Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ul'ttflnssiges Geld

durch vermehrte Produktion das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das bare
Geld besitzt seinen festgesetzten Wert, auf den es lautet; seine Vermehrung
kann nicht verursachen, daß seine Kanftraft abnimmt, oder anders ausgedrückt,
daß die Waren, die man mit ihm kaufen will, teurer werden. Ebensowenig
kann eine Vermehrung der Umlanfsmittel die Waren billiger oder zugänglicher
machen oder den Konsum steigern. Vielleicht meint man, sobald mehr Geld
vorhanden sei, könne deswegen auch mehr gekauft werden. Das ist aber nicht
richtig, da das Geld, das im Verkehr ist, oder ein Anspruch darauf, erst
von den einzelnen Menschen durch ihre Leistungen erworben werden muß, ehe
sie es auszugeben und etwas dafür zu kaufen vermöge". Es kann immer nur
darauf ankommen, eine wie große Geldsumme zu Ausgaben verfügbar und
im Besitz der Konsnmentenkreise ist, auf die die betreffenden Waren, um Absatz
zu finden, vorzugsweise augewiesen sind. Das Geld, das jemand hat, läßt sich
anch immer uur einmal ausgeben; von weit größerer Bedeutung als ein augen-
blicklicher Geldbesitz in den Händen der Konsumenten ist die Gelegenheit, das
Geld, das ausgegeben wird, durch die erwcrblichen Leistungen fortgesetzt wieder¬
zuerlangen. Sind die in Frage kommenden Konsumenten durch größern Erwerb
kaufkräftiger geworden, so steigt die Nachfrage nach den Waren und damit
anch ihr Preis, für den immer das jeweilige Verhältnis zwischen Produktion
und Bedarf maßgebend ist. Man muß derer bezahlen, was man nötig braucht,
und wovon uur verhältnismäßig wenig zu haben ist. Überwiegt alsdann durch
den Wettbewerb und die stärkere Produktion das Angebot, so werden die Preise
zurückgehn.

Ob Geld billig oder teuer ist, äußert sich darin, welcher Zinsfuß für
Darlehen, Wechseldiskontierungen usw. zu zahlen ist, und hängt davon ab, ob
in einem Verkehrsbezirk augenblicklich die Gesamtsumme der zu leistenden
Zählungen oder der Gesamtbetrag der fälligen Fordrungen größer ist, ob also
die betreffenden Erwerbskreise Geld brauchen oder für solches Verwendung
suchen. In dem Maße, wie dieses Verhältnis schwankt und rasch wechselt,
muß auch der billige und der teure Geldstaud fortwährend abwechseln und
variieren. Zwar ist demgemäß auch für die zu Produktionszwecken nötigen
Kapitalteil ein bald höherer, bald niedrigerer Zinsfuß zu zahlen, aber diese
Ausgabe macht in der Regel nur eiuen geringfügigen Teil der gesamten
Produktionskosten einer Ware ans und wird nur selteu vou merkbaren Ein¬
fluß auf den Preis sein. Auf alle Fälle trägt an einer Geldvertenernng,
dnrch die unter Umständen anch die Waren verteuert werden können, nicht
etwa eilt Mangel all Umlaufsmitteln die Schuld. Die Ursache wird immer
darin liegen, daß im Verhältnis zu dem Bedarf von Kapitalteil nicht genügend
Geldgttthaben verfügbar sind.

Wenn größere Zahlungen nach dem Ausland anstatt in Wechseln oder
dergleichen in bar geleistet werden, so geschieht dies, weil es des augenblick¬
lichen ungünstigen Wechselkurses wegen vorteilhafter ist. Dieser Kurs richtet
sich hauptsächlich danach, ob zur Zeit mehr Rimessen nach einem auswärtigen


Ul'ttflnssiges Geld

durch vermehrte Produktion das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das bare
Geld besitzt seinen festgesetzten Wert, auf den es lautet; seine Vermehrung
kann nicht verursachen, daß seine Kanftraft abnimmt, oder anders ausgedrückt,
daß die Waren, die man mit ihm kaufen will, teurer werden. Ebensowenig
kann eine Vermehrung der Umlanfsmittel die Waren billiger oder zugänglicher
machen oder den Konsum steigern. Vielleicht meint man, sobald mehr Geld
vorhanden sei, könne deswegen auch mehr gekauft werden. Das ist aber nicht
richtig, da das Geld, das im Verkehr ist, oder ein Anspruch darauf, erst
von den einzelnen Menschen durch ihre Leistungen erworben werden muß, ehe
sie es auszugeben und etwas dafür zu kaufen vermöge». Es kann immer nur
darauf ankommen, eine wie große Geldsumme zu Ausgaben verfügbar und
im Besitz der Konsnmentenkreise ist, auf die die betreffenden Waren, um Absatz
zu finden, vorzugsweise augewiesen sind. Das Geld, das jemand hat, läßt sich
anch immer uur einmal ausgeben; von weit größerer Bedeutung als ein augen-
blicklicher Geldbesitz in den Händen der Konsumenten ist die Gelegenheit, das
Geld, das ausgegeben wird, durch die erwcrblichen Leistungen fortgesetzt wieder¬
zuerlangen. Sind die in Frage kommenden Konsumenten durch größern Erwerb
kaufkräftiger geworden, so steigt die Nachfrage nach den Waren und damit
anch ihr Preis, für den immer das jeweilige Verhältnis zwischen Produktion
und Bedarf maßgebend ist. Man muß derer bezahlen, was man nötig braucht,
und wovon uur verhältnismäßig wenig zu haben ist. Überwiegt alsdann durch
den Wettbewerb und die stärkere Produktion das Angebot, so werden die Preise
zurückgehn.

Ob Geld billig oder teuer ist, äußert sich darin, welcher Zinsfuß für
Darlehen, Wechseldiskontierungen usw. zu zahlen ist, und hängt davon ab, ob
in einem Verkehrsbezirk augenblicklich die Gesamtsumme der zu leistenden
Zählungen oder der Gesamtbetrag der fälligen Fordrungen größer ist, ob also
die betreffenden Erwerbskreise Geld brauchen oder für solches Verwendung
suchen. In dem Maße, wie dieses Verhältnis schwankt und rasch wechselt,
muß auch der billige und der teure Geldstaud fortwährend abwechseln und
variieren. Zwar ist demgemäß auch für die zu Produktionszwecken nötigen
Kapitalteil ein bald höherer, bald niedrigerer Zinsfuß zu zahlen, aber diese
Ausgabe macht in der Regel nur eiuen geringfügigen Teil der gesamten
Produktionskosten einer Ware ans und wird nur selteu vou merkbaren Ein¬
fluß auf den Preis sein. Auf alle Fälle trägt an einer Geldvertenernng,
dnrch die unter Umständen anch die Waren verteuert werden können, nicht
etwa eilt Mangel all Umlaufsmitteln die Schuld. Die Ursache wird immer
darin liegen, daß im Verhältnis zu dem Bedarf von Kapitalteil nicht genügend
Geldgttthaben verfügbar sind.

Wenn größere Zahlungen nach dem Ausland anstatt in Wechseln oder
dergleichen in bar geleistet werden, so geschieht dies, weil es des augenblick¬
lichen ungünstigen Wechselkurses wegen vorteilhafter ist. Dieser Kurs richtet
sich hauptsächlich danach, ob zur Zeit mehr Rimessen nach einem auswärtigen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0070" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235892"/>
          <fw type="header" place="top"> Ul'ttflnssiges Geld</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_229" prev="#ID_228"> durch vermehrte Produktion das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das bare<lb/>
Geld besitzt seinen festgesetzten Wert, auf den es lautet; seine Vermehrung<lb/>
kann nicht verursachen, daß seine Kanftraft abnimmt, oder anders ausgedrückt,<lb/>
daß die Waren, die man mit ihm kaufen will, teurer werden. Ebensowenig<lb/>
kann eine Vermehrung der Umlanfsmittel die Waren billiger oder zugänglicher<lb/>
machen oder den Konsum steigern. Vielleicht meint man, sobald mehr Geld<lb/>
vorhanden sei, könne deswegen auch mehr gekauft werden. Das ist aber nicht<lb/>
richtig, da das Geld, das im Verkehr ist, oder ein Anspruch darauf, erst<lb/>
von den einzelnen Menschen durch ihre Leistungen erworben werden muß, ehe<lb/>
sie es auszugeben und etwas dafür zu kaufen vermöge». Es kann immer nur<lb/>
darauf ankommen, eine wie große Geldsumme zu Ausgaben verfügbar und<lb/>
im Besitz der Konsnmentenkreise ist, auf die die betreffenden Waren, um Absatz<lb/>
zu finden, vorzugsweise augewiesen sind. Das Geld, das jemand hat, läßt sich<lb/>
anch immer uur einmal ausgeben; von weit größerer Bedeutung als ein augen-<lb/>
blicklicher Geldbesitz in den Händen der Konsumenten ist die Gelegenheit, das<lb/>
Geld, das ausgegeben wird, durch die erwcrblichen Leistungen fortgesetzt wieder¬<lb/>
zuerlangen. Sind die in Frage kommenden Konsumenten durch größern Erwerb<lb/>
kaufkräftiger geworden, so steigt die Nachfrage nach den Waren und damit<lb/>
anch ihr Preis, für den immer das jeweilige Verhältnis zwischen Produktion<lb/>
und Bedarf maßgebend ist. Man muß derer bezahlen, was man nötig braucht,<lb/>
und wovon uur verhältnismäßig wenig zu haben ist. Überwiegt alsdann durch<lb/>
den Wettbewerb und die stärkere Produktion das Angebot, so werden die Preise<lb/>
zurückgehn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_230"> Ob Geld billig oder teuer ist, äußert sich darin, welcher Zinsfuß für<lb/>
Darlehen, Wechseldiskontierungen usw. zu zahlen ist, und hängt davon ab, ob<lb/>
in einem Verkehrsbezirk augenblicklich die Gesamtsumme der zu leistenden<lb/>
Zählungen oder der Gesamtbetrag der fälligen Fordrungen größer ist, ob also<lb/>
die betreffenden Erwerbskreise Geld brauchen oder für solches Verwendung<lb/>
suchen. In dem Maße, wie dieses Verhältnis schwankt und rasch wechselt,<lb/>
muß auch der billige und der teure Geldstaud fortwährend abwechseln und<lb/>
variieren. Zwar ist demgemäß auch für die zu Produktionszwecken nötigen<lb/>
Kapitalteil ein bald höherer, bald niedrigerer Zinsfuß zu zahlen, aber diese<lb/>
Ausgabe macht in der Regel nur eiuen geringfügigen Teil der gesamten<lb/>
Produktionskosten einer Ware ans und wird nur selteu vou merkbaren Ein¬<lb/>
fluß auf den Preis sein. Auf alle Fälle trägt an einer Geldvertenernng,<lb/>
dnrch die unter Umständen anch die Waren verteuert werden können, nicht<lb/>
etwa eilt Mangel all Umlaufsmitteln die Schuld. Die Ursache wird immer<lb/>
darin liegen, daß im Verhältnis zu dem Bedarf von Kapitalteil nicht genügend<lb/>
Geldgttthaben verfügbar sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_231" next="#ID_232"> Wenn größere Zahlungen nach dem Ausland anstatt in Wechseln oder<lb/>
dergleichen in bar geleistet werden, so geschieht dies, weil es des augenblick¬<lb/>
lichen ungünstigen Wechselkurses wegen vorteilhafter ist. Dieser Kurs richtet<lb/>
sich hauptsächlich danach, ob zur Zeit mehr Rimessen nach einem auswärtigen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0070] Ul'ttflnssiges Geld durch vermehrte Produktion das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das bare Geld besitzt seinen festgesetzten Wert, auf den es lautet; seine Vermehrung kann nicht verursachen, daß seine Kanftraft abnimmt, oder anders ausgedrückt, daß die Waren, die man mit ihm kaufen will, teurer werden. Ebensowenig kann eine Vermehrung der Umlanfsmittel die Waren billiger oder zugänglicher machen oder den Konsum steigern. Vielleicht meint man, sobald mehr Geld vorhanden sei, könne deswegen auch mehr gekauft werden. Das ist aber nicht richtig, da das Geld, das im Verkehr ist, oder ein Anspruch darauf, erst von den einzelnen Menschen durch ihre Leistungen erworben werden muß, ehe sie es auszugeben und etwas dafür zu kaufen vermöge». Es kann immer nur darauf ankommen, eine wie große Geldsumme zu Ausgaben verfügbar und im Besitz der Konsnmentenkreise ist, auf die die betreffenden Waren, um Absatz zu finden, vorzugsweise augewiesen sind. Das Geld, das jemand hat, läßt sich anch immer uur einmal ausgeben; von weit größerer Bedeutung als ein augen- blicklicher Geldbesitz in den Händen der Konsumenten ist die Gelegenheit, das Geld, das ausgegeben wird, durch die erwcrblichen Leistungen fortgesetzt wieder¬ zuerlangen. Sind die in Frage kommenden Konsumenten durch größern Erwerb kaufkräftiger geworden, so steigt die Nachfrage nach den Waren und damit anch ihr Preis, für den immer das jeweilige Verhältnis zwischen Produktion und Bedarf maßgebend ist. Man muß derer bezahlen, was man nötig braucht, und wovon uur verhältnismäßig wenig zu haben ist. Überwiegt alsdann durch den Wettbewerb und die stärkere Produktion das Angebot, so werden die Preise zurückgehn. Ob Geld billig oder teuer ist, äußert sich darin, welcher Zinsfuß für Darlehen, Wechseldiskontierungen usw. zu zahlen ist, und hängt davon ab, ob in einem Verkehrsbezirk augenblicklich die Gesamtsumme der zu leistenden Zählungen oder der Gesamtbetrag der fälligen Fordrungen größer ist, ob also die betreffenden Erwerbskreise Geld brauchen oder für solches Verwendung suchen. In dem Maße, wie dieses Verhältnis schwankt und rasch wechselt, muß auch der billige und der teure Geldstaud fortwährend abwechseln und variieren. Zwar ist demgemäß auch für die zu Produktionszwecken nötigen Kapitalteil ein bald höherer, bald niedrigerer Zinsfuß zu zahlen, aber diese Ausgabe macht in der Regel nur eiuen geringfügigen Teil der gesamten Produktionskosten einer Ware ans und wird nur selteu vou merkbaren Ein¬ fluß auf den Preis sein. Auf alle Fälle trägt an einer Geldvertenernng, dnrch die unter Umständen anch die Waren verteuert werden können, nicht etwa eilt Mangel all Umlaufsmitteln die Schuld. Die Ursache wird immer darin liegen, daß im Verhältnis zu dem Bedarf von Kapitalteil nicht genügend Geldgttthaben verfügbar sind. Wenn größere Zahlungen nach dem Ausland anstatt in Wechseln oder dergleichen in bar geleistet werden, so geschieht dies, weil es des augenblick¬ lichen ungünstigen Wechselkurses wegen vorteilhafter ist. Dieser Kurs richtet sich hauptsächlich danach, ob zur Zeit mehr Rimessen nach einem auswärtigen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/70
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/70>, abgerufen am 28.07.2024.