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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Selbst die Männer, an denen er sonst so viel anzusetzen hat, rettet ihr
Charakter als Engländer vor dem völligen Verdammungsurteil. Die hohe
Gesellschaft, zur Zeit der Restauration war nach ihm bis ins Innerste verderbt,
aber am Tage der Schlacht zeigten sie den Mut, ^vbicm i" svlcloiu vantinK w
an Üngli3ü AgntlsmAi. In beweglichen Worten berichtet Macaulah von dem
Justizmorde, der an dem Hindu Nuncomar begangen wird. An dem Tage vor
der Hinrichtung sucht ihn der Sheriff auf und zeigt damit eilf nnmanit^ Midi
is ssläom nMtinA in -in Lngli8ki Asntlöin-in. lind mit nationalem Stolz
vergleicht er die ehrenfester alten Kavaliere mit den Werkzeugen, die andre
Despoten benutzen müssen, den Thürhütern, die sich in ihren Vorzimmern
drängen, und den Janitscharen, die an ihren Thoren Wache halten. Um so
vollere Akkorde schlüge er an, wenn er von seinen Landesgenossen im allgemeinen,
nicht von einzelnen Sündern, spricht. Ein Volk wie die Engländer, sagt er
einmal, könne nicht lange unterdrückt werden; denn es seien Männer, deren
Erziehung und deren Sitten so seien, daß sie sich überall über die Masse derer
erhöben, mit denen sie sich vermischten, so sicher, wie Öl im Wasser aufsteige,
Männer von solcher Selbstbeherrschung, daß ihre wildesten Ausschreitungen den
Charakter des Trustes von Gerichtsverhandlungen und der Feierlichkeit reli¬
giöser Andachtsübungen annähmen, Männer, deren nationaler Stolz und deren
Anhänglichkeit aneinander sprichwörtlich geworden seien, und deren hochfahrender
Sinn ihnen in jahrhundertlangem Kampfe ihre Unabhängigkeit reichern und
mächtigern Nachbarn gegenüber gewahrt habe.

Dieses Land seiner Geburt ist auch deshalb für ihn das Land seines
Ideals, weil es, mehr als man sonstwo gesehen habe, mehr als man hätte hoffen
können, die Segnungen der Freiheit mit denen der Ordnung verbinde. In
der Liswry ok IZnsslanä (5, 113) sagt er einmal: "Freiheit und Ordnung sind
zwei der größten Segnungen, deren sich eine menschliche Gesellschaft erfreuen
kann: und wenn es das Unglück einmal will, daß sie miteinander nicht vereint
werden können, so ist man denen Nachsicht schuldig, die eine von beiden Seiten
wühlen." Freiheit und Ordnung, oder vielmehr die Verbindung beider, ist
immer sein Ausgangspunkt für die Beurteilung eines gut regierten Staats
gewesen. So teilt er anch die Gegner des Reformgesetzes ein in zwei Klassen:
tue, trivnäs ot' oorruMon g.na tü" sovvsrs ot' ssclition. Es ist nach ihm eine
Verbindung dstwesn Uwss vllo dato M liberty -mal tlroso vvllo Jenes all oräsr.
Aber Macaulay stützt sich vertrauensvoll auf eine dritte Partei, die "nichtiger
ist als die beiden zusammen genommen: "Diese Partei ist die Mittelklasse von
England, mit der Blüte der Aristokratie an ihrer Spitze und der Blüte der
arbeitenden Klassen in ihrer Nachhut. Diese große Partei hat ihre unbeweg¬
liche Stellung eingenommen zwischen den Feinden jeder Ordnung und den
Feinden jeder Freiheit." (3xss<ZNö8, S. 76.)

Es ist jedoch unzweifelhaft, daß sein Heiß besonders gegen die Feinde der
Freiheit gerichtet war. Männer, die längst im Grabe moderten, behandelt
er zuweilen wie persönliche Gegner, und er drückt seine Frende aus über das


Selbst die Männer, an denen er sonst so viel anzusetzen hat, rettet ihr
Charakter als Engländer vor dem völligen Verdammungsurteil. Die hohe
Gesellschaft, zur Zeit der Restauration war nach ihm bis ins Innerste verderbt,
aber am Tage der Schlacht zeigten sie den Mut, ^vbicm i« svlcloiu vantinK w
an Üngli3ü AgntlsmAi. In beweglichen Worten berichtet Macaulah von dem
Justizmorde, der an dem Hindu Nuncomar begangen wird. An dem Tage vor
der Hinrichtung sucht ihn der Sheriff auf und zeigt damit eilf nnmanit^ Midi
is ssläom nMtinA in -in Lngli8ki Asntlöin-in. lind mit nationalem Stolz
vergleicht er die ehrenfester alten Kavaliere mit den Werkzeugen, die andre
Despoten benutzen müssen, den Thürhütern, die sich in ihren Vorzimmern
drängen, und den Janitscharen, die an ihren Thoren Wache halten. Um so
vollere Akkorde schlüge er an, wenn er von seinen Landesgenossen im allgemeinen,
nicht von einzelnen Sündern, spricht. Ein Volk wie die Engländer, sagt er
einmal, könne nicht lange unterdrückt werden; denn es seien Männer, deren
Erziehung und deren Sitten so seien, daß sie sich überall über die Masse derer
erhöben, mit denen sie sich vermischten, so sicher, wie Öl im Wasser aufsteige,
Männer von solcher Selbstbeherrschung, daß ihre wildesten Ausschreitungen den
Charakter des Trustes von Gerichtsverhandlungen und der Feierlichkeit reli¬
giöser Andachtsübungen annähmen, Männer, deren nationaler Stolz und deren
Anhänglichkeit aneinander sprichwörtlich geworden seien, und deren hochfahrender
Sinn ihnen in jahrhundertlangem Kampfe ihre Unabhängigkeit reichern und
mächtigern Nachbarn gegenüber gewahrt habe.

Dieses Land seiner Geburt ist auch deshalb für ihn das Land seines
Ideals, weil es, mehr als man sonstwo gesehen habe, mehr als man hätte hoffen
können, die Segnungen der Freiheit mit denen der Ordnung verbinde. In
der Liswry ok IZnsslanä (5, 113) sagt er einmal: „Freiheit und Ordnung sind
zwei der größten Segnungen, deren sich eine menschliche Gesellschaft erfreuen
kann: und wenn es das Unglück einmal will, daß sie miteinander nicht vereint
werden können, so ist man denen Nachsicht schuldig, die eine von beiden Seiten
wühlen." Freiheit und Ordnung, oder vielmehr die Verbindung beider, ist
immer sein Ausgangspunkt für die Beurteilung eines gut regierten Staats
gewesen. So teilt er anch die Gegner des Reformgesetzes ein in zwei Klassen:
tue, trivnäs ot' oorruMon g.na tü« sovvsrs ot' ssclition. Es ist nach ihm eine
Verbindung dstwesn Uwss vllo dato M liberty -mal tlroso vvllo Jenes all oräsr.
Aber Macaulay stützt sich vertrauensvoll auf eine dritte Partei, die »nichtiger
ist als die beiden zusammen genommen: „Diese Partei ist die Mittelklasse von
England, mit der Blüte der Aristokratie an ihrer Spitze und der Blüte der
arbeitenden Klassen in ihrer Nachhut. Diese große Partei hat ihre unbeweg¬
liche Stellung eingenommen zwischen den Feinden jeder Ordnung und den
Feinden jeder Freiheit." (3xss<ZNö8, S. 76.)

Es ist jedoch unzweifelhaft, daß sein Heiß besonders gegen die Feinde der
Freiheit gerichtet war. Männer, die längst im Grabe moderten, behandelt
er zuweilen wie persönliche Gegner, und er drückt seine Frende aus über das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/93>, abgerufen am 02.07.2024.