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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die Sicherung der Bauforderungeil

werter zu schürr geeignet sei. Aber die Sache ist bis jetzt noch leinen Schutt
weiter gekommen. Zwar sind 1895 im preußischen Justiznmnsterunn fünf ver-
schiedne Gesetzentwürfe aufgestellt worden, in denen der Versuch gemacht wurde,
den Klagen der Baugläubiger vorwiegend ans dem Gebiete des dinglichen
Rechts abzuhelfen; gegen diese Entwürfe wurden jedoch von mehreren Seiten
große Bedenken erhoben, sodaß sie wohl als abgethan angesehen werden können.
Es wird hierbei Bezug qeuommeu aus einen Aufsatz zum Schutz der Bauhand¬
werker in den Grenzboten IV 1895 Seite 461 bis 471, Demnächst sind auf Ver¬
anlassung des königlich preußischen Staatsministeriums von einer Kommission,
.die aus Vertretern der beteiligten Ministerien, sowie des Reichsamts des Innern
und des Reichsjustizamts besteht, die Entwürfe eines Reichsgesetzes über die
Sicherung der Baufvrderungeu und eines preußischen Ausfühnmgsgesetzes aus¬
gearbeitet und mittels einer 1897 im N. von Deckersche" Verlage erschienenen
amtlichen Druckschrift zu allgemeiner Kenntnis gebracht und der öffentlichen
Kritik unterbreitet worden.

Aber auch gegen diese Entwürfe, zu denen das preußische Staatömimsterium
selbst noch keine Stellung genommen hat, sind so gewichtige Erinnerungen ein¬
gegangen, daß sie laut eiuer vou dem Staatssekretär des Reichsjustizamts in
der Sitzung des Reichstags am 21. Februar 1899 auf eine Anfrage des Ab¬
geordneten Bassermann abgegebnen Erklärung uicht gehalten werden könnten
und deshalb ein neuer Entwurf gefertigt werden solle. Am 4. Februar d. I.
hat sodann derselbe Staatssekretär auf eine erneute Anfrage des Abgeordneten
Bassermann mitgeteilt, daß die mit der Ausarbeitung eines neuen Gesetzentwurfs
betraute Kommission in ihren Entschließungen nicht vollständig einig geworden
sei; eine Majorität dieser Kommission habe einen Entwurf aufgestellt, von dem
sie Abhilfe der bestehenden Nbelstünde erwarte, wogegen eine Minorität diesem
Standpunkt entgegen getreten sei und ihre Auffassung in einem andern Gesetz¬
entwurf niedergelegt habe. Zur Zeit liege die Sache bei der königlich preußischen
Regierung.

Da nun nicht allein über die Art der gesetzlichen Sicherung der Bau-
forderungen, sondern auch über die Notwendigkeit einer solchen Sicherung über¬
haupt die Meinungen weit auseinandergehn, so dürfte es bei der Verhandlung
des Antrags Bassermann vor allem darauf ankommen, den Nachweis zu führen,
daß sich die Zustände im Baugewerbe inzwischen nicht gebessert habe, vielmehr
der Banschwindel nach wie vor weiter betrieben werde. Dieser Nachweis ist um
so notwendiger, als in neuerer Zeit über solche Vorgänge nichts Zuverlässiges
öffentlich bekannt geworden ist und deshalb die frühere Berufung ans Notorietät,
wie solche auch uur die oben erwähnte amtliche Druckschrift Seite 8 enthalt,
nicht ferner ausreichend erscheint. An diesen Nachweis dürfte sich dann die
Frage anschließen, ob das zur Zeit geltende Gesetz zur Verhinderung der Be¬
nachteiligung der Bangläubiger ausreichend sei. Die Beantwortung dieser
Frage ist vorwiegend rechtlicher Natur, weshalb es nicht vorzeitig sein dürfte,
sie schon jetzt einer Erörterung zu unterziehn.


Die Sicherung der Bauforderungeil

werter zu schürr geeignet sei. Aber die Sache ist bis jetzt noch leinen Schutt
weiter gekommen. Zwar sind 1895 im preußischen Justiznmnsterunn fünf ver-
schiedne Gesetzentwürfe aufgestellt worden, in denen der Versuch gemacht wurde,
den Klagen der Baugläubiger vorwiegend ans dem Gebiete des dinglichen
Rechts abzuhelfen; gegen diese Entwürfe wurden jedoch von mehreren Seiten
große Bedenken erhoben, sodaß sie wohl als abgethan angesehen werden können.
Es wird hierbei Bezug qeuommeu aus einen Aufsatz zum Schutz der Bauhand¬
werker in den Grenzboten IV 1895 Seite 461 bis 471, Demnächst sind auf Ver¬
anlassung des königlich preußischen Staatsministeriums von einer Kommission,
.die aus Vertretern der beteiligten Ministerien, sowie des Reichsamts des Innern
und des Reichsjustizamts besteht, die Entwürfe eines Reichsgesetzes über die
Sicherung der Baufvrderungeu und eines preußischen Ausfühnmgsgesetzes aus¬
gearbeitet und mittels einer 1897 im N. von Deckersche» Verlage erschienenen
amtlichen Druckschrift zu allgemeiner Kenntnis gebracht und der öffentlichen
Kritik unterbreitet worden.

Aber auch gegen diese Entwürfe, zu denen das preußische Staatömimsterium
selbst noch keine Stellung genommen hat, sind so gewichtige Erinnerungen ein¬
gegangen, daß sie laut eiuer vou dem Staatssekretär des Reichsjustizamts in
der Sitzung des Reichstags am 21. Februar 1899 auf eine Anfrage des Ab¬
geordneten Bassermann abgegebnen Erklärung uicht gehalten werden könnten
und deshalb ein neuer Entwurf gefertigt werden solle. Am 4. Februar d. I.
hat sodann derselbe Staatssekretär auf eine erneute Anfrage des Abgeordneten
Bassermann mitgeteilt, daß die mit der Ausarbeitung eines neuen Gesetzentwurfs
betraute Kommission in ihren Entschließungen nicht vollständig einig geworden
sei; eine Majorität dieser Kommission habe einen Entwurf aufgestellt, von dem
sie Abhilfe der bestehenden Nbelstünde erwarte, wogegen eine Minorität diesem
Standpunkt entgegen getreten sei und ihre Auffassung in einem andern Gesetz¬
entwurf niedergelegt habe. Zur Zeit liege die Sache bei der königlich preußischen
Regierung.

Da nun nicht allein über die Art der gesetzlichen Sicherung der Bau-
forderungen, sondern auch über die Notwendigkeit einer solchen Sicherung über¬
haupt die Meinungen weit auseinandergehn, so dürfte es bei der Verhandlung
des Antrags Bassermann vor allem darauf ankommen, den Nachweis zu führen,
daß sich die Zustände im Baugewerbe inzwischen nicht gebessert habe, vielmehr
der Banschwindel nach wie vor weiter betrieben werde. Dieser Nachweis ist um
so notwendiger, als in neuerer Zeit über solche Vorgänge nichts Zuverlässiges
öffentlich bekannt geworden ist und deshalb die frühere Berufung ans Notorietät,
wie solche auch uur die oben erwähnte amtliche Druckschrift Seite 8 enthalt,
nicht ferner ausreichend erscheint. An diesen Nachweis dürfte sich dann die
Frage anschließen, ob das zur Zeit geltende Gesetz zur Verhinderung der Be¬
nachteiligung der Bangläubiger ausreichend sei. Die Beantwortung dieser
Frage ist vorwiegend rechtlicher Natur, weshalb es nicht vorzeitig sein dürfte,
sie schon jetzt einer Erörterung zu unterziehn.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/419>, abgerufen am 27.06.2024.