Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

buchblätter "des unzuverlässigen Parasiten Busch" zu bringen für gut hält. Es
ist mehr als naiv zu sagen: "Wir haben schon im Jahre 1898 in Gemeinschaft
mit andern großen Zeitungen auf die vielen Irrtümer und Fälschungen in Buschs
sogenanntem Tagebuche und dessen Wertlosigkeit als Geschichtsquelle hingewiesen."
Erstens ist dieser Beweis niemals geführt worden, auch nicht tu dem ebenso an¬
spruchsvollen wie oberflächlichen Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten vom
13, Oktober 1898, und zweitens kam und kommt es gar nicht darauf an, was
"ahnungslose Schreiber" der Tagespreise, die "nicht das erste Wort" von histo¬
rischer Kritik verstehn, darüber denken, sondern was die ernsthafte Geschichtsforschung
darüber urteilt, sie mag vom Charakter des Verfassers halten, was sie will, und
davon scheint der Urheber des Artikels nicht das mindeste zu wissen. Ja er hat
so wenig eine Ahnung von der schon aufgewandten großen kritischen Arbeit, daß
er die Ermahnung für nötig halt: "Ernsthafte Historiker sollten Buschs Behaup¬
tungen nnr dann für richtig hinnehmen, wenn sie sich dnrch nuderweite Publika¬
tionen bestätigt finden." Um diesem Mangel an Kenntnis abzuhelfen weisen wir
ihn auf die Anmerkungen der deutschen Ausgabe hin und führen die Urteile zweier
Historiker an, deren Autorität in diesen Fragen auch er nicht bezweifeln wird.
Felix Meinecke faßt im neusten Heft der Historischen Zeitschrift das Ergebnis der
bisherigen wissenschaftlichen Kritik des vielgeschmähten Buchs in die Worte zu¬
sammen: "Es trägt, darin sind sie (die Kritiker) einig, die echten Züge Bismnrckischen
Wesens." Erich Marcks aber sagt (Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen,
1899) von Busch Seite 10: "ein Beobachter von unzweifelhafter Schärfe und
Treue des Blickes und des Gedächtnisses, von erstaunlicher Arbeitskraft in der
raschen schriftlichen Festhaltung seiner Eindrücke und von ganz erheblicher Fähigkeit
in ihrer Wiedergabe"; Seite 14: "Im ganzen erweisen sich dn, wo wir das meiste
Kontrollmatertnl besitzen, die Erzählungen Buschs als geradezu auffallend zuver¬
lässig"; Seite 17: "Ich kann die Auszeichungen Buschs uur als kostbare Zeug-
nisse" bezeichnen, die -- unsre Anschauung durch eine Fülle frappanter Augenblicks¬
bilder bereichern und beleben. -- Unter den Bismarckquellen, die wir bis jetzt be¬
sitzen, ist, wenigstens für die siebziger und achtziger Jahre, keine, die so viel
Persönliches Leben ausströmte, wie diese,"

Wir haben zahlreiche Berichte andrer über Äußerungen Bismarcks; warum
ist es denn einer gewissen Presse niemals beigekommen, an diese den strengsten
Maßstab der Zuverlässigkeit zu legen, die doch bei vielen ohne Zweifel viel geringer
ist? Warum ist sie nur über Busch so unbarmherzig hergefallen und hat sozusagen an
ihm kein gutes Haar gelassen? Der Ursprung davon liegt gar nicht wesentlich in:
Charakter des Autors, der ja manchen unsympathischen Zug haben mag, sondern
vielmehr einerseits in dem Befremden ehrlicher Bewundrer des großen Staats¬
manns, die von manchem, was Busch vou ihm in seiner ungeschminkten Weise be¬
richtet, peinlich berührt wurden, andrerseits in dem Ärger einiger hochstehender
Persönlichkeiten, die bei Busch "schlecht wegkommen." Sie empfanden deshalb und
empfinden, wie es scheint, noch immer beide das Bedürfnis, die Glaubwürdigkeit
der Tagebuchblätter im allgemeinen herabzusetzen. Beide vergessen dabei, daß der
Kern des Buchs unter Fürst Bismarcks thätiger Beihilfe, die bis zum Lese" der
Korrekturbogen ging, entstanden ist, und daß, wenn man Busch für einen Lumpen
und "Parasiten" hält, man damit auch den Fürsten für einen sehr schlechten
Menschenkenner oder für etwas Schlimmeres erklärt. Beide Quellen der Kritik
oder vielmehr der Verurteilung der Tagebuchblätter sind vom historischen Stand¬
punkt aus, der in der Beurteilung Bismarcks natürlich mehr und mehr zur Gel¬
tung kommt, gleich unberechtigt, "Wer nicht mit männlicher Gelassenheit, sagt Erich
Marcks Seite 17, init offnem Blick für alles Menschliche die Wirklichkeit dieses Wesens
anzuschauen vermag, wer sich ihren Härten nur schwächlich zu entziehn oder sie (nur)
feindselig auszubeuten weiß, der kommt für ehrliche historische Betrachtung überhaupt


Maßgebliches und Unmaßgebliches

buchblätter „des unzuverlässigen Parasiten Busch" zu bringen für gut hält. Es
ist mehr als naiv zu sagen: „Wir haben schon im Jahre 1898 in Gemeinschaft
mit andern großen Zeitungen auf die vielen Irrtümer und Fälschungen in Buschs
sogenanntem Tagebuche und dessen Wertlosigkeit als Geschichtsquelle hingewiesen."
Erstens ist dieser Beweis niemals geführt worden, auch nicht tu dem ebenso an¬
spruchsvollen wie oberflächlichen Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten vom
13, Oktober 1898, und zweitens kam und kommt es gar nicht darauf an, was
„ahnungslose Schreiber" der Tagespreise, die „nicht das erste Wort" von histo¬
rischer Kritik verstehn, darüber denken, sondern was die ernsthafte Geschichtsforschung
darüber urteilt, sie mag vom Charakter des Verfassers halten, was sie will, und
davon scheint der Urheber des Artikels nicht das mindeste zu wissen. Ja er hat
so wenig eine Ahnung von der schon aufgewandten großen kritischen Arbeit, daß
er die Ermahnung für nötig halt: „Ernsthafte Historiker sollten Buschs Behaup¬
tungen nnr dann für richtig hinnehmen, wenn sie sich dnrch nuderweite Publika¬
tionen bestätigt finden." Um diesem Mangel an Kenntnis abzuhelfen weisen wir
ihn auf die Anmerkungen der deutschen Ausgabe hin und führen die Urteile zweier
Historiker an, deren Autorität in diesen Fragen auch er nicht bezweifeln wird.
Felix Meinecke faßt im neusten Heft der Historischen Zeitschrift das Ergebnis der
bisherigen wissenschaftlichen Kritik des vielgeschmähten Buchs in die Worte zu¬
sammen: „Es trägt, darin sind sie (die Kritiker) einig, die echten Züge Bismnrckischen
Wesens." Erich Marcks aber sagt (Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen,
1899) von Busch Seite 10: „ein Beobachter von unzweifelhafter Schärfe und
Treue des Blickes und des Gedächtnisses, von erstaunlicher Arbeitskraft in der
raschen schriftlichen Festhaltung seiner Eindrücke und von ganz erheblicher Fähigkeit
in ihrer Wiedergabe"; Seite 14: „Im ganzen erweisen sich dn, wo wir das meiste
Kontrollmatertnl besitzen, die Erzählungen Buschs als geradezu auffallend zuver¬
lässig"; Seite 17: „Ich kann die Auszeichungen Buschs uur als kostbare Zeug-
nisse" bezeichnen, die — unsre Anschauung durch eine Fülle frappanter Augenblicks¬
bilder bereichern und beleben. — Unter den Bismarckquellen, die wir bis jetzt be¬
sitzen, ist, wenigstens für die siebziger und achtziger Jahre, keine, die so viel
Persönliches Leben ausströmte, wie diese,"

Wir haben zahlreiche Berichte andrer über Äußerungen Bismarcks; warum
ist es denn einer gewissen Presse niemals beigekommen, an diese den strengsten
Maßstab der Zuverlässigkeit zu legen, die doch bei vielen ohne Zweifel viel geringer
ist? Warum ist sie nur über Busch so unbarmherzig hergefallen und hat sozusagen an
ihm kein gutes Haar gelassen? Der Ursprung davon liegt gar nicht wesentlich in:
Charakter des Autors, der ja manchen unsympathischen Zug haben mag, sondern
vielmehr einerseits in dem Befremden ehrlicher Bewundrer des großen Staats¬
manns, die von manchem, was Busch vou ihm in seiner ungeschminkten Weise be¬
richtet, peinlich berührt wurden, andrerseits in dem Ärger einiger hochstehender
Persönlichkeiten, die bei Busch „schlecht wegkommen." Sie empfanden deshalb und
empfinden, wie es scheint, noch immer beide das Bedürfnis, die Glaubwürdigkeit
der Tagebuchblätter im allgemeinen herabzusetzen. Beide vergessen dabei, daß der
Kern des Buchs unter Fürst Bismarcks thätiger Beihilfe, die bis zum Lese» der
Korrekturbogen ging, entstanden ist, und daß, wenn man Busch für einen Lumpen
und „Parasiten" hält, man damit auch den Fürsten für einen sehr schlechten
Menschenkenner oder für etwas Schlimmeres erklärt. Beide Quellen der Kritik
oder vielmehr der Verurteilung der Tagebuchblätter sind vom historischen Stand¬
punkt aus, der in der Beurteilung Bismarcks natürlich mehr und mehr zur Gel¬
tung kommt, gleich unberechtigt, „Wer nicht mit männlicher Gelassenheit, sagt Erich
Marcks Seite 17, init offnem Blick für alles Menschliche die Wirklichkeit dieses Wesens
anzuschauen vermag, wer sich ihren Härten nur schwächlich zu entziehn oder sie (nur)
feindselig auszubeuten weiß, der kommt für ehrliche historische Betrachtung überhaupt


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235061"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1598" prev="#ID_1597"> buchblätter &#x201E;des unzuverlässigen Parasiten Busch" zu bringen für gut hält. Es<lb/>
ist mehr als naiv zu sagen: &#x201E;Wir haben schon im Jahre 1898 in Gemeinschaft<lb/>
mit andern großen Zeitungen auf die vielen Irrtümer und Fälschungen in Buschs<lb/>
sogenanntem Tagebuche und dessen Wertlosigkeit als Geschichtsquelle hingewiesen."<lb/>
Erstens ist dieser Beweis niemals geführt worden, auch nicht tu dem ebenso an¬<lb/>
spruchsvollen wie oberflächlichen Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten vom<lb/>
13, Oktober 1898, und zweitens kam und kommt es gar nicht darauf an, was<lb/>
&#x201E;ahnungslose Schreiber" der Tagespreise, die &#x201E;nicht das erste Wort" von histo¬<lb/>
rischer Kritik verstehn, darüber denken, sondern was die ernsthafte Geschichtsforschung<lb/>
darüber urteilt, sie mag vom Charakter des Verfassers halten, was sie will, und<lb/>
davon scheint der Urheber des Artikels nicht das mindeste zu wissen. Ja er hat<lb/>
so wenig eine Ahnung von der schon aufgewandten großen kritischen Arbeit, daß<lb/>
er die Ermahnung für nötig halt: &#x201E;Ernsthafte Historiker sollten Buschs Behaup¬<lb/>
tungen nnr dann für richtig hinnehmen, wenn sie sich dnrch nuderweite Publika¬<lb/>
tionen bestätigt finden." Um diesem Mangel an Kenntnis abzuhelfen weisen wir<lb/>
ihn auf die Anmerkungen der deutschen Ausgabe hin und führen die Urteile zweier<lb/>
Historiker an, deren Autorität in diesen Fragen auch er nicht bezweifeln wird.<lb/>
Felix Meinecke faßt im neusten Heft der Historischen Zeitschrift das Ergebnis der<lb/>
bisherigen wissenschaftlichen Kritik des vielgeschmähten Buchs in die Worte zu¬<lb/>
sammen: &#x201E;Es trägt, darin sind sie (die Kritiker) einig, die echten Züge Bismnrckischen<lb/>
Wesens." Erich Marcks aber sagt (Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen,<lb/>
1899) von Busch Seite 10: &#x201E;ein Beobachter von unzweifelhafter Schärfe und<lb/>
Treue des Blickes und des Gedächtnisses, von erstaunlicher Arbeitskraft in der<lb/>
raschen schriftlichen Festhaltung seiner Eindrücke und von ganz erheblicher Fähigkeit<lb/>
in ihrer Wiedergabe"; Seite 14: &#x201E;Im ganzen erweisen sich dn, wo wir das meiste<lb/>
Kontrollmatertnl besitzen, die Erzählungen Buschs als geradezu auffallend zuver¬<lb/>
lässig"; Seite 17: &#x201E;Ich kann die Auszeichungen Buschs uur als kostbare Zeug-<lb/>
nisse" bezeichnen, die &#x2014; unsre Anschauung durch eine Fülle frappanter Augenblicks¬<lb/>
bilder bereichern und beleben. &#x2014; Unter den Bismarckquellen, die wir bis jetzt be¬<lb/>
sitzen, ist, wenigstens für die siebziger und achtziger Jahre, keine, die so viel<lb/>
Persönliches Leben ausströmte, wie diese,"</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1599" next="#ID_1600"> Wir haben zahlreiche Berichte andrer über Äußerungen Bismarcks; warum<lb/>
ist es denn einer gewissen Presse niemals beigekommen, an diese den strengsten<lb/>
Maßstab der Zuverlässigkeit zu legen, die doch bei vielen ohne Zweifel viel geringer<lb/>
ist? Warum ist sie nur über Busch so unbarmherzig hergefallen und hat sozusagen an<lb/>
ihm kein gutes Haar gelassen? Der Ursprung davon liegt gar nicht wesentlich in:<lb/>
Charakter des Autors, der ja manchen unsympathischen Zug haben mag, sondern<lb/>
vielmehr einerseits in dem Befremden ehrlicher Bewundrer des großen Staats¬<lb/>
manns, die von manchem, was Busch vou ihm in seiner ungeschminkten Weise be¬<lb/>
richtet, peinlich berührt wurden, andrerseits in dem Ärger einiger hochstehender<lb/>
Persönlichkeiten, die bei Busch &#x201E;schlecht wegkommen." Sie empfanden deshalb und<lb/>
empfinden, wie es scheint, noch immer beide das Bedürfnis, die Glaubwürdigkeit<lb/>
der Tagebuchblätter im allgemeinen herabzusetzen. Beide vergessen dabei, daß der<lb/>
Kern des Buchs unter Fürst Bismarcks thätiger Beihilfe, die bis zum Lese» der<lb/>
Korrekturbogen ging, entstanden ist, und daß, wenn man Busch für einen Lumpen<lb/>
und &#x201E;Parasiten" hält, man damit auch den Fürsten für einen sehr schlechten<lb/>
Menschenkenner oder für etwas Schlimmeres erklärt. Beide Quellen der Kritik<lb/>
oder vielmehr der Verurteilung der Tagebuchblätter sind vom historischen Stand¬<lb/>
punkt aus, der in der Beurteilung Bismarcks natürlich mehr und mehr zur Gel¬<lb/>
tung kommt, gleich unberechtigt, &#x201E;Wer nicht mit männlicher Gelassenheit, sagt Erich<lb/>
Marcks Seite 17, init offnem Blick für alles Menschliche die Wirklichkeit dieses Wesens<lb/>
anzuschauen vermag, wer sich ihren Härten nur schwächlich zu entziehn oder sie (nur)<lb/>
feindselig auszubeuten weiß, der kommt für ehrliche historische Betrachtung überhaupt</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0531] Maßgebliches und Unmaßgebliches buchblätter „des unzuverlässigen Parasiten Busch" zu bringen für gut hält. Es ist mehr als naiv zu sagen: „Wir haben schon im Jahre 1898 in Gemeinschaft mit andern großen Zeitungen auf die vielen Irrtümer und Fälschungen in Buschs sogenanntem Tagebuche und dessen Wertlosigkeit als Geschichtsquelle hingewiesen." Erstens ist dieser Beweis niemals geführt worden, auch nicht tu dem ebenso an¬ spruchsvollen wie oberflächlichen Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten vom 13, Oktober 1898, und zweitens kam und kommt es gar nicht darauf an, was „ahnungslose Schreiber" der Tagespreise, die „nicht das erste Wort" von histo¬ rischer Kritik verstehn, darüber denken, sondern was die ernsthafte Geschichtsforschung darüber urteilt, sie mag vom Charakter des Verfassers halten, was sie will, und davon scheint der Urheber des Artikels nicht das mindeste zu wissen. Ja er hat so wenig eine Ahnung von der schon aufgewandten großen kritischen Arbeit, daß er die Ermahnung für nötig halt: „Ernsthafte Historiker sollten Buschs Behaup¬ tungen nnr dann für richtig hinnehmen, wenn sie sich dnrch nuderweite Publika¬ tionen bestätigt finden." Um diesem Mangel an Kenntnis abzuhelfen weisen wir ihn auf die Anmerkungen der deutschen Ausgabe hin und führen die Urteile zweier Historiker an, deren Autorität in diesen Fragen auch er nicht bezweifeln wird. Felix Meinecke faßt im neusten Heft der Historischen Zeitschrift das Ergebnis der bisherigen wissenschaftlichen Kritik des vielgeschmähten Buchs in die Worte zu¬ sammen: „Es trägt, darin sind sie (die Kritiker) einig, die echten Züge Bismnrckischen Wesens." Erich Marcks aber sagt (Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen, 1899) von Busch Seite 10: „ein Beobachter von unzweifelhafter Schärfe und Treue des Blickes und des Gedächtnisses, von erstaunlicher Arbeitskraft in der raschen schriftlichen Festhaltung seiner Eindrücke und von ganz erheblicher Fähigkeit in ihrer Wiedergabe"; Seite 14: „Im ganzen erweisen sich dn, wo wir das meiste Kontrollmatertnl besitzen, die Erzählungen Buschs als geradezu auffallend zuver¬ lässig"; Seite 17: „Ich kann die Auszeichungen Buschs uur als kostbare Zeug- nisse" bezeichnen, die — unsre Anschauung durch eine Fülle frappanter Augenblicks¬ bilder bereichern und beleben. — Unter den Bismarckquellen, die wir bis jetzt be¬ sitzen, ist, wenigstens für die siebziger und achtziger Jahre, keine, die so viel Persönliches Leben ausströmte, wie diese," Wir haben zahlreiche Berichte andrer über Äußerungen Bismarcks; warum ist es denn einer gewissen Presse niemals beigekommen, an diese den strengsten Maßstab der Zuverlässigkeit zu legen, die doch bei vielen ohne Zweifel viel geringer ist? Warum ist sie nur über Busch so unbarmherzig hergefallen und hat sozusagen an ihm kein gutes Haar gelassen? Der Ursprung davon liegt gar nicht wesentlich in: Charakter des Autors, der ja manchen unsympathischen Zug haben mag, sondern vielmehr einerseits in dem Befremden ehrlicher Bewundrer des großen Staats¬ manns, die von manchem, was Busch vou ihm in seiner ungeschminkten Weise be¬ richtet, peinlich berührt wurden, andrerseits in dem Ärger einiger hochstehender Persönlichkeiten, die bei Busch „schlecht wegkommen." Sie empfanden deshalb und empfinden, wie es scheint, noch immer beide das Bedürfnis, die Glaubwürdigkeit der Tagebuchblätter im allgemeinen herabzusetzen. Beide vergessen dabei, daß der Kern des Buchs unter Fürst Bismarcks thätiger Beihilfe, die bis zum Lese» der Korrekturbogen ging, entstanden ist, und daß, wenn man Busch für einen Lumpen und „Parasiten" hält, man damit auch den Fürsten für einen sehr schlechten Menschenkenner oder für etwas Schlimmeres erklärt. Beide Quellen der Kritik oder vielmehr der Verurteilung der Tagebuchblätter sind vom historischen Stand¬ punkt aus, der in der Beurteilung Bismarcks natürlich mehr und mehr zur Gel¬ tung kommt, gleich unberechtigt, „Wer nicht mit männlicher Gelassenheit, sagt Erich Marcks Seite 17, init offnem Blick für alles Menschliche die Wirklichkeit dieses Wesens anzuschauen vermag, wer sich ihren Härten nur schwächlich zu entziehn oder sie (nur) feindselig auszubeuten weiß, der kommt für ehrliche historische Betrachtung überhaupt

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/531
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/531>, abgerufen am 01.07.2024.