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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Auf der Alm

ihr tief innen in ihrem Herzen wie ein Verrat vorkam an dem Jugendgespielen. Aber
sie verkehrte nur in akademischen Kreisen und tanzte nur auf akademischen Bällen --
es war nun einmal so, ein Jugendspiel muß ein Ende haben. Man muß vernünftig
sein und seine Stellung in der Welt wahren. Manchmal sprach der Geheimrat
ein Wort über den jungen Freund und auch über seinen glücklichen Beruf, der
ihn zu lustigem Wagen und Gewinnen in alle Fernen führe, heraus aus den engen
Grenzen, die die gelehrten Berufe so oft für den Menschen zögen und ihn dabei
zum unpraktischen und beschränkten Philister machten. Sie warf dann den Kopf
in den Nacken. Das war lächerlich, el" Kaufmann blieb eben doch ein Kaufmann.
Freilich, wenn sie dann drüben bei der Frau Nachbarin war, und diese von ihrem
fernen Sohne sprach in ihrer warmen mütterlichen Art, da wagte sich der akade¬
mische Hochmut nicht hervor, da war auch nichts von der niedrigern Atmosphäre
des Kaufmanns zu spüren, es war eben die liebe mütterliche Freundin, neben der
sie saß, und Karl war ja deren Junge; und Hanna hatte das Gefühl, daß er wirklich
der prächtige Kerl sei, der er für die Mutter war. Da fühlte sie ehrlich, und sie
sah ihn so vor sich, wie er war, als ihren allezeit treuen Jugendfreund -- warum
sollte sie ihn auch nicht als solchen schätzen? dachte sie. Sie wollte es gern ihr
Leben lang thun. Sie würden sehr gute Freunde sein, anch wenn sie einmal ganz
alte Leute wären, gerade so wie Papa und Frau Müller.

Und dann doch das wunderliche Gefühl, als die Nachricht kam, daß er gegen
das Frühjahr zu heimkehren würde. Sie wußte nicht, wie sie den Kopf wende"
sollte, daß Tante Müller die tiefe Röte nicht sähe, die ihr in die Wangen stieg;
aber die mütterliche Freundin war so diskret, die Augen nicht von dem Brief zu
erheben, den sie ihr vorlas. Wie mochte er aussehen? Das fragte sie sich hundert-
mal, und je näher die Zeit der Rückkehr kam, desto öfter litt sie an einem unan¬
genehmen Herzklopfen. Es waren verwunderliche Zufälle für eine kühldenkende
Jugendfreundin, die mit Vernunft ihre Stellung zu wahre" beabsichtigte.

Und dann kam er ein paar Tage früher, als er erwartet war, und die Bnll-
katnsirophe trat ein!

Sämtliche Freundinnen waren aufs äußerste überrascht. Nein Haimn, wie
fre" ich mich! So unerwartet! Und das alte viK-lois? Ja ja! Wer hätte es
aber gedacht, daß du -- der Stern um Universitätshimmel -- --

Dich zu einem Kaufmann herablassen würdest! ergänzte sie sich etwas bitter.
Die Freundinnen erklärten ihn ja für eine famose Erscheinung, aber Hanna fühlte
es, daß sie für ihr Kränzchen schon die Frau Müller sei -- die Müllern! Sie,
die unter den künftigen Geheimräten hätte wählen können! -- Man kann nun mit
Sicherheit annehme", daß die Freundinnen wohl im ersten Augenblick überrascht
waren von der Wahl des kapriziösen Kätzchens, dem sie jeden Ehrgeiz zugetraut
hätten; aber sie konnten sich doch nicht verhehlen, daß Hanna ein beneidenswertes
Los gezogen habe. Denn einen prächtigern Menschen gab es gar nicht -- er
war im Handumdrehn mit dem ganzen Kränzchen auf du und du, und die Mädel
waren stolz auf diesen ersten schönen Bräutigam, den sie alle zusammen hatten;
und dann kam Hanna in ein so warmes, weiches Nest, daß es wohl wenig Mädchen
gab, die nicht mit Wonne hineingeschlüpft wären. Nur Hanna selbst sah hinter
jeden: Busch Verräter lauern -- aus der unschuldigsten Bemerkung klang ihr ein
versteckter Hohn. Hatte sie einen Fehltritt begangen, als sie Karl so besinnungslos
an den Hals geflogen war? Dachten die Leute, sie hätte sich an den reichen
Kaufmann verkauft? Sie hatte ja nie eine" Augenblick in ihrem Leben daran ge¬
dacht, daß Müllers reiche Leute seien, und sie hatte doch Karl nicht genommen,
sondern er hatte ohne weiteres Besitz von ihr ergriffen -- ja das hatte er! Was
hätte sie denn thun sollen? Sie biß ans ihr Taschentuch, wahrend ihr die Thränen


Auf der Alm

ihr tief innen in ihrem Herzen wie ein Verrat vorkam an dem Jugendgespielen. Aber
sie verkehrte nur in akademischen Kreisen und tanzte nur auf akademischen Bällen —
es war nun einmal so, ein Jugendspiel muß ein Ende haben. Man muß vernünftig
sein und seine Stellung in der Welt wahren. Manchmal sprach der Geheimrat
ein Wort über den jungen Freund und auch über seinen glücklichen Beruf, der
ihn zu lustigem Wagen und Gewinnen in alle Fernen führe, heraus aus den engen
Grenzen, die die gelehrten Berufe so oft für den Menschen zögen und ihn dabei
zum unpraktischen und beschränkten Philister machten. Sie warf dann den Kopf
in den Nacken. Das war lächerlich, el» Kaufmann blieb eben doch ein Kaufmann.
Freilich, wenn sie dann drüben bei der Frau Nachbarin war, und diese von ihrem
fernen Sohne sprach in ihrer warmen mütterlichen Art, da wagte sich der akade¬
mische Hochmut nicht hervor, da war auch nichts von der niedrigern Atmosphäre
des Kaufmanns zu spüren, es war eben die liebe mütterliche Freundin, neben der
sie saß, und Karl war ja deren Junge; und Hanna hatte das Gefühl, daß er wirklich
der prächtige Kerl sei, der er für die Mutter war. Da fühlte sie ehrlich, und sie
sah ihn so vor sich, wie er war, als ihren allezeit treuen Jugendfreund — warum
sollte sie ihn auch nicht als solchen schätzen? dachte sie. Sie wollte es gern ihr
Leben lang thun. Sie würden sehr gute Freunde sein, anch wenn sie einmal ganz
alte Leute wären, gerade so wie Papa und Frau Müller.

Und dann doch das wunderliche Gefühl, als die Nachricht kam, daß er gegen
das Frühjahr zu heimkehren würde. Sie wußte nicht, wie sie den Kopf wende»
sollte, daß Tante Müller die tiefe Röte nicht sähe, die ihr in die Wangen stieg;
aber die mütterliche Freundin war so diskret, die Augen nicht von dem Brief zu
erheben, den sie ihr vorlas. Wie mochte er aussehen? Das fragte sie sich hundert-
mal, und je näher die Zeit der Rückkehr kam, desto öfter litt sie an einem unan¬
genehmen Herzklopfen. Es waren verwunderliche Zufälle für eine kühldenkende
Jugendfreundin, die mit Vernunft ihre Stellung zu wahre» beabsichtigte.

Und dann kam er ein paar Tage früher, als er erwartet war, und die Bnll-
katnsirophe trat ein!

Sämtliche Freundinnen waren aufs äußerste überrascht. Nein Haimn, wie
fre» ich mich! So unerwartet! Und das alte viK-lois? Ja ja! Wer hätte es
aber gedacht, daß du — der Stern um Universitätshimmel — —

Dich zu einem Kaufmann herablassen würdest! ergänzte sie sich etwas bitter.
Die Freundinnen erklärten ihn ja für eine famose Erscheinung, aber Hanna fühlte
es, daß sie für ihr Kränzchen schon die Frau Müller sei — die Müllern! Sie,
die unter den künftigen Geheimräten hätte wählen können! — Man kann nun mit
Sicherheit annehme», daß die Freundinnen wohl im ersten Augenblick überrascht
waren von der Wahl des kapriziösen Kätzchens, dem sie jeden Ehrgeiz zugetraut
hätten; aber sie konnten sich doch nicht verhehlen, daß Hanna ein beneidenswertes
Los gezogen habe. Denn einen prächtigern Menschen gab es gar nicht — er
war im Handumdrehn mit dem ganzen Kränzchen auf du und du, und die Mädel
waren stolz auf diesen ersten schönen Bräutigam, den sie alle zusammen hatten;
und dann kam Hanna in ein so warmes, weiches Nest, daß es wohl wenig Mädchen
gab, die nicht mit Wonne hineingeschlüpft wären. Nur Hanna selbst sah hinter
jeden: Busch Verräter lauern — aus der unschuldigsten Bemerkung klang ihr ein
versteckter Hohn. Hatte sie einen Fehltritt begangen, als sie Karl so besinnungslos
an den Hals geflogen war? Dachten die Leute, sie hätte sich an den reichen
Kaufmann verkauft? Sie hatte ja nie eine« Augenblick in ihrem Leben daran ge¬
dacht, daß Müllers reiche Leute seien, und sie hatte doch Karl nicht genommen,
sondern er hatte ohne weiteres Besitz von ihr ergriffen — ja das hatte er! Was
hätte sie denn thun sollen? Sie biß ans ihr Taschentuch, wahrend ihr die Thränen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/58>, abgerufen am 01.09.2024.