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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Erlebnisse eines achtjährigen Jungen

mittelbar vor einem der Thore das sogenannte Stadtgnt, ein Grundstück, das außer
einem ziemlich herrschaftlich angelegten Wohnhause auch Stalle, Scheunen und eine
ganze Reihe andrer um einen sehr geräumigen Hof vereinigter Wirtschaftsräume
enthielt. Auch gehörten Wiesen, ein Obstgarten und ein welliges, zum Teil mit
Gestrüpp bewachsenes Terrain dazu, das die Vorsehung offenbar zum Räuberspielen
bestimmt hatte, und das auch redlich dazu verwandt wurde.

Herr Wilke, ein höherer Verwaltungsbeamter, war zwar, glaube ich, mit
meinem Vater nur weitläufig verwandt, aber dn er einer Familie angehörte, die
sich der Kindheit meines Vaters in liebevollster Weise angenommen hatte, so standen
die beiden Herren einander sehr nahe. Auch eine verwitwete Dame, die mit
ihrer Tochter und ihrem Sohne in dem Städtchen wohnte, gehörte zu derselben
von meinem Vater bis hinaus zum entferntesten Seitensprossen mit besondrer Teil-
nahme und Verehrung angesehenen Verwandtschaft.

Herrn Wildes Familie -- es wohnte auch noch eine Schwester seiner Ge¬
mahlin, Tante Lottchen, mit im Haus -- bestand aus drei Töchtern und einem
Sohne. Dieser war einige Jahre älter als ich und hatte mich vom ersten Tage
an in Liebe und Güte so vollkommen in die Tasche gesteckt, daß ich mich durchaus
als seinen Trabanten fühlte und, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit einer er¬
folgreichen Rebellion gegen den mir körperlich und geistig überlegnen Führer, schon
aus reiner Ergebenheit nicht an eine solche gedacht haben würde. Ich werde
weiterhin Thatsachen anführen, woraus hervorgehn dürfte, wie gründlich er es ver¬
standen hatte, mich unter seiue Botmäßigkeit zu bringen, und wie unerschütterlich
der Respekt vor seinen Wünschen in meinem Innern festgeankert war.

Die Familie war stark musikalisch. Eine der Töchter, Fräulein Laura, war
in dieser Richtung außergewöhnlich begabt. Auch mein kleiner Gebieter Bodo hat
später, wie mir Kenner versichert haben, sehr schön Cello gespielt; damals war er
noch in den Anfangsgründen befangen. Von seinem Herrn Vater, der ein überall
gern gesehenes ganzes Original war, wußte man nicht, ob er leidenschaftlicher
Violine oder Lomber spielte. Beides ohne besondres Glück, behaupteten seiue
Freunde. Ich möchte über diesen Punkt, auch was die Geige anlangt, nicht ent¬
scheiden. Nur das steht fest, daß ich Ströme von Thränen vergoß, so oft er, von
Fräulein Laura auf dem Klavier begleitet, getragne Stücke, namentlich Kantilcnen
zum besten gab. Das spräche, sollte man denken, zu Gunsten des ausübenden
.Künstlers; freilich weiß man bei Kindern und Hunden nie recht, wie man in dieser
Beziehung mit ihnen dran ist. Frau Wilke sah es nicht gern, wenn ich zuhörte.
Für meine Nerven, ein mir damals völlig unverständlicher Begriff, sei das nicht
gut, meinte sie, und die obenerwähnte mit Wilkes verwandte Dame, für deren Sohn
ich ohne Gegenliebe zu finden ritterlich schwärmte, war, glaube ich, die erste, die
das interessante Faktum konstatierte, daß meine Thränentropfen doppelt so groß
waren als die andrer Kinder meines Alters.

Ich bin auf diesen Vorzug längst nicht mehr stolz und habe leider nie einen
Barnum gesunden, der bereit gewesen wäre, mich dem sonst für Monstrositäten
überaus empfänglichen Publikum auf seine Kosten und Gefahr zu produzieren.

Die gute Frau Grnnzel amtierte, nachdem sie bei allen vier Kindern Aja ge¬
wesen war, als Köchin und sonstiges Faktotum. Mademoiselle Cavalet, in einem
schwarzen mit eeriseroten Sammetblumen aufgeputzten Hut und einem blau und
schwarz karrierten, ich hätte beinahe gesagt monumentalen Kragenmantel, war die
Gouvernante. Ich war -- offenbar irrigerweise -- unter dem Eindrucke, daß sie
ohne Gummigaloschen undenkbar sei; in der That spielte dieser zur Verhütung
nasser Füße offenbar nützliche Artikel, der, wie man erfährt, auch demi nicht
mehr unberühmter Kurtchen Giesicke viel zu schaffen gemacht haben soll, in unserm


Erlebnisse eines achtjährigen Jungen

mittelbar vor einem der Thore das sogenannte Stadtgnt, ein Grundstück, das außer
einem ziemlich herrschaftlich angelegten Wohnhause auch Stalle, Scheunen und eine
ganze Reihe andrer um einen sehr geräumigen Hof vereinigter Wirtschaftsräume
enthielt. Auch gehörten Wiesen, ein Obstgarten und ein welliges, zum Teil mit
Gestrüpp bewachsenes Terrain dazu, das die Vorsehung offenbar zum Räuberspielen
bestimmt hatte, und das auch redlich dazu verwandt wurde.

Herr Wilke, ein höherer Verwaltungsbeamter, war zwar, glaube ich, mit
meinem Vater nur weitläufig verwandt, aber dn er einer Familie angehörte, die
sich der Kindheit meines Vaters in liebevollster Weise angenommen hatte, so standen
die beiden Herren einander sehr nahe. Auch eine verwitwete Dame, die mit
ihrer Tochter und ihrem Sohne in dem Städtchen wohnte, gehörte zu derselben
von meinem Vater bis hinaus zum entferntesten Seitensprossen mit besondrer Teil-
nahme und Verehrung angesehenen Verwandtschaft.

Herrn Wildes Familie — es wohnte auch noch eine Schwester seiner Ge¬
mahlin, Tante Lottchen, mit im Haus — bestand aus drei Töchtern und einem
Sohne. Dieser war einige Jahre älter als ich und hatte mich vom ersten Tage
an in Liebe und Güte so vollkommen in die Tasche gesteckt, daß ich mich durchaus
als seinen Trabanten fühlte und, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit einer er¬
folgreichen Rebellion gegen den mir körperlich und geistig überlegnen Führer, schon
aus reiner Ergebenheit nicht an eine solche gedacht haben würde. Ich werde
weiterhin Thatsachen anführen, woraus hervorgehn dürfte, wie gründlich er es ver¬
standen hatte, mich unter seiue Botmäßigkeit zu bringen, und wie unerschütterlich
der Respekt vor seinen Wünschen in meinem Innern festgeankert war.

Die Familie war stark musikalisch. Eine der Töchter, Fräulein Laura, war
in dieser Richtung außergewöhnlich begabt. Auch mein kleiner Gebieter Bodo hat
später, wie mir Kenner versichert haben, sehr schön Cello gespielt; damals war er
noch in den Anfangsgründen befangen. Von seinem Herrn Vater, der ein überall
gern gesehenes ganzes Original war, wußte man nicht, ob er leidenschaftlicher
Violine oder Lomber spielte. Beides ohne besondres Glück, behaupteten seiue
Freunde. Ich möchte über diesen Punkt, auch was die Geige anlangt, nicht ent¬
scheiden. Nur das steht fest, daß ich Ströme von Thränen vergoß, so oft er, von
Fräulein Laura auf dem Klavier begleitet, getragne Stücke, namentlich Kantilcnen
zum besten gab. Das spräche, sollte man denken, zu Gunsten des ausübenden
.Künstlers; freilich weiß man bei Kindern und Hunden nie recht, wie man in dieser
Beziehung mit ihnen dran ist. Frau Wilke sah es nicht gern, wenn ich zuhörte.
Für meine Nerven, ein mir damals völlig unverständlicher Begriff, sei das nicht
gut, meinte sie, und die obenerwähnte mit Wilkes verwandte Dame, für deren Sohn
ich ohne Gegenliebe zu finden ritterlich schwärmte, war, glaube ich, die erste, die
das interessante Faktum konstatierte, daß meine Thränentropfen doppelt so groß
waren als die andrer Kinder meines Alters.

Ich bin auf diesen Vorzug längst nicht mehr stolz und habe leider nie einen
Barnum gesunden, der bereit gewesen wäre, mich dem sonst für Monstrositäten
überaus empfänglichen Publikum auf seine Kosten und Gefahr zu produzieren.

Die gute Frau Grnnzel amtierte, nachdem sie bei allen vier Kindern Aja ge¬
wesen war, als Köchin und sonstiges Faktotum. Mademoiselle Cavalet, in einem
schwarzen mit eeriseroten Sammetblumen aufgeputzten Hut und einem blau und
schwarz karrierten, ich hätte beinahe gesagt monumentalen Kragenmantel, war die
Gouvernante. Ich war — offenbar irrigerweise — unter dem Eindrucke, daß sie
ohne Gummigaloschen undenkbar sei; in der That spielte dieser zur Verhütung
nasser Füße offenbar nützliche Artikel, der, wie man erfährt, auch demi nicht
mehr unberühmter Kurtchen Giesicke viel zu schaffen gemacht haben soll, in unserm


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[0340] Erlebnisse eines achtjährigen Jungen mittelbar vor einem der Thore das sogenannte Stadtgnt, ein Grundstück, das außer einem ziemlich herrschaftlich angelegten Wohnhause auch Stalle, Scheunen und eine ganze Reihe andrer um einen sehr geräumigen Hof vereinigter Wirtschaftsräume enthielt. Auch gehörten Wiesen, ein Obstgarten und ein welliges, zum Teil mit Gestrüpp bewachsenes Terrain dazu, das die Vorsehung offenbar zum Räuberspielen bestimmt hatte, und das auch redlich dazu verwandt wurde. Herr Wilke, ein höherer Verwaltungsbeamter, war zwar, glaube ich, mit meinem Vater nur weitläufig verwandt, aber dn er einer Familie angehörte, die sich der Kindheit meines Vaters in liebevollster Weise angenommen hatte, so standen die beiden Herren einander sehr nahe. Auch eine verwitwete Dame, die mit ihrer Tochter und ihrem Sohne in dem Städtchen wohnte, gehörte zu derselben von meinem Vater bis hinaus zum entferntesten Seitensprossen mit besondrer Teil- nahme und Verehrung angesehenen Verwandtschaft. Herrn Wildes Familie — es wohnte auch noch eine Schwester seiner Ge¬ mahlin, Tante Lottchen, mit im Haus — bestand aus drei Töchtern und einem Sohne. Dieser war einige Jahre älter als ich und hatte mich vom ersten Tage an in Liebe und Güte so vollkommen in die Tasche gesteckt, daß ich mich durchaus als seinen Trabanten fühlte und, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit einer er¬ folgreichen Rebellion gegen den mir körperlich und geistig überlegnen Führer, schon aus reiner Ergebenheit nicht an eine solche gedacht haben würde. Ich werde weiterhin Thatsachen anführen, woraus hervorgehn dürfte, wie gründlich er es ver¬ standen hatte, mich unter seiue Botmäßigkeit zu bringen, und wie unerschütterlich der Respekt vor seinen Wünschen in meinem Innern festgeankert war. Die Familie war stark musikalisch. Eine der Töchter, Fräulein Laura, war in dieser Richtung außergewöhnlich begabt. Auch mein kleiner Gebieter Bodo hat später, wie mir Kenner versichert haben, sehr schön Cello gespielt; damals war er noch in den Anfangsgründen befangen. Von seinem Herrn Vater, der ein überall gern gesehenes ganzes Original war, wußte man nicht, ob er leidenschaftlicher Violine oder Lomber spielte. Beides ohne besondres Glück, behaupteten seiue Freunde. Ich möchte über diesen Punkt, auch was die Geige anlangt, nicht ent¬ scheiden. Nur das steht fest, daß ich Ströme von Thränen vergoß, so oft er, von Fräulein Laura auf dem Klavier begleitet, getragne Stücke, namentlich Kantilcnen zum besten gab. Das spräche, sollte man denken, zu Gunsten des ausübenden .Künstlers; freilich weiß man bei Kindern und Hunden nie recht, wie man in dieser Beziehung mit ihnen dran ist. Frau Wilke sah es nicht gern, wenn ich zuhörte. Für meine Nerven, ein mir damals völlig unverständlicher Begriff, sei das nicht gut, meinte sie, und die obenerwähnte mit Wilkes verwandte Dame, für deren Sohn ich ohne Gegenliebe zu finden ritterlich schwärmte, war, glaube ich, die erste, die das interessante Faktum konstatierte, daß meine Thränentropfen doppelt so groß waren als die andrer Kinder meines Alters. Ich bin auf diesen Vorzug längst nicht mehr stolz und habe leider nie einen Barnum gesunden, der bereit gewesen wäre, mich dem sonst für Monstrositäten überaus empfänglichen Publikum auf seine Kosten und Gefahr zu produzieren. Die gute Frau Grnnzel amtierte, nachdem sie bei allen vier Kindern Aja ge¬ wesen war, als Köchin und sonstiges Faktotum. Mademoiselle Cavalet, in einem schwarzen mit eeriseroten Sammetblumen aufgeputzten Hut und einem blau und schwarz karrierten, ich hätte beinahe gesagt monumentalen Kragenmantel, war die Gouvernante. Ich war — offenbar irrigerweise — unter dem Eindrucke, daß sie ohne Gummigaloschen undenkbar sei; in der That spielte dieser zur Verhütung nasser Füße offenbar nützliche Artikel, der, wie man erfährt, auch demi nicht mehr unberühmter Kurtchen Giesicke viel zu schaffen gemacht haben soll, in unserm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/340>, abgerufen am 29.06.2024.