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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Der Schulze war empört, besonders darüber, daß das Essen bei. ihm schlecht
sein sollte. Er hielt über an sich, nahm seine Bücher aus dein Sekretär und
rechnete sehr bedächtig und sehr ausführlich. Der Knecht blieb an der Thür stehn
und trat von einem Fuß auf den andern. Es wurde ihm etwas unheimlich zu
Mute. Der Schulze zählte bedächtig 15 Mark 25 Pfennige auf deu Tisch und
sagte: Da nimm dein Geld und schere dich. -- Der Knecht zögerte. Länger hielt
es der Schulze nicht aus, er brach los und brüllte den Knecht an: Nimm dein
Geld. Mache, daß du vom Hofe kommst. Gleich auf der Stelle, Lump miserabler,
der du bist.

Der Kanvnenweidling erschrak, drehte sich einmal öfter um sich selbst, als es
nötig gewesen wäre, nahm sein Geld und zog ab. So hatte er sichs nicht gedacht.
Er hatte nicht gemeint, auf dem Flecke abgelohnt zu werden, sondern sich die Sache
einzurichten, wie sie ihm paßte. Und nun stand er auf der Straße mit 15 Mark
25 Pfennigen in der Hand. Ein Lumpengeld, ein Hundelvhn. Daß er das übrige
gegen des Schulzen Rat schon abgehoben und verbraucht hatte, das kam weiter
nicht in Betracht. Auch war es keine schöne Aussicht, sich mit seiner Frau, die
natürlich heulen und ihm alle Schuld zuschieben würde, auseinanderzusetzen. Er
beschloß also, das innere Gleichgewicht durch einige Schnäpse wieder herzustellen.
Das Geld dazu hatte er ja in der Hand. Hierzu begab er sich die Dorfstraße
hinab zum Kaufmann, der seine Ladenstube zu einer kleinen Schenkstube eingerichtet
hatte. Unterwegs begegnete er seinem Bruder, der, eine Pflngkarre hinter sich her¬
ziehend, vom Schmied her die Dorfstraße heraufkam. Schon von ferne ließ
Kanvnenweidling seinen Unwillen durch Handbewegungen und gemurmelte Worte
erkennen und erweckte dadurch in der Brust seines Bruders, des Husaren, jenes
pflichtmäßige Mitgefühl, das ein Glied derselben Sippe nach altdeutschem Brauche
für das andre bereit haben muß, ganz abgesehen davon, wie sich Recht und Un¬
recht verteilen. Der Hnsarenweidling ließ also, ohne nach dem Wie oder Warum
zu fragen, seine Pflngkarre auf der Straße stehn und kehrte mit seinem Bruder
um, um sich zu Schwersenzen in die Ladcnstube zu begeben. Hier setzte sich
Kanonenweidling hinter seinen Schnaps und stierte finster ins Leben hinein.
Hnsarenweidling setzte sich auch hinter seinen Schnaps und stierte gleichfalls. Darauf
hieb Kanonenweidling mit der Faust auf die Tischplatte, daß das Schnapsglas er¬
schrocken aus seinem Ringe emporsprang. Worauf auch der Hnsarenweidling auf¬
paukte, doch nicht so energisch, denn er wußte ja noch nicht, warum.

Die ganze Bauernbande soll meinetwegen der Teufel holen, rief Kanonen¬
weidling, und ich gehe in den Schacht. Heute noch! Und ich gehe heute noch in
den Schacht! Und bet jedem Satze paukte er zum Entsetzen des unschuldigen
Glases auf den Tisch, und seine brüderliche Liebe paukte mit. Jetzt endlich folgte
ein pragmatisch zurechtgeschuittner Bericht, und Hnsarenweidling zögerte nicht, in
den Zorn seines Bruders einzustimmen, den Schulzen einen ruppiger Hund und
15 Mark 25 Pfennige einen Bettellohn zu nennen, und zu sagen, daß man so einen
Bettel den Leuten vor die Füße werfen und weggehn müsse.

Als Husarenweidling, der übrigens auch eine Frau zu Hause hatte, nach einer
Stunde und genossenen zahlreichen schnapsen mit seiner Pflngkarre abzog, hatte
sich bei ihm die Überzeugung durchgerungen, daß die schlechteste aller denkbaren
Welten die sei, in der ein Mensch weniger verdiene, als er unter Umständen ver¬
dienen könne, und daß es der größte Unsinn sei, sein Jahr auszuhalten, wenn man
anderwärts gut unterkommen könne.

Im Kruge angekommen, wurde er nicht gerade mit Palmen des Friedens em¬
pfangen. Dörcher stand unter dem Überdache der Haustreppe und schalt, wo er
denn so lange geblieben sei, man habe schon eine halbe Stunde mit dem Mittag¬
essen gewartet.

Das kann andern Leuten ganz egal sein, wann ich mein Mittagessen esse, sagte
Weidling.


Doktor Duttmüller und sein Freund

Der Schulze war empört, besonders darüber, daß das Essen bei. ihm schlecht
sein sollte. Er hielt über an sich, nahm seine Bücher aus dein Sekretär und
rechnete sehr bedächtig und sehr ausführlich. Der Knecht blieb an der Thür stehn
und trat von einem Fuß auf den andern. Es wurde ihm etwas unheimlich zu
Mute. Der Schulze zählte bedächtig 15 Mark 25 Pfennige auf deu Tisch und
sagte: Da nimm dein Geld und schere dich. — Der Knecht zögerte. Länger hielt
es der Schulze nicht aus, er brach los und brüllte den Knecht an: Nimm dein
Geld. Mache, daß du vom Hofe kommst. Gleich auf der Stelle, Lump miserabler,
der du bist.

Der Kanvnenweidling erschrak, drehte sich einmal öfter um sich selbst, als es
nötig gewesen wäre, nahm sein Geld und zog ab. So hatte er sichs nicht gedacht.
Er hatte nicht gemeint, auf dem Flecke abgelohnt zu werden, sondern sich die Sache
einzurichten, wie sie ihm paßte. Und nun stand er auf der Straße mit 15 Mark
25 Pfennigen in der Hand. Ein Lumpengeld, ein Hundelvhn. Daß er das übrige
gegen des Schulzen Rat schon abgehoben und verbraucht hatte, das kam weiter
nicht in Betracht. Auch war es keine schöne Aussicht, sich mit seiner Frau, die
natürlich heulen und ihm alle Schuld zuschieben würde, auseinanderzusetzen. Er
beschloß also, das innere Gleichgewicht durch einige Schnäpse wieder herzustellen.
Das Geld dazu hatte er ja in der Hand. Hierzu begab er sich die Dorfstraße
hinab zum Kaufmann, der seine Ladenstube zu einer kleinen Schenkstube eingerichtet
hatte. Unterwegs begegnete er seinem Bruder, der, eine Pflngkarre hinter sich her¬
ziehend, vom Schmied her die Dorfstraße heraufkam. Schon von ferne ließ
Kanvnenweidling seinen Unwillen durch Handbewegungen und gemurmelte Worte
erkennen und erweckte dadurch in der Brust seines Bruders, des Husaren, jenes
pflichtmäßige Mitgefühl, das ein Glied derselben Sippe nach altdeutschem Brauche
für das andre bereit haben muß, ganz abgesehen davon, wie sich Recht und Un¬
recht verteilen. Der Hnsarenweidling ließ also, ohne nach dem Wie oder Warum
zu fragen, seine Pflngkarre auf der Straße stehn und kehrte mit seinem Bruder
um, um sich zu Schwersenzen in die Ladcnstube zu begeben. Hier setzte sich
Kanonenweidling hinter seinen Schnaps und stierte finster ins Leben hinein.
Hnsarenweidling setzte sich auch hinter seinen Schnaps und stierte gleichfalls. Darauf
hieb Kanonenweidling mit der Faust auf die Tischplatte, daß das Schnapsglas er¬
schrocken aus seinem Ringe emporsprang. Worauf auch der Hnsarenweidling auf¬
paukte, doch nicht so energisch, denn er wußte ja noch nicht, warum.

Die ganze Bauernbande soll meinetwegen der Teufel holen, rief Kanonen¬
weidling, und ich gehe in den Schacht. Heute noch! Und ich gehe heute noch in
den Schacht! Und bet jedem Satze paukte er zum Entsetzen des unschuldigen
Glases auf den Tisch, und seine brüderliche Liebe paukte mit. Jetzt endlich folgte
ein pragmatisch zurechtgeschuittner Bericht, und Hnsarenweidling zögerte nicht, in
den Zorn seines Bruders einzustimmen, den Schulzen einen ruppiger Hund und
15 Mark 25 Pfennige einen Bettellohn zu nennen, und zu sagen, daß man so einen
Bettel den Leuten vor die Füße werfen und weggehn müsse.

Als Husarenweidling, der übrigens auch eine Frau zu Hause hatte, nach einer
Stunde und genossenen zahlreichen schnapsen mit seiner Pflngkarre abzog, hatte
sich bei ihm die Überzeugung durchgerungen, daß die schlechteste aller denkbaren
Welten die sei, in der ein Mensch weniger verdiene, als er unter Umständen ver¬
dienen könne, und daß es der größte Unsinn sei, sein Jahr auszuhalten, wenn man
anderwärts gut unterkommen könne.

Im Kruge angekommen, wurde er nicht gerade mit Palmen des Friedens em¬
pfangen. Dörcher stand unter dem Überdache der Haustreppe und schalt, wo er
denn so lange geblieben sei, man habe schon eine halbe Stunde mit dem Mittag¬
essen gewartet.

Das kann andern Leuten ganz egal sein, wann ich mein Mittagessen esse, sagte
Weidling.


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[0104] Doktor Duttmüller und sein Freund Der Schulze war empört, besonders darüber, daß das Essen bei. ihm schlecht sein sollte. Er hielt über an sich, nahm seine Bücher aus dein Sekretär und rechnete sehr bedächtig und sehr ausführlich. Der Knecht blieb an der Thür stehn und trat von einem Fuß auf den andern. Es wurde ihm etwas unheimlich zu Mute. Der Schulze zählte bedächtig 15 Mark 25 Pfennige auf deu Tisch und sagte: Da nimm dein Geld und schere dich. — Der Knecht zögerte. Länger hielt es der Schulze nicht aus, er brach los und brüllte den Knecht an: Nimm dein Geld. Mache, daß du vom Hofe kommst. Gleich auf der Stelle, Lump miserabler, der du bist. Der Kanvnenweidling erschrak, drehte sich einmal öfter um sich selbst, als es nötig gewesen wäre, nahm sein Geld und zog ab. So hatte er sichs nicht gedacht. Er hatte nicht gemeint, auf dem Flecke abgelohnt zu werden, sondern sich die Sache einzurichten, wie sie ihm paßte. Und nun stand er auf der Straße mit 15 Mark 25 Pfennigen in der Hand. Ein Lumpengeld, ein Hundelvhn. Daß er das übrige gegen des Schulzen Rat schon abgehoben und verbraucht hatte, das kam weiter nicht in Betracht. Auch war es keine schöne Aussicht, sich mit seiner Frau, die natürlich heulen und ihm alle Schuld zuschieben würde, auseinanderzusetzen. Er beschloß also, das innere Gleichgewicht durch einige Schnäpse wieder herzustellen. Das Geld dazu hatte er ja in der Hand. Hierzu begab er sich die Dorfstraße hinab zum Kaufmann, der seine Ladenstube zu einer kleinen Schenkstube eingerichtet hatte. Unterwegs begegnete er seinem Bruder, der, eine Pflngkarre hinter sich her¬ ziehend, vom Schmied her die Dorfstraße heraufkam. Schon von ferne ließ Kanvnenweidling seinen Unwillen durch Handbewegungen und gemurmelte Worte erkennen und erweckte dadurch in der Brust seines Bruders, des Husaren, jenes pflichtmäßige Mitgefühl, das ein Glied derselben Sippe nach altdeutschem Brauche für das andre bereit haben muß, ganz abgesehen davon, wie sich Recht und Un¬ recht verteilen. Der Hnsarenweidling ließ also, ohne nach dem Wie oder Warum zu fragen, seine Pflngkarre auf der Straße stehn und kehrte mit seinem Bruder um, um sich zu Schwersenzen in die Ladcnstube zu begeben. Hier setzte sich Kanonenweidling hinter seinen Schnaps und stierte finster ins Leben hinein. Hnsarenweidling setzte sich auch hinter seinen Schnaps und stierte gleichfalls. Darauf hieb Kanonenweidling mit der Faust auf die Tischplatte, daß das Schnapsglas er¬ schrocken aus seinem Ringe emporsprang. Worauf auch der Hnsarenweidling auf¬ paukte, doch nicht so energisch, denn er wußte ja noch nicht, warum. Die ganze Bauernbande soll meinetwegen der Teufel holen, rief Kanonen¬ weidling, und ich gehe in den Schacht. Heute noch! Und ich gehe heute noch in den Schacht! Und bet jedem Satze paukte er zum Entsetzen des unschuldigen Glases auf den Tisch, und seine brüderliche Liebe paukte mit. Jetzt endlich folgte ein pragmatisch zurechtgeschuittner Bericht, und Hnsarenweidling zögerte nicht, in den Zorn seines Bruders einzustimmen, den Schulzen einen ruppiger Hund und 15 Mark 25 Pfennige einen Bettellohn zu nennen, und zu sagen, daß man so einen Bettel den Leuten vor die Füße werfen und weggehn müsse. Als Husarenweidling, der übrigens auch eine Frau zu Hause hatte, nach einer Stunde und genossenen zahlreichen schnapsen mit seiner Pflngkarre abzog, hatte sich bei ihm die Überzeugung durchgerungen, daß die schlechteste aller denkbaren Welten die sei, in der ein Mensch weniger verdiene, als er unter Umständen ver¬ dienen könne, und daß es der größte Unsinn sei, sein Jahr auszuhalten, wenn man anderwärts gut unterkommen könne. Im Kruge angekommen, wurde er nicht gerade mit Palmen des Friedens em¬ pfangen. Dörcher stand unter dem Überdache der Haustreppe und schalt, wo er denn so lange geblieben sei, man habe schon eine halbe Stunde mit dem Mittag¬ essen gewartet. Das kann andern Leuten ganz egal sein, wann ich mein Mittagessen esse, sagte Weidling.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/104>, abgerufen am 22.07.2024.