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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Der nächste Tag war für Eugene sehr traurig. Er sah ihn, in der nicht
enden wollenden Unehe vor der Vollstreckung des Urteils, mit allen seinen Einzel¬
heiten nochmals vor seinem geistigen Auge vorüberziehn. Seine Zengennussage vor
dem Kriegsgericht, die peinlichen Eindrücke der durchlebten Stunden verfolgten ihn
wie Gespenster. Vor ihm stand Piron, bei dem schlecht brennenden Feuer, neben
ihm der Koch, der eine Zwiebel schälte. Es war ihm, als hörte er die lallende,
verschwiemelte Stimme des Gesellen. Später, im Laufe des Nachmittags, hatte
er ihn noch vor seinem Zelt einen Knopf annähen sehen.

Piron, der schon seinen kleinen Plan hatte, hatte ihm zugelächelt. Der ver¬
wünschte Spaziergnng! warum mußten sie vor Tisch noch ausgehn, ihren Weg nach
dem Gehöft einschlagen! Nun überstürzten sich die Ereignisse: das durchdringende
Geschrei der Frau, das elende Reisig, an dem der Alte, Piron und der Haupt¬
mann zogen; die unglückliche Dazwischenkunft der Zeugen, und dann der verhängnis¬
volle Stoß, der nicht bös gemeinte Versuch des Betrunknen, seine Beute zu ver¬
teidigen, dieses harmlose Abwehren, das weniger war als ein böses Wort, weniger
als nichts. Und infolge eines barbarischen Brauchs wurde daraus ein die Todes¬
strafe nach sich ziehendes Vergehn! Die Disziplin war in Gefahr. Es mußte Blut
fließe", des Beispiels wegen.

Und um sah er im Geiste das Kriegsgericht wieder, das ihm in der prunk¬
losen Einfachheit seines Verfahrens doppelt schrecklich erschienen war. Eine leere
Scheune, ein Tisch, die fünf Richter auf Strohstühlen; ihnen gegenüberstehend der
Angeklagte: Eugene war eingetreten, hatte ausgesagt. Während er sprach und
sich wie Monsieur de Joffroy bemühte, den Vorgang in mildern Lichte darzustellen,
hatte er deu Vorsitzende", einen alten, keine Miene verziehenden Bataillonskomman¬
deur beobachtet; die Beisitzer waren zwei Hauptleute, ein Leutnant, und wie es
das Gesetz forderte, ein Sergenut von der Kompagnie. Senrat, der im erhebenden
Gefühle seiner Wichtigkeit der einzige war, der mit Teilnahme zuhörte. Einer der
Hauptleute zeichnete, der andre bewegte sich unruhig hin und her, als wenn er nach
dem Schluß der Sitzung schmachtete; der Leutnant suchte ein Gähnen zu verbergen
und zwirbelte seinen Schnurrbart. Und Piron! Dieses verzogne Gesicht, worauf
der Wunsch, sein Leben zu retten, mit der Furcht kämpfte: diese Empörung eines
Menschen, der noch ein langes Leben vor sich hatte, gegen ein grausames Gesetz,
dieses schwiemlige Augenzwinkern, das sich wie etwas Ungewohntes einstellte.

Er war mit Herrn von Joffroy von Saint-Peravy, wo das Stabskriegsgericht
seinen Sitz hatte, zurückgekommen. Sie tauschten ihre Eindrücke aus und warteten
auf Seitrats Rückkehr. Die Kompagnie, die sich um die Zelte gesammelt hatte, flüsterte
lebhaft. Da war auch der Sergeant zurückgekommen, ernst und gemessen.

Nun? fragte der Hauptmann mit unsichrer Stimme.

Zum Tod.

Diese Nachricht verbreitete sich wie ein eisiger Hauch, das Geflüster ver¬
stummte. Herr von Joffroy war ohne weiteres wieder in sein Zelt gegangen. Er
war nicht zu Tisch gekommen. . . .

Die Aufmerksamkeit Engenes, der sich im Stroh seines Lagers umwandte,
hatte sich ans die Zeltleinwand gerichtet, mit der der Wind spielte. Pechschwarze
Nacht. O daß sie rasch für ihn zu Ende gehn und für Piron nie enden könnte!
Hatte er Eltern, eine Geliebte? Eine Angst, die mehr als einen um diese Stunde
überkommen hatte, packte Eugene: wenn nur seine Kompagnie nicht das zur
Vollstreckung des Urteils kommandierte Peloton zu stellen hatte, wenn er nur
nicht . . .

Und Seurat? Schlief er, nachdem er über den Kameraden zu Gericht gesessen
hatte? Hatte seine Stimme nicht gezittert, als er eine solche Verantwortung auf
sich genommen hatte? Freilich die Umstände, die Sitte hatten ihm dies als Pflicht
auferlegt. Die Armee kann ebensowenig wie andre Gemeinschaften und weniger


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Der nächste Tag war für Eugene sehr traurig. Er sah ihn, in der nicht
enden wollenden Unehe vor der Vollstreckung des Urteils, mit allen seinen Einzel¬
heiten nochmals vor seinem geistigen Auge vorüberziehn. Seine Zengennussage vor
dem Kriegsgericht, die peinlichen Eindrücke der durchlebten Stunden verfolgten ihn
wie Gespenster. Vor ihm stand Piron, bei dem schlecht brennenden Feuer, neben
ihm der Koch, der eine Zwiebel schälte. Es war ihm, als hörte er die lallende,
verschwiemelte Stimme des Gesellen. Später, im Laufe des Nachmittags, hatte
er ihn noch vor seinem Zelt einen Knopf annähen sehen.

Piron, der schon seinen kleinen Plan hatte, hatte ihm zugelächelt. Der ver¬
wünschte Spaziergnng! warum mußten sie vor Tisch noch ausgehn, ihren Weg nach
dem Gehöft einschlagen! Nun überstürzten sich die Ereignisse: das durchdringende
Geschrei der Frau, das elende Reisig, an dem der Alte, Piron und der Haupt¬
mann zogen; die unglückliche Dazwischenkunft der Zeugen, und dann der verhängnis¬
volle Stoß, der nicht bös gemeinte Versuch des Betrunknen, seine Beute zu ver¬
teidigen, dieses harmlose Abwehren, das weniger war als ein böses Wort, weniger
als nichts. Und infolge eines barbarischen Brauchs wurde daraus ein die Todes¬
strafe nach sich ziehendes Vergehn! Die Disziplin war in Gefahr. Es mußte Blut
fließe«, des Beispiels wegen.

Und um sah er im Geiste das Kriegsgericht wieder, das ihm in der prunk¬
losen Einfachheit seines Verfahrens doppelt schrecklich erschienen war. Eine leere
Scheune, ein Tisch, die fünf Richter auf Strohstühlen; ihnen gegenüberstehend der
Angeklagte: Eugene war eingetreten, hatte ausgesagt. Während er sprach und
sich wie Monsieur de Joffroy bemühte, den Vorgang in mildern Lichte darzustellen,
hatte er deu Vorsitzende», einen alten, keine Miene verziehenden Bataillonskomman¬
deur beobachtet; die Beisitzer waren zwei Hauptleute, ein Leutnant, und wie es
das Gesetz forderte, ein Sergenut von der Kompagnie. Senrat, der im erhebenden
Gefühle seiner Wichtigkeit der einzige war, der mit Teilnahme zuhörte. Einer der
Hauptleute zeichnete, der andre bewegte sich unruhig hin und her, als wenn er nach
dem Schluß der Sitzung schmachtete; der Leutnant suchte ein Gähnen zu verbergen
und zwirbelte seinen Schnurrbart. Und Piron! Dieses verzogne Gesicht, worauf
der Wunsch, sein Leben zu retten, mit der Furcht kämpfte: diese Empörung eines
Menschen, der noch ein langes Leben vor sich hatte, gegen ein grausames Gesetz,
dieses schwiemlige Augenzwinkern, das sich wie etwas Ungewohntes einstellte.

Er war mit Herrn von Joffroy von Saint-Peravy, wo das Stabskriegsgericht
seinen Sitz hatte, zurückgekommen. Sie tauschten ihre Eindrücke aus und warteten
auf Seitrats Rückkehr. Die Kompagnie, die sich um die Zelte gesammelt hatte, flüsterte
lebhaft. Da war auch der Sergeant zurückgekommen, ernst und gemessen.

Nun? fragte der Hauptmann mit unsichrer Stimme.

Zum Tod.

Diese Nachricht verbreitete sich wie ein eisiger Hauch, das Geflüster ver¬
stummte. Herr von Joffroy war ohne weiteres wieder in sein Zelt gegangen. Er
war nicht zu Tisch gekommen. . . .

Die Aufmerksamkeit Engenes, der sich im Stroh seines Lagers umwandte,
hatte sich ans die Zeltleinwand gerichtet, mit der der Wind spielte. Pechschwarze
Nacht. O daß sie rasch für ihn zu Ende gehn und für Piron nie enden könnte!
Hatte er Eltern, eine Geliebte? Eine Angst, die mehr als einen um diese Stunde
überkommen hatte, packte Eugene: wenn nur seine Kompagnie nicht das zur
Vollstreckung des Urteils kommandierte Peloton zu stellen hatte, wenn er nur
nicht . . .

Und Seurat? Schlief er, nachdem er über den Kameraden zu Gericht gesessen
hatte? Hatte seine Stimme nicht gezittert, als er eine solche Verantwortung auf
sich genommen hatte? Freilich die Umstände, die Sitte hatten ihm dies als Pflicht
auferlegt. Die Armee kann ebensowenig wie andre Gemeinschaften und weniger


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[0363] troo^vu« 6u xliüve Der nächste Tag war für Eugene sehr traurig. Er sah ihn, in der nicht enden wollenden Unehe vor der Vollstreckung des Urteils, mit allen seinen Einzel¬ heiten nochmals vor seinem geistigen Auge vorüberziehn. Seine Zengennussage vor dem Kriegsgericht, die peinlichen Eindrücke der durchlebten Stunden verfolgten ihn wie Gespenster. Vor ihm stand Piron, bei dem schlecht brennenden Feuer, neben ihm der Koch, der eine Zwiebel schälte. Es war ihm, als hörte er die lallende, verschwiemelte Stimme des Gesellen. Später, im Laufe des Nachmittags, hatte er ihn noch vor seinem Zelt einen Knopf annähen sehen. Piron, der schon seinen kleinen Plan hatte, hatte ihm zugelächelt. Der ver¬ wünschte Spaziergnng! warum mußten sie vor Tisch noch ausgehn, ihren Weg nach dem Gehöft einschlagen! Nun überstürzten sich die Ereignisse: das durchdringende Geschrei der Frau, das elende Reisig, an dem der Alte, Piron und der Haupt¬ mann zogen; die unglückliche Dazwischenkunft der Zeugen, und dann der verhängnis¬ volle Stoß, der nicht bös gemeinte Versuch des Betrunknen, seine Beute zu ver¬ teidigen, dieses harmlose Abwehren, das weniger war als ein böses Wort, weniger als nichts. Und infolge eines barbarischen Brauchs wurde daraus ein die Todes¬ strafe nach sich ziehendes Vergehn! Die Disziplin war in Gefahr. Es mußte Blut fließe«, des Beispiels wegen. Und um sah er im Geiste das Kriegsgericht wieder, das ihm in der prunk¬ losen Einfachheit seines Verfahrens doppelt schrecklich erschienen war. Eine leere Scheune, ein Tisch, die fünf Richter auf Strohstühlen; ihnen gegenüberstehend der Angeklagte: Eugene war eingetreten, hatte ausgesagt. Während er sprach und sich wie Monsieur de Joffroy bemühte, den Vorgang in mildern Lichte darzustellen, hatte er deu Vorsitzende», einen alten, keine Miene verziehenden Bataillonskomman¬ deur beobachtet; die Beisitzer waren zwei Hauptleute, ein Leutnant, und wie es das Gesetz forderte, ein Sergenut von der Kompagnie. Senrat, der im erhebenden Gefühle seiner Wichtigkeit der einzige war, der mit Teilnahme zuhörte. Einer der Hauptleute zeichnete, der andre bewegte sich unruhig hin und her, als wenn er nach dem Schluß der Sitzung schmachtete; der Leutnant suchte ein Gähnen zu verbergen und zwirbelte seinen Schnurrbart. Und Piron! Dieses verzogne Gesicht, worauf der Wunsch, sein Leben zu retten, mit der Furcht kämpfte: diese Empörung eines Menschen, der noch ein langes Leben vor sich hatte, gegen ein grausames Gesetz, dieses schwiemlige Augenzwinkern, das sich wie etwas Ungewohntes einstellte. Er war mit Herrn von Joffroy von Saint-Peravy, wo das Stabskriegsgericht seinen Sitz hatte, zurückgekommen. Sie tauschten ihre Eindrücke aus und warteten auf Seitrats Rückkehr. Die Kompagnie, die sich um die Zelte gesammelt hatte, flüsterte lebhaft. Da war auch der Sergeant zurückgekommen, ernst und gemessen. Nun? fragte der Hauptmann mit unsichrer Stimme. Zum Tod. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein eisiger Hauch, das Geflüster ver¬ stummte. Herr von Joffroy war ohne weiteres wieder in sein Zelt gegangen. Er war nicht zu Tisch gekommen. . . . Die Aufmerksamkeit Engenes, der sich im Stroh seines Lagers umwandte, hatte sich ans die Zeltleinwand gerichtet, mit der der Wind spielte. Pechschwarze Nacht. O daß sie rasch für ihn zu Ende gehn und für Piron nie enden könnte! Hatte er Eltern, eine Geliebte? Eine Angst, die mehr als einen um diese Stunde überkommen hatte, packte Eugene: wenn nur seine Kompagnie nicht das zur Vollstreckung des Urteils kommandierte Peloton zu stellen hatte, wenn er nur nicht . . . Und Seurat? Schlief er, nachdem er über den Kameraden zu Gericht gesessen hatte? Hatte seine Stimme nicht gezittert, als er eine solche Verantwortung auf sich genommen hatte? Freilich die Umstände, die Sitte hatten ihm dies als Pflicht auferlegt. Die Armee kann ebensowenig wie andre Gemeinschaften und weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/363>, abgerufen am 01.09.2024.