Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.I^L8 trou^vns ein Il^ive Ein Rittmeister, "ein feiner Herr, der auf seine schlanke Taille und seine eisige Wir wollen auf die Bezeichnung protzig (insolont), die einige Seiten weiter Die Gegenwart der Deutschen besudelt ("vuillcz) so ixso das Land und jeden Eine leichte Heimsuchung sind feindliche Truppendurchzüge unter keinen Um¬ I^L8 trou^vns ein Il^ive Ein Rittmeister, „ein feiner Herr, der auf seine schlanke Taille und seine eisige Wir wollen auf die Bezeichnung protzig (insolont), die einige Seiten weiter Die Gegenwart der Deutschen besudelt (»vuillcz) so ixso das Land und jeden Eine leichte Heimsuchung sind feindliche Truppendurchzüge unter keinen Um¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236086"/> <fw type="header" place="top"> I^L8 trou^vns ein Il^ive</fw><lb/> <p xml:id="ID_1017" prev="#ID_1016"> Ein Rittmeister, „ein feiner Herr, der auf seine schlanke Taille und seine eisige<lb/> Vornehmheit stolz ist, dabei auch an seiner tadellosen französischen Aussprache Ge¬<lb/> fallen findet," fällt das Todesurteil und läßt den alten Herrn am nächsten Morgen<lb/> standrechtlich erschießen; seine Gattin überlebt ihn nur wenig Tage. Seine beiden<lb/> Söhne und sein Enkel Louis, der Telegraphist, kehren unversehrt aus dem Feldzuge<lb/> zurück; Henri, der kleine Znave, der an einem alten Kapitulanten Namens Rombnrt<lb/> einen väterlichen Beschützer und Pfleger, man möchte sagen » all^ nurse-, gefunden<lb/> hat, und dessen Elend auf dein Marsche der Ostarmee nach der Schweizer Grenze<lb/> mit entsetzlichen Farben, aber leider streug wahrheitsgetreu geschildert wird, erholt<lb/> sich in Freiburg i, d, S. von seinen Strapazen, während der Oberforstmeister<lb/> Real de Ncnrve, der als Geisel nach Stettin transportiert worden ist, brieflich<lb/> Schreckliches über Mißhandlungen berichtet, die er und seine Leidensgefährten dort<lb/> von „betrunknen Pommern" zu erdulden haben. Seinem Bruder, dem Fregatten¬<lb/> kapitän, den der Kontrcadmiral Pothuan und später der Bizeadmiral La Ronciere<lb/> le Nonry ihrem Stäbe attnchieren, geht am 21. Dezember bei Gelegenheit eines<lb/> Ausfalls der Pariser Garnison gegen Le Bvnrget das Pferd dnrch. Er rennt<lb/> dabei mit der Stirn gegen einen Pfosten und gerät schwer blessiert in deutsche<lb/> Gefangenschaft. Wir finden ihn um Tage der Kaiserproklamation im Hospital des<lb/> Versailler Schlosses wieder, was den Verfassern Veranlassung giebt, die Feierlichkeit<lb/> im Spicgclsaal zu beschreiben. Sie schließen ihren Bericht mit den Worten: „Was<lb/> hätte man uns inmitten der Gärten, in denen sich die Blüte der Nation gesonnt<lb/> hatte, und über denen noch die Erinnerung an soviel Anmut, soviel ruhmreiche<lb/> Thaten schwebte, in diesem Saale, der Zeuge der höchsten Triumphe gewesen war,<lb/> Härteres anthun können als diese Proklamation, die so den protzigen (insvlvnt)<lb/> Ban des neuen Reichs auf die blutigen Trümmer unsers Vaterlands gründete!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1018"> Wir wollen auf die Bezeichnung protzig (insolont), die einige Seiten weiter<lb/> auch dem Tempo zu teil wird, worin unsre Reiterei durch das besetzte Land streift<lb/> (is trot insolent äos eaviiliors), kein besondres Gewicht legen. Wir glauben, daß<lb/> der Franzose dabei weniger um das Unberechtigte der Anmaßung als an ein un¬<lb/> bequemes Sichbrcitmachcn denkt, und daß er, wenn es ihm gerade in den Kram<lb/> paßte, auch von der insoloneo des Montblanc sprechen würde. Aber so willig wir<lb/> der patriotischen Erbitterung ihr Recht einräumen, so können nur doch die Be¬<lb/> merkung nicht ganz unterdrücken, daß in den lion^.vns an Alaivo bisweilen da, wo<lb/> es sich um die Beurteilung deutschen Auftretens und Wesens handelt, eine Empfind¬<lb/> lichkeit der Verfasser zu Tage kommt, die dem Buche vielleicht bei dem französischen<lb/> Publikum nicht geschadet hat, aber doch dem Fremden, der sich objektiv zu urteilen<lb/> bemüht, nach dreißig Friedensjahren etwas übertrieben erscheint.</p><lb/> <p xml:id="ID_1019"> Die Gegenwart der Deutschen besudelt (»vuillcz) so ixso das Land und jeden<lb/> Raum, den sie betreten; ihre blutigen, kotigen Stiefel, ihre harten Absätze, ihre<lb/> Brutalität, ihr Appetit (voraoltö), ihre Sprache (iss rewyuos s^IIabvs ötiAnxöros),<lb/> der in den Manuschnftsstnbeu hiuterbleibende Geruch loclonr ki'ruKsignns) werde»<lb/> ihnen zum Vorwurf gemacht, als wenn es sich um Leute handelte, die sich zu<lb/> ihrem Vergnügen bei einer vornehmen alten Dame einquartiert hätten, und ihr<lb/> ganz unnötigerweise dnrch ihren Mangel an Lebensart unbequem geworden wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_1020" next="#ID_1021"> Eine leichte Heimsuchung sind feindliche Truppendurchzüge unter keinen Um¬<lb/> ständen, und das wissen alle, die aus Erfahrung reden können, als Gast ist nicht<lb/> ein Regiment wie das andre: es giebt bequeme und unbequeme. Die, die man<lb/> sich zu einem Bajonettangriff aussuchen möchte, sind nicht gerade die, die man<lb/> Freunden als Einquartierung zuweisen würde. Nach dem Feldzug hat man sich,<lb/> ohne es besonders schlimm zu meinen, gegenseitig allerhand nachgesagt: bald sollten<lb/> die, bald jene die schlimmsten gewesen sein. Wer selbst dabei war, kann am</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
I^L8 trou^vns ein Il^ive
Ein Rittmeister, „ein feiner Herr, der auf seine schlanke Taille und seine eisige
Vornehmheit stolz ist, dabei auch an seiner tadellosen französischen Aussprache Ge¬
fallen findet," fällt das Todesurteil und läßt den alten Herrn am nächsten Morgen
standrechtlich erschießen; seine Gattin überlebt ihn nur wenig Tage. Seine beiden
Söhne und sein Enkel Louis, der Telegraphist, kehren unversehrt aus dem Feldzuge
zurück; Henri, der kleine Znave, der an einem alten Kapitulanten Namens Rombnrt
einen väterlichen Beschützer und Pfleger, man möchte sagen » all^ nurse-, gefunden
hat, und dessen Elend auf dein Marsche der Ostarmee nach der Schweizer Grenze
mit entsetzlichen Farben, aber leider streug wahrheitsgetreu geschildert wird, erholt
sich in Freiburg i, d, S. von seinen Strapazen, während der Oberforstmeister
Real de Ncnrve, der als Geisel nach Stettin transportiert worden ist, brieflich
Schreckliches über Mißhandlungen berichtet, die er und seine Leidensgefährten dort
von „betrunknen Pommern" zu erdulden haben. Seinem Bruder, dem Fregatten¬
kapitän, den der Kontrcadmiral Pothuan und später der Bizeadmiral La Ronciere
le Nonry ihrem Stäbe attnchieren, geht am 21. Dezember bei Gelegenheit eines
Ausfalls der Pariser Garnison gegen Le Bvnrget das Pferd dnrch. Er rennt
dabei mit der Stirn gegen einen Pfosten und gerät schwer blessiert in deutsche
Gefangenschaft. Wir finden ihn um Tage der Kaiserproklamation im Hospital des
Versailler Schlosses wieder, was den Verfassern Veranlassung giebt, die Feierlichkeit
im Spicgclsaal zu beschreiben. Sie schließen ihren Bericht mit den Worten: „Was
hätte man uns inmitten der Gärten, in denen sich die Blüte der Nation gesonnt
hatte, und über denen noch die Erinnerung an soviel Anmut, soviel ruhmreiche
Thaten schwebte, in diesem Saale, der Zeuge der höchsten Triumphe gewesen war,
Härteres anthun können als diese Proklamation, die so den protzigen (insvlvnt)
Ban des neuen Reichs auf die blutigen Trümmer unsers Vaterlands gründete!"
Wir wollen auf die Bezeichnung protzig (insolont), die einige Seiten weiter
auch dem Tempo zu teil wird, worin unsre Reiterei durch das besetzte Land streift
(is trot insolent äos eaviiliors), kein besondres Gewicht legen. Wir glauben, daß
der Franzose dabei weniger um das Unberechtigte der Anmaßung als an ein un¬
bequemes Sichbrcitmachcn denkt, und daß er, wenn es ihm gerade in den Kram
paßte, auch von der insoloneo des Montblanc sprechen würde. Aber so willig wir
der patriotischen Erbitterung ihr Recht einräumen, so können nur doch die Be¬
merkung nicht ganz unterdrücken, daß in den lion^.vns an Alaivo bisweilen da, wo
es sich um die Beurteilung deutschen Auftretens und Wesens handelt, eine Empfind¬
lichkeit der Verfasser zu Tage kommt, die dem Buche vielleicht bei dem französischen
Publikum nicht geschadet hat, aber doch dem Fremden, der sich objektiv zu urteilen
bemüht, nach dreißig Friedensjahren etwas übertrieben erscheint.
Die Gegenwart der Deutschen besudelt (»vuillcz) so ixso das Land und jeden
Raum, den sie betreten; ihre blutigen, kotigen Stiefel, ihre harten Absätze, ihre
Brutalität, ihr Appetit (voraoltö), ihre Sprache (iss rewyuos s^IIabvs ötiAnxöros),
der in den Manuschnftsstnbeu hiuterbleibende Geruch loclonr ki'ruKsignns) werde»
ihnen zum Vorwurf gemacht, als wenn es sich um Leute handelte, die sich zu
ihrem Vergnügen bei einer vornehmen alten Dame einquartiert hätten, und ihr
ganz unnötigerweise dnrch ihren Mangel an Lebensart unbequem geworden wären.
Eine leichte Heimsuchung sind feindliche Truppendurchzüge unter keinen Um¬
ständen, und das wissen alle, die aus Erfahrung reden können, als Gast ist nicht
ein Regiment wie das andre: es giebt bequeme und unbequeme. Die, die man
sich zu einem Bajonettangriff aussuchen möchte, sind nicht gerade die, die man
Freunden als Einquartierung zuweisen würde. Nach dem Feldzug hat man sich,
ohne es besonders schlimm zu meinen, gegenseitig allerhand nachgesagt: bald sollten
die, bald jene die schlimmsten gewesen sein. Wer selbst dabei war, kann am
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