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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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mit denen seiner Plantagen an den Zollbarrieren der Mächtige" das gehoffte
Glück finden.

Wenn irgend ein Land mit seiner augenblicklichen Stellung in der Welt
lehrreich für die Niederlande sein kaun, so ist es Portugal, Lord Salisburh,
der angenblicklich die Regierung in England führt, hat vor längerer Zeit in
öffentlicher Rede gesagt, das; die romanischen Staaten dem Untergange geweiht
zu sein schienen. Vielleicht würde er sich wahrhaftiger und korrekter aus¬
gedrückt haben, wenn er gesagt Hütte, daß sich, wie in der Gegenwart die
Dinge liegen, diese Staatenbilduiige" dem rücksichtslosen Andrängen des Im¬
perialismus am wenigsten gewachsen zeigten, Spanien ist vor dem brutalen
Ansturm Amerikas in die Kniee gesunken, und Portugal hängt wie eine Fliege
in dein grauen Fangnetze einer Kreuzspinne, ohne Erbarmen dem monopo¬
listische" Börsen- und Merkantilsystem Englands preisgegeben. Die Buren
sind ein echter Zweig am Stamme germanischen Volkstums, und deswegen
siud sie vielleicht nicht gar so leicht zu unterdrücken, aber sind sie deshalb, weil
ihr Kampf länger danert, weniger dem Untergange geweiht? Wie den Trans¬
vaalern und den Oranjcfreistaatlern, die ihre direkten Abkömmlinge sind, wird
es den Niederländern nicht gehn, aber niemals wird die bloß germanische Ab¬
stammung sie davor bewahren, daß sie auch einmal, wenn sie sich nicht sonst
vorsehen, in englischer Verstrickung hangen bleiben, Oder hat etwa das ger¬
manische Blut der Nachkommen Teils und Winkelrieds diese davor gehütet,
in die Abhängigkeit von, englischen Gelde zu versinken? Es ist zwar nur das
Geld, das die Briten für die Schönheiten ihrer Berge an die Schweizer Hotels
zahlen, aber die wirtschaftliche Abhängigkeit wird dadurch nicht edler und er¬
träglicher.

Wenn die Niederländer die Lage ihres Landes rein sachlich betrachten,
wenn sie unter mmmhuftem Zurückdrängen jeder Gemütserregung, die die ge¬
wesene Größe in Rechnung stellen möchte, nur die Wirklichkeiten ins Auge
fassen, von denen sie in einer harten Welt umdrängt werden, so müssen sie
finden, daß die Stellung, die sie gegenwärtig in der Welt einnehme", sehr zu
ihren Ungunsten von der verschieden ist, in der sie zu Zeiten Philipps II.
und Herzog Aldas waren. Damals konnten sie mit der wirtschaftlichen Un¬
abhängigkeit die politische Freiheit erkämpfen, seht mit Hilfe der einen die
andre retten zu "vollen, wäre ein Gedanke, der nirgends Aussicht auf Ver¬
wirklichung fände. Schon ans dem Grunde nicht, weil Holland "ach keiner
Seite hin eine irgend nennenswerte Bünduisfähigkeit aufweise" tu"n. Es
läßt sich kein Krieg in Europa denken, in dem nicht der kriegführende Teil,
dem von Holland als souveräner Macht ein Zusammengehn angeboten würde,
besser thäte, dieses Bündnis als völlig unzuträglich zurückzuweisen. Bei jeder
Abschließung eines Handels muß etwas geboten werden, aber Holland kann
nicht nur nichts geben, sondern es muß alles fordern. Der Verbündete, u"
den es sich wendete, würde sowohl de" Schutz des holländischen Stammlands
wie den seiner Kolonien übernehmen müssen, ohne dafür etwas zu erhalte",


mit denen seiner Plantagen an den Zollbarrieren der Mächtige» das gehoffte
Glück finden.

Wenn irgend ein Land mit seiner augenblicklichen Stellung in der Welt
lehrreich für die Niederlande sein kaun, so ist es Portugal, Lord Salisburh,
der angenblicklich die Regierung in England führt, hat vor längerer Zeit in
öffentlicher Rede gesagt, das; die romanischen Staaten dem Untergange geweiht
zu sein schienen. Vielleicht würde er sich wahrhaftiger und korrekter aus¬
gedrückt haben, wenn er gesagt Hütte, daß sich, wie in der Gegenwart die
Dinge liegen, diese Staatenbilduiige» dem rücksichtslosen Andrängen des Im¬
perialismus am wenigsten gewachsen zeigten, Spanien ist vor dem brutalen
Ansturm Amerikas in die Kniee gesunken, und Portugal hängt wie eine Fliege
in dein grauen Fangnetze einer Kreuzspinne, ohne Erbarmen dem monopo¬
listische» Börsen- und Merkantilsystem Englands preisgegeben. Die Buren
sind ein echter Zweig am Stamme germanischen Volkstums, und deswegen
siud sie vielleicht nicht gar so leicht zu unterdrücken, aber sind sie deshalb, weil
ihr Kampf länger danert, weniger dem Untergange geweiht? Wie den Trans¬
vaalern und den Oranjcfreistaatlern, die ihre direkten Abkömmlinge sind, wird
es den Niederländern nicht gehn, aber niemals wird die bloß germanische Ab¬
stammung sie davor bewahren, daß sie auch einmal, wenn sie sich nicht sonst
vorsehen, in englischer Verstrickung hangen bleiben, Oder hat etwa das ger¬
manische Blut der Nachkommen Teils und Winkelrieds diese davor gehütet,
in die Abhängigkeit von, englischen Gelde zu versinken? Es ist zwar nur das
Geld, das die Briten für die Schönheiten ihrer Berge an die Schweizer Hotels
zahlen, aber die wirtschaftliche Abhängigkeit wird dadurch nicht edler und er¬
träglicher.

Wenn die Niederländer die Lage ihres Landes rein sachlich betrachten,
wenn sie unter mmmhuftem Zurückdrängen jeder Gemütserregung, die die ge¬
wesene Größe in Rechnung stellen möchte, nur die Wirklichkeiten ins Auge
fassen, von denen sie in einer harten Welt umdrängt werden, so müssen sie
finden, daß die Stellung, die sie gegenwärtig in der Welt einnehme», sehr zu
ihren Ungunsten von der verschieden ist, in der sie zu Zeiten Philipps II.
und Herzog Aldas waren. Damals konnten sie mit der wirtschaftlichen Un¬
abhängigkeit die politische Freiheit erkämpfen, seht mit Hilfe der einen die
andre retten zu »vollen, wäre ein Gedanke, der nirgends Aussicht auf Ver¬
wirklichung fände. Schon ans dem Grunde nicht, weil Holland »ach keiner
Seite hin eine irgend nennenswerte Bünduisfähigkeit aufweise» tu»n. Es
läßt sich kein Krieg in Europa denken, in dem nicht der kriegführende Teil,
dem von Holland als souveräner Macht ein Zusammengehn angeboten würde,
besser thäte, dieses Bündnis als völlig unzuträglich zurückzuweisen. Bei jeder
Abschließung eines Handels muß etwas geboten werden, aber Holland kann
nicht nur nichts geben, sondern es muß alles fordern. Der Verbündete, u»
den es sich wendete, würde sowohl de» Schutz des holländischen Stammlands
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[0162] mit denen seiner Plantagen an den Zollbarrieren der Mächtige» das gehoffte Glück finden. Wenn irgend ein Land mit seiner augenblicklichen Stellung in der Welt lehrreich für die Niederlande sein kaun, so ist es Portugal, Lord Salisburh, der angenblicklich die Regierung in England führt, hat vor längerer Zeit in öffentlicher Rede gesagt, das; die romanischen Staaten dem Untergange geweiht zu sein schienen. Vielleicht würde er sich wahrhaftiger und korrekter aus¬ gedrückt haben, wenn er gesagt Hütte, daß sich, wie in der Gegenwart die Dinge liegen, diese Staatenbilduiige» dem rücksichtslosen Andrängen des Im¬ perialismus am wenigsten gewachsen zeigten, Spanien ist vor dem brutalen Ansturm Amerikas in die Kniee gesunken, und Portugal hängt wie eine Fliege in dein grauen Fangnetze einer Kreuzspinne, ohne Erbarmen dem monopo¬ listische» Börsen- und Merkantilsystem Englands preisgegeben. Die Buren sind ein echter Zweig am Stamme germanischen Volkstums, und deswegen siud sie vielleicht nicht gar so leicht zu unterdrücken, aber sind sie deshalb, weil ihr Kampf länger danert, weniger dem Untergange geweiht? Wie den Trans¬ vaalern und den Oranjcfreistaatlern, die ihre direkten Abkömmlinge sind, wird es den Niederländern nicht gehn, aber niemals wird die bloß germanische Ab¬ stammung sie davor bewahren, daß sie auch einmal, wenn sie sich nicht sonst vorsehen, in englischer Verstrickung hangen bleiben, Oder hat etwa das ger¬ manische Blut der Nachkommen Teils und Winkelrieds diese davor gehütet, in die Abhängigkeit von, englischen Gelde zu versinken? Es ist zwar nur das Geld, das die Briten für die Schönheiten ihrer Berge an die Schweizer Hotels zahlen, aber die wirtschaftliche Abhängigkeit wird dadurch nicht edler und er¬ träglicher. Wenn die Niederländer die Lage ihres Landes rein sachlich betrachten, wenn sie unter mmmhuftem Zurückdrängen jeder Gemütserregung, die die ge¬ wesene Größe in Rechnung stellen möchte, nur die Wirklichkeiten ins Auge fassen, von denen sie in einer harten Welt umdrängt werden, so müssen sie finden, daß die Stellung, die sie gegenwärtig in der Welt einnehme», sehr zu ihren Ungunsten von der verschieden ist, in der sie zu Zeiten Philipps II. und Herzog Aldas waren. Damals konnten sie mit der wirtschaftlichen Un¬ abhängigkeit die politische Freiheit erkämpfen, seht mit Hilfe der einen die andre retten zu »vollen, wäre ein Gedanke, der nirgends Aussicht auf Ver¬ wirklichung fände. Schon ans dem Grunde nicht, weil Holland »ach keiner Seite hin eine irgend nennenswerte Bünduisfähigkeit aufweise» tu»n. Es läßt sich kein Krieg in Europa denken, in dem nicht der kriegführende Teil, dem von Holland als souveräner Macht ein Zusammengehn angeboten würde, besser thäte, dieses Bündnis als völlig unzuträglich zurückzuweisen. Bei jeder Abschließung eines Handels muß etwas geboten werden, aber Holland kann nicht nur nichts geben, sondern es muß alles fordern. Der Verbündete, u» den es sich wendete, würde sowohl de» Schutz des holländischen Stammlands wie den seiner Kolonien übernehmen müssen, ohne dafür etwas zu erhalte»,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/162>, abgerufen am 22.07.2024.