Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.nungen, durch die er beweisen wollte, das; damals bei Wohnhäusern keine Ganz unsrer Ansicht entspricht es auch, wenn Andreas Voigt weiter schreibt: nungen, durch die er beweisen wollte, das; damals bei Wohnhäusern keine Ganz unsrer Ansicht entspricht es auch, wenn Andreas Voigt weiter schreibt: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0453" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235625"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1924" prev="#ID_1923"> nungen, durch die er beweisen wollte, das; damals bei Wohnhäusern keine<lb/> Grundrente existiert hätte, ans einer potitio xrmoipii beruhen, und fährt dann<lb/> fort: „Wem, wirklich allgemein der Mietpreis nur eine Verzinsung der Bau¬<lb/> kosten darstellte, dann allerdings hätte der Eigentümer auf jede Grundrente<lb/> verzichtet. Dem widerspricht aber die Thatsache, daß ein Bodenwert bestand.<lb/> Wäre wirklich keine Grundrente vorhanden gewesen, dann hätten unbebaute<lb/> Grundstücke auch keinen Wert und Kaufpreis haben können, Nun wird aber<lb/> fortwährend von Käufern von Bauplätzen und dafür bezahlten Preisen be¬<lb/> richtet. Die Schenkungen von Baugrundstücken seitens der Könige in den neu<lb/> angelegten Stadtteilen konnten die Preise der Grundstücke in der Altstadt<lb/> vielleicht drücken, nicht ganz beseitigen. Zeitweilig, z, B, nach dem sieben¬<lb/> jährigen Kriege, waren sogar Mieter und infolgedessen mich Häuserpreise<lb/> exorbitant hoch, wie ausdrücklich berichtet wird. Aus allem ergiebt sich, das;<lb/> die Behauptung, die Grundrente sei durch die Baupolitik der preußischen<lb/> Könige ganz unterdrückt worden, der Begründung entbehrt. Eine derartige<lb/> Folge wäre auch gar nicht erwünscht gewesen, da sie jede private Bauthätig-<lb/> keit unmöglich gemacht hätte, falls nicht allgemein die Bangrnndstücke unent¬<lb/> geltlich zur Verfügung gestellt worden wären. Das aber war unmöglich. Zeit¬<lb/> weilig mögen die Mieter so niedrig gewesen sein, daß sie nur die Verzinsung<lb/> des Baukapitals darstellten; aber offenbar hat niemand dies für einen dauernden<lb/> Zustand gehalten, sonst hätte man nicht fortgefahren, Grundstücke als Wert¬<lb/> objekte zu behandeln," Solche Selbstverständlichkeiten müssen sich die Be¬<lb/> wundrer der Paul Boigtschen Arbeit — darunter Koryphäen der Berliner<lb/> nationalökononuschen Schule — jetzt in deu Schriften des Vereins für Sozial¬<lb/> politik, also in der Zunft selbst, sagen lassen. In der Geschichte der deutschen<lb/> Wissenschaft wird einmal die Kritiklosigkeit, mit der die Modenationalökonvmen<lb/> Paul Boigts und andrer Herren Loblieder ans den Merkantilismus auf¬<lb/> genommen haben, berechtigtes Aufsehen erregen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1925" next="#ID_1926"> Ganz unsrer Ansicht entspricht es auch, wenn Andreas Voigt weiter schreibt:<lb/> Hätte es sich lediglich um das Wachstum der Städte durch die innere Be¬<lb/> wegung der Bevölkerung und den Zuzug vom umherliegenden Lande gehandelt,<lb/> dann wäre vermutlich auch der damalige lmugewerblichc Kleinbetrieb imstande<lb/> gewesen, ihm die nötige Behausung zu schaffen. Nun sei aber durch die<lb/> Militär- und Finanzpolitik der Könige der „Flor der Städte" durch künst¬<lb/> lichen Zuzug aus Nähe und Ferne befördert und durch die neuen Garnisonen<lb/> Plötzlich vermehrt worden, woraus erst das „Wohnungsproblem jener Zeiten,"<lb/> das nur mit staatlicher Hilfe gelöst werden konnte, entsprungen sei, „So inter¬<lb/> essant und erfolgreich also auch jene Wohnuugspolitik ist, el« besondres Ver¬<lb/> dienst der preußischem Fürsten ist nicht in ihr, sondern nur in deu Maßnahmen<lb/> zu erblicken, von denen sie eine notwendige Folge war, der Emigrantenpolitik<lb/> und der Schaffung eines stehenden Heers, Auch war sie nicht mehr fortsetze<lb/> bar, sobald die ihr zu Grunde liegenden Bedingungen sich änderten. Eine<lb/> Beförderung des Wachstums der Städte hieße heute eine mindestens über</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0453]
nungen, durch die er beweisen wollte, das; damals bei Wohnhäusern keine
Grundrente existiert hätte, ans einer potitio xrmoipii beruhen, und fährt dann
fort: „Wem, wirklich allgemein der Mietpreis nur eine Verzinsung der Bau¬
kosten darstellte, dann allerdings hätte der Eigentümer auf jede Grundrente
verzichtet. Dem widerspricht aber die Thatsache, daß ein Bodenwert bestand.
Wäre wirklich keine Grundrente vorhanden gewesen, dann hätten unbebaute
Grundstücke auch keinen Wert und Kaufpreis haben können, Nun wird aber
fortwährend von Käufern von Bauplätzen und dafür bezahlten Preisen be¬
richtet. Die Schenkungen von Baugrundstücken seitens der Könige in den neu
angelegten Stadtteilen konnten die Preise der Grundstücke in der Altstadt
vielleicht drücken, nicht ganz beseitigen. Zeitweilig, z, B, nach dem sieben¬
jährigen Kriege, waren sogar Mieter und infolgedessen mich Häuserpreise
exorbitant hoch, wie ausdrücklich berichtet wird. Aus allem ergiebt sich, das;
die Behauptung, die Grundrente sei durch die Baupolitik der preußischen
Könige ganz unterdrückt worden, der Begründung entbehrt. Eine derartige
Folge wäre auch gar nicht erwünscht gewesen, da sie jede private Bauthätig-
keit unmöglich gemacht hätte, falls nicht allgemein die Bangrnndstücke unent¬
geltlich zur Verfügung gestellt worden wären. Das aber war unmöglich. Zeit¬
weilig mögen die Mieter so niedrig gewesen sein, daß sie nur die Verzinsung
des Baukapitals darstellten; aber offenbar hat niemand dies für einen dauernden
Zustand gehalten, sonst hätte man nicht fortgefahren, Grundstücke als Wert¬
objekte zu behandeln," Solche Selbstverständlichkeiten müssen sich die Be¬
wundrer der Paul Boigtschen Arbeit — darunter Koryphäen der Berliner
nationalökononuschen Schule — jetzt in deu Schriften des Vereins für Sozial¬
politik, also in der Zunft selbst, sagen lassen. In der Geschichte der deutschen
Wissenschaft wird einmal die Kritiklosigkeit, mit der die Modenationalökonvmen
Paul Boigts und andrer Herren Loblieder ans den Merkantilismus auf¬
genommen haben, berechtigtes Aufsehen erregen.
Ganz unsrer Ansicht entspricht es auch, wenn Andreas Voigt weiter schreibt:
Hätte es sich lediglich um das Wachstum der Städte durch die innere Be¬
wegung der Bevölkerung und den Zuzug vom umherliegenden Lande gehandelt,
dann wäre vermutlich auch der damalige lmugewerblichc Kleinbetrieb imstande
gewesen, ihm die nötige Behausung zu schaffen. Nun sei aber durch die
Militär- und Finanzpolitik der Könige der „Flor der Städte" durch künst¬
lichen Zuzug aus Nähe und Ferne befördert und durch die neuen Garnisonen
Plötzlich vermehrt worden, woraus erst das „Wohnungsproblem jener Zeiten,"
das nur mit staatlicher Hilfe gelöst werden konnte, entsprungen sei, „So inter¬
essant und erfolgreich also auch jene Wohnuugspolitik ist, el« besondres Ver¬
dienst der preußischem Fürsten ist nicht in ihr, sondern nur in deu Maßnahmen
zu erblicken, von denen sie eine notwendige Folge war, der Emigrantenpolitik
und der Schaffung eines stehenden Heers, Auch war sie nicht mehr fortsetze
bar, sobald die ihr zu Grunde liegenden Bedingungen sich änderten. Eine
Beförderung des Wachstums der Städte hieße heute eine mindestens über
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