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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Pancratms Lapitolinus

gewöhnlichen Sterblichen sah, wozu sich freilich selten Gelegenheit tot, da der Riese
fast nie ausging und den Verkehr mit andern Menschen nach Möglichkeit vermied.

Wenn es für "obbemeldten" Pancratius einen Lebenszweck gab, so war es
die Lösung des nicht ganz leichten Problems, wie seine geistige Bedeutung mit der
leiblichen in Einklang zu bringen sei. Denn das stand für ihn von jeher fest:
hatte das Schicksal ihn mit einem außerordentlichen Körper bedacht, so hatte es ihm
damit auch die Verpflichtung auferlegt, etwas Außerordentliches zu vollbringen. Es
konnte anch nicht in der Absicht der gütigen Mutter Natur liegen, mit dem denkbar
größten Aufwande von Material einen Koloß aufzubauen und ihn nach Ablauf der
einem Menschen vergönnten Lebensfrist thaten- und ruhmlos wieder vergehn zu
lassen. Wer als ein Herakles gehöre" wird, dessen warten auch ungewöhnliche
Arbeiten -- Arbeiten, die die Welt in Staunen sehen und ihrem Vollbringer einen
Platz im Tempel der Unsterblichkeit sichern. Heute freilich -- auch das verhehlte
sich Pancratius uicht -- war es mit körperlichen Arbeiten nicht gethan. Würde ihn
das Schicksal dazu berufen, eine große Aufgabe zu lösen, und daß dies einmal ge¬
schehn werde, war für Sackmann eine ausgemachte Thatsache, so wurde an deren
Lösung auch sein Geist mitzuwirken haben. Und weil er dessen gewiß war, so
hielt er es für seine Pflicht, besagten Geist nach besten: Vermögen zu schärfen und
zu bilden.

War es wirklich die Absicht des Schicksals gewesen, durch unsern Freund
Großes geschehn zu lassen, so hatte es sich selbst zuzuschreiben, wenn das Resultat
weit hinter seinen Erwartungen zurückblieb. Denn schwerer als ihm war es noch
keinem Menschen gemacht worden, außerordentliche Thaten zu vollführen. Ihn, der
schon in den ersten Augenblicken seines Daseins die Angehörigen und namentlich
die um das Bett der Mutter versammelten Gevatterinnen durch seine Größe in
Erstaunen gesetzt hatte, hatte man, noch ehe er den ersten Schrei nnsgestoßen hatte,
gleichsam als ein lebendes Vvtivgeschenk für den Himmel und seine Heiligen dem
geistlichen Stande bestimmt. Dieses Gelübde mußte erfüllt werden, ganz gleich,
ob Pancratius Neigung verspürte, deu ihm vorgezeichneten Lebensweg einzuschlagen,
oder nicht. Hätte man den ungewöhnlich kräftigen Knaben nach seiner eignen
Meinung gefragt, so würde er keinen Augenblick gezögert haben, sich für den mili¬
tärischen Beruf zu entscheiden, der in jenen kriegerischen Zeiten die besten Aussichten
für die Zukunft bot. Pancratius war in dem Eifeldorfe Dann geboren, das damals
mit Stolz auf die strategischen Großthaten seines berühmtesten Sohnes, des Grafen
Leopold Joseph Daun, sah. Es versteht sich von selbst, daß dieser, zumal seit er
bei Kolin und Hochkirch deu großen Gegner muss Haupt geschlagen hatte, den Geist
seines jungen Landsmanns im Wachen und Träumen beschäftigte. Hätte Pancratius
gewußt, daß auch der Feldmarschall in seiner Jngend für den geistlichen Stand
bestimmt gewesen war, aber mit entschlossener Hand den Priesterrock von sich ge¬
worfen hatte, wer weiß, ob ihm dies nicht als ein Wink des Himmels erschienen
wäre, dem Beispiele Dauns zu folgen. Hier hatte das Schicksal also schon etwas
versäumt.

Der Jüngling absolvierte wie tausend andre das Seminar und wurde durch
die Freigebigkeit eines wohlhabenden Verwandten in die Lage gesetzt, sich bei den
Jesuiten zu Ingolstadt tiefere Kenntnisse der Theologie und des kanonischen Rechts
zu erwerben, als sie die Durchschnittsgeistlichen jener Tage hatten. Nun mußte er
jedoch, als er wohlgewappnet mit dem Rüstzeuge der Gelehrsamkeit in die Heimat
zurückkehrte, die Erfahrung machen, daß die Wissenschaft, der er sechs Jahre seines
Lebens geopfert hatte, in der Achtung der Welt stark gesunken sei. Noch gebärdete
sich zwar die Theologie als Königin, aber an den Füßen ihres Thrones nagten
imnblässig feindliche Gewalten, und der Tag schien nicht mehr fern, wo sie und mit


Pancratms Lapitolinus

gewöhnlichen Sterblichen sah, wozu sich freilich selten Gelegenheit tot, da der Riese
fast nie ausging und den Verkehr mit andern Menschen nach Möglichkeit vermied.

Wenn es für „obbemeldten" Pancratius einen Lebenszweck gab, so war es
die Lösung des nicht ganz leichten Problems, wie seine geistige Bedeutung mit der
leiblichen in Einklang zu bringen sei. Denn das stand für ihn von jeher fest:
hatte das Schicksal ihn mit einem außerordentlichen Körper bedacht, so hatte es ihm
damit auch die Verpflichtung auferlegt, etwas Außerordentliches zu vollbringen. Es
konnte anch nicht in der Absicht der gütigen Mutter Natur liegen, mit dem denkbar
größten Aufwande von Material einen Koloß aufzubauen und ihn nach Ablauf der
einem Menschen vergönnten Lebensfrist thaten- und ruhmlos wieder vergehn zu
lassen. Wer als ein Herakles gehöre» wird, dessen warten auch ungewöhnliche
Arbeiten — Arbeiten, die die Welt in Staunen sehen und ihrem Vollbringer einen
Platz im Tempel der Unsterblichkeit sichern. Heute freilich — auch das verhehlte
sich Pancratius uicht — war es mit körperlichen Arbeiten nicht gethan. Würde ihn
das Schicksal dazu berufen, eine große Aufgabe zu lösen, und daß dies einmal ge¬
schehn werde, war für Sackmann eine ausgemachte Thatsache, so wurde an deren
Lösung auch sein Geist mitzuwirken haben. Und weil er dessen gewiß war, so
hielt er es für seine Pflicht, besagten Geist nach besten: Vermögen zu schärfen und
zu bilden.

War es wirklich die Absicht des Schicksals gewesen, durch unsern Freund
Großes geschehn zu lassen, so hatte es sich selbst zuzuschreiben, wenn das Resultat
weit hinter seinen Erwartungen zurückblieb. Denn schwerer als ihm war es noch
keinem Menschen gemacht worden, außerordentliche Thaten zu vollführen. Ihn, der
schon in den ersten Augenblicken seines Daseins die Angehörigen und namentlich
die um das Bett der Mutter versammelten Gevatterinnen durch seine Größe in
Erstaunen gesetzt hatte, hatte man, noch ehe er den ersten Schrei nnsgestoßen hatte,
gleichsam als ein lebendes Vvtivgeschenk für den Himmel und seine Heiligen dem
geistlichen Stande bestimmt. Dieses Gelübde mußte erfüllt werden, ganz gleich,
ob Pancratius Neigung verspürte, deu ihm vorgezeichneten Lebensweg einzuschlagen,
oder nicht. Hätte man den ungewöhnlich kräftigen Knaben nach seiner eignen
Meinung gefragt, so würde er keinen Augenblick gezögert haben, sich für den mili¬
tärischen Beruf zu entscheiden, der in jenen kriegerischen Zeiten die besten Aussichten
für die Zukunft bot. Pancratius war in dem Eifeldorfe Dann geboren, das damals
mit Stolz auf die strategischen Großthaten seines berühmtesten Sohnes, des Grafen
Leopold Joseph Daun, sah. Es versteht sich von selbst, daß dieser, zumal seit er
bei Kolin und Hochkirch deu großen Gegner muss Haupt geschlagen hatte, den Geist
seines jungen Landsmanns im Wachen und Träumen beschäftigte. Hätte Pancratius
gewußt, daß auch der Feldmarschall in seiner Jngend für den geistlichen Stand
bestimmt gewesen war, aber mit entschlossener Hand den Priesterrock von sich ge¬
worfen hatte, wer weiß, ob ihm dies nicht als ein Wink des Himmels erschienen
wäre, dem Beispiele Dauns zu folgen. Hier hatte das Schicksal also schon etwas
versäumt.

Der Jüngling absolvierte wie tausend andre das Seminar und wurde durch
die Freigebigkeit eines wohlhabenden Verwandten in die Lage gesetzt, sich bei den
Jesuiten zu Ingolstadt tiefere Kenntnisse der Theologie und des kanonischen Rechts
zu erwerben, als sie die Durchschnittsgeistlichen jener Tage hatten. Nun mußte er
jedoch, als er wohlgewappnet mit dem Rüstzeuge der Gelehrsamkeit in die Heimat
zurückkehrte, die Erfahrung machen, daß die Wissenschaft, der er sechs Jahre seines
Lebens geopfert hatte, in der Achtung der Welt stark gesunken sei. Noch gebärdete
sich zwar die Theologie als Königin, aber an den Füßen ihres Thrones nagten
imnblässig feindliche Gewalten, und der Tag schien nicht mehr fern, wo sie und mit


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[0380] Pancratms Lapitolinus gewöhnlichen Sterblichen sah, wozu sich freilich selten Gelegenheit tot, da der Riese fast nie ausging und den Verkehr mit andern Menschen nach Möglichkeit vermied. Wenn es für „obbemeldten" Pancratius einen Lebenszweck gab, so war es die Lösung des nicht ganz leichten Problems, wie seine geistige Bedeutung mit der leiblichen in Einklang zu bringen sei. Denn das stand für ihn von jeher fest: hatte das Schicksal ihn mit einem außerordentlichen Körper bedacht, so hatte es ihm damit auch die Verpflichtung auferlegt, etwas Außerordentliches zu vollbringen. Es konnte anch nicht in der Absicht der gütigen Mutter Natur liegen, mit dem denkbar größten Aufwande von Material einen Koloß aufzubauen und ihn nach Ablauf der einem Menschen vergönnten Lebensfrist thaten- und ruhmlos wieder vergehn zu lassen. Wer als ein Herakles gehöre» wird, dessen warten auch ungewöhnliche Arbeiten — Arbeiten, die die Welt in Staunen sehen und ihrem Vollbringer einen Platz im Tempel der Unsterblichkeit sichern. Heute freilich — auch das verhehlte sich Pancratius uicht — war es mit körperlichen Arbeiten nicht gethan. Würde ihn das Schicksal dazu berufen, eine große Aufgabe zu lösen, und daß dies einmal ge¬ schehn werde, war für Sackmann eine ausgemachte Thatsache, so wurde an deren Lösung auch sein Geist mitzuwirken haben. Und weil er dessen gewiß war, so hielt er es für seine Pflicht, besagten Geist nach besten: Vermögen zu schärfen und zu bilden. War es wirklich die Absicht des Schicksals gewesen, durch unsern Freund Großes geschehn zu lassen, so hatte es sich selbst zuzuschreiben, wenn das Resultat weit hinter seinen Erwartungen zurückblieb. Denn schwerer als ihm war es noch keinem Menschen gemacht worden, außerordentliche Thaten zu vollführen. Ihn, der schon in den ersten Augenblicken seines Daseins die Angehörigen und namentlich die um das Bett der Mutter versammelten Gevatterinnen durch seine Größe in Erstaunen gesetzt hatte, hatte man, noch ehe er den ersten Schrei nnsgestoßen hatte, gleichsam als ein lebendes Vvtivgeschenk für den Himmel und seine Heiligen dem geistlichen Stande bestimmt. Dieses Gelübde mußte erfüllt werden, ganz gleich, ob Pancratius Neigung verspürte, deu ihm vorgezeichneten Lebensweg einzuschlagen, oder nicht. Hätte man den ungewöhnlich kräftigen Knaben nach seiner eignen Meinung gefragt, so würde er keinen Augenblick gezögert haben, sich für den mili¬ tärischen Beruf zu entscheiden, der in jenen kriegerischen Zeiten die besten Aussichten für die Zukunft bot. Pancratius war in dem Eifeldorfe Dann geboren, das damals mit Stolz auf die strategischen Großthaten seines berühmtesten Sohnes, des Grafen Leopold Joseph Daun, sah. Es versteht sich von selbst, daß dieser, zumal seit er bei Kolin und Hochkirch deu großen Gegner muss Haupt geschlagen hatte, den Geist seines jungen Landsmanns im Wachen und Träumen beschäftigte. Hätte Pancratius gewußt, daß auch der Feldmarschall in seiner Jngend für den geistlichen Stand bestimmt gewesen war, aber mit entschlossener Hand den Priesterrock von sich ge¬ worfen hatte, wer weiß, ob ihm dies nicht als ein Wink des Himmels erschienen wäre, dem Beispiele Dauns zu folgen. Hier hatte das Schicksal also schon etwas versäumt. Der Jüngling absolvierte wie tausend andre das Seminar und wurde durch die Freigebigkeit eines wohlhabenden Verwandten in die Lage gesetzt, sich bei den Jesuiten zu Ingolstadt tiefere Kenntnisse der Theologie und des kanonischen Rechts zu erwerben, als sie die Durchschnittsgeistlichen jener Tage hatten. Nun mußte er jedoch, als er wohlgewappnet mit dem Rüstzeuge der Gelehrsamkeit in die Heimat zurückkehrte, die Erfahrung machen, daß die Wissenschaft, der er sechs Jahre seines Lebens geopfert hatte, in der Achtung der Welt stark gesunken sei. Noch gebärdete sich zwar die Theologie als Königin, aber an den Füßen ihres Thrones nagten imnblässig feindliche Gewalten, und der Tag schien nicht mehr fern, wo sie und mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/380>, abgerufen am 01.07.2024.