Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.Die britische Regierung und darum erwarten konnte, von der lästige" Beaufsichtign>ig durch das Unter¬ Der alte, durch seine Zahl unförmliche Geheime Rat mit seinen nichts Seitdem war die alte verfassungsmäßige Negieruugsbchörde des Geheimen Eine Folge des Scheiterus des Templischen Reformversuchs war eine Grenzboten ti 1902 ^
Die britische Regierung und darum erwarten konnte, von der lästige» Beaufsichtign>ig durch das Unter¬ Der alte, durch seine Zahl unförmliche Geheime Rat mit seinen nichts Seitdem war die alte verfassungsmäßige Negieruugsbchörde des Geheimen Eine Folge des Scheiterus des Templischen Reformversuchs war eine Grenzboten ti 1902 ^
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Die britische Regierung
und darum erwarten konnte, von der lästige» Beaufsichtign>ig durch das Unter¬
haus verschont zu bleiben.
Der alte, durch seine Zahl unförmliche Geheime Rat mit seinen nichts
bedeutenden Ausschüssen wurde aufgelöst und durch einen neue» von dreißig
Mitgliedern ersetzt. Von diesen sollten fünfzehn die obersten Posten der Re¬
gierung bekleiden, die andern aber aus Männern von solcher Stellung und solchem
Vermögen gewählt werden, daß sie über Bestechung durch die Krone erhaben
waren. Der neue Geheime Rat war also halb eine ausführende Regierungs¬
behörde, halb ein Parlament von Vertrauensmännern. Alle Staatsangelegenheiten
sollten in diesem Rate und nur hier verhandelt werden, und Karl II. versprach,
sich in allem vou ihm beraten zu lassen. Wenn das Gelingen des Planes
von dem Beifall abgehangen hätte, mit dem er begrüßt wurde, so hätte er
gelingen müssen. Doch .Karl war keine Elisabeth, und der Plan wurde nie
auf eine ehrliche Probe gestellt. Dazu zeigte sich schon zu Anfang, daß auch
die neue Körperschaft noch zu groß und ungefüge war für die Zwecke praktischer
Geschäftsleitung. Temple mußte sich bequeme», einen Ausschuß von nenn Mit¬
glieder:, zu bilden, worin sich wieder ein kleiner Viererrat zur Herrschaft zu¬
sammenthat. Damit ging Temple selbst wieder auf das alte Kabinett zurück,
das er hatte umgehn wollen. Hatte der Mangel an harmonischer Einheit zur
Bildung des Ausschusses geführt, so verschärfte die Bildung des Ausschusses wieder
die vorhandne Mißstimmung, und Streitigkeiten folgten. Endlich dachte anch der
König nicht daran, sein Wort zu halten. Er vertagte das Parlament, ohne
den Rat anch nur zu benachrichtigen, löste es auf und vertagte das neugewählte
gegen die Stimmen der überwältigenden Mehrheit des Rats. Kurz, der
Geheime Rat Temples hatte nicht mehr zu bedeuten als sein Vorgänger, und
der König folgte nur seinen persönlichen Vertrauten.
Seitdem war die alte verfassungsmäßige Negieruugsbchörde des Geheimen
Rats für praktische Zwecke abgethan. Verschiedne Behörden, die wir später
erwähnen werden, gelten gesetzlich als seine Ausschüsse. Doch als Körperschaft
ist er daran unschuldig. Die Mitglieder, über 230 an Zahl, werden über¬
haupt nicht mehr zur Teilnahme an den Sitzungen eingeladen, und in den
Ausschüsse» kehren immer dieselben Namen, nämlich die der Minister im Amte
wieder. Der Geheime Rat besteht in Wirklichkeit nur noch dazu, Männern
von Verdienst eine gewisse Rangstellung mit dem Prädikate „Recht ehrenwert"
zu verleihen und der aus dein Parlament hcrvorgegangnen Kalnnettsregicrnng
als gesetzliches Aushängeschild zu dienen. Sonst ist sein Dasein für das britische
Reich von keiner Bedeutung mehr.
Eine Folge des Scheiterus des Templischen Reformversuchs war eine
Stärkung und weitere Ausbildung des Parteiwesens im Parlament wie nußer-
halb. Niemand konnte sehen oder beurteilen, was im Kabinette vorging, und
niemand hatte das Vertrauen, daß das, was dort verhandelt wurde, zum Wohle
des Landes war. Je geheimnisvoller die Negierung geführt wurde, um so
weniger Vertrauen wurde ihr entgegengebracht, um so mehr Anlaß hatte das
Unterhaus, sich nicht auf seine durch die alte Verfassung bestimmten Aufgaben
der Gesetzgebung und der Steuerbewilligung zu beschränken, sondern eine scharfe
Grenzboten ti 1902 ^
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