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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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auch die befreunden können, die, wie mir das in einer der diesjährigen Grenzbvtcn-
unmmern mehr ex Lkctbeära dekretiert als eigentlich nachgewiesen wurden zu sein
scheint, von der Ansicht ausgehn, daß das Theater -- es ist offenbar nur das unsrer
Zeit gemeint -- seiner Natur nach nicht zu eiuer Volksbildungsanstalt geeignet sei.

Einer guten Jnszenieruug stehn mancherlei Schwierigkeiten entgegen, die mau
nicht verschweigen darf. Bei nicht subventionierten Bühnen der Mangel an Mitteln,
der begreifliche, aber für die Theaterdirektionen sehr unbequeme Wunsch des Publikums,
von Zeit zu Zeit etwas Neues, Blendendes und Kostbares in Gestalt einer großen
Oper, eines Spektakelstücks oder eines Balletts zu sehen, die unglaubliche Schnelligkeit,
mit der sich Dekorationen und Kostüme abnützen, die Bierbauche und die sonstige
physische Mißgestaltung der Choristen und Statisten, der Mangel an Liebreiz bei
einem Teile der Choristinnen und Statistinnen, die gesuchten Absonderlichkeiten
und Tricks, mit denen Tondichter und andre Dichter ihre Werke nach dem Vor¬
gange Meyerbeers -- ich erinnere an den elektrischen Sonnenaufgang und das
Schlittschuhballett im Propheten, sowie an die schaukelnde Caravelle der Afrikanerin --
geflissentlich ausstatten, und nicht am wenigsten der Geschmack eines großen Teiles
des Publikums, der mit dein Wohlgefallen des eäsarischen Roms an Wagenspielen
und Gladiatoreukampfe" oder mit dem der iberischen Halbinsel an Stiergefechten
ungefähr auf derselben Ebene, wenn nicht, wie wir fürchten, noch ein paar Fuß
niedriger steht.

Leicht hat es also der Regisseur nicht. Ich habe es mit ihm hier natürlich
uur insoweit zu thun, als er in Szene setzt, und ich vermute, daß bei der Auf¬
führung des Weberscheu Obcrvns, einer Svnntagsvorstelluug, der beizuwohnen mich
trügerische Erinnerungen an gewisse der Vergangenheit angehörende stilvolle Leistungen
eines großem Nesidcnztheaters verleitet hatten, der kommandierende General unpäßlich,
abwesend oder sonst um der Leitung der Dinge behindert war, sonst hätte offenbar
etwas so Unbeschreibliches nicht vom Stapel laufen küuueu.

Es giebt Opern, die so ziemlich jeder inszenieren kann, der die Mittel dazu
im Kasten liegen hat und sich ein ganz klein wenig auf Kostümkunde und Architektur
versteht. Fidele italienische Brüll- und Kolornturoperu, vou denen wir ganz gut
von Zeit zu Zeit die eine oder die andre vertragen, erheischen keinen besondern
Zauber der Inszenierung. In das Land der Träume werdeu wir durch den
Troubadour zum Beispiel nicht entrückt. Wenn sich Graf Luna an der Raupe mit
durchgedrückten Waden und verrenkten Armen wie eine verrückt gewordne Marionette
gebärdet, und Manrieo beim Anblick des Scheiterhaufens annal läuft, so hat das
nichts auf sich, solange das Pvrtamento der Cavatine tigerartig heult und das
hohe 0 der Schlußcnbaletta rein und fanfarenartig heransgeschmettert wird. So
groß auch die Schönheiten dieser populären Oper und namentlich der daraus auf
den meisten Bühnen wegfallenden, tiefer empfundnen Stücke ist, so sieht doch
bei ihr jeder die Spielenden als Schrei- und Singpuppeu an, die sich mit ihren
Stückchen nie zu sehr in den Vordergrund drängen können, und uns stören bei
eiuer solchen Vorstellung Gaklichkeit und Kulisseureiszerei nicht; nur Schmutz und
Verlumptheit machen uns einen schmerzliche" Eindruck, weil wir daran denken,
daß die Leute hungern werden, wenn die Lampen ausgelöscht sind, und daß es
ihnen an warmen Betten zum Zudecken fehlen wird.

Mit einer Oper wie dem Weberscheu Oberon ist es etwas ganz andres.
Der bewegt sich in dem Zauberreiche der Poesie und der Romantik, in dem
Wunderlands des nie Geschehenen und thatsächlich Unmöglichen, aber doch so entzückend
Anregenden und Befriedigender. Der ganze Oberon müßte, um es gerade heraus¬
zusagen, hinter einem Flor gespielt und gesungen werden, und die Jnszenieruug,
die ihm vor Jahren auf der von mir bezeichneten Bühne einer Residenzstadt zuteil
geworden war, kam dieser Auffassung in der That sehr nahe.

Es war ja natürlich auch so manches auszusetzein der Ritter Huon war zu
stark, und Rezia hatte einen wahren Hemmschuh von einer Nase im Gesicht. Der


Inszenierung

auch die befreunden können, die, wie mir das in einer der diesjährigen Grenzbvtcn-
unmmern mehr ex Lkctbeära dekretiert als eigentlich nachgewiesen wurden zu sein
scheint, von der Ansicht ausgehn, daß das Theater — es ist offenbar nur das unsrer
Zeit gemeint — seiner Natur nach nicht zu eiuer Volksbildungsanstalt geeignet sei.

Einer guten Jnszenieruug stehn mancherlei Schwierigkeiten entgegen, die mau
nicht verschweigen darf. Bei nicht subventionierten Bühnen der Mangel an Mitteln,
der begreifliche, aber für die Theaterdirektionen sehr unbequeme Wunsch des Publikums,
von Zeit zu Zeit etwas Neues, Blendendes und Kostbares in Gestalt einer großen
Oper, eines Spektakelstücks oder eines Balletts zu sehen, die unglaubliche Schnelligkeit,
mit der sich Dekorationen und Kostüme abnützen, die Bierbauche und die sonstige
physische Mißgestaltung der Choristen und Statisten, der Mangel an Liebreiz bei
einem Teile der Choristinnen und Statistinnen, die gesuchten Absonderlichkeiten
und Tricks, mit denen Tondichter und andre Dichter ihre Werke nach dem Vor¬
gange Meyerbeers — ich erinnere an den elektrischen Sonnenaufgang und das
Schlittschuhballett im Propheten, sowie an die schaukelnde Caravelle der Afrikanerin —
geflissentlich ausstatten, und nicht am wenigsten der Geschmack eines großen Teiles
des Publikums, der mit dein Wohlgefallen des eäsarischen Roms an Wagenspielen
und Gladiatoreukampfe« oder mit dem der iberischen Halbinsel an Stiergefechten
ungefähr auf derselben Ebene, wenn nicht, wie wir fürchten, noch ein paar Fuß
niedriger steht.

Leicht hat es also der Regisseur nicht. Ich habe es mit ihm hier natürlich
uur insoweit zu thun, als er in Szene setzt, und ich vermute, daß bei der Auf¬
führung des Weberscheu Obcrvns, einer Svnntagsvorstelluug, der beizuwohnen mich
trügerische Erinnerungen an gewisse der Vergangenheit angehörende stilvolle Leistungen
eines großem Nesidcnztheaters verleitet hatten, der kommandierende General unpäßlich,
abwesend oder sonst um der Leitung der Dinge behindert war, sonst hätte offenbar
etwas so Unbeschreibliches nicht vom Stapel laufen küuueu.

Es giebt Opern, die so ziemlich jeder inszenieren kann, der die Mittel dazu
im Kasten liegen hat und sich ein ganz klein wenig auf Kostümkunde und Architektur
versteht. Fidele italienische Brüll- und Kolornturoperu, vou denen wir ganz gut
von Zeit zu Zeit die eine oder die andre vertragen, erheischen keinen besondern
Zauber der Inszenierung. In das Land der Träume werdeu wir durch den
Troubadour zum Beispiel nicht entrückt. Wenn sich Graf Luna an der Raupe mit
durchgedrückten Waden und verrenkten Armen wie eine verrückt gewordne Marionette
gebärdet, und Manrieo beim Anblick des Scheiterhaufens annal läuft, so hat das
nichts auf sich, solange das Pvrtamento der Cavatine tigerartig heult und das
hohe 0 der Schlußcnbaletta rein und fanfarenartig heransgeschmettert wird. So
groß auch die Schönheiten dieser populären Oper und namentlich der daraus auf
den meisten Bühnen wegfallenden, tiefer empfundnen Stücke ist, so sieht doch
bei ihr jeder die Spielenden als Schrei- und Singpuppeu an, die sich mit ihren
Stückchen nie zu sehr in den Vordergrund drängen können, und uns stören bei
eiuer solchen Vorstellung Gaklichkeit und Kulisseureiszerei nicht; nur Schmutz und
Verlumptheit machen uns einen schmerzliche» Eindruck, weil wir daran denken,
daß die Leute hungern werden, wenn die Lampen ausgelöscht sind, und daß es
ihnen an warmen Betten zum Zudecken fehlen wird.

Mit einer Oper wie dem Weberscheu Oberon ist es etwas ganz andres.
Der bewegt sich in dem Zauberreiche der Poesie und der Romantik, in dem
Wunderlands des nie Geschehenen und thatsächlich Unmöglichen, aber doch so entzückend
Anregenden und Befriedigender. Der ganze Oberon müßte, um es gerade heraus¬
zusagen, hinter einem Flor gespielt und gesungen werden, und die Jnszenieruug,
die ihm vor Jahren auf der von mir bezeichneten Bühne einer Residenzstadt zuteil
geworden war, kam dieser Auffassung in der That sehr nahe.

Es war ja natürlich auch so manches auszusetzein der Ritter Huon war zu
stark, und Rezia hatte einen wahren Hemmschuh von einer Nase im Gesicht. Der


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[0390] Inszenierung auch die befreunden können, die, wie mir das in einer der diesjährigen Grenzbvtcn- unmmern mehr ex Lkctbeära dekretiert als eigentlich nachgewiesen wurden zu sein scheint, von der Ansicht ausgehn, daß das Theater — es ist offenbar nur das unsrer Zeit gemeint — seiner Natur nach nicht zu eiuer Volksbildungsanstalt geeignet sei. Einer guten Jnszenieruug stehn mancherlei Schwierigkeiten entgegen, die mau nicht verschweigen darf. Bei nicht subventionierten Bühnen der Mangel an Mitteln, der begreifliche, aber für die Theaterdirektionen sehr unbequeme Wunsch des Publikums, von Zeit zu Zeit etwas Neues, Blendendes und Kostbares in Gestalt einer großen Oper, eines Spektakelstücks oder eines Balletts zu sehen, die unglaubliche Schnelligkeit, mit der sich Dekorationen und Kostüme abnützen, die Bierbauche und die sonstige physische Mißgestaltung der Choristen und Statisten, der Mangel an Liebreiz bei einem Teile der Choristinnen und Statistinnen, die gesuchten Absonderlichkeiten und Tricks, mit denen Tondichter und andre Dichter ihre Werke nach dem Vor¬ gange Meyerbeers — ich erinnere an den elektrischen Sonnenaufgang und das Schlittschuhballett im Propheten, sowie an die schaukelnde Caravelle der Afrikanerin — geflissentlich ausstatten, und nicht am wenigsten der Geschmack eines großen Teiles des Publikums, der mit dein Wohlgefallen des eäsarischen Roms an Wagenspielen und Gladiatoreukampfe« oder mit dem der iberischen Halbinsel an Stiergefechten ungefähr auf derselben Ebene, wenn nicht, wie wir fürchten, noch ein paar Fuß niedriger steht. Leicht hat es also der Regisseur nicht. Ich habe es mit ihm hier natürlich uur insoweit zu thun, als er in Szene setzt, und ich vermute, daß bei der Auf¬ führung des Weberscheu Obcrvns, einer Svnntagsvorstelluug, der beizuwohnen mich trügerische Erinnerungen an gewisse der Vergangenheit angehörende stilvolle Leistungen eines großem Nesidcnztheaters verleitet hatten, der kommandierende General unpäßlich, abwesend oder sonst um der Leitung der Dinge behindert war, sonst hätte offenbar etwas so Unbeschreibliches nicht vom Stapel laufen küuueu. Es giebt Opern, die so ziemlich jeder inszenieren kann, der die Mittel dazu im Kasten liegen hat und sich ein ganz klein wenig auf Kostümkunde und Architektur versteht. Fidele italienische Brüll- und Kolornturoperu, vou denen wir ganz gut von Zeit zu Zeit die eine oder die andre vertragen, erheischen keinen besondern Zauber der Inszenierung. In das Land der Träume werdeu wir durch den Troubadour zum Beispiel nicht entrückt. Wenn sich Graf Luna an der Raupe mit durchgedrückten Waden und verrenkten Armen wie eine verrückt gewordne Marionette gebärdet, und Manrieo beim Anblick des Scheiterhaufens annal läuft, so hat das nichts auf sich, solange das Pvrtamento der Cavatine tigerartig heult und das hohe 0 der Schlußcnbaletta rein und fanfarenartig heransgeschmettert wird. So groß auch die Schönheiten dieser populären Oper und namentlich der daraus auf den meisten Bühnen wegfallenden, tiefer empfundnen Stücke ist, so sieht doch bei ihr jeder die Spielenden als Schrei- und Singpuppeu an, die sich mit ihren Stückchen nie zu sehr in den Vordergrund drängen können, und uns stören bei eiuer solchen Vorstellung Gaklichkeit und Kulisseureiszerei nicht; nur Schmutz und Verlumptheit machen uns einen schmerzliche» Eindruck, weil wir daran denken, daß die Leute hungern werden, wenn die Lampen ausgelöscht sind, und daß es ihnen an warmen Betten zum Zudecken fehlen wird. Mit einer Oper wie dem Weberscheu Oberon ist es etwas ganz andres. Der bewegt sich in dem Zauberreiche der Poesie und der Romantik, in dem Wunderlands des nie Geschehenen und thatsächlich Unmöglichen, aber doch so entzückend Anregenden und Befriedigender. Der ganze Oberon müßte, um es gerade heraus¬ zusagen, hinter einem Flor gespielt und gesungen werden, und die Jnszenieruug, die ihm vor Jahren auf der von mir bezeichneten Bühne einer Residenzstadt zuteil geworden war, kam dieser Auffassung in der That sehr nahe. Es war ja natürlich auch so manches auszusetzein der Ritter Huon war zu stark, und Rezia hatte einen wahren Hemmschuh von einer Nase im Gesicht. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/390>, abgerufen am 22.07.2024.