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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Die ergötzlichen Geschichten des Bar-Hebraeus

Ruf kam vor den Patriarchen Jgnatms II,, der ihn am 12. September 1246 in
seinem zwanzigsten Jahre zum Bischof von Gnbos bei Melitene machte. Im
Jahre 1253 kam Bar-Hebraeus nach Aleppo und erreichte 1264 die hohe kirch¬
liche Würde eines Maphricm. Er schrieb eine unglaubliche Anzahl teilweise ganz
bedeutender Werke, theologische und grammatikalische -- und diese letzten übertreffen
für den Europäer an Wert alles andre von Bar-Hebraeus geschriebne --, philosophische,
historische und naturwissenschaftliche. Aristoteles, Hippokrates, Galen, Euklid und
Ptolemaeus hat er bearbeitet "ut kommentiert; astronomische, medizinische und
zoologische Werke hat er verfaßt. Auch der Poesie war er nicht fremd, und Renan
hat seine Dichtung bona Isx sont mslior MlosoMiA für der Publikation wohl würdig
erklärt. Dabei war er der beste Lenker und Vater seiner Diözese, und Griechen
wie Armenier und Nestorianer verehrten ihn gleichmäßig. Als er 1286 starb,
war allgemeine Trauer; als man ihn zu Grabe trug, richten alle Geschäfte zu
Maragdah, und alle Läden waren geschlossen. Sein Grab wurde in den vierziger
Jahren des neunzehnten Jahrhunderts noch im Mar-Mattaikloster nordöstlich von
Mossul durch den englischen Reisenden Badger gesehen.

Wie Bar-Hebraeus den Zweck seiner Sammlung der ergötzlichen Geschichten
auffaßt, geht aus seiner Einleitung hervor: "Dieses Buch soll ein Trost für die
Traurige" und eine Aufrichtung für die Gebeugten sein; es sei ein Lehrer für die,
die Unterweisung annehmen, ein lieber Begleiter für die, denen angenehme Unter¬
haltung am Herzen liegt. Denn keine Sache, die der Erwähnung wert ist, ist
dabei vergessen. Und laß -- so bittet er --, o Schöpfer, dieses Buch einen
religiösen Freund für den Leser abgeben, mag dieser Moslim, Hebräer oder Aramäer,
mag er einheimisch oder fremd sein. Und der verständige und gebildete Mann
möge ebenso wie der schwatzende Narr das, was das Beste für ihn ist, darin
finden usw." Wir wollen sehen, aus den zwanzig Kapiteln, in die die 727 Ge¬
schichten eingeteilt sind, je eine oder die andre von den kleinern und kleinsten aus¬
zusuchen und dabei möglichst nicht die wiederzugeben, die durch die Übersetzung
von Morales in der Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft schon
in deutscher Sprache zugänglich sind, oder die in dieser oder jener Form schon
anderweitig überliefert wurden. In der englischen Ausgabe sind die Geschichten,
die für die englische Spezialmoral nicht passend erschienen, die man also als slwekiug'
bezeichnen kann, in lateinischer Sprache wiedergegeben.

1. Aus den nützlichen Sprüchen und Geschichten griechischer Philosophen
(67 an der Zahl): Ein gewisser Philosoph passierte einst eine Stadt und sah den Kriegs¬
hauptmann, der sich im Felde noch nie ausgezeichnet hatte, mit dem Arzte zusammen
stehn. Da sagte der Philosoph zu den Stadtbewohnern: "Schade, daß der Kriegs¬
hauptmann nicht der Arzt und der Arzt nicht euer Kriegshauptmann ist. Dieser
nimmt sich so sehr in acht, einen Menschen zu töten, und der Arzt hat doch so
große Erfahrung im Menschenmord." -- Ein andrer Philosoph nahm sich eine
kleine schmale Frau zum Weibe. Als man ihn fragte, warum er eine solche Wahl
getroffen habe, antwortete er: "Ich nahm das geringere Übel auf mich." -- Einst
schenkte man Alexander dem Großen eine Anzahl Glasgefäße. Obgleich er außer¬
ordentliches Gefallen an ihnen hatte, gab er sofort Befehl, alle die Gläser zu zer¬
schlagen. Man fragte ihn nach der Ursache, und er antwortete: "Ich bin ganz
sicher, daß eins der Gläser nach dem andern durch die Hand der Sklaven zer¬
brochen würde; das würde jedesmal meinen Ärger und Zornausbrüche hervorrufen.
So habe ich mit einer Aufregung viele Stürme des Zorns verbannt."

2. Aus den persischen Weisen (40 Geschichten): Als Bazarjamhir vom König
eingekerkert wurde, fragten ihn seine Freunde: "Mit was tröstest du dich jetzt?"
Er antwortete: "Mit vier Reden. Zuerst sage ich mir, daß alles Bestimmung ist,
und man seinem Geschick nicht entgeh" kann. Dann rede ich mir zu: Wenn ich


Die ergötzlichen Geschichten des Bar-Hebraeus

Ruf kam vor den Patriarchen Jgnatms II,, der ihn am 12. September 1246 in
seinem zwanzigsten Jahre zum Bischof von Gnbos bei Melitene machte. Im
Jahre 1253 kam Bar-Hebraeus nach Aleppo und erreichte 1264 die hohe kirch¬
liche Würde eines Maphricm. Er schrieb eine unglaubliche Anzahl teilweise ganz
bedeutender Werke, theologische und grammatikalische — und diese letzten übertreffen
für den Europäer an Wert alles andre von Bar-Hebraeus geschriebne —, philosophische,
historische und naturwissenschaftliche. Aristoteles, Hippokrates, Galen, Euklid und
Ptolemaeus hat er bearbeitet »ut kommentiert; astronomische, medizinische und
zoologische Werke hat er verfaßt. Auch der Poesie war er nicht fremd, und Renan
hat seine Dichtung bona Isx sont mslior MlosoMiA für der Publikation wohl würdig
erklärt. Dabei war er der beste Lenker und Vater seiner Diözese, und Griechen
wie Armenier und Nestorianer verehrten ihn gleichmäßig. Als er 1286 starb,
war allgemeine Trauer; als man ihn zu Grabe trug, richten alle Geschäfte zu
Maragdah, und alle Läden waren geschlossen. Sein Grab wurde in den vierziger
Jahren des neunzehnten Jahrhunderts noch im Mar-Mattaikloster nordöstlich von
Mossul durch den englischen Reisenden Badger gesehen.

Wie Bar-Hebraeus den Zweck seiner Sammlung der ergötzlichen Geschichten
auffaßt, geht aus seiner Einleitung hervor: „Dieses Buch soll ein Trost für die
Traurige» und eine Aufrichtung für die Gebeugten sein; es sei ein Lehrer für die,
die Unterweisung annehmen, ein lieber Begleiter für die, denen angenehme Unter¬
haltung am Herzen liegt. Denn keine Sache, die der Erwähnung wert ist, ist
dabei vergessen. Und laß — so bittet er —, o Schöpfer, dieses Buch einen
religiösen Freund für den Leser abgeben, mag dieser Moslim, Hebräer oder Aramäer,
mag er einheimisch oder fremd sein. Und der verständige und gebildete Mann
möge ebenso wie der schwatzende Narr das, was das Beste für ihn ist, darin
finden usw." Wir wollen sehen, aus den zwanzig Kapiteln, in die die 727 Ge¬
schichten eingeteilt sind, je eine oder die andre von den kleinern und kleinsten aus¬
zusuchen und dabei möglichst nicht die wiederzugeben, die durch die Übersetzung
von Morales in der Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft schon
in deutscher Sprache zugänglich sind, oder die in dieser oder jener Form schon
anderweitig überliefert wurden. In der englischen Ausgabe sind die Geschichten,
die für die englische Spezialmoral nicht passend erschienen, die man also als slwekiug'
bezeichnen kann, in lateinischer Sprache wiedergegeben.

1. Aus den nützlichen Sprüchen und Geschichten griechischer Philosophen
(67 an der Zahl): Ein gewisser Philosoph passierte einst eine Stadt und sah den Kriegs¬
hauptmann, der sich im Felde noch nie ausgezeichnet hatte, mit dem Arzte zusammen
stehn. Da sagte der Philosoph zu den Stadtbewohnern: „Schade, daß der Kriegs¬
hauptmann nicht der Arzt und der Arzt nicht euer Kriegshauptmann ist. Dieser
nimmt sich so sehr in acht, einen Menschen zu töten, und der Arzt hat doch so
große Erfahrung im Menschenmord." — Ein andrer Philosoph nahm sich eine
kleine schmale Frau zum Weibe. Als man ihn fragte, warum er eine solche Wahl
getroffen habe, antwortete er: „Ich nahm das geringere Übel auf mich." — Einst
schenkte man Alexander dem Großen eine Anzahl Glasgefäße. Obgleich er außer¬
ordentliches Gefallen an ihnen hatte, gab er sofort Befehl, alle die Gläser zu zer¬
schlagen. Man fragte ihn nach der Ursache, und er antwortete: „Ich bin ganz
sicher, daß eins der Gläser nach dem andern durch die Hand der Sklaven zer¬
brochen würde; das würde jedesmal meinen Ärger und Zornausbrüche hervorrufen.
So habe ich mit einer Aufregung viele Stürme des Zorns verbannt."

2. Aus den persischen Weisen (40 Geschichten): Als Bazarjamhir vom König
eingekerkert wurde, fragten ihn seine Freunde: „Mit was tröstest du dich jetzt?"
Er antwortete: „Mit vier Reden. Zuerst sage ich mir, daß alles Bestimmung ist,
und man seinem Geschick nicht entgeh« kann. Dann rede ich mir zu: Wenn ich


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[0456] Die ergötzlichen Geschichten des Bar-Hebraeus Ruf kam vor den Patriarchen Jgnatms II,, der ihn am 12. September 1246 in seinem zwanzigsten Jahre zum Bischof von Gnbos bei Melitene machte. Im Jahre 1253 kam Bar-Hebraeus nach Aleppo und erreichte 1264 die hohe kirch¬ liche Würde eines Maphricm. Er schrieb eine unglaubliche Anzahl teilweise ganz bedeutender Werke, theologische und grammatikalische — und diese letzten übertreffen für den Europäer an Wert alles andre von Bar-Hebraeus geschriebne —, philosophische, historische und naturwissenschaftliche. Aristoteles, Hippokrates, Galen, Euklid und Ptolemaeus hat er bearbeitet »ut kommentiert; astronomische, medizinische und zoologische Werke hat er verfaßt. Auch der Poesie war er nicht fremd, und Renan hat seine Dichtung bona Isx sont mslior MlosoMiA für der Publikation wohl würdig erklärt. Dabei war er der beste Lenker und Vater seiner Diözese, und Griechen wie Armenier und Nestorianer verehrten ihn gleichmäßig. Als er 1286 starb, war allgemeine Trauer; als man ihn zu Grabe trug, richten alle Geschäfte zu Maragdah, und alle Läden waren geschlossen. Sein Grab wurde in den vierziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts noch im Mar-Mattaikloster nordöstlich von Mossul durch den englischen Reisenden Badger gesehen. Wie Bar-Hebraeus den Zweck seiner Sammlung der ergötzlichen Geschichten auffaßt, geht aus seiner Einleitung hervor: „Dieses Buch soll ein Trost für die Traurige» und eine Aufrichtung für die Gebeugten sein; es sei ein Lehrer für die, die Unterweisung annehmen, ein lieber Begleiter für die, denen angenehme Unter¬ haltung am Herzen liegt. Denn keine Sache, die der Erwähnung wert ist, ist dabei vergessen. Und laß — so bittet er —, o Schöpfer, dieses Buch einen religiösen Freund für den Leser abgeben, mag dieser Moslim, Hebräer oder Aramäer, mag er einheimisch oder fremd sein. Und der verständige und gebildete Mann möge ebenso wie der schwatzende Narr das, was das Beste für ihn ist, darin finden usw." Wir wollen sehen, aus den zwanzig Kapiteln, in die die 727 Ge¬ schichten eingeteilt sind, je eine oder die andre von den kleinern und kleinsten aus¬ zusuchen und dabei möglichst nicht die wiederzugeben, die durch die Übersetzung von Morales in der Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft schon in deutscher Sprache zugänglich sind, oder die in dieser oder jener Form schon anderweitig überliefert wurden. In der englischen Ausgabe sind die Geschichten, die für die englische Spezialmoral nicht passend erschienen, die man also als slwekiug' bezeichnen kann, in lateinischer Sprache wiedergegeben. 1. Aus den nützlichen Sprüchen und Geschichten griechischer Philosophen (67 an der Zahl): Ein gewisser Philosoph passierte einst eine Stadt und sah den Kriegs¬ hauptmann, der sich im Felde noch nie ausgezeichnet hatte, mit dem Arzte zusammen stehn. Da sagte der Philosoph zu den Stadtbewohnern: „Schade, daß der Kriegs¬ hauptmann nicht der Arzt und der Arzt nicht euer Kriegshauptmann ist. Dieser nimmt sich so sehr in acht, einen Menschen zu töten, und der Arzt hat doch so große Erfahrung im Menschenmord." — Ein andrer Philosoph nahm sich eine kleine schmale Frau zum Weibe. Als man ihn fragte, warum er eine solche Wahl getroffen habe, antwortete er: „Ich nahm das geringere Übel auf mich." — Einst schenkte man Alexander dem Großen eine Anzahl Glasgefäße. Obgleich er außer¬ ordentliches Gefallen an ihnen hatte, gab er sofort Befehl, alle die Gläser zu zer¬ schlagen. Man fragte ihn nach der Ursache, und er antwortete: „Ich bin ganz sicher, daß eins der Gläser nach dem andern durch die Hand der Sklaven zer¬ brochen würde; das würde jedesmal meinen Ärger und Zornausbrüche hervorrufen. So habe ich mit einer Aufregung viele Stürme des Zorns verbannt." 2. Aus den persischen Weisen (40 Geschichten): Als Bazarjamhir vom König eingekerkert wurde, fragten ihn seine Freunde: „Mit was tröstest du dich jetzt?" Er antwortete: „Mit vier Reden. Zuerst sage ich mir, daß alles Bestimmung ist, und man seinem Geschick nicht entgeh« kann. Dann rede ich mir zu: Wenn ich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/456>, abgerufen am 27.07.2024.