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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Recht viel Schlimmes gesagt. Der landwirtschaftlichen Bodenspekulation wird
kaum mehr gedacht, obgleich sie den Notstand im Osten ganz wesentlich mit
verschuldet hat. Überall wird, so scheint es, Wahres und Falsches durch¬
einander gemischt, die Unbefangenheit des Urteils durch Vorurteile getrübt.
Das kann wohl in den doktrinären Vorbereitungsstadien großer praktischer
Reformen nie ganz vermieden werden, und es braucht nicht zu tragisch ge¬
nommen zu werden. Aber vor der endgültigen Festlegung solcher Reformen für
lange Zeit hinaus ist Klärung nötig. Vorher würde man sich besser mit
Palliativen und symptomatischer Behandlung im einzelnen begnügen, ohne sich
den Weg zu verlegen und unter steter Beachtung des rum novers. Die
"ationalokonomische und soziologische Litteratur der jüngsten Zeit hat eine
Reihe von Arbeiten über Wohnnngs- und Bodenpolitik zu Markte gebracht.
Darunter einige von hohem Interesse und Wert. An ihrer Hand soll von
dem in diesem Artikel deutlich gewordnen Standpunkt aus die Frage im ein¬
/? zelnen noch etwas eingehender besprochen werden.

(Fortsetzung folgt)




Die römische Kaisergeschichte im Lehrplan
des Gymnasiums
von Johannes Rreutzer

er königliche Erlaß vom 26. November 1900, der der gegen¬
wärtigen, ihrem Abschluß nahen Reform des preußischen höhern
Schulwesens Ziel und Richtung gab, wies darauf hin, daß einige
wichtige Abschnitte der alten Geschichte mehr gewürdigt werden
sollten, eine Mahnung, deren Spitze vor allem wohl gegen die
bisherige Behandlung der römischen Kaiserzeit gerichtet war. Wenn und
soweit hier ein Verschulden vorliegt, darf man die demnächst ganz oder zum
Teil außer Kurs tretenden Lehrpläne von 1892 nicht verantwortlich machen,
denn an diesem Punkt erweisen sich die oft getadelten gegen alle Vorwürfe
gedeckt. Sowohl auf der untern wie auf der obern Stufe haben sie eine aus¬
reichende Behandlung des Gegenstands vorgesehen: auf der untern, wo das
Pensum der Quarta mit dem Tode des Augustus schließt, bestimmen sie für
Untertertia einen "kurzen Überblick über die weströmische Kaisergeschichte" als
Einleitung in die mittelalterliche Geschichte -- mit gutem Bedacht, weil auf
dieser Stufe aus der Kaiserzeit nur das hervorgehoben werden kann, was mit
den Anfängen der deutschen Geschichte zusammenhängt; im obern Kursus legen
sie die römische Geschichte "bis zum Untergang des weströmischen Kaisertums"


Recht viel Schlimmes gesagt. Der landwirtschaftlichen Bodenspekulation wird
kaum mehr gedacht, obgleich sie den Notstand im Osten ganz wesentlich mit
verschuldet hat. Überall wird, so scheint es, Wahres und Falsches durch¬
einander gemischt, die Unbefangenheit des Urteils durch Vorurteile getrübt.
Das kann wohl in den doktrinären Vorbereitungsstadien großer praktischer
Reformen nie ganz vermieden werden, und es braucht nicht zu tragisch ge¬
nommen zu werden. Aber vor der endgültigen Festlegung solcher Reformen für
lange Zeit hinaus ist Klärung nötig. Vorher würde man sich besser mit
Palliativen und symptomatischer Behandlung im einzelnen begnügen, ohne sich
den Weg zu verlegen und unter steter Beachtung des rum novers. Die
»ationalokonomische und soziologische Litteratur der jüngsten Zeit hat eine
Reihe von Arbeiten über Wohnnngs- und Bodenpolitik zu Markte gebracht.
Darunter einige von hohem Interesse und Wert. An ihrer Hand soll von
dem in diesem Artikel deutlich gewordnen Standpunkt aus die Frage im ein¬
/? zelnen noch etwas eingehender besprochen werden.

(Fortsetzung folgt)




Die römische Kaisergeschichte im Lehrplan
des Gymnasiums
von Johannes Rreutzer

er königliche Erlaß vom 26. November 1900, der der gegen¬
wärtigen, ihrem Abschluß nahen Reform des preußischen höhern
Schulwesens Ziel und Richtung gab, wies darauf hin, daß einige
wichtige Abschnitte der alten Geschichte mehr gewürdigt werden
sollten, eine Mahnung, deren Spitze vor allem wohl gegen die
bisherige Behandlung der römischen Kaiserzeit gerichtet war. Wenn und
soweit hier ein Verschulden vorliegt, darf man die demnächst ganz oder zum
Teil außer Kurs tretenden Lehrpläne von 1892 nicht verantwortlich machen,
denn an diesem Punkt erweisen sich die oft getadelten gegen alle Vorwürfe
gedeckt. Sowohl auf der untern wie auf der obern Stufe haben sie eine aus¬
reichende Behandlung des Gegenstands vorgesehen: auf der untern, wo das
Pensum der Quarta mit dem Tode des Augustus schließt, bestimmen sie für
Untertertia einen „kurzen Überblick über die weströmische Kaisergeschichte" als
Einleitung in die mittelalterliche Geschichte — mit gutem Bedacht, weil auf
dieser Stufe aus der Kaiserzeit nur das hervorgehoben werden kann, was mit
den Anfängen der deutschen Geschichte zusammenhängt; im obern Kursus legen
sie die römische Geschichte „bis zum Untergang des weströmischen Kaisertums"


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[0266] Recht viel Schlimmes gesagt. Der landwirtschaftlichen Bodenspekulation wird kaum mehr gedacht, obgleich sie den Notstand im Osten ganz wesentlich mit verschuldet hat. Überall wird, so scheint es, Wahres und Falsches durch¬ einander gemischt, die Unbefangenheit des Urteils durch Vorurteile getrübt. Das kann wohl in den doktrinären Vorbereitungsstadien großer praktischer Reformen nie ganz vermieden werden, und es braucht nicht zu tragisch ge¬ nommen zu werden. Aber vor der endgültigen Festlegung solcher Reformen für lange Zeit hinaus ist Klärung nötig. Vorher würde man sich besser mit Palliativen und symptomatischer Behandlung im einzelnen begnügen, ohne sich den Weg zu verlegen und unter steter Beachtung des rum novers. Die »ationalokonomische und soziologische Litteratur der jüngsten Zeit hat eine Reihe von Arbeiten über Wohnnngs- und Bodenpolitik zu Markte gebracht. Darunter einige von hohem Interesse und Wert. An ihrer Hand soll von dem in diesem Artikel deutlich gewordnen Standpunkt aus die Frage im ein¬ /? zelnen noch etwas eingehender besprochen werden. (Fortsetzung folgt) Die römische Kaisergeschichte im Lehrplan des Gymnasiums von Johannes Rreutzer er königliche Erlaß vom 26. November 1900, der der gegen¬ wärtigen, ihrem Abschluß nahen Reform des preußischen höhern Schulwesens Ziel und Richtung gab, wies darauf hin, daß einige wichtige Abschnitte der alten Geschichte mehr gewürdigt werden sollten, eine Mahnung, deren Spitze vor allem wohl gegen die bisherige Behandlung der römischen Kaiserzeit gerichtet war. Wenn und soweit hier ein Verschulden vorliegt, darf man die demnächst ganz oder zum Teil außer Kurs tretenden Lehrpläne von 1892 nicht verantwortlich machen, denn an diesem Punkt erweisen sich die oft getadelten gegen alle Vorwürfe gedeckt. Sowohl auf der untern wie auf der obern Stufe haben sie eine aus¬ reichende Behandlung des Gegenstands vorgesehen: auf der untern, wo das Pensum der Quarta mit dem Tode des Augustus schließt, bestimmen sie für Untertertia einen „kurzen Überblick über die weströmische Kaisergeschichte" als Einleitung in die mittelalterliche Geschichte — mit gutem Bedacht, weil auf dieser Stufe aus der Kaiserzeit nur das hervorgehoben werden kann, was mit den Anfängen der deutschen Geschichte zusammenhängt; im obern Kursus legen sie die römische Geschichte „bis zum Untergang des weströmischen Kaisertums"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/266>, abgerufen am 22.07.2024.