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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Zur Umgestaltung der General- und der Spezialkoimmssionen

obige Aufzählung der Stadien einer Sache, in denen die Kommission zu¬
sammentreten soll, zeugt von wenig Sachkenntnis, Nicht die Vorlegung der
Bonitiernng ist das erste wichtige Geschäft, sondern die Bonitiernng selbst: die
Bestimmung der Klassenwerte und der Mnsterklassen, die Entscheidung darüber,
ob nach Ertragswerten oder nach Kcmfwerten eingeschätzt werden soll, ob
Meliorationen als vorhanden anzusehen sind oder nicht, u. dergl. Alle bei
der Bonitiernng gemachten Fehler erst bei der Vorlegung wieder gut machen
wollen ist ein verfehlter Gedanke, Nicht minder falsch ist die Vorstellung,
man könne bei der Planprüfung noch das Projekt, das der Sachlandmesser
entworfen hat, in wesentlichen Punkten verbessern. Zunächst ist nicht recht
verständlich, auf welche Weise sich die landwirtschaftlichen Mitglieder der Kom¬
mission die genaue Orts- und Personenkenntnis, den Überblick über den alten
und den neuen Besitz nach Bonnae, Bodenart, Lage und Kulturart aneignen
sollen, sodaß sie ein entscheidendes Wort über ein fertiges Planprojekt reden
können, das sich häufig auf ein Objekt von 1000 bis 2000 Hektar erstreckt.
Man wird also bei dieser sogenannten Planprüfnng eine wohlwollende
Miene machen und erst abwarten, wie die Beteiligten das Projekt aufnehmen.
Kommen viele Planbeschwerden, so wäscht die Kommission ihre Hände in Un¬
schuld und zeigt mit traurigem Gesicht auf den Sündenbock, den Snchland-
messer, über den sich dann der ganze Strom der Entrüstung ergießt. Geht
aber die Sache gut, so werden sich die Herren vergnügt die Hände reiben und
auf ihre Mitwirkung stolz sein.

In den Kvmmissivnsberatungeu bewegt sich der Sachlandmesscr in etwas
nebelhaften Umrissen im Hintergründe, und daß es auch noch einen Oberland¬
messer giebt, davon scheinen die Herren erst durch den Regierungsvertreter
Kenntnis erhalten zu haben. Von dem Sachlandmesscr geht das unheimliche
Gerücht, daß er der eigentliche Vater der Plan- und andrer Projekte sei, und
der Oberlandmesser soll auch nicht ganz unbeteiligt dabei sein. Diese Techniker,
die noch etwas Geruch von einer landwirtschaftlichen Hochschule an sich haben
und auch als Kulturtechniker geprüft sind, passen den Herren nicht so ganz
in den Rahmen der Zukunftskommission hinein, und deshalb werden sie kurzer
Hand damit abgethan, daß ihnen in allen Füllen die erforderliche Unbefangen¬
heit abgehn würde, wo ihnen die technische Planausarbeitnng obgelegen hat.

Was versteht man denn unter technischer Planausarbeitung? Etwa die
Übertragung der von der Kommission gegebnen Direktiven auf die Karte?
Glaubt man immer noch an das Ammenmärchen, daß man für ein einiger¬
maßen kompliziertes Planprojekt von vornherein dem Techniker irgendwie
beachtenswerte Winke geben könnte? Was an allgemeinen Regeln aufgestellt
werden kann, muß schon bei der Feststellung des Wegenetzes niedergelegt sein,
im übrigen ist eine sogenannte generelle Plandisposition nur leerer Schaum,
oder sie ist erst hinterher aufgestellt worden, als das Planprojekt selbst scholl
fertig vorlag.

Die Entstehung eines Planprojekts kann verglichen werden mit der Ent-


Zur Umgestaltung der General- und der Spezialkoimmssionen

obige Aufzählung der Stadien einer Sache, in denen die Kommission zu¬
sammentreten soll, zeugt von wenig Sachkenntnis, Nicht die Vorlegung der
Bonitiernng ist das erste wichtige Geschäft, sondern die Bonitiernng selbst: die
Bestimmung der Klassenwerte und der Mnsterklassen, die Entscheidung darüber,
ob nach Ertragswerten oder nach Kcmfwerten eingeschätzt werden soll, ob
Meliorationen als vorhanden anzusehen sind oder nicht, u. dergl. Alle bei
der Bonitiernng gemachten Fehler erst bei der Vorlegung wieder gut machen
wollen ist ein verfehlter Gedanke, Nicht minder falsch ist die Vorstellung,
man könne bei der Planprüfung noch das Projekt, das der Sachlandmesser
entworfen hat, in wesentlichen Punkten verbessern. Zunächst ist nicht recht
verständlich, auf welche Weise sich die landwirtschaftlichen Mitglieder der Kom¬
mission die genaue Orts- und Personenkenntnis, den Überblick über den alten
und den neuen Besitz nach Bonnae, Bodenart, Lage und Kulturart aneignen
sollen, sodaß sie ein entscheidendes Wort über ein fertiges Planprojekt reden
können, das sich häufig auf ein Objekt von 1000 bis 2000 Hektar erstreckt.
Man wird also bei dieser sogenannten Planprüfnng eine wohlwollende
Miene machen und erst abwarten, wie die Beteiligten das Projekt aufnehmen.
Kommen viele Planbeschwerden, so wäscht die Kommission ihre Hände in Un¬
schuld und zeigt mit traurigem Gesicht auf den Sündenbock, den Snchland-
messer, über den sich dann der ganze Strom der Entrüstung ergießt. Geht
aber die Sache gut, so werden sich die Herren vergnügt die Hände reiben und
auf ihre Mitwirkung stolz sein.

In den Kvmmissivnsberatungeu bewegt sich der Sachlandmesscr in etwas
nebelhaften Umrissen im Hintergründe, und daß es auch noch einen Oberland¬
messer giebt, davon scheinen die Herren erst durch den Regierungsvertreter
Kenntnis erhalten zu haben. Von dem Sachlandmesscr geht das unheimliche
Gerücht, daß er der eigentliche Vater der Plan- und andrer Projekte sei, und
der Oberlandmesser soll auch nicht ganz unbeteiligt dabei sein. Diese Techniker,
die noch etwas Geruch von einer landwirtschaftlichen Hochschule an sich haben
und auch als Kulturtechniker geprüft sind, passen den Herren nicht so ganz
in den Rahmen der Zukunftskommission hinein, und deshalb werden sie kurzer
Hand damit abgethan, daß ihnen in allen Füllen die erforderliche Unbefangen¬
heit abgehn würde, wo ihnen die technische Planausarbeitnng obgelegen hat.

Was versteht man denn unter technischer Planausarbeitung? Etwa die
Übertragung der von der Kommission gegebnen Direktiven auf die Karte?
Glaubt man immer noch an das Ammenmärchen, daß man für ein einiger¬
maßen kompliziertes Planprojekt von vornherein dem Techniker irgendwie
beachtenswerte Winke geben könnte? Was an allgemeinen Regeln aufgestellt
werden kann, muß schon bei der Feststellung des Wegenetzes niedergelegt sein,
im übrigen ist eine sogenannte generelle Plandisposition nur leerer Schaum,
oder sie ist erst hinterher aufgestellt worden, als das Planprojekt selbst scholl
fertig vorlag.

Die Entstehung eines Planprojekts kann verglichen werden mit der Ent-


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[0351] Zur Umgestaltung der General- und der Spezialkoimmssionen obige Aufzählung der Stadien einer Sache, in denen die Kommission zu¬ sammentreten soll, zeugt von wenig Sachkenntnis, Nicht die Vorlegung der Bonitiernng ist das erste wichtige Geschäft, sondern die Bonitiernng selbst: die Bestimmung der Klassenwerte und der Mnsterklassen, die Entscheidung darüber, ob nach Ertragswerten oder nach Kcmfwerten eingeschätzt werden soll, ob Meliorationen als vorhanden anzusehen sind oder nicht, u. dergl. Alle bei der Bonitiernng gemachten Fehler erst bei der Vorlegung wieder gut machen wollen ist ein verfehlter Gedanke, Nicht minder falsch ist die Vorstellung, man könne bei der Planprüfung noch das Projekt, das der Sachlandmesser entworfen hat, in wesentlichen Punkten verbessern. Zunächst ist nicht recht verständlich, auf welche Weise sich die landwirtschaftlichen Mitglieder der Kom¬ mission die genaue Orts- und Personenkenntnis, den Überblick über den alten und den neuen Besitz nach Bonnae, Bodenart, Lage und Kulturart aneignen sollen, sodaß sie ein entscheidendes Wort über ein fertiges Planprojekt reden können, das sich häufig auf ein Objekt von 1000 bis 2000 Hektar erstreckt. Man wird also bei dieser sogenannten Planprüfnng eine wohlwollende Miene machen und erst abwarten, wie die Beteiligten das Projekt aufnehmen. Kommen viele Planbeschwerden, so wäscht die Kommission ihre Hände in Un¬ schuld und zeigt mit traurigem Gesicht auf den Sündenbock, den Snchland- messer, über den sich dann der ganze Strom der Entrüstung ergießt. Geht aber die Sache gut, so werden sich die Herren vergnügt die Hände reiben und auf ihre Mitwirkung stolz sein. In den Kvmmissivnsberatungeu bewegt sich der Sachlandmesscr in etwas nebelhaften Umrissen im Hintergründe, und daß es auch noch einen Oberland¬ messer giebt, davon scheinen die Herren erst durch den Regierungsvertreter Kenntnis erhalten zu haben. Von dem Sachlandmesscr geht das unheimliche Gerücht, daß er der eigentliche Vater der Plan- und andrer Projekte sei, und der Oberlandmesser soll auch nicht ganz unbeteiligt dabei sein. Diese Techniker, die noch etwas Geruch von einer landwirtschaftlichen Hochschule an sich haben und auch als Kulturtechniker geprüft sind, passen den Herren nicht so ganz in den Rahmen der Zukunftskommission hinein, und deshalb werden sie kurzer Hand damit abgethan, daß ihnen in allen Füllen die erforderliche Unbefangen¬ heit abgehn würde, wo ihnen die technische Planausarbeitnng obgelegen hat. Was versteht man denn unter technischer Planausarbeitung? Etwa die Übertragung der von der Kommission gegebnen Direktiven auf die Karte? Glaubt man immer noch an das Ammenmärchen, daß man für ein einiger¬ maßen kompliziertes Planprojekt von vornherein dem Techniker irgendwie beachtenswerte Winke geben könnte? Was an allgemeinen Regeln aufgestellt werden kann, muß schon bei der Feststellung des Wegenetzes niedergelegt sein, im übrigen ist eine sogenannte generelle Plandisposition nur leerer Schaum, oder sie ist erst hinterher aufgestellt worden, als das Planprojekt selbst scholl fertig vorlag. Die Entstehung eines Planprojekts kann verglichen werden mit der Ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/351>, abgerufen am 22.07.2024.