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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Meihnachteu vor Paris

konnte. Eugen brauchte bloß, wie an Karls Eltern, so anch an dessen Flamme
geschrieben zu haben, dann verstand sich alles übrige von selbst.

Das Eigentümliche der damaligen Eisenbahnbefördernng zwischen Fronard und
Meaux hatten aus Deutschland bezogue Ersatzmannschnften durch Anstimmung des
Kanons gefeiert: Die Eisenbahn ist ein Pläsir - doch weiter kommt man ohne
ihr. Auch weniger gemütliche Etappenkommandanten -- der wahrhaft gemütlichen
Sorte war offenbar die Bodenbeschaffenheit nicht günstig hatten in einzelnen
Fällen das Zutreffende des Fibclverses nicht in Abrede stellen können, aber da es
bei dem Übelstande nicht an den Einrichtungen, sondern an Verhältnissen lag, für
die niemand verantwortlich gemacht werden konnte, so hatten sich unsre Freunde
mit möglichster Geduld in das Unvermeidliche zu schicke" gesucht. Im Coupe der
Ritter war viel gelacht, geraucht und geskatet worden, in dem der Bürger und
Knappen war es zwar auch von Zeit zu Zeit zwischen Herrn Hahn und Gottlieb
zu einem Sechsundsechzig gekommen, aber in der Hauptsache hatte man die Zeit
mehr mit bedächtigem Gespräch, erquickendem Schlummer und häufigen Stärkungen
jeder Art totgeschlagen. Auch bei der tagtäglicheu, gut aufgereihter Perlenschnüren
vergleichbaren Folge von Imbissen, Degustationen und Auffrischungen hatte Vater
Hahn die Haltung dieses Julius nicht genug bewundern können.

Während der lange und der kleine Paul bei einer solchen Fahrt gewiß sechsmal
am Tage wie Klärchen zwischen den Extremen des Himmelhochjanchzens und zu
Tode Betrübtseins hin und her geschwankt und zur Wiederherstellung normaler
Zustände alle acht Mittel ihres Namensvetters der Reihe nach durchprobiert hätten,
blieb dieser Julius wie eine Kompaßnadel stetig dem kühlen Nordpol zugewandt.
So etwas von Dekorum war ihm -- Bäcker sind ja leichte Ware -- "weeß der
Hole" noch nicht vorgekommen: 's kann eegentlich gar kee Junge sin! Malachit-
panl und Gottlieb hätten schreien mögen: Meister, Meister, 's brennt, 's brennt!
aber sie schrieen nicht, sondern schwiegen, stärkten sich und dachten: Kommen wird
ja der Tag, wo der stolze Gefährte, na, daß wirf ohne Homers Hilfe zu Ende
bringen, selbst einsehen wird, daß er auf den Augen gesessen hat.

Paul hatte sich mit Julius ausgesprochen. Während eines lungern Aufenthalts
auf einer Station -- deren gabs war er mit ihm auf dem Perron auf und
ab gegangen und hatte ihm gesagt: Fräulein, ich bin nämlich der Paul, von dem
Ihnen Ihr Karl gesprochen haben wird. Er bills mir gesagt, wie lieb daß er
Sie hat, und Wenns e bischen weniger wäre, thäte das Ihrer Photegraphie auch
nichts schaden. Denn wenn sich Marmor nud Bronze zu Schanden küssen lassen,
wie ich das in Prag gesehen habe, wo mich der Meister zu Pfingsten mit hin¬
genommen hat, wie soll da solches elendes Albuminpapier vorhalten!

Julius war vermutlich rot geworden, aber da es dunkel war auf dem Perron
Lampen wurden nur angezündet, wenn der Generalgouvemeur "durchkam" --,
so hatte das Punt nicht gesehen, und das war vielleicht auch besser gewesen, ob¬
wohl er sich durch Herminens Zauber gegen jeden andern gefeit wähnte. Der
dicke Ritter zum Beispiel konnte es nicht mit ansehen, wenn Julius rot wurde.
Da geriet er in furchtbare Wut und klagte, ohne ein Ange von dem gefährlichen
Schauspiel abzuwenden, den drei andern seine Not. Wie er, wenn er das gewußt
hätte, ganz gewiß nicht mitgekommen, sondern nach Spanien gefahren wäre und
sich da als heiliger Laurentius auf dem Roste hätte braten lasten. Das wäre ja
noch ein dam-mario im Vergleich zu dem gewesen, was er hier ausstehn müßte.

Ja, Julius war wahrscheinlich rot geworden, aber da der Generalgouvemeur
nicht erwartet wurde, so hatte das nichts auf sich gehabt, und er hatte gesagt,
Photographien würden eben deswegen dutzendweise verkauft, daß man den Wechsel
hätte: auf ein bischen Abnutzung komme es also nicht an. Sein Karl -- nein,
er -- nein, sie hatte gesagt, ihr Karl habe ihr allerdings von ihm gesprochen
und ihr erzählt, daß er ein ganz kleines bische" lahm und furchtbar nett sei. An


Meihnachteu vor Paris

konnte. Eugen brauchte bloß, wie an Karls Eltern, so anch an dessen Flamme
geschrieben zu haben, dann verstand sich alles übrige von selbst.

Das Eigentümliche der damaligen Eisenbahnbefördernng zwischen Fronard und
Meaux hatten aus Deutschland bezogue Ersatzmannschnften durch Anstimmung des
Kanons gefeiert: Die Eisenbahn ist ein Pläsir - doch weiter kommt man ohne
ihr. Auch weniger gemütliche Etappenkommandanten — der wahrhaft gemütlichen
Sorte war offenbar die Bodenbeschaffenheit nicht günstig hatten in einzelnen
Fällen das Zutreffende des Fibclverses nicht in Abrede stellen können, aber da es
bei dem Übelstande nicht an den Einrichtungen, sondern an Verhältnissen lag, für
die niemand verantwortlich gemacht werden konnte, so hatten sich unsre Freunde
mit möglichster Geduld in das Unvermeidliche zu schicke« gesucht. Im Coupe der
Ritter war viel gelacht, geraucht und geskatet worden, in dem der Bürger und
Knappen war es zwar auch von Zeit zu Zeit zwischen Herrn Hahn und Gottlieb
zu einem Sechsundsechzig gekommen, aber in der Hauptsache hatte man die Zeit
mehr mit bedächtigem Gespräch, erquickendem Schlummer und häufigen Stärkungen
jeder Art totgeschlagen. Auch bei der tagtäglicheu, gut aufgereihter Perlenschnüren
vergleichbaren Folge von Imbissen, Degustationen und Auffrischungen hatte Vater
Hahn die Haltung dieses Julius nicht genug bewundern können.

Während der lange und der kleine Paul bei einer solchen Fahrt gewiß sechsmal
am Tage wie Klärchen zwischen den Extremen des Himmelhochjanchzens und zu
Tode Betrübtseins hin und her geschwankt und zur Wiederherstellung normaler
Zustände alle acht Mittel ihres Namensvetters der Reihe nach durchprobiert hätten,
blieb dieser Julius wie eine Kompaßnadel stetig dem kühlen Nordpol zugewandt.
So etwas von Dekorum war ihm — Bäcker sind ja leichte Ware — „weeß der
Hole" noch nicht vorgekommen: 's kann eegentlich gar kee Junge sin! Malachit-
panl und Gottlieb hätten schreien mögen: Meister, Meister, 's brennt, 's brennt!
aber sie schrieen nicht, sondern schwiegen, stärkten sich und dachten: Kommen wird
ja der Tag, wo der stolze Gefährte, na, daß wirf ohne Homers Hilfe zu Ende
bringen, selbst einsehen wird, daß er auf den Augen gesessen hat.

Paul hatte sich mit Julius ausgesprochen. Während eines lungern Aufenthalts
auf einer Station — deren gabs war er mit ihm auf dem Perron auf und
ab gegangen und hatte ihm gesagt: Fräulein, ich bin nämlich der Paul, von dem
Ihnen Ihr Karl gesprochen haben wird. Er bills mir gesagt, wie lieb daß er
Sie hat, und Wenns e bischen weniger wäre, thäte das Ihrer Photegraphie auch
nichts schaden. Denn wenn sich Marmor nud Bronze zu Schanden küssen lassen,
wie ich das in Prag gesehen habe, wo mich der Meister zu Pfingsten mit hin¬
genommen hat, wie soll da solches elendes Albuminpapier vorhalten!

Julius war vermutlich rot geworden, aber da es dunkel war auf dem Perron
Lampen wurden nur angezündet, wenn der Generalgouvemeur „durchkam" —,
so hatte das Punt nicht gesehen, und das war vielleicht auch besser gewesen, ob¬
wohl er sich durch Herminens Zauber gegen jeden andern gefeit wähnte. Der
dicke Ritter zum Beispiel konnte es nicht mit ansehen, wenn Julius rot wurde.
Da geriet er in furchtbare Wut und klagte, ohne ein Ange von dem gefährlichen
Schauspiel abzuwenden, den drei andern seine Not. Wie er, wenn er das gewußt
hätte, ganz gewiß nicht mitgekommen, sondern nach Spanien gefahren wäre und
sich da als heiliger Laurentius auf dem Roste hätte braten lasten. Das wäre ja
noch ein dam-mario im Vergleich zu dem gewesen, was er hier ausstehn müßte.

Ja, Julius war wahrscheinlich rot geworden, aber da der Generalgouvemeur
nicht erwartet wurde, so hatte das nichts auf sich gehabt, und er hatte gesagt,
Photographien würden eben deswegen dutzendweise verkauft, daß man den Wechsel
hätte: auf ein bischen Abnutzung komme es also nicht an. Sein Karl — nein,
er — nein, sie hatte gesagt, ihr Karl habe ihr allerdings von ihm gesprochen
und ihr erzählt, daß er ein ganz kleines bische» lahm und furchtbar nett sei. An


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[0675] Meihnachteu vor Paris konnte. Eugen brauchte bloß, wie an Karls Eltern, so anch an dessen Flamme geschrieben zu haben, dann verstand sich alles übrige von selbst. Das Eigentümliche der damaligen Eisenbahnbefördernng zwischen Fronard und Meaux hatten aus Deutschland bezogue Ersatzmannschnften durch Anstimmung des Kanons gefeiert: Die Eisenbahn ist ein Pläsir - doch weiter kommt man ohne ihr. Auch weniger gemütliche Etappenkommandanten — der wahrhaft gemütlichen Sorte war offenbar die Bodenbeschaffenheit nicht günstig hatten in einzelnen Fällen das Zutreffende des Fibclverses nicht in Abrede stellen können, aber da es bei dem Übelstande nicht an den Einrichtungen, sondern an Verhältnissen lag, für die niemand verantwortlich gemacht werden konnte, so hatten sich unsre Freunde mit möglichster Geduld in das Unvermeidliche zu schicke« gesucht. Im Coupe der Ritter war viel gelacht, geraucht und geskatet worden, in dem der Bürger und Knappen war es zwar auch von Zeit zu Zeit zwischen Herrn Hahn und Gottlieb zu einem Sechsundsechzig gekommen, aber in der Hauptsache hatte man die Zeit mehr mit bedächtigem Gespräch, erquickendem Schlummer und häufigen Stärkungen jeder Art totgeschlagen. Auch bei der tagtäglicheu, gut aufgereihter Perlenschnüren vergleichbaren Folge von Imbissen, Degustationen und Auffrischungen hatte Vater Hahn die Haltung dieses Julius nicht genug bewundern können. Während der lange und der kleine Paul bei einer solchen Fahrt gewiß sechsmal am Tage wie Klärchen zwischen den Extremen des Himmelhochjanchzens und zu Tode Betrübtseins hin und her geschwankt und zur Wiederherstellung normaler Zustände alle acht Mittel ihres Namensvetters der Reihe nach durchprobiert hätten, blieb dieser Julius wie eine Kompaßnadel stetig dem kühlen Nordpol zugewandt. So etwas von Dekorum war ihm — Bäcker sind ja leichte Ware — „weeß der Hole" noch nicht vorgekommen: 's kann eegentlich gar kee Junge sin! Malachit- panl und Gottlieb hätten schreien mögen: Meister, Meister, 's brennt, 's brennt! aber sie schrieen nicht, sondern schwiegen, stärkten sich und dachten: Kommen wird ja der Tag, wo der stolze Gefährte, na, daß wirf ohne Homers Hilfe zu Ende bringen, selbst einsehen wird, daß er auf den Augen gesessen hat. Paul hatte sich mit Julius ausgesprochen. Während eines lungern Aufenthalts auf einer Station — deren gabs war er mit ihm auf dem Perron auf und ab gegangen und hatte ihm gesagt: Fräulein, ich bin nämlich der Paul, von dem Ihnen Ihr Karl gesprochen haben wird. Er bills mir gesagt, wie lieb daß er Sie hat, und Wenns e bischen weniger wäre, thäte das Ihrer Photegraphie auch nichts schaden. Denn wenn sich Marmor nud Bronze zu Schanden küssen lassen, wie ich das in Prag gesehen habe, wo mich der Meister zu Pfingsten mit hin¬ genommen hat, wie soll da solches elendes Albuminpapier vorhalten! Julius war vermutlich rot geworden, aber da es dunkel war auf dem Perron Lampen wurden nur angezündet, wenn der Generalgouvemeur „durchkam" —, so hatte das Punt nicht gesehen, und das war vielleicht auch besser gewesen, ob¬ wohl er sich durch Herminens Zauber gegen jeden andern gefeit wähnte. Der dicke Ritter zum Beispiel konnte es nicht mit ansehen, wenn Julius rot wurde. Da geriet er in furchtbare Wut und klagte, ohne ein Ange von dem gefährlichen Schauspiel abzuwenden, den drei andern seine Not. Wie er, wenn er das gewußt hätte, ganz gewiß nicht mitgekommen, sondern nach Spanien gefahren wäre und sich da als heiliger Laurentius auf dem Roste hätte braten lasten. Das wäre ja noch ein dam-mario im Vergleich zu dem gewesen, was er hier ausstehn müßte. Ja, Julius war wahrscheinlich rot geworden, aber da der Generalgouvemeur nicht erwartet wurde, so hatte das nichts auf sich gehabt, und er hatte gesagt, Photographien würden eben deswegen dutzendweise verkauft, daß man den Wechsel hätte: auf ein bischen Abnutzung komme es also nicht an. Sein Karl — nein, er — nein, sie hatte gesagt, ihr Karl habe ihr allerdings von ihm gesprochen und ihr erzählt, daß er ein ganz kleines bische» lahm und furchtbar nett sei. An

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/675>, abgerufen am 01.09.2024.