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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Minimalzölle im Generaltaris

W
nunc>n der Thronrede vom 14. Dezember wurde die Hoffnung aus¬
gesprochen, das; der Entwurf des neuen Zolltarifgesetzes noch im
Laufe des Winters dem Bundesrat werde zugehn können. Das
Frühjahr ist da, aber der Entwurf ist noch nicht beim Bundes¬
rat. Wenn das Verlangen nach gesetzlicher Festlegung von Mi-
für die landwirtschaftlichen Produkte im Generaltarif, wie es die
Agrarier mit großem Ungestüm in der Öffentlichkeit und Wohl auch hinter den
Thüren der Beratungszimmer im Reichsamt des Innern erhoben haben, nicht
in Frage gekommen wäre, würden die Herren Bnndesratsmitglieder wohl schon
die Osterferien zum Studium des Entwurfs haben benutzen können. Wir wissen
freilich nicht, ob man bei der Abfassung der Thronrede schon mit der Auf¬
nahme von Miuimalzölleu gerechnet hat, jedenfalls aber mußte der Tarif¬
entwurf zu einer sehr viel schwierigern und langwierigem Arbeit werden, wenn
man sich über die Abmessung von Mindestsätze!, der Agrarzölle, unter die bei
den zukünftigen Haudelsvertragsverhandlungcn nicht heruntergegangen werden
darf, jetzt schon schlüssig macheu mußte, als wenn man sich vorläufig damit
hätte begnügen können, in den Generaltarif verhältnismäßig hohe Agrarzölle
aufzunehmen, die dann je nach den uns vom Ausland gewährten Zoll¬
begünstigungen und je nach dem Stande des Schntzbedürfnisses unsrer Land¬
wirtschaft in den Verträgen herabzusetzeii gewesen wären. Die Frage, ob
Miuimalzölle oder nicht, konnte natürlich nicht beantwortet werden, wenn man
nicht zugleich die zweite Frage beantwortete, wie hoch sie festzulegen seien.
Schon indem die Agrarier die Regierung veranlaßten, die erste Frage überhaupt
zu erwägen, haben sie die Frage nach der Höhe der vom 1. Januar 1904 ab
notwendigen Agrarzölle, unter denen die Getreidezölle und unter diesen wieder
die Zölle auf Brodgetreide die wichtigsten sind, in deu Vordergrund der Dis¬
kussion geschoben und dadurch ganz wesentlich dazu beigetragen, daß die Vor¬
lage nicht eher an den Bundesrat und an deu Reichstag gekommen ist. Also


Grenze'oder II 1901 13


Minimalzölle im Generaltaris

W
nunc>n der Thronrede vom 14. Dezember wurde die Hoffnung aus¬
gesprochen, das; der Entwurf des neuen Zolltarifgesetzes noch im
Laufe des Winters dem Bundesrat werde zugehn können. Das
Frühjahr ist da, aber der Entwurf ist noch nicht beim Bundes¬
rat. Wenn das Verlangen nach gesetzlicher Festlegung von Mi-
für die landwirtschaftlichen Produkte im Generaltarif, wie es die
Agrarier mit großem Ungestüm in der Öffentlichkeit und Wohl auch hinter den
Thüren der Beratungszimmer im Reichsamt des Innern erhoben haben, nicht
in Frage gekommen wäre, würden die Herren Bnndesratsmitglieder wohl schon
die Osterferien zum Studium des Entwurfs haben benutzen können. Wir wissen
freilich nicht, ob man bei der Abfassung der Thronrede schon mit der Auf¬
nahme von Miuimalzölleu gerechnet hat, jedenfalls aber mußte der Tarif¬
entwurf zu einer sehr viel schwierigern und langwierigem Arbeit werden, wenn
man sich über die Abmessung von Mindestsätze!, der Agrarzölle, unter die bei
den zukünftigen Haudelsvertragsverhandlungcn nicht heruntergegangen werden
darf, jetzt schon schlüssig macheu mußte, als wenn man sich vorläufig damit
hätte begnügen können, in den Generaltarif verhältnismäßig hohe Agrarzölle
aufzunehmen, die dann je nach den uns vom Ausland gewährten Zoll¬
begünstigungen und je nach dem Stande des Schntzbedürfnisses unsrer Land¬
wirtschaft in den Verträgen herabzusetzeii gewesen wären. Die Frage, ob
Miuimalzölle oder nicht, konnte natürlich nicht beantwortet werden, wenn man
nicht zugleich die zweite Frage beantwortete, wie hoch sie festzulegen seien.
Schon indem die Agrarier die Regierung veranlaßten, die erste Frage überhaupt
zu erwägen, haben sie die Frage nach der Höhe der vom 1. Januar 1904 ab
notwendigen Agrarzölle, unter denen die Getreidezölle und unter diesen wieder
die Zölle auf Brodgetreide die wichtigsten sind, in deu Vordergrund der Dis¬
kussion geschoben und dadurch ganz wesentlich dazu beigetragen, daß die Vor¬
lage nicht eher an den Bundesrat und an deu Reichstag gekommen ist. Also


Grenze'oder II 1901 13
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[0105] [Abbildung] Minimalzölle im Generaltaris W nunc>n der Thronrede vom 14. Dezember wurde die Hoffnung aus¬ gesprochen, das; der Entwurf des neuen Zolltarifgesetzes noch im Laufe des Winters dem Bundesrat werde zugehn können. Das Frühjahr ist da, aber der Entwurf ist noch nicht beim Bundes¬ rat. Wenn das Verlangen nach gesetzlicher Festlegung von Mi- für die landwirtschaftlichen Produkte im Generaltarif, wie es die Agrarier mit großem Ungestüm in der Öffentlichkeit und Wohl auch hinter den Thüren der Beratungszimmer im Reichsamt des Innern erhoben haben, nicht in Frage gekommen wäre, würden die Herren Bnndesratsmitglieder wohl schon die Osterferien zum Studium des Entwurfs haben benutzen können. Wir wissen freilich nicht, ob man bei der Abfassung der Thronrede schon mit der Auf¬ nahme von Miuimalzölleu gerechnet hat, jedenfalls aber mußte der Tarif¬ entwurf zu einer sehr viel schwierigern und langwierigem Arbeit werden, wenn man sich über die Abmessung von Mindestsätze!, der Agrarzölle, unter die bei den zukünftigen Haudelsvertragsverhandlungcn nicht heruntergegangen werden darf, jetzt schon schlüssig macheu mußte, als wenn man sich vorläufig damit hätte begnügen können, in den Generaltarif verhältnismäßig hohe Agrarzölle aufzunehmen, die dann je nach den uns vom Ausland gewährten Zoll¬ begünstigungen und je nach dem Stande des Schntzbedürfnisses unsrer Land¬ wirtschaft in den Verträgen herabzusetzeii gewesen wären. Die Frage, ob Miuimalzölle oder nicht, konnte natürlich nicht beantwortet werden, wenn man nicht zugleich die zweite Frage beantwortete, wie hoch sie festzulegen seien. Schon indem die Agrarier die Regierung veranlaßten, die erste Frage überhaupt zu erwägen, haben sie die Frage nach der Höhe der vom 1. Januar 1904 ab notwendigen Agrarzölle, unter denen die Getreidezölle und unter diesen wieder die Zölle auf Brodgetreide die wichtigsten sind, in deu Vordergrund der Dis¬ kussion geschoben und dadurch ganz wesentlich dazu beigetragen, daß die Vor¬ lage nicht eher an den Bundesrat und an deu Reichstag gekommen ist. Also Grenze'oder II 1901 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/105>, abgerufen am 03.07.2024.