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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Vie Hypothekenbanken und ihre fehlerhafte Brganisation für den Grundbesitz

Gruudstückwucher und glaubt, die durch das oft allzu schnelle Wachsen der
Städte hervorgerufuen Verhältnisse durch kleinliche Maßnahmen beseitigen zu
können. Mögen diese Maßnahmen für noch so wirkungsvoll gehalten werden,
solange es gelingt, eine Baustelle wenn auch nur bis zu drei Fünfteln des ge¬
dachten Werth zu beleiheu, solange wird das Kaufen von Baustellen und der
Handel damit zum Schaden der gesunden Entwicklung unsrer Städte begünstigt.
Will man also den schädlichen Handel mit Baustellen etwas erschweren, so be¬
seitige man diese Beleihung von Baustellen durch die Hypothekenbanken. Denn
dadurch, daß die Hypothekenbanken an sich für die erworbnen Hypotheken un-
begrenzt Pfandbriefe ausgeben dürfen, ist die Beleihungsmöglichkeit von Bau¬
stellen ziemlich unbegrenzt, wenn es auch für die einzelne Hypothekenbank auf
den halben Betrag des eingezahlten Grundkapitals und den zehnten Teil des
Gesamtbetrags der zur Deckung der Hypothekenpfandbriefe benutzten Hypotheken
durch § 12 des Hypothekenbankgesetzes begrenzt worden ist.

Diese Beschränkungen sind bei den großen Aktienkapitalien der Hypotheken¬
banken und der gewaltigen Masse der ausgegebnen Pfandbriefe nicht gerade
wesentlich, sie kommen kaum in Betracht. Eine Hypothekenbank, die in dem
Umfang, wie es ihr durch das Hypothekenbankgesetz erlaubt ist, Bauplätze be¬
leihen wollte, würde sicherlich nicht mehr eine vorsichtige, noch eine verständig
geleitete genannt werden können, sie würde damit gesunden Geschästsgrund-
sätzen ins Gesicht schlage". Also die durch das Hypothekenbankgesetz gesteckten
Grenzen sind kaum noch Grenzen oder Beschränkungen zu nennen, sie wirken
jedenfalls nicht als solche. Der verständige Geschäftsverkehr wird sich selbst
engere ziehn. Wenn man berücksichtigt, daß bis zur Hälfte der Aktienkapitale
der Hypothekenbanken Bauplätze beliehen werden können, so steht dem Handel
mit Bauplätzen immerhin ein gewaltiges Hypothekeilkapital zur Verfügung.
Nimmt man ihm dieses, so wird der Handel mit Bauplätzen und damit die
Preistreiberei niemals den Umfang annehmen können, den er jetzt hat. Es
werden dann aber auch die Bauplätze nicht so hoch im Preise steigen, wenn
nicht so viele Abnehmer dafür vorhanden sind. Will man also im Interesse
der gesunden Entwicklung unsrer Städte den Handel mit Bauplätzen etwas
verringern, so verbiete man den Hypothekenbanken das Beleihen von Bauplätzen.
Man wird damit zugleich erreichen, daß die Bauplätze nicht gar so schnell und
so hoch ini Preise steigen, etwas, was nach Ansicht vieler mittelbar das Bauen
erleichtern und begünstigen wird. Das Beleihen von Baustellen durch die
Hypothekenbanken wirkt insoweit schädlich und mag die Wohnungsnot in etwas
mit verschuldet haben.

Aber dieser eine nachteilige Einfluß der Hypothekenbanken ist ganz un¬
bedeutend und nebensächlich gegenüber der schädlichen Einwirkung, die der Kredit
der Hypothekenbanken für die Grundbesitzer und die städtischen Gemeinwesen
infolge ihrer fehlerhaften Organisation bisher ausgeübt hat, heute noch ausübt
und immer ausüben muß, solange die Organisation der Hypothekenbanken
so fehlerhaft bleibt. Um dies näher darzuthun, soll hier kurz die wesentliche


Vie Hypothekenbanken und ihre fehlerhafte Brganisation für den Grundbesitz

Gruudstückwucher und glaubt, die durch das oft allzu schnelle Wachsen der
Städte hervorgerufuen Verhältnisse durch kleinliche Maßnahmen beseitigen zu
können. Mögen diese Maßnahmen für noch so wirkungsvoll gehalten werden,
solange es gelingt, eine Baustelle wenn auch nur bis zu drei Fünfteln des ge¬
dachten Werth zu beleiheu, solange wird das Kaufen von Baustellen und der
Handel damit zum Schaden der gesunden Entwicklung unsrer Städte begünstigt.
Will man also den schädlichen Handel mit Baustellen etwas erschweren, so be¬
seitige man diese Beleihung von Baustellen durch die Hypothekenbanken. Denn
dadurch, daß die Hypothekenbanken an sich für die erworbnen Hypotheken un-
begrenzt Pfandbriefe ausgeben dürfen, ist die Beleihungsmöglichkeit von Bau¬
stellen ziemlich unbegrenzt, wenn es auch für die einzelne Hypothekenbank auf
den halben Betrag des eingezahlten Grundkapitals und den zehnten Teil des
Gesamtbetrags der zur Deckung der Hypothekenpfandbriefe benutzten Hypotheken
durch § 12 des Hypothekenbankgesetzes begrenzt worden ist.

Diese Beschränkungen sind bei den großen Aktienkapitalien der Hypotheken¬
banken und der gewaltigen Masse der ausgegebnen Pfandbriefe nicht gerade
wesentlich, sie kommen kaum in Betracht. Eine Hypothekenbank, die in dem
Umfang, wie es ihr durch das Hypothekenbankgesetz erlaubt ist, Bauplätze be¬
leihen wollte, würde sicherlich nicht mehr eine vorsichtige, noch eine verständig
geleitete genannt werden können, sie würde damit gesunden Geschästsgrund-
sätzen ins Gesicht schlage». Also die durch das Hypothekenbankgesetz gesteckten
Grenzen sind kaum noch Grenzen oder Beschränkungen zu nennen, sie wirken
jedenfalls nicht als solche. Der verständige Geschäftsverkehr wird sich selbst
engere ziehn. Wenn man berücksichtigt, daß bis zur Hälfte der Aktienkapitale
der Hypothekenbanken Bauplätze beliehen werden können, so steht dem Handel
mit Bauplätzen immerhin ein gewaltiges Hypothekeilkapital zur Verfügung.
Nimmt man ihm dieses, so wird der Handel mit Bauplätzen und damit die
Preistreiberei niemals den Umfang annehmen können, den er jetzt hat. Es
werden dann aber auch die Bauplätze nicht so hoch im Preise steigen, wenn
nicht so viele Abnehmer dafür vorhanden sind. Will man also im Interesse
der gesunden Entwicklung unsrer Städte den Handel mit Bauplätzen etwas
verringern, so verbiete man den Hypothekenbanken das Beleihen von Bauplätzen.
Man wird damit zugleich erreichen, daß die Bauplätze nicht gar so schnell und
so hoch ini Preise steigen, etwas, was nach Ansicht vieler mittelbar das Bauen
erleichtern und begünstigen wird. Das Beleihen von Baustellen durch die
Hypothekenbanken wirkt insoweit schädlich und mag die Wohnungsnot in etwas
mit verschuldet haben.

Aber dieser eine nachteilige Einfluß der Hypothekenbanken ist ganz un¬
bedeutend und nebensächlich gegenüber der schädlichen Einwirkung, die der Kredit
der Hypothekenbanken für die Grundbesitzer und die städtischen Gemeinwesen
infolge ihrer fehlerhaften Organisation bisher ausgeübt hat, heute noch ausübt
und immer ausüben muß, solange die Organisation der Hypothekenbanken
so fehlerhaft bleibt. Um dies näher darzuthun, soll hier kurz die wesentliche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/14>, abgerufen am 22.07.2024.