Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Auf der Alm Herr Förster, sagt er, droben in der Wimbach, herinnen 'in Schloß, liegt vana, Er stieg eilig die Straße hinauf durch deu Regen. Gott gebe, daß der Schlingel mit einem Denkzettel davon kommt! sagte der Gleich darauf rollte das Wägelchen des Doktors vorbei. Man setzte sich in gedrückter Stimmung zum Mittagessen, während draußen Nach einer Weile kam der Wagen des Doktors wieder angerollt und hielt vor Der Geheimrat stellte seinen Schwiegersohn und die Frau Gegeuschwäheriu Ja die ist uns weggelaufen, gleich heute morgen, ans die Alm, zu ihrem Was, gleich heute morgen? Das nenne ich Freundschaft! Aber bei dem Doktor, sagte der Geheimrat etwas barsch, Sie müssen uicht zu viel fragen. Nun, die Sache ist noch gut gegangen, sagte der Doktor, indem er sich z" seinem Auf der Alm Herr Förster, sagt er, droben in der Wimbach, herinnen 'in Schloß, liegt vana, Er stieg eilig die Straße hinauf durch deu Regen. Gott gebe, daß der Schlingel mit einem Denkzettel davon kommt! sagte der Gleich darauf rollte das Wägelchen des Doktors vorbei. Man setzte sich in gedrückter Stimmung zum Mittagessen, während draußen Nach einer Weile kam der Wagen des Doktors wieder angerollt und hielt vor Der Geheimrat stellte seinen Schwiegersohn und die Frau Gegeuschwäheriu Ja die ist uns weggelaufen, gleich heute morgen, ans die Alm, zu ihrem Was, gleich heute morgen? Das nenne ich Freundschaft! Aber bei dem Doktor, sagte der Geheimrat etwas barsch, Sie müssen uicht zu viel fragen. Nun, die Sache ist noch gut gegangen, sagte der Doktor, indem er sich z» seinem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236028"/> <fw type="header" place="top"> Auf der Alm</fw><lb/> <p xml:id="ID_760" prev="#ID_759"> Herr Förster, sagt er, droben in der Wimbach, herinnen 'in Schloß, liegt vana,<lb/> dens erwischt hat. Das Reh liegt bei ihn,. — Bist dn des Teufels, Maxl? schrei<lb/> ich, Himmelherrgvttsakramcnt! —- Was sollt ich thun? fragt er. Wie er mich im<lb/> Mondschein hat vorspringen sehen, hatt er den Stützen am Backen, Hätt i und<lb/> gschossn, lag i drohn! — Ich spring die Treppen hinunter und sperr auf — da<lb/> war mein Maxl verschwunden! Also weck ich meine Lent und laß die Forstgehilfen<lb/> holen. So sind wir hinauf, so schnell es hat gehn wollen. Da ruft uns der<lb/> Jagdgehilfe droben von den Steinen an. Wie wir hinauf sind, sitzt er bei dem<lb/> Joseph, der daliegt, hat ihm den Ärmel aufgeschnitten und legt ihm einen Verband<lb/> an. Er hatte die beiden Schuß gehört, hat sich angezogen und ist hinaus. Aha!<lb/> hat er denkt, das ist der Rehbock gewesen, der draußen wechselt. Die verfluchten<lb/> Halunken! Aber zwaa Schuß? Er ist gegen den Wald zu hinaus und hat ge¬<lb/> späht. Aber erst nach einer Weile, wie es bereits angefangen hat zu tagen, hat<lb/> er den Joseph bei dem Bock liegen sehen. Siehgst, me!» Buberl, soweit kommts!<lb/> hat er gesagt. Als er aber zu ihn, hingekniet ist und noch Leben in ihm gespürt<lb/> hat, ist er ins Schloß zurückgesprungen und hat Verbandzeug geholt. So sind wir<lb/> dazugekommen. Nabbiate Kerle, dös, er wie der Maxl. Ich hab immer schon<lb/> Angst gehabt, daß einmal so etwas passieren würd. Wir haben ihn dann Himmler<lb/> ins Forsthaus gebracht, aber es ist besser, er liegt in seinem eignen Hans. —<lb/> Jetzt will ich aber hinauf und schonn, daß sie mir ihn recht betten. Bhüt Gott,<lb/> ihr Herren!</p><lb/> <p xml:id="ID_761"> Er stieg eilig die Straße hinauf durch deu Regen.</p><lb/> <p xml:id="ID_762"> Gott gebe, daß der Schlingel mit einem Denkzettel davon kommt! sagte der<lb/> Geheimrat. Das Unglück wäre ja uicht auszudeuten! Das arme Mädchen. Und<lb/> der andre, wenn er seinen Bruder erschossen hätte — er könnte Zeit seines Lebens<lb/> nicht mehr froh werden!</p><lb/> <p xml:id="ID_763"> Gleich darauf rollte das Wägelchen des Doktors vorbei.</p><lb/> <p xml:id="ID_764"> Man setzte sich in gedrückter Stimmung zum Mittagessen, während draußen<lb/> der Regen mit unverminderter Heftigkeit weiter herabgoß.</p><lb/> <p xml:id="ID_765"> Nach einer Weile kam der Wagen des Doktors wieder angerollt und hielt vor<lb/> der Thür. Der Doktor stieg ans und kam herein, man hörte, wie er draußen von<lb/> Fragern bestürmt wurde. Nein nein, rief er, die Thür des Gastzimmers öffnend,<lb/> ans Leben geht es nicht. Jetzt schnell nur eine Suppen, und was es sonst giebt.<lb/> Ich habe Hunger bekommen. — Was, der Herr Geheimrat! rief er, als er ein¬<lb/> trat, wie mich das freut! Wann sind Sie gekommen? Gestern?</p><lb/> <p xml:id="ID_766"> Der Geheimrat stellte seinen Schwiegersohn und die Frau Gegeuschwäheriu<lb/> vor. — Ja, aber Fräulein Hanna? fragte der Doktor, nachdem man sich die Hände<lb/> geschüttelt hatte, wo steckt denn die?</p><lb/> <p xml:id="ID_767"> Ja die ist uns weggelaufen, gleich heute morgen, ans die Alm, zu ihrem<lb/> Traudel.</p><lb/> <p xml:id="ID_768"> Was, gleich heute morgen? Das nenne ich Freundschaft! Aber bei dem<lb/> Wetter? Die kommt ja gar nimmer herunter heute! Und das Traudel — das<lb/> ihl doch der Schatz vou dem Hauptlumpen droben, dem ich eben die Kugel aus<lb/> der Schulter gezogen hab. Kurios! Und daß das Fräulein ganz allein weg¬<lb/> gelaufen ist — auch kurios! fuhr der Doktor fort mit einem fragenden Blick anf<lb/> den verlegen dreinschauenden Karl,</p><lb/> <p xml:id="ID_769"> Doktor, sagte der Geheimrat etwas barsch, Sie müssen uicht zu viel fragen.<lb/> Es ist kein Fall, der Sie etwas angeht. Das Ding ist ungezogen gewesen. Sagen<lb/> Sie uns lieber, wie es bei dem Burschen, dem Joseph steht.</p><lb/> <p xml:id="ID_770" next="#ID_771"> Nun, die Sache ist noch gut gegangen, sagte der Doktor, indem er sich z» seinem<lb/> Essen setzte, während die Resi, die es gebracht hatte, gespannt horchend stehn blieb;'</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
Auf der Alm
Herr Förster, sagt er, droben in der Wimbach, herinnen 'in Schloß, liegt vana,
dens erwischt hat. Das Reh liegt bei ihn,. — Bist dn des Teufels, Maxl? schrei
ich, Himmelherrgvttsakramcnt! —- Was sollt ich thun? fragt er. Wie er mich im
Mondschein hat vorspringen sehen, hatt er den Stützen am Backen, Hätt i und
gschossn, lag i drohn! — Ich spring die Treppen hinunter und sperr auf — da
war mein Maxl verschwunden! Also weck ich meine Lent und laß die Forstgehilfen
holen. So sind wir hinauf, so schnell es hat gehn wollen. Da ruft uns der
Jagdgehilfe droben von den Steinen an. Wie wir hinauf sind, sitzt er bei dem
Joseph, der daliegt, hat ihm den Ärmel aufgeschnitten und legt ihm einen Verband
an. Er hatte die beiden Schuß gehört, hat sich angezogen und ist hinaus. Aha!
hat er denkt, das ist der Rehbock gewesen, der draußen wechselt. Die verfluchten
Halunken! Aber zwaa Schuß? Er ist gegen den Wald zu hinaus und hat ge¬
späht. Aber erst nach einer Weile, wie es bereits angefangen hat zu tagen, hat
er den Joseph bei dem Bock liegen sehen. Siehgst, me!» Buberl, soweit kommts!
hat er gesagt. Als er aber zu ihn, hingekniet ist und noch Leben in ihm gespürt
hat, ist er ins Schloß zurückgesprungen und hat Verbandzeug geholt. So sind wir
dazugekommen. Nabbiate Kerle, dös, er wie der Maxl. Ich hab immer schon
Angst gehabt, daß einmal so etwas passieren würd. Wir haben ihn dann Himmler
ins Forsthaus gebracht, aber es ist besser, er liegt in seinem eignen Hans. —
Jetzt will ich aber hinauf und schonn, daß sie mir ihn recht betten. Bhüt Gott,
ihr Herren!
Er stieg eilig die Straße hinauf durch deu Regen.
Gott gebe, daß der Schlingel mit einem Denkzettel davon kommt! sagte der
Geheimrat. Das Unglück wäre ja uicht auszudeuten! Das arme Mädchen. Und
der andre, wenn er seinen Bruder erschossen hätte — er könnte Zeit seines Lebens
nicht mehr froh werden!
Gleich darauf rollte das Wägelchen des Doktors vorbei.
Man setzte sich in gedrückter Stimmung zum Mittagessen, während draußen
der Regen mit unverminderter Heftigkeit weiter herabgoß.
Nach einer Weile kam der Wagen des Doktors wieder angerollt und hielt vor
der Thür. Der Doktor stieg ans und kam herein, man hörte, wie er draußen von
Fragern bestürmt wurde. Nein nein, rief er, die Thür des Gastzimmers öffnend,
ans Leben geht es nicht. Jetzt schnell nur eine Suppen, und was es sonst giebt.
Ich habe Hunger bekommen. — Was, der Herr Geheimrat! rief er, als er ein¬
trat, wie mich das freut! Wann sind Sie gekommen? Gestern?
Der Geheimrat stellte seinen Schwiegersohn und die Frau Gegeuschwäheriu
vor. — Ja, aber Fräulein Hanna? fragte der Doktor, nachdem man sich die Hände
geschüttelt hatte, wo steckt denn die?
Ja die ist uns weggelaufen, gleich heute morgen, ans die Alm, zu ihrem
Traudel.
Was, gleich heute morgen? Das nenne ich Freundschaft! Aber bei dem
Wetter? Die kommt ja gar nimmer herunter heute! Und das Traudel — das
ihl doch der Schatz vou dem Hauptlumpen droben, dem ich eben die Kugel aus
der Schulter gezogen hab. Kurios! Und daß das Fräulein ganz allein weg¬
gelaufen ist — auch kurios! fuhr der Doktor fort mit einem fragenden Blick anf
den verlegen dreinschauenden Karl,
Doktor, sagte der Geheimrat etwas barsch, Sie müssen uicht zu viel fragen.
Es ist kein Fall, der Sie etwas angeht. Das Ding ist ungezogen gewesen. Sagen
Sie uns lieber, wie es bei dem Burschen, dem Joseph steht.
Nun, die Sache ist noch gut gegangen, sagte der Doktor, indem er sich z» seinem
Essen setzte, während die Resi, die es gebracht hatte, gespannt horchend stehn blieb;'
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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