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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, dnrch meine aus räumlichen
Gründen ziemlich skizzenhaft gehaltnen Schilderungen bei dem einen oder dem
andern Leser die Lust zu wecken, im kommenden Sommer selbst einmal mit
Rucksack und Stab in die Eifel zu pilgern. Illustrationen würden mich ohne
Zweifel in meinem Bestreben wirksam unterstützt haben. Da ich solche jedoch
meinen Ausführungen nicht beigeben konnte, so möchte ich wenigstens nicht
unterlassen, auf eine von Adolf Doue'e bearbeitete, im Verlage von Heinrich
Stephanus in Trier erschienene Ansichtensammlung "Bilder aus der Eifel"
hinzuweisen. Dieses Büchlein dürfte meine Aufsätze auf das beste ergänzen,
um so mehr, als es noch eine ganze Reihe sehenswerter Punkte in Wort lind
Bild behandelt, deren Besuch und Beschreibung ich mir versagen mußte.

Aber das eine weiß ich gewiß: wer meinem Rufe "Auf in die Eifel!"
Folge leistet, der wird nach frohen Wandertagen als ein Freund des schöne"
Landes in die Heimat zurückkehren!




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Byzantinische Spruchweisheit.

In Deutschland ist in dem letzten Jahr¬
zehnt ein neuer Zweig der Philologie, die mittelgriechische, die die Litteratur des
tausendjährigen byzantinischen Reiches behandelt, zu hoher Blüte gekommen. Und
zwar verdankt die Wissenschaft des Mittelgriechischen ihr Aufblühen und Deutschland
seiue hervorragende Stellung darin hauptsächlich der umfassenden Thätigkeit eines
einzigen Mannes, des Münchner Byzantinisten Karl Krumbacher. Für die Geschichte
und die Kulturgeschichte des großen Reiches, das am Bosporus herrschte, arbeitet
dem Philologen der Jenenser Heinrich Gelzer in die Hände. Die byzantinische
Kunstgeschichte hat in dem Grazer I. Strzygowski einen trefflichen Vertreter. Jetzt
kommt auch das Ausland nach. Paris hat einen Lehrstuhl für byzantinische Litteratur
und Philologie erhalten; in byzantinischer Kunst- und Kulturgeschichte, für die man jetzt
ein eignes Museum in Paris eröffnet hat, hat Schlumberger schon lange Tüchtiges ge¬
leistet, und auch England fängt an sich zu regen, das sogar in dem einzigen Zweige
der byzantinischen Kulturwissenschaften, der seit fast tausend Jahren in den andern
europäischen Kulturländern geherrscht hatte, in der Jurisprudenz, zurückgeblieben
war (man vergleiche die Rede von Frederic Harrison Ly/^nemo Ilistoi^ in Uio Hin-I^
Uläctlo ^Kss, London 1900). Für die Wissenschaft des -- ob zum Vorteil des Rechts
als Wissenschaft, wird erst die Zeit entscheiden -- in Deutschland nunmehr so sehr
in den Hintergrund gedrängten, wenn auch auf römischer Grundlage beruhenden,
so doch am Bosporus kodifizierte" OorpuZ -Juris und der ebenbürtigen Basiliken
fängt ma" jetzt in England an, Interesse zu erwecken; das Land der praktischsten
Jurisprudenz beginnt um Ende noch, an der bisher Deutschland gehörenden wissen¬
schaftlichsten Geschmack zu finden. -- Und selbstverständlich hat die ganze byzan¬
tinische Wissenschaft auch in dem Lande eine Stätte gefunden, das sich als den
Erben des byzantinischen Reichs gcriert: Rußland leistet Bedeutendes, und die
Balkanstnaten, die Provinzen des ehemaligen oströmischen Reiches einnehmen, suchen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, dnrch meine aus räumlichen
Gründen ziemlich skizzenhaft gehaltnen Schilderungen bei dem einen oder dem
andern Leser die Lust zu wecken, im kommenden Sommer selbst einmal mit
Rucksack und Stab in die Eifel zu pilgern. Illustrationen würden mich ohne
Zweifel in meinem Bestreben wirksam unterstützt haben. Da ich solche jedoch
meinen Ausführungen nicht beigeben konnte, so möchte ich wenigstens nicht
unterlassen, auf eine von Adolf Doue'e bearbeitete, im Verlage von Heinrich
Stephanus in Trier erschienene Ansichtensammlung „Bilder aus der Eifel"
hinzuweisen. Dieses Büchlein dürfte meine Aufsätze auf das beste ergänzen,
um so mehr, als es noch eine ganze Reihe sehenswerter Punkte in Wort lind
Bild behandelt, deren Besuch und Beschreibung ich mir versagen mußte.

Aber das eine weiß ich gewiß: wer meinem Rufe „Auf in die Eifel!"
Folge leistet, der wird nach frohen Wandertagen als ein Freund des schöne»
Landes in die Heimat zurückkehren!




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Byzantinische Spruchweisheit.

In Deutschland ist in dem letzten Jahr¬
zehnt ein neuer Zweig der Philologie, die mittelgriechische, die die Litteratur des
tausendjährigen byzantinischen Reiches behandelt, zu hoher Blüte gekommen. Und
zwar verdankt die Wissenschaft des Mittelgriechischen ihr Aufblühen und Deutschland
seiue hervorragende Stellung darin hauptsächlich der umfassenden Thätigkeit eines
einzigen Mannes, des Münchner Byzantinisten Karl Krumbacher. Für die Geschichte
und die Kulturgeschichte des großen Reiches, das am Bosporus herrschte, arbeitet
dem Philologen der Jenenser Heinrich Gelzer in die Hände. Die byzantinische
Kunstgeschichte hat in dem Grazer I. Strzygowski einen trefflichen Vertreter. Jetzt
kommt auch das Ausland nach. Paris hat einen Lehrstuhl für byzantinische Litteratur
und Philologie erhalten; in byzantinischer Kunst- und Kulturgeschichte, für die man jetzt
ein eignes Museum in Paris eröffnet hat, hat Schlumberger schon lange Tüchtiges ge¬
leistet, und auch England fängt an sich zu regen, das sogar in dem einzigen Zweige
der byzantinischen Kulturwissenschaften, der seit fast tausend Jahren in den andern
europäischen Kulturländern geherrscht hatte, in der Jurisprudenz, zurückgeblieben
war (man vergleiche die Rede von Frederic Harrison Ly/^nemo Ilistoi^ in Uio Hin-I^
Uläctlo ^Kss, London 1900). Für die Wissenschaft des — ob zum Vorteil des Rechts
als Wissenschaft, wird erst die Zeit entscheiden — in Deutschland nunmehr so sehr
in den Hintergrund gedrängten, wenn auch auf römischer Grundlage beruhenden,
so doch am Bosporus kodifizierte» OorpuZ -Juris und der ebenbürtigen Basiliken
fängt ma» jetzt in England an, Interesse zu erwecken; das Land der praktischsten
Jurisprudenz beginnt um Ende noch, an der bisher Deutschland gehörenden wissen¬
schaftlichsten Geschmack zu finden. — Und selbstverständlich hat die ganze byzan¬
tinische Wissenschaft auch in dem Lande eine Stätte gefunden, das sich als den
Erben des byzantinischen Reichs gcriert: Rußland leistet Bedeutendes, und die
Balkanstnaten, die Provinzen des ehemaligen oströmischen Reiches einnehmen, suchen


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[0586] Maßgebliches und Unmaßgebliches Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, dnrch meine aus räumlichen Gründen ziemlich skizzenhaft gehaltnen Schilderungen bei dem einen oder dem andern Leser die Lust zu wecken, im kommenden Sommer selbst einmal mit Rucksack und Stab in die Eifel zu pilgern. Illustrationen würden mich ohne Zweifel in meinem Bestreben wirksam unterstützt haben. Da ich solche jedoch meinen Ausführungen nicht beigeben konnte, so möchte ich wenigstens nicht unterlassen, auf eine von Adolf Doue'e bearbeitete, im Verlage von Heinrich Stephanus in Trier erschienene Ansichtensammlung „Bilder aus der Eifel" hinzuweisen. Dieses Büchlein dürfte meine Aufsätze auf das beste ergänzen, um so mehr, als es noch eine ganze Reihe sehenswerter Punkte in Wort lind Bild behandelt, deren Besuch und Beschreibung ich mir versagen mußte. Aber das eine weiß ich gewiß: wer meinem Rufe „Auf in die Eifel!" Folge leistet, der wird nach frohen Wandertagen als ein Freund des schöne» Landes in die Heimat zurückkehren! Maßgebliches und Unmaßgebliches Byzantinische Spruchweisheit. In Deutschland ist in dem letzten Jahr¬ zehnt ein neuer Zweig der Philologie, die mittelgriechische, die die Litteratur des tausendjährigen byzantinischen Reiches behandelt, zu hoher Blüte gekommen. Und zwar verdankt die Wissenschaft des Mittelgriechischen ihr Aufblühen und Deutschland seiue hervorragende Stellung darin hauptsächlich der umfassenden Thätigkeit eines einzigen Mannes, des Münchner Byzantinisten Karl Krumbacher. Für die Geschichte und die Kulturgeschichte des großen Reiches, das am Bosporus herrschte, arbeitet dem Philologen der Jenenser Heinrich Gelzer in die Hände. Die byzantinische Kunstgeschichte hat in dem Grazer I. Strzygowski einen trefflichen Vertreter. Jetzt kommt auch das Ausland nach. Paris hat einen Lehrstuhl für byzantinische Litteratur und Philologie erhalten; in byzantinischer Kunst- und Kulturgeschichte, für die man jetzt ein eignes Museum in Paris eröffnet hat, hat Schlumberger schon lange Tüchtiges ge¬ leistet, und auch England fängt an sich zu regen, das sogar in dem einzigen Zweige der byzantinischen Kulturwissenschaften, der seit fast tausend Jahren in den andern europäischen Kulturländern geherrscht hatte, in der Jurisprudenz, zurückgeblieben war (man vergleiche die Rede von Frederic Harrison Ly/^nemo Ilistoi^ in Uio Hin-I^ Uläctlo ^Kss, London 1900). Für die Wissenschaft des — ob zum Vorteil des Rechts als Wissenschaft, wird erst die Zeit entscheiden — in Deutschland nunmehr so sehr in den Hintergrund gedrängten, wenn auch auf römischer Grundlage beruhenden, so doch am Bosporus kodifizierte» OorpuZ -Juris und der ebenbürtigen Basiliken fängt ma» jetzt in England an, Interesse zu erwecken; das Land der praktischsten Jurisprudenz beginnt um Ende noch, an der bisher Deutschland gehörenden wissen¬ schaftlichsten Geschmack zu finden. — Und selbstverständlich hat die ganze byzan¬ tinische Wissenschaft auch in dem Lande eine Stätte gefunden, das sich als den Erben des byzantinischen Reichs gcriert: Rußland leistet Bedeutendes, und die Balkanstnaten, die Provinzen des ehemaligen oströmischen Reiches einnehmen, suchen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/586>, abgerufen am 22.06.2024.