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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

die Linke gesiegt hatte, so berief der junge König ihren Führer, das Haupt der
sogenannten konstitutionellen, d, h, monarchischen Linken, Zannrdelli zur Neubildung
des Kabinetts und schob auf diese Weise nach dem Brauche parlamentarischer Staaten
die Verantwortung für die nunmehr einzuschlagende Richtung der demokratischen
Linken zu. Vielfach meinte man damals in Italien, das beste sei es, ein Koali¬
tionsministerium Zanardelli-Sacchi-Sonnino zu bilden, da die konstitutionelle Linke
allein eine zu schmale und unsichre parlamentarische Basis abgebe. Indes konnte
sich Zancirdelli nur mit dem gemäßigten Zentrum unter Prinetti verständigen, nicht
auch mit der radikalen Linken, sodnß die Mehrheit für ihn immer unsicher blieb.

Trotzdem hat dieses an sich schwache demokratische Kabinett die Probe bisher nicht
schlecht bestanden, und indem es somit die Regierungsfähigkeit der Linken darthat,
das sinkende Ansehen des demokratischen Liberalismus in Italien wieder gehoben,
ja sogar die republikanische Linke und die Sozialisten bis zu einem gewissen Grade
für sich gewonnen. Eine mächtige Streitbewegung ging in der ersten Hälfte dieses
Jahres durch ganz Italien, von Apulien ans, wo die Sozialisten erst seit 1900
die zahlreichen längst bestehenden Unterstützungsgeuossenschaften der Handwerker,
Industriearbeiter (besonders in Bari) und ländlichen Tagelöhner (mit dein Zentrum
Foggia) einheitlich zusammengefaßt haben, bis uach der Lombardei, Piemont und
Genua, wo die Hafeunrbeiter mit der Arbeitseinstellung den Anfang machten.
Handarbeiter aller Klassen wirkten also zusammen, und überall unter sozialistischer
Leitung. Allgemeine Anerkennung fand dabei die ruhige Haltung der Ausstäudigeu,
die sich nur sehr selteu zu Ausschreitungen hinreißen ließen, und man sah darin
ein Verdienst der zentralisierten sozialistischen Leitung, die den höchsten Zweck, die
Lohnerhöhung, fest im Auge behielt und der Hauptsache nach auch erreichte. Das
Ministerium aber hielt sich in diesem Lohnkampfe völlig neutral; ja der Minister¬
präsident Zancirdelli genoß das Vertrauen der streikenden Hafenarbeiter in Genua
in so hohem Maße, daß sie ihn zum Schiedsrichter wählten. Über diese Haltung
kam es am 22. Juni dieses Jahres im römischen Abgeordnetenhause zu einer
ebenso stürmische" wie charakteristischen Debatte. Von den rechtsstehenden Parteien
wurden verschiedne Tagesordnungen beantragt, die alle ein Mißtrauensvotum gegen
das Ministerium enthielten; namentlich wurde es getadelt, daß sich Zancirdelli dnrch
seine Haltung den Sozialisten geucihert habe, obwohl sie doch antimouarchisch seien.
Das bekannte ihr Sprecher Fern auch ganz offen, da sich der Kollektivbesitz und
die Kollektivproduktion mit der Monarchie grundsätzlich nicht vertrügen, aber er be¬
teuerte, daß seine Partei keine Gewalt wolle. Der Demokrat de Fortis wiederum
tadelte heftig den Klassenkampf, sah aber gerade in dem Vorgehn der Sozialisten
eine dringende Aufforderung an die besitzenden Mittelklassen, den Sozialismus da¬
durch zu entwaffnen, daß sie zum Bewußtsein ihrer sozialen Pflichten kämen. Von
der andern Seite erkannte mich Barzilai die Haltung der Regierung an, erklärte
aber ihr die Kraft zu positiven Reformen nicht zutrauen zu können. So vielfach
von verschiednen Standpunkten aus angegriffen und nur wenig unterstützt, antwortete
Zcmardelli mit Freimut und Energie. Er tadelte ebenfalls den Klassenkampf, den
Kuntraktbruch der Arbeiter, den Terrorismus der Ausständigen gegen die Arbeits¬
willigen und versicherte, daß er gegen jede Gesetzwidrigkeit mit unbeugsamer Strenge
vorgehn werde; aber er trat entschieden für das Koalitions- und Streikrecht der
Arbeiter ein, und er lehnte jedes gesetzliche Einschreiten gegen die lsxlis al rssisteu?^
und al imAlioiÄMgiito ab, er bekannte sich zu seinem alten Wahlspruch: Mio pari-
"uioscull Iib<zrtc>.töM, und zugleich zu seinem alten Grundsatz: Königtum und Frei¬
heit (prmviMo e lidsrtÄ). Hier unterbrach ihn stürmischer, langanhaltender Beifall
von alle" Parteien, von der äußersten Linken bis zur Rechten, unter dem hundert-
stimmigeu Rufe: Viva, ii ro! Als er nicht nur offen eingestand, daß er aller-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

die Linke gesiegt hatte, so berief der junge König ihren Führer, das Haupt der
sogenannten konstitutionellen, d, h, monarchischen Linken, Zannrdelli zur Neubildung
des Kabinetts und schob auf diese Weise nach dem Brauche parlamentarischer Staaten
die Verantwortung für die nunmehr einzuschlagende Richtung der demokratischen
Linken zu. Vielfach meinte man damals in Italien, das beste sei es, ein Koali¬
tionsministerium Zanardelli-Sacchi-Sonnino zu bilden, da die konstitutionelle Linke
allein eine zu schmale und unsichre parlamentarische Basis abgebe. Indes konnte
sich Zancirdelli nur mit dem gemäßigten Zentrum unter Prinetti verständigen, nicht
auch mit der radikalen Linken, sodnß die Mehrheit für ihn immer unsicher blieb.

Trotzdem hat dieses an sich schwache demokratische Kabinett die Probe bisher nicht
schlecht bestanden, und indem es somit die Regierungsfähigkeit der Linken darthat,
das sinkende Ansehen des demokratischen Liberalismus in Italien wieder gehoben,
ja sogar die republikanische Linke und die Sozialisten bis zu einem gewissen Grade
für sich gewonnen. Eine mächtige Streitbewegung ging in der ersten Hälfte dieses
Jahres durch ganz Italien, von Apulien ans, wo die Sozialisten erst seit 1900
die zahlreichen längst bestehenden Unterstützungsgeuossenschaften der Handwerker,
Industriearbeiter (besonders in Bari) und ländlichen Tagelöhner (mit dein Zentrum
Foggia) einheitlich zusammengefaßt haben, bis uach der Lombardei, Piemont und
Genua, wo die Hafeunrbeiter mit der Arbeitseinstellung den Anfang machten.
Handarbeiter aller Klassen wirkten also zusammen, und überall unter sozialistischer
Leitung. Allgemeine Anerkennung fand dabei die ruhige Haltung der Ausstäudigeu,
die sich nur sehr selteu zu Ausschreitungen hinreißen ließen, und man sah darin
ein Verdienst der zentralisierten sozialistischen Leitung, die den höchsten Zweck, die
Lohnerhöhung, fest im Auge behielt und der Hauptsache nach auch erreichte. Das
Ministerium aber hielt sich in diesem Lohnkampfe völlig neutral; ja der Minister¬
präsident Zancirdelli genoß das Vertrauen der streikenden Hafenarbeiter in Genua
in so hohem Maße, daß sie ihn zum Schiedsrichter wählten. Über diese Haltung
kam es am 22. Juni dieses Jahres im römischen Abgeordnetenhause zu einer
ebenso stürmische» wie charakteristischen Debatte. Von den rechtsstehenden Parteien
wurden verschiedne Tagesordnungen beantragt, die alle ein Mißtrauensvotum gegen
das Ministerium enthielten; namentlich wurde es getadelt, daß sich Zancirdelli dnrch
seine Haltung den Sozialisten geucihert habe, obwohl sie doch antimouarchisch seien.
Das bekannte ihr Sprecher Fern auch ganz offen, da sich der Kollektivbesitz und
die Kollektivproduktion mit der Monarchie grundsätzlich nicht vertrügen, aber er be¬
teuerte, daß seine Partei keine Gewalt wolle. Der Demokrat de Fortis wiederum
tadelte heftig den Klassenkampf, sah aber gerade in dem Vorgehn der Sozialisten
eine dringende Aufforderung an die besitzenden Mittelklassen, den Sozialismus da¬
durch zu entwaffnen, daß sie zum Bewußtsein ihrer sozialen Pflichten kämen. Von
der andern Seite erkannte mich Barzilai die Haltung der Regierung an, erklärte
aber ihr die Kraft zu positiven Reformen nicht zutrauen zu können. So vielfach
von verschiednen Standpunkten aus angegriffen und nur wenig unterstützt, antwortete
Zcmardelli mit Freimut und Energie. Er tadelte ebenfalls den Klassenkampf, den
Kuntraktbruch der Arbeiter, den Terrorismus der Ausständigen gegen die Arbeits¬
willigen und versicherte, daß er gegen jede Gesetzwidrigkeit mit unbeugsamer Strenge
vorgehn werde; aber er trat entschieden für das Koalitions- und Streikrecht der
Arbeiter ein, und er lehnte jedes gesetzliche Einschreiten gegen die lsxlis al rssisteu?^
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von alle« Parteien, von der äußersten Linken bis zur Rechten, unter dem hundert-
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[0343] Maßgebliches und Unmaßgebliches die Linke gesiegt hatte, so berief der junge König ihren Führer, das Haupt der sogenannten konstitutionellen, d, h, monarchischen Linken, Zannrdelli zur Neubildung des Kabinetts und schob auf diese Weise nach dem Brauche parlamentarischer Staaten die Verantwortung für die nunmehr einzuschlagende Richtung der demokratischen Linken zu. Vielfach meinte man damals in Italien, das beste sei es, ein Koali¬ tionsministerium Zanardelli-Sacchi-Sonnino zu bilden, da die konstitutionelle Linke allein eine zu schmale und unsichre parlamentarische Basis abgebe. Indes konnte sich Zancirdelli nur mit dem gemäßigten Zentrum unter Prinetti verständigen, nicht auch mit der radikalen Linken, sodnß die Mehrheit für ihn immer unsicher blieb. Trotzdem hat dieses an sich schwache demokratische Kabinett die Probe bisher nicht schlecht bestanden, und indem es somit die Regierungsfähigkeit der Linken darthat, das sinkende Ansehen des demokratischen Liberalismus in Italien wieder gehoben, ja sogar die republikanische Linke und die Sozialisten bis zu einem gewissen Grade für sich gewonnen. Eine mächtige Streitbewegung ging in der ersten Hälfte dieses Jahres durch ganz Italien, von Apulien ans, wo die Sozialisten erst seit 1900 die zahlreichen längst bestehenden Unterstützungsgeuossenschaften der Handwerker, Industriearbeiter (besonders in Bari) und ländlichen Tagelöhner (mit dein Zentrum Foggia) einheitlich zusammengefaßt haben, bis uach der Lombardei, Piemont und Genua, wo die Hafeunrbeiter mit der Arbeitseinstellung den Anfang machten. Handarbeiter aller Klassen wirkten also zusammen, und überall unter sozialistischer Leitung. Allgemeine Anerkennung fand dabei die ruhige Haltung der Ausstäudigeu, die sich nur sehr selteu zu Ausschreitungen hinreißen ließen, und man sah darin ein Verdienst der zentralisierten sozialistischen Leitung, die den höchsten Zweck, die Lohnerhöhung, fest im Auge behielt und der Hauptsache nach auch erreichte. Das Ministerium aber hielt sich in diesem Lohnkampfe völlig neutral; ja der Minister¬ präsident Zancirdelli genoß das Vertrauen der streikenden Hafenarbeiter in Genua in so hohem Maße, daß sie ihn zum Schiedsrichter wählten. Über diese Haltung kam es am 22. Juni dieses Jahres im römischen Abgeordnetenhause zu einer ebenso stürmische» wie charakteristischen Debatte. Von den rechtsstehenden Parteien wurden verschiedne Tagesordnungen beantragt, die alle ein Mißtrauensvotum gegen das Ministerium enthielten; namentlich wurde es getadelt, daß sich Zancirdelli dnrch seine Haltung den Sozialisten geucihert habe, obwohl sie doch antimouarchisch seien. Das bekannte ihr Sprecher Fern auch ganz offen, da sich der Kollektivbesitz und die Kollektivproduktion mit der Monarchie grundsätzlich nicht vertrügen, aber er be¬ teuerte, daß seine Partei keine Gewalt wolle. Der Demokrat de Fortis wiederum tadelte heftig den Klassenkampf, sah aber gerade in dem Vorgehn der Sozialisten eine dringende Aufforderung an die besitzenden Mittelklassen, den Sozialismus da¬ durch zu entwaffnen, daß sie zum Bewußtsein ihrer sozialen Pflichten kämen. Von der andern Seite erkannte mich Barzilai die Haltung der Regierung an, erklärte aber ihr die Kraft zu positiven Reformen nicht zutrauen zu können. So vielfach von verschiednen Standpunkten aus angegriffen und nur wenig unterstützt, antwortete Zcmardelli mit Freimut und Energie. Er tadelte ebenfalls den Klassenkampf, den Kuntraktbruch der Arbeiter, den Terrorismus der Ausständigen gegen die Arbeits¬ willigen und versicherte, daß er gegen jede Gesetzwidrigkeit mit unbeugsamer Strenge vorgehn werde; aber er trat entschieden für das Koalitions- und Streikrecht der Arbeiter ein, und er lehnte jedes gesetzliche Einschreiten gegen die lsxlis al rssisteu?^ und al imAlioiÄMgiito ab, er bekannte sich zu seinem alten Wahlspruch: Mio pari- «uioscull Iib<zrtc>.töM, und zugleich zu seinem alten Grundsatz: Königtum und Frei¬ heit (prmviMo e lidsrtÄ). Hier unterbrach ihn stürmischer, langanhaltender Beifall von alle« Parteien, von der äußersten Linken bis zur Rechten, unter dem hundert- stimmigeu Rufe: Viva, ii ro! Als er nicht nur offen eingestand, daß er aller-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/343>, abgerufen am 22.07.2024.