke," in der die unfleißigem und weltlich gesinnten Stu¬
denten ihr Wesen trieben. In Wittenberg zitiert Faust die Helena vor einer
großen Anzahl ihm anhängender Studenten, in Wittenberg führt er mit ihr sein
Sündenleben, und in einem Dorfe bei Wittenberg hat ihn schließlich der Teufel
umgebracht. Der Wittenberger Faust stellt den durch Legende und Phantasterei
vergrößerten schlimmsten Typus des Abfalls vom Geiste der Reformation dar.
Nur wenige werden ihm in feinen zum Antichrist führenden Spekulationen
gefolgt sein; doch wucherte der Aberglaube statt des Glaubens, die Dämonen¬
furcht statt der Gottesfurcht schon gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts
allenthalben in den deutschen evangelischen Landen. Die fürchterlichen Hexen-
Prozesse waren die Folge davon; unschuldige alte Weiber wurden verdächtigt, sie
hätten mit dem Teufel Umgang gepflogen, und sie wurden so lange den Qualen
der gräßlichsten Marterwerkzeuge ausgesetzt, bis sie endlich gestanden. Der
Tod'in den Flammen des Scheiterhaufens unter den Augen einer schreienden
und johlenden Volksmenge erschien den armen Opfern als Erlösung. Die
Gefängnisse, Folterkammern und Nichtstädter dieser Zeit waren die Orte, wo
die unmenschliche Grausamkeit gelehrt wurde, die dann während des Dreißig¬
jährigen Kriegs Soldaten und Bauern wechselseitig aneinander übten.

Wir verweilen nicht bei diesen entsetzlichen Bildern, sondern fragen, wann
und von welcher Seite die Umkehr zum echten Wittenberger Geiste erfolgte. Da
wollen wir auf dein Gebiete der Religion vor allem die Pietisten und die Herrn-
huter nennen, auf dem Gebiete des Schönen Klopstock und nach ihm Goethe.
Obwohl Goethe nie in Wittenberg gewesen ist, so ist er doch ohne Zweifel
der größte Wittenberger Student. Denn keiner der großen deutschen Dichter
ist so bei Luther in die Schule gegangen wie er. An Luthers deutscher Bibel
und an Luthers Katechismus hat er seine Sprache gebildet; der Geist der
Wittenberger Nevolutiousjahre hat ans dem jungen Goethe den Götz von Ber-
lichingen hervorgelockt, aus dem alten den Faust. Die ganze Szenerie des ersten
Teils, Fausts Studierzimmer, der Spaziergang vor dem Thore, die Gretchen-
szcnen atmen Wittenberger Luft. Wichtiger als diese äußere Verknüpfung ist
die innere: als Faust am Abende des Ostertages im Studierzimmer fühlt, wie
die Nacht ^ ^^„aAiollem, h^lgem Grauen
In uns die bessre Seele weckt,

dn bricht er in die schönen, an Luthers Werk anknüpfenden Verse aus:


Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends würd'ger und schöner brennt
Als in dem Neuen Testament.

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[0551] Uursächsische Streifzüge gekehrtes Verhältnis denkbar, dnß einer sich gegen Gott mit den bösen Geistern Verbündete. Das that der geheimnisvolle Doktor Faust, von dem die 1587 in Frankfurt gedruckte „Historia von v. Johann Fausten dem weitbeschreyten Zauberer unnd Schwartzkünstler" berichtet. Dieses Buch, dessen Erzählungen sich größten¬ teils in und um Wittenberg abspielen, eröffnet uns einen interessanten Einblick in die Entartung des Wittenberger Geistes, wie sie nach Luthers und nach Melcmch- thons Tode zur Erscheinung kam. Gleich der erste Satz führt uns nach Wittenberg: „Doktor Faustus ist eines Bauwern Sohn gewest, zu Rod (d. i. Roda) bey Weinmar bürtig, der zu Wittenberg ein große Freundschafft gehabt, desgleichen seine Eltern Gottselige uund Christliche Leut, ja sein Vetter, der zu Wittenberg seßhasft, ein Bürger und wol Vermögens gewest, welcher v. Fausten aufferzogen und gehalten wie sein Kind . . ließ ihn auch in die Schul gehen, Theologiam zu studieren, Er aber ist von diesem Gottseligen Fürnemmen abgetretten und Gottes Wort mißbraucht." Und wenn wir im zweiten Kapitel des Faustbuchs (S. 185) lesen, wie Faust den Teufel beschwört in „einem dicken Waldt, wie etliche auch sonst melden, der bey Wittenberg gelegen ist, der Spesser Waldt genandt," so erkennen wir in dem entstellten Namen doch noch die oben (Ur. 22, S. 490) geumiute „Specke," in der die unfleißigem und weltlich gesinnten Stu¬ denten ihr Wesen trieben. In Wittenberg zitiert Faust die Helena vor einer großen Anzahl ihm anhängender Studenten, in Wittenberg führt er mit ihr sein Sündenleben, und in einem Dorfe bei Wittenberg hat ihn schließlich der Teufel umgebracht. Der Wittenberger Faust stellt den durch Legende und Phantasterei vergrößerten schlimmsten Typus des Abfalls vom Geiste der Reformation dar. Nur wenige werden ihm in feinen zum Antichrist führenden Spekulationen gefolgt sein; doch wucherte der Aberglaube statt des Glaubens, die Dämonen¬ furcht statt der Gottesfurcht schon gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts allenthalben in den deutschen evangelischen Landen. Die fürchterlichen Hexen- Prozesse waren die Folge davon; unschuldige alte Weiber wurden verdächtigt, sie hätten mit dem Teufel Umgang gepflogen, und sie wurden so lange den Qualen der gräßlichsten Marterwerkzeuge ausgesetzt, bis sie endlich gestanden. Der Tod'in den Flammen des Scheiterhaufens unter den Augen einer schreienden und johlenden Volksmenge erschien den armen Opfern als Erlösung. Die Gefängnisse, Folterkammern und Nichtstädter dieser Zeit waren die Orte, wo die unmenschliche Grausamkeit gelehrt wurde, die dann während des Dreißig¬ jährigen Kriegs Soldaten und Bauern wechselseitig aneinander übten. Wir verweilen nicht bei diesen entsetzlichen Bildern, sondern fragen, wann und von welcher Seite die Umkehr zum echten Wittenberger Geiste erfolgte. Da wollen wir auf dein Gebiete der Religion vor allem die Pietisten und die Herrn- huter nennen, auf dem Gebiete des Schönen Klopstock und nach ihm Goethe. Obwohl Goethe nie in Wittenberg gewesen ist, so ist er doch ohne Zweifel der größte Wittenberger Student. Denn keiner der großen deutschen Dichter ist so bei Luther in die Schule gegangen wie er. An Luthers deutscher Bibel und an Luthers Katechismus hat er seine Sprache gebildet; der Geist der Wittenberger Nevolutiousjahre hat ans dem jungen Goethe den Götz von Ber- lichingen hervorgelockt, aus dem alten den Faust. Die ganze Szenerie des ersten Teils, Fausts Studierzimmer, der Spaziergang vor dem Thore, die Gretchen- szcnen atmen Wittenberger Luft. Wichtiger als diese äußere Verknüpfung ist die innere: als Faust am Abende des Ostertages im Studierzimmer fühlt, wie die Nacht ^ ^^„aAiollem, h^lgem Grauen In uns die bessre Seele weckt, dn bricht er in die schönen, an Luthers Werk anknüpfenden Verse aus: Wir sehnen uns nach Offenbarung, Die nirgends würd'ger und schöner brennt Als in dem Neuen Testament.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/551>, abgerufen am 26.06.2024.