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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Überflüssiges Geld

ihres Metallgehalts zugleich der Maßstab für alle in Geld auszudrückenden
Werte sind.

Bares Geld ist nicht in wesentlich größern Summen, als der Kleinverkehr
dieses Tauschmittels bedarf, nötig. Mehr Gold zu produzieren, als gebraucht
wird, ist darum durchaus unwirtschaftlich. Die Arbeitsleistungen, die zur Ge¬
winnung überflüssiger Goldmeugen verschwendet werden, würden sich nützlicher
verwenden lassen, und der hohe Profit der Gvldproduzenten ist eine unnötige
Belastung der wirtschaftlichen Gesamtheiten. Als ein Teil des Volksvcrmögens
können die Goldvorräte immer nnr zu dem Preise in Ansatz gebracht werden,
zu dem sich das Gold -- ohne Rücksicht auf seinen Monopolpreis -- aus dem
Erdboden gewinnen und zu Münzen oder zu Gebrauchsgegenständen ver¬
arbeiten läßt.

Da es unbedingt nötig ist, den Wert des gemünzten Goldes, des ver¬
einbarten Wertmaßes für alle Gitter, unverändert zu erhalten, was nur möglich
ist, wenn überall derselbe Preis sür dieses Metall gilt, und Sämtliches Gold
zu diesem Preise Unterkunft findet, so muß die Menschheit ein großes Interesse
daran haben, daß nicht mehr Gold produziert wird, als für die Zwecke, die
es zu erfüllen hat, gebraucht wird. Jeder solvente Staat haftet, wie er sein
ausgegebnes Papiergeld einlösen oder in Zahlungen annehmen muß, auch
für das Metallgeld, das sein Gepräge trägt. Das Papiergeld, das keinen
Materialwert hat, ist zu seinein vollen Betrage eine Schuld des Staates. Die
durch das Prügeu der Münzen eingegangne staatliche Verpflichtung erstreckt
sich auf die Schadloshaltung der Besitzer der Münzen bei einer etwa ein¬
tretenden Wertvermindrung des Goldmetalls. Während dann die Münzen
im Verkehr nicht mehr zum Nennwert Geltung finden wurden, ist der Staat,
der sie geprägt hat, nach wie vor genötigt, sie zu ihrem vollen Nennwert in
Zahlung anzunehmen. Durch die Einlösung seines Papiergelds erwächst dem
Staat kein Verlust, dn er bei dessen Ausgabe ein gleichwertiges Quantum
Güter dafür erhalten hat. Für das Goldmetall, das der Staat ausmünzt,
haben dagegen die Minenbesitzcr den Gegenwert erhalten; wenn also eine Wert¬
vermindrung der Münzen eintritt, so ist das ein Verlust des Staats.

Die Produktionskosten des Goldes sind sehr verschieden; die Arbeiten
und Ausgaben, lohnende Goldlager aufzufinden und auszuschließen, haben oft
keinen Erfolg; anch kommt in Betracht, wie viel der Vorbesitzer des goldhaltigen
Bodens für diesen bezahlt erhielt. Zumeist erzielen die Goldgräber und
Minenbesitzcr jedoch einen unverhältnismäßig großen Gewinn, der durchschnittlich
weit über den Nutzen andrer Produzenten hinausgeht. Ohne Zweifel giebt
es für absehbare Zeit genügend Minen, die ein für den Bedarf der Kultur¬
staaten ausreichendes Quantum Gold -- soweit dieses nicht schon da ist --
zu einem weit niedrigern Preise, als bisher dafür bezahlt worden ist, produzieren
können. Es wäre deshalb zu erwügeu, ob es möglich wäre, den Währungspreis
des Goldes demgemäß herabzusetzen. Das Goldmetall kann, wie alle andern
Güter, nur zu dein Preise, wozu es sich beschaffen läßt, als ein erworbnes
Gut der Menschheit gelten, und es sollte ihm dadurch, daß man es als Münz-


Überflüssiges Geld

ihres Metallgehalts zugleich der Maßstab für alle in Geld auszudrückenden
Werte sind.

Bares Geld ist nicht in wesentlich größern Summen, als der Kleinverkehr
dieses Tauschmittels bedarf, nötig. Mehr Gold zu produzieren, als gebraucht
wird, ist darum durchaus unwirtschaftlich. Die Arbeitsleistungen, die zur Ge¬
winnung überflüssiger Goldmeugen verschwendet werden, würden sich nützlicher
verwenden lassen, und der hohe Profit der Gvldproduzenten ist eine unnötige
Belastung der wirtschaftlichen Gesamtheiten. Als ein Teil des Volksvcrmögens
können die Goldvorräte immer nnr zu dem Preise in Ansatz gebracht werden,
zu dem sich das Gold — ohne Rücksicht auf seinen Monopolpreis — aus dem
Erdboden gewinnen und zu Münzen oder zu Gebrauchsgegenständen ver¬
arbeiten läßt.

Da es unbedingt nötig ist, den Wert des gemünzten Goldes, des ver¬
einbarten Wertmaßes für alle Gitter, unverändert zu erhalten, was nur möglich
ist, wenn überall derselbe Preis sür dieses Metall gilt, und Sämtliches Gold
zu diesem Preise Unterkunft findet, so muß die Menschheit ein großes Interesse
daran haben, daß nicht mehr Gold produziert wird, als für die Zwecke, die
es zu erfüllen hat, gebraucht wird. Jeder solvente Staat haftet, wie er sein
ausgegebnes Papiergeld einlösen oder in Zahlungen annehmen muß, auch
für das Metallgeld, das sein Gepräge trägt. Das Papiergeld, das keinen
Materialwert hat, ist zu seinein vollen Betrage eine Schuld des Staates. Die
durch das Prügeu der Münzen eingegangne staatliche Verpflichtung erstreckt
sich auf die Schadloshaltung der Besitzer der Münzen bei einer etwa ein¬
tretenden Wertvermindrung des Goldmetalls. Während dann die Münzen
im Verkehr nicht mehr zum Nennwert Geltung finden wurden, ist der Staat,
der sie geprägt hat, nach wie vor genötigt, sie zu ihrem vollen Nennwert in
Zahlung anzunehmen. Durch die Einlösung seines Papiergelds erwächst dem
Staat kein Verlust, dn er bei dessen Ausgabe ein gleichwertiges Quantum
Güter dafür erhalten hat. Für das Goldmetall, das der Staat ausmünzt,
haben dagegen die Minenbesitzcr den Gegenwert erhalten; wenn also eine Wert¬
vermindrung der Münzen eintritt, so ist das ein Verlust des Staats.

Die Produktionskosten des Goldes sind sehr verschieden; die Arbeiten
und Ausgaben, lohnende Goldlager aufzufinden und auszuschließen, haben oft
keinen Erfolg; anch kommt in Betracht, wie viel der Vorbesitzer des goldhaltigen
Bodens für diesen bezahlt erhielt. Zumeist erzielen die Goldgräber und
Minenbesitzcr jedoch einen unverhältnismäßig großen Gewinn, der durchschnittlich
weit über den Nutzen andrer Produzenten hinausgeht. Ohne Zweifel giebt
es für absehbare Zeit genügend Minen, die ein für den Bedarf der Kultur¬
staaten ausreichendes Quantum Gold — soweit dieses nicht schon da ist —
zu einem weit niedrigern Preise, als bisher dafür bezahlt worden ist, produzieren
können. Es wäre deshalb zu erwügeu, ob es möglich wäre, den Währungspreis
des Goldes demgemäß herabzusetzen. Das Goldmetall kann, wie alle andern
Güter, nur zu dein Preise, wozu es sich beschaffen läßt, als ein erworbnes
Gut der Menschheit gelten, und es sollte ihm dadurch, daß man es als Münz-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/128>, abgerufen am 01.09.2024.